Kapitel 13 - Gefühlschaos

Asavi marschierte in die Wohnküche des Bauernhauses und blieb dann inmitten des Zwielichts stehen. Die Fensterläden, die noch nicht vollständig aus den Angeln gebrochen waren, ließen gleißendes Licht von draußen ein und malten schräge Streifen voll Sonnenscheins auf den dunklen Holzboden und das Mobiliar. Das Kreischen der Zikaden und Heuschrecken drang nur noch gedämpft an ihre beanspruchten Ohren und sie drückte die Hello-Kitty-Tasche fest an sich.

Einmal atmete sie tief durch, dann wühlte sie sich durch die Fächer, fand sie aber bis auf ein paar vertrocknete Blätter und Erde leer vor. Asavi stieß die Luft zittrig aus und ließ die Tasche sinken.

»Asavi?«

Es war Juraj, der hinter ihr ins Haus trat. Sie ließ den Kopf in den Nacken sinken und atmete ein weiteres Mal tief durch. Ihre Lungen waren eng, viel zu eng, um den nötigen Sauerstoff in ihr Blut zu pumpen. »Alles bestens. Ich muss mich nur wirklich kurz ausruhen. Aber du kannst den anderen beiden helfen. Und dein Militärding durchziehen.« Sie wandte sich zu ihm um.

Juraj bedachte sie besorgt, nickte aber. »Du vertraust den beiden? Obwohl Csaba-«

»Jazmin hat gesagt, dass sie desertiert sind. Wenn du dich nicht mit Csaba abgeben willst – was ich verstehen würde – dann sei wenigstens nett zu Jazmin. Wir können uns gerne später unterhalten. Nur ... bitte erst mal keine Schießereien mehr.«

Juraj sah unzufrieden aus. »Dir geht es nicht gut. Wenn du etwas brauchst-«

Asavi winkte ab. »Ich brauche im Moment nur Ruhe.« Sie machte zwei Schritte auf ihn zu und drückte ihn kurz, aber fest an sich.

Juraj erwiderte die Umarmung so gekonnt, wie er sie geküsst hatte. Als wäre er gemacht worden, für sie da zu sein – was streng genommen sogar der Wahrheit entsprach. Und es belastete sie mehr, als sie zugeben wollte. »Gerne. Wenn etwas ist, dann ruf mich.«

Asavi nickte an seiner Brust. »Danke.«

Damit schob er sich das Maschinengewehr auf den Rücken und ließ sie alleine.

Sie blickte sich um, versuchte ein Gefühl für das Haus zu bekommen und ging hinüber zur Küchentheke, auf der ein Bottich voll Wasser stand. Daneben eine angeschlagene Keramiktasse. Asavi schöpfte damit ein wenig der Flüssigkeit, wusch sich das Blut vom Gesicht und trank dann gierig einige Schlucke. Es schmeckte schal, aber das war ihr im Moment egal. Sie stemmte sich mit einem Keuchen auf die Küchentheke und wischte sich das Gesicht am Saum ihrer Bluse sauber. Sie starrte auf die rötlichen Flecken auf dem lindengründen Stoff und presste die Lippen gegen die erdrückende Welle an zeitversetzter Angst zusammen, die über sie schwappte, wie ein Tsunami.

Stillstand brachte den Tod. Sie durfte nicht stehen bleiben. Aber ihre Knochen waren so müde. Sie war so, so müde. Asavi marschierte den kurzen Flur hinunter, wo sie die Schlafzimmer vermutete, fand stattdessen eine Treppe und erklomm sie. Es roch trocken und staubig. Nach altem Holz und warmen Ziegeln, was wohl den fest verschlossenen, doppelten Fensterläden zu verdanken war, die das obere Stockwerk die letzten sechs Jahre abgeriegelt hatte. Der Dachboden auf der Farm hatte genauso gerochen. Vertrautheit schloss sich um ihr Herz und drückte zu, bis jeder Schlag in ihrer Brust schmerzte.

Sie sank auf das erste Bett, das sie in einem der abgrenzenden Räume fand und starrte wieder auf ihre Hello-Kitty-Tasche. Sie war das letzte Bisschen Heimat, das sie noch besaß. Eine Erinnerung an ihr altes Leben, ihren Großvater, der sie ihr zu ihrem zehnten Geburtstag geschenkt hatte und daran, wie es geklungen hatte, als er gegangen war. Seltsamerweise hallte der Schuss aus seinem Revolver, mit dem er sich das Leben genommen hatte, um sie nicht länger auf ihrer Reise zurückzuhalten, um ein Tausendfaches lauter in ihrem Kopf als die Geschosse des M2.

Asavi strich mit dem Daumen über das zerfranste Motiv der weißen Comic-Katze, die trotz Weltuntergangs nichts von ihrer Niedlichkeit eingebüßt hatte. Im Gegensatz zu allem anderen. Dann ließ sie sich langsam auf den Rücken sinken und rollte sich auf der Seite zusammen. Der raue Stoff war noch ganz warm von draußen und so presste sie die erdig riechende Tasche mit geschlossenen Augen fest gegen ihre Wange. Sie schniefte.

Sie war überall mit dieser Hello-Kitty-Tasche hingegangen. In die Schule, zu Freundinnen, auf Partys, in den Hühnerstall und mit ihrem Papa aufs Feld zum Ackerbau. Nicht, dass sie als Kind selbst viel geholfen hätte, aber sie war da gewesen, hatte auf der warmen Haube des Traktors gesessen und mit ihrem Papa um die Wette gelacht. Die Rehe auf den fernen Böschungen gezählt und nach Feldhasen Ausschau gehalten. Bunte Steine und blühende Blumen in die kleinen Fächer ihrer rosanen Begleitung geschoben und emaillierte Pins an den Träger geheftet. Von Walen, Hühnern und einem Bild von Darth Vader, weil es damals cool gewesen war, auf ihn zu stehen. Keiner dieser Pins hatte die vergangenen Jahre überlebt.

Asavi blinzelte gegen die Tränen an. Sie war unglaublich erleichtert, Csaba wieder getroffen zu haben, aber dieses Gefühl begleitete ein heftiger Schlag an schlechtem Gewissen. Vor allem als sie ihre Tränen in die rosane Tasche drückte, kam sie sich wie eine furchtbare Heuchlerin vor, die nicht nur das Opfer ihres Großvaters, sondern auch den Tod ihres Papas mit Füßen trat. Csaba hatte sich mehrere Male dafür entschuldigt, dass er ihn erschossen hatte, aber das brachte ihn nicht zurück. Es ändert nichts an der Tatsache und trotzdem konnte sie ihn nicht hassen.

Sie war ehrlich froh darüber, dass Jazmin am Leben war und überschlug wieder und wieder im Kopf, was es wohl gekostet und gebraucht hatte, damit sie gemeinsam mit Csaba das Weite suchte.

In ihren Ohren hatte sich ein lästiger Dauerton eingenistet, der den Gewehrschüssen geschuldet war und die Muskeln in ihren Händen summten durch die kräftigen Vibrationen des schweren Maschinengewehrs auf dem Geschützturm. Sie schniefte erneut und unter die Phantomgeräusche mischte sich ein neues, viel näheres. Ein dumpfes Brummen schob sich durch die angelehnte Türe in die Dunkelheit des Schlafzimmers und kurz darauf berührte etwas feuchtes Asavis verkrampfte Hand. Das Summen tapste mit lautlosen Pfoten über ihre Unterarme und platzierte sich als Kugel voll weicher Wärme in ihren Armen. Scharfe Krallen kneteten die zerschlissene Hello-Kitty-Tasche zwischen ihren Fingern und dann kuschelte sich eine orangene Katze fest an Asavis Brustkorb.

Das Schnurren von Erbse durchdrang die grässlichen Geräusche der Verfolgungsjagd und löste den kalten Knoten der Anspannung und emotionalen Verwirrung, der tief zwischen Asavis Rippen geklemmt war.

»Du hast recht«, wisperte sie in Erbses warmes Fell. »Es ist egal, oder? Wir können nur mit den Dingen was anfangen, die da sind.«

Die kleine Katze stieß ein leises Maunzen aus, ohne ihre Augen zu öffnen.

Asavi seufzte und fuhr die weißen Streifen in ihrem Fell nach. Sie war jetzt hier. Ihr Papa und Großvater waren es nicht. Ihre Mutter war es nicht. Zar war es nicht. Juraj war es. Jazmin und Csaba waren es.

Asavi schloss die Augen und zwang sich, an nichts zu denken. Er hatte ihr die Hello-Kitty-Tasche zurückgebracht. Nicht, weil er musste, sondern weil er wollte. Darüber schlief sie ein.

Viel zu früh schreckten sie Schritte auf der Holztreppe und dann ein Klopfen an der angelehnten Türe wieder aus dem kurzen Schlummer. Das Licht, das durch die Fensterläden fiel, war noch hell genug, um zum Tag zu gehören, und Asavi öffnete die Augen. Erbse schlief nach wie vor in ihren Armen, als gäbe es nichts Friedlicheres. Also atmete Asavi ebenfalls durch und richtete ihren verschlafenen Blick zum Eingang.

»Steh auf. Wir müssen einiges besprechen.« Csaba drückte die Türe auf und verschränkte die Arme vor der Brust.

Über die anfängliche, verwirrende Freude, ihn wieder gesehen zu haben, schoben sich augenblicklich Regenwolken. »Danke, ich hab gut geschlafen«, log sie und rappelte sich auf. »Juraj hat dich noch gar nicht umgebracht?«

Csaba lehnte sich gegen den Türstock. »Zum Glück kann Jazmin charmant sein, wenn sie's drauf anlegt. Sie hat genauso wenig Lust zu sterben, wie wir alle.«

Asavi atmete aus. Sie hatte irgendwie befürchtet, dass Juraj in ihrer Abwesenheit vielleicht aus Versehen in den Pandur gestiegen und die beiden abgeknallt hatte. »Ich hab ihm gesagt, keine Schießereien.«

Csaba musterte ihre verschlafene Gestalt und öffnete dann die Arme, als Erbse aus ihrem eigenen Schlummer geschreckt auf ihn zu stakste. Sie strich ihm um die Beine und ließ sich auf den Arm nehmen. »Und er gehorcht dir? Einfach so?«, wollte Csaba wissen.

Asavi rutschte an den Bettrand und kam auf die Füße. Zwischen das Schuldgefühl, sich über Csabas Auftauchen gefreut zu haben, schob sich irritierter Frust, dessen Ursprung sie schwer einordnen konnte. »Was? Du glaubst mir nicht? Weil ich eine schwächliche, mittellose Frau in Not bin, die sich dem erstbesten Muskelberg unterwirft?«, sagte sie angespannter als beabsichtigt.

Csabas Gesichtsausdruck wurde düster, obwohl er Erbse auf dem Arm hatte – eine kosmische Unmöglichkeit. »Das habe ich nicht gesagt.«

»Nein«, erwiderte Asavi und rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Aber du hast es dir gedacht. Du denkst, weil ihr mich für fast zwei Wochen eingesperrt und meinen Handlungsspielraum komplett auf null reduziert habt, dass ich gar nicht anders kann, als vor großen, starken Arschlöchern, von ebenso großen, starken Arschlöchern gerettet zu werden. Nicht, das Juraj ein Arschloch ist. Er ist das absolute Gegenteil von einem. Aber ich meinte damit auch eher momentan anwesende Personen.« Sie warf Csaba einen pikierten Blick zu. »Ein einfaches Guten Morgen, wie gehts hätte völlig ausgereicht.«

»Auch das habe ich nicht gesagt«, dementierte er ihre aufbrausenden Worte, ohne auf die Beleidigung einzugehen. Erbse legte die Ohren an, merkte, wie die Stimmung kippte, und flitzte aus seinen Armen die Treppen nach unten. Csaba lag etwas auf der Zunge, ein Gedanke, der durch seinen Verstand geisterte, während Asavi seinen Blick erwiderte. Der auf einen Schlag verhängnisvoll intim und viel zu gefährlich emotional wurde. Aber was es auch gewesen war, verflüchtigte sich rasch, nachdem Csaba den angespannten Ausdruck auf ihrem Gesicht studiert hatte. »Ich habe lediglich gefragt, ob er dir einfach so gehorcht.«

Asavi schnaubte durch die Nase und kam auf ihn zu. Sie dachte an die Hello-Kitty-Tasche, an diese freundschaftliche Geste und dann daran, wie teilnahmslos Csaba in Mischkolz gewesen war, als Joska ihr beinahe die Zähne herausgerissen hatte. Sie wünschte sich, sie könnte einfach in eine Box brüllen, bis sie den ganzen Gefühlsstau rausgelassen hatte.

»Dann kapier ich deine Frage nicht«, giftete sie. »Warum sollte er mir nicht gehorchen? Warum sollte er nicht von selbst der Meinung sein dürfen, dass unnötiges Töten ... naja«, fauchte Asavi und warf die Arme in die Luft, »unnötig ist?«

Sie stand so dicht vor Csaba, dass sie seine Körperwärme spürte und seinen Geruch nach Wacholder und irgendetwas würzigem – möglicherweise Datteln - wahrnahm, der ihrem verschlafenen Herz einen kräftigen und ungerechtfertigt heftigen Tritt verpasste. Sein Dreitagebart und die wilden schwarzen Locken sahen auf einmal viel zu ansprechend aus. Vertraut. Er war desertiert. Er besaß unter dem Berg an Brustmuskeln irgendwo ja doch ein Herz. Angeblich.

Csaba rührte sich nicht vom Fleck und verschränkte die Arme wieder vor der Brust. »Weil er einer von Izabelas Soldaten ist, die aufs Töten programmiert wurden. Und nenn es meinetwegen Intuition, aber die Art und Weise, wie er dich behandelt hat, war eindeutig besitzergreifend.«

»Intuition, ja?«, sagte Asavi und blickte an ihm auf und ab. Zu merken, dass er in einem schwarzen Shirt und einer Jeans verfluch heiß aussah, half nicht sonderlich, ihre Verwirrung hinsichtlich des heutigen Tages zu ordnen. »Ich frage mich ja, welcher Körperteil da aus dir spricht.«

Csaba nickte kurz und rieb sich dann den Bart. »Verstehe.«

Asavi verzog verärgert die Brauen und machte einen Schritt zurück. »Hätten wir das geklärt? Können wir jetzt zu meinem ehrenwerten Retter hinunter, um was weiß ich zu besprechen?«

Er machte ihr Platz und folgte ihr ohne ein weiteres Wort in die Wohnküche, in der Jazmin mit Juraj über mehreren ausgebreiteten Karten am Tisch stand. Stillstand war tödlich. Sich auf ihre Emotionen einzulassen, ihnen den Raum zu geben, über sie herzufallen, war eine schlechte Idee gewesen.

»Nein, schau. Hier.« Jazmin schob Jurajs Hand von der Karte und fuhr eine Linie nach, völlig versunken in ihre Demonstration, dass sie gar nicht aufblickte. Asavi blieb neben der Tür stehen und ließ Csaba passieren. Sie betrachtete Juraj, der mit gerunzelten Brauen, hochkonzentriert Jazmins Bewegungen folgte und dann den Kopf schüttelte.

»Dorthin will Joska? Laut unseren Berichten ist dort kein Kraftwerk, sondern ...«, murmelte er irritiert.

Jazmin schnaubte belustigt durch die Nase. »Wenn wir Zar finden wollen, bevor Joska ihn ausnimmt, dann müssen wir dorthin.«

Juraj rieb sich die Stirn. »Wir sprechen von Kesthell, Jazmin. Dort hinzufahren wäre Wahnsinn.«

In dem Moment hob Jazmin ihren Blick und bemerkte Csaba. Asavi identifizierte denselben fragenden Ausdruck in ihren kornblumenblauen Augen, wie ihn Juraj auf dem Gesicht trug, wenn er sich nach einer Vorgehensweise erkundigte.

»Ihr wollt Zars Kopf aus der Schlinge ziehen«, sprang Csaba ein. Er gesellte sich zu den anderen beiden an den Küchentisch aus massiver Eiche und betrachtete die Karten. »Ich halte es nach wie vor für eine schlechte Idee. Aber Jazmin hat Recht. Kesthell ist der einzige Ort, der in diesem Kontext Sinn ergibt. Er ist der am nächsten gelegene Stützpunkt.« Er warf Juraj einen Blick zu. »Aber das wirkliche Problem an Kesthell kennst du längst. Du konntest diesem Problem bisher nur noch keinen Namen zuordnen. Du musst hier nicht den Ahnungslosen spielen.«

Jurajs Augenbrauen zogen sich zusammen und er richtete sich auf. »Wenn ihr nicht lügt, und Kesthell der Ort ist, an den Joska fahren wird, werde ich Asavi nicht in die Nähe davon bringen.«

Jazmins Blick huschte zwischen den beiden Männern hin und her. »Aber wenn Joska Zar in die Finger bekommen hat, dann wird er ihn direkt dorthin schaffen, das ist dir bewusst?«

Asavi betrachtete Jurajs konzentriertes Gesicht aufmerksam. Setzte er sich für Zar ein, weil ihm etwas an dem Kerl lag oder weil er wusste, dass ihr etwas an ihm lag? Sie eiste sich vom Boden los und trat an den Tisch heran. »Warum bist du dir so sicher, dass Joska ihn geschnappt hat. Und nicht meine Mutter?«, richtete sie sich an Jazmin.

Diese studierte Asavis Erscheinung, wechselte einen Blick mit Csaba, doch es war Juraj, der schließlich antwortete.

»Zar mag zwar Todessehnsüchte haben, aber er ist nicht lebensmüde. Wenn er Informationen über Arjan hat, die Izabela unbekannt sind, dann ist ihm gut geraten nicht von ihr in die Finger bekommen zu werden.«

»Du meinst, das, was er auf dem Dach gesagt hat, war kein Bluff?«

Juraj betrachtete sie mit einem mitleidigen Ausdruck, der Asavi aus irgendeinem Grund auf die Nerven ging.

»Arjan?«, fragte Csaba nach und wirkte auf einen Schlag wacher. »Ihr habt ihn getroffen?«

Asavi kniff die Lippen fest zusammen und ballte ihre Hände zu Fäusten. »Kurz. Einmal. Stimmt nicht. Zweimal. Ein drittes Mal wird es nicht geben.« Mach mir keine Hoffnungen, Mädchen. Die letzten Worte des Wissenschaftlers, ehe Izabela ihn in den Kopf schießen hatte lassen, schnitten ihr völlig unerwartet durchs Herz.

Csaba stieß ein nachdenkliches Brummen aus. »Dann hat er euch also von Izabela und dem Genlabor erzählt?«

»Ich schätze Mal, da Joska und Arjan beste Freunde waren, war er auch ein Kumpel von dir?«, fragte Asavi genervt.

Csaba hob daraufhin seine Schulter. »Nicht unbedingt. Was hat er euch noch erzählt?«

»Dass Izabela mit ihren Engeln bereit ist, die Welt auseinanderzureißen, solange sie dadurch die Enoui«, Asavi warf Jazmin und Csaba einen Blick zu, »vernichten kann.«

»Was sonst ist neu?«, murmelte Jazmin und drehte den Stift, mit dem sie zuvor mit Juraj auf den Karten gezeichnet hatte, in ihren Fingern. Sie stützte sich auf der Tischplatte ab. »Egal, was Izabela mit Zar vorhat, Joska wird ihn bestimmt umbringen.«

»Nein, Juraj hat recht«, warf Csaba nachdenklich ein. »Sobald er weiß, wie wertvoll Zar für Izabela ist, wird er ihn am Leben lassen. Und ihn direkt nach Kesthell bringen. Das erscheint plausibel. Vor allem, wenn er über Arjan plaudert.«

»Wieso?«, fragte Asavi und verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum bist du auf einmal so daran interessiert, wie wertvoll Zar für Joska ist? Bei eurer letzten Begegnung warst du sogar sehr betrübt darüber, dass du ihn nicht erschießen konntest, da du ihn als sehr unwertvoll bezeichnet hattest.«

Csaba musterte sie eindringlich. »Als du geschlafen hast, haben wir uns unterhalten. Juraj hat uns aufgrund seiner Loyalität zu dir, über die Umstände in eurer Beziehung zu Zar und Izabela aufgeklärt.«

Asavi schoss Juraj einen vernichtenden Blick. »Feind deines Feindes, verstehe. Bei so viel Feindlichkeit wird einem richtig warm ums Herz.« Ihr selbst war kalt. Innerlich. Ein Frösteln kroch auf spitzen Krallen durch ihre Knochen, sobald sie an die letzten Momente in Izabelas Kerker dachte. An Zars draufgängerische Kühnheit, Vegas augenscheinlichen Verrat und dann an Arjan. An das, was Zar ihrer Mutter erst heute Nacht von einem Hausdach entgegengeschleudert hatte. Und an die Sache, die er ihr beinahe gebeichtet hätte, ehe die kleine Ortschaft von Izabela und Joska in Stücke gerissen worden war.

»Im Moment«, ergriff Jazmin das Wort, »haben wir nur Feinde. Quer durch die Bank. Wir sind Deserteure. Daher ist es klug, sich mit anderen Deserteuren zusammenzutun. Egal, wie sympathisch man sie finden mag.« Hier warf sie Csaba einen Seitenblick zu, aber seine Miene verriet nicht, worauf sie anspielte.

Asavi biss die Zähne zusammen. Von allen Anwesenden war Jazmin die einzige, die tatsächlich Sinn machte. »Hast du auch von Luna-Major erzählt?«, wollte sie an Juraj gewandt wissen und sein Gesichtsausdruck, der sich von entspannt zu verschlossen wandelte, sagte ihr mehr, als jedes Wort. Ein deutliches nein, darüber sprechen wir unter gar keinen Umständen mit dem Feind, selbst wenn er unser Feind-Freund ist. Also wechselte sie ebenfalls rasch das Thema. »Was ist in diesen Kraftwerken?«

Alle Augen richteten sich auf sie. Jazmins besorgt, Jurajs jetzt angestrengt neutral und Csabas unleserlich. Es missfiel ihr, dass er es war, der ihr antwortete. Irgendwas in seinem Ausdruck, seiner Stimme, welche die folgenden Worte begleitete, machte sie sauer. »Dort bringen wir die Engel hin, die wir fangen, um sie in Hochöfen verglühen zu lassen. Die freigesetzte Energie nutzen wir für Strom.«


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