Kapitel 26

In der Küche nahm ich den Geruch von frisch gebackenen Pfannkuchen wahr. Der Gedanke daran ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Inzwischen hatte ich mein Gehirn wieder gefunden. Jegliche Schalter, die sich einfach mal so mir nichts, dir nichts ausgeschaltet hatten, waren wieder angeschaltet.

Voller Vorfreude setzte ich mich auf die Eckbank hinter den Tisch und lehnte mich an die kühle Steinwand.
„Großer oder kleiner Hunger?“, wollte mein Vater wissen, der seit dem Tod von Mum sogar ein ganz passabler Koch geworden war. Mit dieser Frage fühlte ich mich umgehend in meine Kindheit zurückversetzt. Noch perplex von dieser Frage, holte er mich aus meiner Erinnerung an die unbeschwerte Kindheit zurück.
„Huhu? Erde an Scorpius. Großer oder kleiner Hunger?“, fragte er nochmal nach, wobei er ganz genau wusste, dass diese Frage mich sofort an meine Kindheit erinnerte.
„Wann hast du mich das zuletzt gefragt? Da war ich vielleicht sechs oder sieben Jahre alt. Das habt ihr mich früher immer gefragt. Du und … Mum. Sonst fragst du mich doch auch nie so. Man… musst du mich immer an meine Kindheit erinnern?“, antwortete ich leicht geknickt, durch dem Gedanken an meine Mutter.

„Ja, ich muss, immerhin bist du inzwischen Erwachsen“, entgegnete er mit einem schäbigen Grinsen. „Und außerdem hast du mir immernoch nicht gesagt, ob du großen, oder kleinen Hunger hast.“
Ebenfalls grinsend sah ich ihn an:„Klein.“

„Klein? Du hast hier die einmalige Chance die weltberühmten und besten Pfannkuchen zu essen, die es überhaupt gibt und du sagst, dass du nur kleinen Hunger hast? Das muss wohl am Liebeskummer liegen. Der schlägt dir aber gewaltig auf den Magen. Dieser verdammte Albus aber auch. Kann der sich nicht aus deiner verrückten Gefühlswelt raushalten?“, neckte er mich mit so viel Ironie, wie es ihm überhaupt möglich war.

Doch dann sah ich das, was jetzt vorhersehbar war. Wie in einem klischeehaften Liebesdrama-Film-Klassiker, wo jede Szene vorhersehbar war, taucht Albus im Türrahmen der Küche auf. In seinem Blick spiegelte sich pure Fassungslosigkeit und sein Unterkiefer war inzwischen nach unten gesunken, so dass er mich mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen anstarrte.
Oh Dad… hättest du nicht einfach den Mund halten können. Ich presste meine Lippen verzweifelt aufeinander und bohrte die Zähne in meine Lippen, die dadurch begannen zu schmerzen. Albus schloss die Augen und schüttelte fassungslos den Kopf, wobei er tief ausatmete, um sich selbst zu beruhigen. Jetzt erst folgte mein Vater meinem Blick Richtung Tür und er erblickte Albus. Dad´s Lippen schürten sich zusammen und auch er ließ den unangenehmen Druck, der sich jetzt bei ihm angesammelt hatte, durch den Mund ausweichen.
Wenn jetzt jemand Außenstehendes in den Raum gekommen wäre, hätte die Person wahrscheinlich gedacht, dass Albus, Dad und ich einen Wettkampf ausführten. Ein Wettkampf, wessen Kopf am rötesten Anlief und zuerst vor Scham explodierte, denn wir alle drei leuchteten wie Infrarotlampen.

Ich wäre in diesem Moment am liebsten im Erdboden versunken. Mein Gehirn hatte sich scheinbar wieder ohne jegliche Ankündigung selbstständig gemacht, jedenfalls fiel mir kein geeigneter Zauber ein, mit dem ich das hier ungeschehen machen konnte. Irgendein Vergessenszauber.
Verdammt wie ging der denn nochmal. Oblade? Iblivate? Oblate? Verdammt, wo war mein Kopf, wenn ich ihn mal brauchte. Zumindest schien es ja nicht nur mir alleine so zu gehen. Dad´s Kopf war scheinbar auch so heiß gelaufen, dass er keinen sinnvollen Vergessenszauber zustande bekam. Auch ihm war anzumerken, dass er sich am liebsten in Luft aufgelöst hätte. Allerdings war sein Gehirn noch etwas funktionstüchtiger, als das meine, denn er versuchte sich gewissermaßen zu verdünnisieren.

Ich kratzte mich verlegen am Hinterkopf, versuchte aber mich irgendwie mit einer plausiblen Ausrede – die mir natürlich nicht einfiel.
„Ja, klar Dad, von wegen Gefühlswelt und Liebeskummer. Du hast wohl gestern bisschen zu viel getrunken. Als ob ich Liebeskummer wegen meinem besten Kumpel hätte.“ Doch leider war ich nicht wirklich überzeugend, wenn es um Ausreden jeglicher Art ging. Mit einem viel zu unschuldigen und verkorkst geschauspielerten Auflachen machte ich die Situation perfekt. Perfekt unglaubwürdig. Na klasse, wer hätte gedacht, dass die Lage noch aussichtsloser werden würde? Der Versuch, ein gekonntes Lachen auf die Lippen zu setzten um zu vermitteln, dass mein Vater sich grade irgendeinen Stuss ausgedacht hatte, ging gewaltig nach hinten los.

Es war aussichtslos, ich kam aus dieser Lage nicht so einfach wieder raus. „Danke auch, Dad, was würde ich nur ohne dich tun?“, fragte ich meinen Vater in Gedanken. Aber hatte ich diese Danksagung wirklich nur gedacht, oder war es schon so weit gekommen, dass mein Mund unkontrolliert das ausplapperte, was mein nutzloser Kopf dachte? Ich weiß es nicht, aber zuzutrauen wär es mir heute. Scheinbar hatte ich es wirklich nur in meinem Kopf gesagt, denn es kam keine Reaktion der anderen.

Da ich keine Hoffnung mehr hatte, dass mir irgendeine wirklich glaubwürdige Ausrede einfallen würde – mal abgesehen davon, dass Albus sie mir wahrscheinlich eh nicht geglaubt hätte – versuchte ich es einfach mal mit der … Wahrheit.

Ich biss mir erneut – fast gewaltsam – auf meine Unterlippe. „Ja verdammt. Mein Vater hat Recht. Du stellst meine fucking Gefühlswelt  auf den Kopf.“ Ich hielt mir die eine Hand gegen meine Stirn und meine Finger gruben sich hilflos in meinen noch zerzausten hellblonden Haaren fest, meine Augen fest geschlossen, so als wöllte ich die Realität nicht sehen und jeden Moment aus diesem verdammten Traum aufwachen. Gedanklich stellte ich mich auf das schlimmste ein. Wahrscheinlich würde Albus mir jetzt irgendeinen dummen Spruch an den Kopf werfen, oder sonst irgendwas Vorhersehbares machen. Aber er ließ keinen dummen Spruch ab, nein. Er tat etwas, was mir in diesem Moment noch mehr missfiel und mich in gewisser Weise extrem verletzte.

Albus lachte mich aus. Ich weiß zwar
nicht, was daran so lustig war, aber das war ja auch egal. Entweder dachte er, ich hätte ihm gerade einen nicht ernst zu nehmenden Witz erzählt, oder aber er fand die Tatsache, dass ich mich in meinem besten Freund verliebt hatte zum Schreien komisch. Aber es war mir jetzt auch egal. Dass er mich auslachen würde, hatte ich wirklich nicht erwartet und genau deswegen tat das in dem Moment am meisten weh.

Ich stand von meinem Platz auf und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, dass Albus mich mit diesem Lachen zutiefst verletzt hatte. Langsam stiegen mir die Tränen in die Augen und ich verließ geknickt den Raum, um nach oben in mein Zimmer zu gehen. Allerdings hätte ich dann an Albus vorbeigehen müssen und er hätte gesehen, wie seine Reaktion auf mich gewirkt hatte.
Glücklicherweise hatte die Küche aber zwei Türen und ich konnte stattdessen die andere nehmen, ohne an Albus vorbei zu gehen. Aber trotzdem blieb es ihm nicht ungesehen, dass ich gerade alles andere als lachte.

Mein Vater, der inzwischen wieder seine Fassung gefunden hatte, blickte Albus mit einem Draco-typischen bösen Blick an. Auch er hatte gemerkt, dass ich durch das Lachen nicht die beste Laune hatte. Dad knirschte wütend mit den Zähnen und ging mir mit gewissem Abstand hinterher, versuchte aber mich noch vor meinem Zimmer einzuholen, da er genau wusste: wenn ich erstmal in meinem Zimmer war, dann schloss ich es auch ab und konnte stundenlang darin verweilen. Albus hatte sich inzwischen wieder zusammenreißen können. Es war ihm sichtlich unangenehm, so reagiert zu haben, da er mich nicht verletzen wollte, immerhin bedeutete ich ihm etwas. Zwar nicht so viel wie er mir, aber ich weiß, dass er mich mochte und mich keineswegs verletzen wollte.

Da ich deutlich schneller als mein Vater war, konnte ich meine Tür ohne weiteres abschließen. Er klopfte an die Tür und versuchte auf mich einzureden. „Scorp, mach bitte auf. Ich bin mir sicher, dass Albus es nicht böse gemeint hat. Schließ doch bitte auf. Es bringt doch nichts, wenn du dich jetzt verkriechst. Komm raus, bitte.“
Auch Albus ließ nicht lange auf sich warten. Aber ich machte immernoch keine Anstalten, die Tür zu öffnen, denn dann würde ich Albus gegenüber stehen und das letzte bisschen meines Verstandes verlieren.
„Na toll. Deine Reaktion hätte echt nicht unpassender sein können. Ihn auslachen! Warum musstest du ihn ausgerechnet auslachen?“, fauchte Dad ihn an. Fassungslos schüttelte er den Kopf, wendete sich dann aber wieder an meine Tür. „Scorpius Hyperion Malfoy du machst jetzt die Tür auf“, sagte er mit einer gewissen schärfe, die ihn aber nicht weiterbrachte. Er wusste genau, dass er damit bei mir nichts erreichen würde. „Bitte“, fügte er mit ruhiger Stimme hinzu. Da ich mich inzwischen wieder etwas beruhigt hatte und meine Fassung wieder gefunden hatte, entschloss ich mich doch dazu, die Tür zu öffnen. Also stand ich langsam von meinem Bett auf, drehte den Schlüssel im Schloss um und drückte zögerlich die Klinke nach unten.
Mit ausdruckslosem Gesicht sah ich die beiden an. „Bist du jetzt zufrieden, Draco Lucius Malfoy?“, fragte ich provokant, was ich mir allerdings hätte sparen können, da er ja nichts dafür konnte, dass Albus so unpassend reagiert hatte. Aber ich war in gewisser Weise doch etwas beruhigt, da ich sehen konnte, dass Albus ein verdammt schlechtes Gewissen hatte.

„Ich geh dann mal wieder, ich glaube ihr beide habt jetzt erstmal genug zu besprechen, alleine. Lasst euch Zeit“, schlug er freundlicherweise vor und verschwand dann wieder um die Ecke, die Treppe hinunter Richtung Küche. Dem Geruch nach zu urteilen, hatte er vergessen die Platte auszumachen, beziehungsweise die Pfanne vom Herd zu nehmen, da uns ein beißender Geruch in die Nase stieg. Albus legte verlegen seine Hand in den Nacken und fragte: „Kann ich reinkommen?“
Ich machte eine nickende Kopfbewegung und deutete dann mit dem Kopf in Richtung mein Zimmer. Diese Geste verstand er, denn er huschte schnell an mir vorbei in mein Zimmer, so als hätte er eine gewisse Angst vor mir.
Da er schon des Öfteren hier war, wusste er, dass ich es nicht sonderlich schätzte, wenn sich jemand in meinen Sessel am Fenster setzte und er zog es deshalb vor, sich auf meinem Bett niederzulassen.

Ich hielt es für angemessener, mich jetzt nicht direkt neben ihn zu setzen, da es ja durchaus hätte sein können, dass er es jetzt, wo er über mich Bescheid wusste, als unangenehm empfand, wenn ich ihm zu sehr auf die Pelle rückte, also setzte ich mich auf meinem Sessel. Meine Beine hatte ich angewinkelt und einen Arm um meine Knie geschlungen. Meinen Kopf legte ich dabei auf den Handrücken. Nervös und verunsichert zupfte ich mit der anderen Hand an meinen Armhaaren herum und riskierte immer wieder einen schüchternen Blick zu Albus, wobei ich aber nicht den Kopf hob, sondern nur zu ihm rüber schielte. Für einen Moment sagte keiner von uns beiden irgendetwas, wir saßen einfach nur da und schwiegen uns an, bis Albus endlich das Wort ergriff.

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