[ 4. ] Keine Angst?


Es ist ungefähr eine Stunde vergangen und sein Rekord liegt jetzt bei elf Schritten. Ich muss sagen, er lernt wirklich schnell.

Abermals rappelt er sich auf, er braucht nicht einmal mehr einen Baum um aufzustehen, und geht ein paar Schritte.

"Ich glaub ich habs jetzt!" flüstert er und sieht mich glücklich an. Ich lächle, während er um einen Baum geht und dann auf mich zukommt.

Er scheint keine Angst mehr vor mir oder seiner Umgebung zu haben. Vielleicht kann ich ihn ja mal zu mir nach Hause einladen.

"Sag mal, kannst du eigentlich nicht reden? Also so mit Stimme, oder warum flüsterst du nur?" frage ich dann schließlich, da mir diese Frage einfach nicht aus dem Kopf geht.

Er hält in seiner Bewegung inne und sänkt seinen Kopf. "Doch, kann ich schon ... Aber meine Stimme ist hässlich."

"Hässlich?" Ich lache kurz belustigt auf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein süßes Wesen eine hässliche Stimme hätte.

Und selbst wenn. Es ist halt seine Stimme. Er sollte dazu stehen und sich nicht schämen zu sprechen.

"Und woher willst du das wissen?" "Alle sagen das." nuschelt er und dreht sich mit dem Rücken zu mir.

"Es gibt noch mehr von euch!?" frage ich erstaunt. Er nickt als Antwort und setzt sich in den Sand.

Stimmt, bin ich eigentlich dumm? Wo sollte er denn her kommen, wenn es nicht mehrere Meermenschen gäbe.

Meermenschen... klingt seltsam. Gibt es das Wort überhaupt? Okay egal. Jetzt geht es um Jimin.

"Ja aber jedem gefällt doch was anderes. Außerdem ... Nur weil die Mehrheit etwas behauptet, muss es doch noch lange nicht wahr sein."

Ich stehe auf und gehe auf ihn zu, damit wir besser reden können. "Komm schon ... sag was. Ich möchte deine Stimme hören."

"Ich weiß nicht..." murmelt er unsicher mit gesenktem Kopf und betastet dabei seine Beine. Ich setzte mich neben ihm in den Sand umd warte erstmal, ob er es sich nicht vielleicht anders überlegt.

"Bitte ... Ich werde dir auch eine ganz ehrliche Antwort geben, also wie sie klingt. Ich versprechs ... Außerdem klingt deine Stimme an Land bestimmt anders als im Wasser. Willst du das nicht auch mal selber hören?... Nur so aus Neugier?" sage ich dann, als es einige Zeit still zwischen uns ist.

Er atmet zittrig ein und nickt schließlich. "Was soll ich sagen?" flüstert er dann.

"Egal. Du musst nichts spezielles sagen. Rede einfach nächstes mal mit deiner Stimme wenn du was sagst."

"Nein ... das ist seltsam. Ich habe lange nichts mehr normal gesagt. Ich sollte etwas Spezielles sagen."

Erneut ist es still zwischen uns. Jeder scheint zu überlegen was Jimin sagen könnte.

Ja, was könnte er sagen?
Ich könnte ihm etwas zum lesen geben.
Nein, dass ist ja auch nicht wirklich besonders...
Kann er denn überhaupt lesen?

Oder... auch verdammt, mir fällt auch nichts ein.

Nach einigen Minuten der Stille wird es mir zu langweilig. "Okay, weißt du was, du musst auch gar nichts sagen. Vielleicht fällt dir irgendwann später etwas ein. Es muss ja nicht jetzt sein."

Er nickt und steht wieder auf. "Ähm könntest du mir vielleicht ein bisschen das Land zeigen? ... Ich war noch nie an Land und würde mich gerne ein wenig umsehen."

Ich stehe ebenfalls auf und sehe Jimin an. Ein leichtes Lächeln umspielt meine Lippen.

"Klar, können wir machen ... würde mich ehrlich gesagt sogar sehr freuen." antworte ich ihm.

Aber was zeige ich ihm? Hier ist doch bekanntlich nichts Spannendes.

"Das Ding ist nur, hier ist fast nichts, also keine Menschen, kaum Pflanzen und auch keine Tiere. Ich weiß nicht wirklich was ich dir zeigen soll." sage ich dann also.

"Schon gut, alles ist spannend zum ersten Mal ... und ehrlich gesagt bin ich froh, dass hier keine Menschen sind ... Die machen mir Angst."

Den letzten Satz sagt er noch viel leiser als sonst und ich hätte ihn sogar fast nicht gehört. Hat er denn auch Angst vor mir? Mein Lächeln verwandelt sich in ein Grinsen.

"Ich mach dir also Angst?" frage ich langsam mit etwas lauterer und tiefer Stimme. Ich weiß, dass ich gerade bedrohlich geklungen habe, aber das war von mir beabsichtigt.

Ich weiß nicht genau wieso, aber ich möchte unbedingt wissen wie er reagiert.

Sein Körper spannt sich an und er sieht mich mit großen Augen an. Er ist etwas kleiner als ich, weswegen er zu mir aufsehen muss. So süß!
"Ähm also nein ... Am Anfang vielleicht...ein wenig ... aber jetzt nicht!" murmelt er dann und versucht dabei mutig zu wirken.

Mein Grinsen wird breiter.
Er ist so süß, wenn er versucht mutig zu wirken. So süß, wie er sich bemüht, aber ich kann mich leider noch zu gut an vor einer Stunde erinnern. Daran, wie er gezittert und gestottert hat.

"Ach, keine Angst also?" frage ich ihn mit tiefer Stimme, aber eine Antwort erwarte ich gar nicht.

Ich gehe einen Schritt auf ihn zu und er tritt reflexartig einen zurück. Ich mache noch einen, aber auch dieses Mal weicht er zurück.

Er will gleich noch einen dritten machen, aber da kommt er mit seinem Rücken am Baum an, was ihn zusammenzucken lässt.

Mein Grinsen wird noch ein ganz wenig breiter und ich komme noch näher an ihn ran. So nahe, das nur noch wenige Zentimeter zwischen uns liegen.

Er will sich umdrehen und von dem Baum weg gehen, da stütze ich mich mit beiden Händen neben seinem Kopf ab.

Er schluckt, sieht auf meinen rechten Arm, der ihm den Weg versperrt und dann langsam und schüchtern in meine Augen.

Ich lecke mir über meine Lippen und gehe mit meinen Gesicht ganz nah an seines. Unsere Lippen trennen nur noch wenige Millimeter.

Sein Atem geht schnell und er schließt seine Augen. Ich nehme sachte sein Kinn in die Hand und drehe seinen Kopf zur Seite.

Ich habe jetzt freie Sicht auf seinen Hals und lecke mir erneut leicht über meine Lippen. Die sind plötzlich so trocken... Und oh Gott sein Hals ist wunderschön!

Diese weiche, markellose Haut ... naja, abgesehen von dem Würgemahl des Netztes. Wie gerne würde ich ihm jetzt eine Markierung verpassen.

Ich streiche mit der anderen Hand sachte über die Linie, welche das Fischernetz hinterlassen hat, was ihn leise wimmern lässt.

Ich lasse wieder von seinem Hals ab und gehe mit meinen Lippen ganz nahe an sein Ohr. "Du brauchst keine Angst vor mir zu haben..." flüstere ich leise in dieses.

"Ich tu dir nichts." Mit diesen Worten lasse ich komplett von ihm ab und gehe zu meinem Rucksack.

-------
-------
-------

Ich hab am Anfang zwar geschrieben, dass es etwas random werden könnte...

Trotzdem sorry, das dieses Kapitel irgendwie nicht wirklich Sinn ergibt

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top