Kapitel 22: Abschied


„Ok lasst uns hier verschwinden, nicht, dass uns die Ghilts doch noch sehen!", sagte Justin, der seinen Laptop zusammengeklappt und verstaut hatte. Max hatte Caras Rucksack in der Hand und noch nicht bemerkt, was Cara da in den Händen hielt. Nur Dorian betrachtete nach wie vor Cara und fragte sich, genau wie sie, wer zum Teufel ihr einen Brief hier hinterlassen hatte. Es dürfte niemand wissen, dass Cara hier war. Was zum Teufel ging also hier vor sich?

„Komm schon Cara. Justin hat Recht!", meinte er leise und sah sie nicken, doch sie sah immer noch auf den Brief hinab, den sie fest in ihren Händen hielt.

Dorian legte einen Arm um sie und eine Sekunde später standen sie in ihrer Wohnung.

„Danke.", sagte sie ohne ihn dabei anzusehen und begab sich ins Schlafzimmer. Sie schloss hinter sich die Tür und ließ Dorian und die gerade ankommenden Jungs Justin und Max alleine zurück.

„Was ist denn los mit ihr?", fragte Max Dorian, der Cara ein wenig besorgt nachsah.

Cara war noch nicht bereit für solche Art von Abenteuern. Sie hatte sich gerade erst damit abgefunden, nicht das zu sein was sie geglaubt hatte und, dass sie sich auf die Suche nach ihren Eltern machte. Niemand hatte bisher in ihrem Leben Notiz von ihr genommen und jetzt schien die ganze Welt hinter ihr her zu sein. Zumindest musste es ihr so vorkommen, nach dem diese beiden Ghilts im Auftrag von Dominik auf der Suche nach ihr gewesen waren. Und jetzt hinterließ ihr auch noch irgendjemand einen Brief. Vermutlich hatte sie noch nie in ihrem Leben, abgesehen von den Briefen ihrer Mutter, einen erhalten. Sie wusste, dass dieser Brief eine große Bedeutung haben könnte.

„Ich glaub es war ein bisschen viel für den Tag.", erklärte Dorian und starrte immer noch die mittlerweile geschlossene Tür an.

„Was ist dort drin passiert?", fragte Max ihn, während Justin seinen Rucksack ablegte und seinen Laptop erneut raus holte.

„Wir haben uns umgesehen, ich hab den Gang immer im Auge behalten und als ich die beiden Jünglinge gesehen habe, haben wir uns versteckt. Sie waren auf der Suche nach Informationen zu Cara und haben diese mitgenommen.", erklärte Dorian und wandte sich jetzt von der Tür ab.

„Woher wussten sie, dass sie in New Brunswick eventuell Informationen bekommen könnten?", fragte Max nachdenklich, Dorian jedoch zuckte mit den Schultern.

„Ich habe keine verdammte Ahnung!", erwiderte er und setzte sich an den Tisch. Er ging alles noch einmal in Gedanken durch und analysierte die geschehene Situation, doch er fand keinerlei Dinge, die ihm irgendwie Aufschluss darüber geben könnten, was zum Teufel hier eigentlich los war.

„Sie haben euch nicht bemerkt? Dich nicht gespürt?", fragte Max ihn und setzte sich ebenfalls dazu.

„Es waren Jünglinge, keine fünfzehn Jahre alt, die sind noch gar nicht so weit ausgebildet schätze ich.", erklärte Dorian und ging die beiden Jungen, die er durch seine Fähigkeit durch Mauern und andere Dinge zu sehen, beobachtet hatte, in Gedanken noch einmal durch.

„Anscheinend dachte Dominik nicht, dass wir dort sein könnten, sonst hätte er bestimmt nicht zwei so junge Ghilts losgeschickt.", sagte Justin von der Couch aus. Er war gerade dabei, die Ghiltsaktivitäten im System zu hinterlegen und als Dorian das merkte, stand er auf.

„Justin, du kannst die beiden nicht in New Brunswick registrieren. Das könnte die falschen Leute auf die richtige Fährte locken.", meinte er und sah auf den Bildschirm. Er spielte dabei auf Cara und ihre Geschichte an. Justin sah auf.

„Warum zum Teufel habt ihr mich eigentlich in diesen ganzen Mist reingezogen? Ich bin Systemspezialist und schon lange nicht mehr im aktiven Dienst und diese Entscheidung habe ich damals aus einem bestimmten Grund getroffen!", meinte Justin jetzt und klappte wütend seinen Laptop zu.

„Wir haben ja nicht wissen können, in welche Richtung sich das ganze entwickelt Justin.", antwortete Max vom Tisch aus. Doch Justins Blick war auf Dorian gerichtet.

„Dorian wusste von Anfang an, dass es was mit Cara auf sich hat sonst hätte er nicht so standhaft versucht herauszufinden, weshalb sie von Dominik angegriffen wurde. Ich habe wegen euch schon die Regeln gebrochen, habe von Lucien volle Befugnisse erhalten und wäre beinahe Ghilts über den Weg gelaufen, denen ich nie wieder begegnen wollte!", erwiderte Justin und packte seinen Laptop in den Rucksack.

„Ich habe das komplette System von Cara befreit weil ihr mich darum gebeten habt, ich habe euch bei der Beschaffung von Informationen geholfen und mich echt fast in krasse Schwierigkeiten gebracht, macht euren Scheiß also künftig alleine!", Dorian wusste, weshalb Justin so reagierte, doch deswegen hatte er noch lange kein Verständnis dafür.

„Justin, du gehörst zu den Alphas der Krades. Du kannst dir nicht immer aussuchen was du tust und was nicht! Früher oder später wirst du wieder auf sie treffen und dann solltest du bereit sein.", ja er wusste weshalb und genau deswegen trat Justin jetzt auch auf ihn zu.

„Ich bin jederzeit bereit dazu, aber das heißt noch lange nicht, dass ich den ganzen Scheiß mitmachen will!", er war wütend und Dorian sah, dass sich Energie in seiner Hand sammelte. Nicht die übliche Energie die Krades entwickelten. Nein, Justin hatte spezielle Fähigkeiten.

„Was willst du mich jetzt angreifen oder was?", sagte Dorian und trat noch einen Schritt mehr auf Justin zu. Dorian war schon immer der Meinung gewesen, dass Justin sein Talent bei den Informatikern verschwendete. Er wusste noch genau, wann er Justin das erste Mal hatte kämpfen sehen und das war furchteinflößend gewesen.

„Nein Dorian, das will ich nicht!", die Energie in seiner Hand verpuffte.

„Ich will nur nicht noch mehr verlieren als ich sowieso schon habe.", und dies waren seine letzten Worte, bevor er verschwand.

„Das haben wir alle...", hörte Dorian hinter sich jemanden sprechen und wandte sich zu Max, der Gedankenverloren einen Punkt fixierte. Ja da hatte er Recht. Sie hatten alle schon viel verloren und es würde vermutlich noch mehr werden.

Cara saß auf ihrem Bett in dem Schlafzimmer und hörte, dass die Jungs draußen eine Auseinandersetzung hatten, doch sie interessierte sich nicht dafür. Sie hielt den Brief, den dieses Mädchen ihr hinterlassen hatte in den Händen und betrachtete ihn ruhig. Zumindest war sie ruhig, wenn man sie von außen betrachtete, doch innerlich tobte ein Kampf in ihr.

Es war eine Sache gewesen hier in dieser Wohnung zu sitzen und darüber zu sprechen, dass es gefährlich werden könnte oder sich irgendwas verändern könnte doch es war eine ganz andere in der realen Welt auf das alles zu treffen.

Diese Ghilts in der Kammer hatten all die Ängste, die sie seit dem Angriff von Dominik unterdrückt hatte, wieder hervor geholt. Das was sie hier tat war gefährlich. Sie befand sich wirklich in Gefahr. Und jetzt hatte man sie gefunden. Dieser Brief war ein Beweis dafür, dass sie nicht so untergetaucht war, wie sie vermutet hatten. Er war der Beweis, dass sie gefunden werden konnte. Und wenn dieses Mädchen es schaffte, dann würde es auch Dominik schaffen. Er war ihr Nahe. Das wusste sie.

Ihre Hände begannen zu zittern und sie schmiss den Brief den sie gerade noch festgehalten hatte, zur Seite und legte sich hin. Sie legte ihre Hände über die Augen. Warum nur, warum war sie in so einen Mist hineingezogen worden?

~~~~~~~~

Es klopfte an die Tür.

„Ich will alleine sein!", rief sie aus und schloss dabei ihre Augen, doch die Tür öffnete sich trotzdem.

„Max wurde in die Zentrale einberufen.", hörte sie Dorians Stimme und atmete entnervt aus.

„Ja ist ok. Ich brauche ein bisschen Ruhe.", erklärte sie ihm ohne aufzublicken. Dorian sah sich im Raum um. Cara lag auf ihrem Rücken, den Arm über ihren Augen. Der Brief, den sie gefunden hatte, lag neben ihrem Nachtkästchen auf dem Boden.

„Das geht nicht. Die Lage ist ernster als angenommen, wir müssen uns überlegen, wie wir weiter verfahren. Und du musst trainieren!", erklärte Dorian ihr, blieb jedoch nach wie vor in der Tür stehen. Verlangte er zu viel von ihr? Verlangte er zu viel von allen?

Cara stöhnte genervt auf und erhob sich aber schließlich. Sie fixierte ihn mit ihrem Blick und er wusste, wenn sie könnte, würde sie ihm in diesem Moment am liebsten in den Arsch treten.

„Ja Dorian ich weiß. Ich muss trainieren, ich bin ein Nichtsnutz, ein Klotz an deinem Bein. Weißt du, wenn ich dir so auf die Nerven gehe, warum lässt du mich dann nicht einfach in Ruhe mein Leben leben solange ich das noch kann und mich dann verrecken? Dominik wird mich finden, so oder so. Meine Tage sind quasi gezählt! Verstehst du es nicht? So gut ihr mich auch versteckt, er wird mich finden.", erklärte sie ihm aufgebracht und stand von ihrem Bett auf. Ok, sie hatte gerade also einen Nervenzusammenbruch.

„Cara du verdramatisierst diese Angelegenheit gerade ein bisschen.", sagte er ruhig und schloss für einen Moment seine Augen. Er sollte sie einfach so verrecken lassen? Das konnte er nicht.

„Verstehst du es denn nicht? Dominik ist hinter mir her. Er wird mich nicht einfach gehen lassen und deswegen macht das alles hier keinen Sinn! Und ich werde einen Teufel tun und euch noch mit in mein Verderben ziehen.", sie war ein wenig ruhiger geworden, doch ihre Hände zitterten.

„Ich gehe. Ich will das alles nicht. Ich kann das nicht....", erklärte sie ihm und war dabei, an ihm vorbei zu gehen. Sie wollte gehen?

„Ich kann dich nicht gehen lassen.", Dorian packte sie am Arm und sie schloss ihre Augen.

„Lass mich los.", diese Szene erinnerte ihn an die mit Lucien.

„Cara, du hast mir versprochen mir 14 Tage Zeit zu geben. Das hier ist erst der zweite, ich habe noch 12 Tage Zeit, das alles zu klären!", sagte er um sie zu beschwichtigen.

„Versprechen sind da um gebrochen zu werden Dorian, das sollte dir klar sein.", entgegnete sie ruhig und entriss ihm ihren Arm. Er wartete einige Sekunden, weil sie ihm einen Moment die Sprache verschlagen hatte, doch dann wandte er sich zu ihr um.

„Was kann ich tun, damit du dich sicherer fühlst? Ich will dir helfen, wirklich. Ich will dich nicht deinem Schicksal einfach so überlassen!", erklärte er ihr und spürte die Panik, die er heute bereits einmal verspürt hatte, in sich aufkeimen.

„Du kannst gar nichts tun. Da spricht dein Versprechen aus dir Dorian, nichts anderes.", Cara hievte ihren Rucksack hoch, doch Dorian war nicht bereits sie einfach so gehen zu lassen. Das musste ihr ja wohl klar sein! Er stürmte auf die Tür zu und verstellte ihr den Weg.

Sie konnte nicht einfach gehen. Nicht wegen so einer Lappalie! Es war doch gar nichts geschehen heute! Ihr war nichts passiert, sie war nicht verletzt worden. Er hatte sie beschützt, so wie er es versprochen hatte und dennoch wollte sie ihres brechen. Wie er solche Menschen hasste.

„Du hast doch nur Schiss Cara! Schiss davor dich deinen Ängsten stellen zu müssen, aber da mussten wir alle durch!", er wusste selber, dass er lauter wurde. Er konnte sein Temperament in solchen Situationen einfach nicht zügeln und bei Cara, schien es ihm doppelt so schwer zu fallen.

„Ja verdammt ich habe Angst ok? Was erwartest du denn?", fragte sie ihn und ging auf ihn zu. Dabei wich sie seinem Blick nicht mehr aus.

„Verstehst du denn nicht, dass wenn du deine Kräfte bündelst du überhaupt keine Angst haben musst? Du könntest Dominik höchstpersönlich in den Arsch treten!", erklärte er ihr, doch sie schüttelte den Kopf.

„Wie lange hat es denn gedauert bis du deine Kräfte soweit unter Kontrolle hattest Dorian? ", fragte sie ihn abfällig. Dorian zuckte ein wenig zurück.

Sie hatte Recht. Er hatte gute sechs Monate gebraucht bis er allein die grundsätzlichen Dinge geschafft hatte. An dem Rest arbeitete er heute noch!

„Ich helfe dir dabei. Ich bin mir sicher, dass du das schaffst!", Dorian wusste, dass er sie nicht überzeugt hatte denn sie griff an ihm vorbei nach dem Türgriff.

„Das reicht mir nicht.", erklärte sie ruhig, doch Dorian hielt seine Hand an der Tür.

Die würden ihm alle den Arsch aufreißen, wenn er sie jetzt gehen ließ. Genau aus diesem Grund griff er erneut nach ihrem Arm.

„Ich habe dir vorhin schon gesagt, du sollst mich loslassen!", sagte Cara ruhig und als Dorian sie nicht losließ verengten sich ihre Augen. Eine Sekunde später erstrahlte ein heller Lichtblitz und alles um Dorian herum wurde schwarz.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top