8.

Schon von weitem sah ich die vier Gestalten, die sich in der Mitte des Platzes versammelt hatten und beschleunigte meine Schritte.
"Entschuldigung", keuchte ich, als ich bei ihnen zum Stehen kam. "Wird nicht wieder vorkommen. Wartet ihr schon lange?"
Chōza-sensei schüttelte den Kopf.
"Ich bin auch gerade erst gekommen."
Genma grinste mich an und ich lächelte verlegen zurück.
"Da wir jetzt vollzählig sind, würde ich sagen, wir fangen mit der Mission an", begann Chōza und alle nickten zustimmend.
"Es ist eine D-Rang Mission, also nichts schweres. Allerdings muss ich sagen, dass das auch eine meiner ersten Aufträge war."
Er machte eine kurze Pause, in der mein Herz aufgeregt etwas schneller schlug.
"Wir sollen eine Katze einfangen. Sie ist schwarz und hat eine Schleife am Ohr."
Ich blinzelte verwirrt, bevor mir klar wurde, was er da gerade gesagt hatte.
"Wie bitte? Eine Katze?!", riefen Genma und ich gleichzeitig total entsetzt.
"Sensei! Das ist doch keine Aufgabe für Ninja!", protestierte auch Gai, Ebisu schwieg.
"Tut mir ja Leid, aber ich weiß nicht, was ihr erwartet habt. Ihr seid Genin, da jagt man noch keine Nukenin und unterstützt unsere Truppen im Krieg", erklärte unser Sensei schmunzelnd.
"Außerdem", fuhr er fort. "Wenn ihr euch in solchen Sachen bewährt, könnt ihr bei den nächsten Chūnin Prüfungen teilnehmen."
Ich seufzte, nickte dann schließlich wiederwillig.
"In Ordnung. Irgendwelche Vorschläge, wie wir vorgehen sollen?"
Ebisu hob die Hand und rückte mit der anderen seine Brille zurecht.
"Ich habe eine Idee. Es ist eigentlich ganz simpel: Zwei Leute fragen in der Gegend rum, ob sie jemand gesehen hat, und die anderen durchkämmen den Wald. Und Sie, Sensei, kaufen etwas Fisch oder so, um die Katze abzulocken, wenn wir sie gefunden haben. Wir bleiben über Funkgeräte in Verbindung, das ist am einfachsten."
Chōza nickte anerkennend und ich verdrehte die Augen, von Ebisu konnte man schließlich nichts anderes erwarten, er schien nicht einmal nachgedacht zu haben!
"Hervorragend. Die Funkgeräte hatte ich bereits besorgt, ich gebe sie euch gleich. Gai und Ebisu, ihr übernehmt den Wald, Yuna und Genma, ihr fragt im Dorf rum", befahl der Sensei und teilte die grauen Kommunikationsgeräte aus.
Nachdem wir diese angelegt und eingestellt hatten, teilten wir uns auf.
Genma und ich beschlossen, uns erst einmal bei den Häusern in der Nähe des Waldrandes nach dem Tier zu erkundigen.
"Yuna?"
"Hm? Was ist?"
"Wollen wir vielleicht... heute, also nach der Mission, zusammen... trainieren?"
Ich blickte ihn überrascht an, doch er wand den Kopf ab.
"Klar, gerne! Obito hat gesagt, er würde lieber alleine üben, also könnten wir das auch öfter machen", stimmte ich begeistert zu und mit großen Augen sah er zu mir.
"Wirklich?"
"Wirklich!"
Ich lachte und nach kurzer Zeit stimmte er ein.
Wir klopften an ein paar Türen und fragten einige Passanten, doch niemand hatte auch nur ein Schnurrhaar der Katze gesehen.
Nachdem eine alte Frau uns ohne erkennbaren Grund eine geschlagene Viertelstunde über das Fressverhalten ihrer Hunde aufgeklärt hatte, hatten wir schließlich keine Lust mehr.
Doch da ertönte ein knarzendes Geräusch aus meinem Funkgerät und Gais Stimme dröhnte laut in meinen Ohren.
"Wir haben sie gefunden! Etwa 500 Meter östlichen vom Haupttor! Beeilt euch!!"
Vor Schmerzen verzog ich mein Gesicht zu einer Grimasse und sah, dass Genma fluchend die Hände an den Kopf gepresst hatte, was jedoch nichts brachte.
"Verdammt, Gai! Stell dein Mikro leise und hör auf zu schreien!", meckerte ich ihn lautstark an.
"Yuna, das tut weh", jammerte Genma und ich lächelte entschuldigend.
"Oh, tut mir Leid. Äh, ja... Wir sind gleich da."
Jetzt meldete sich auch Chōza zu Wort.
"Ich bin auch auf dem Weg und habe etwas Fisch besorgt. Behaltet sie im Auge."
"Verstanden!", kam die Antwort von Ebisu und Gai.
Genma deutete in die Richtung, in die wir gehen mussten und wir liefen los.
Es war nicht weit, sodass wir die anderen schon nach ein paar Minuten erreicht hatten.
"Wo ist sie?", fragte Genma an Ebisu gewandt, und dieser deutete auf einen kleinen, in der Sonne liegenden, Fleck zwischen den Bäumen.
Ich spähte durch die Stämme und erblickte eine Katze mit einer Schleife am rechten Ohr, die dabei war, sich zu putzen.
"Wie gehen wir weiter vor?", fragte ich leise, um das Tier nicht aufzuscheuchen.
"Der Fisch, den ich mitgebracht hat, dient als Köder und während sie frisst, schnappst du sie dir", erklärte Chōza und ich stemmte sei Hände in die Hüften.
"Warum denn ausgerechnet ich?!"
"Weil du am harmlosesten aussiehst", erwiderte er bloß schulterzuckend.
"Das kann doch nicht euer Ernst sein", protestierte ich. "Genma sieht mindestens genau so ungefährlich aus, wie ich! Und Ebisu auch, warum-"
Seufzend verstummte ich, mein Protest würde eh nichts bringen.
Also sah ich schweigend zu, wie Gai und Ebisu den Fisch an einer Schnur befestigten und auf einen Baum kletterten, von wo aus sie den Köder langsam hinunterließen.
Sobald die Katze sich über das Essen hermachte, schlich ich mich von der Seite an und warf mich auf sie.
Fauchend und kratzend versuchte sie, mir zu entkommen, doch als sich mein Griff nicht lockerte, gab sie schließlich Ruhe.
Mit einigen, leicht blutenden Kratzern im Gesicht und auf den Armen machte ich mich mit meinem Team auf den Weg zum Hokage.

"Ohh, da ist sie ja, meine Kleine!! Ja, ich hab dich soo vermisst, Süße!!"
Mit großen Augen starrte ich die dicke Frau an, die so aussah, als würde sie ihre Katze gleich ausversehen erwürgen.
"Wisst ihr, sie hat vor einer Weile Junge bekommen, drei Stück! Eins von ihnen sieht genau so aus, wie sie und versucht auch ständig, auszureißen! Die kleine heißt Tora."
Langsam nickte ich und das arme Tier tat mir unglaublich Leid.
"Vielen Dank, dass ihr sie zurückgebracht habt, ich habe Hokage-sama das Geld bereits gegeben, auf Wiedersehen~"
Und schon war sie durch die Tür verschwunden und ließ uns mit Sarutobi alleine.
Dieser räusperte sich.
"Ihr habt die Mission sehr gut ausgeführt. Für morgen könnt ihr Wählen zwischen Zeitungen austragen und einem alten Mann beim Putzen seiner Wohnung helfen", verkündete er und einen Moment lang wurde es still im Raum.
Genma und ich wechselten missmutige Blicke, sagten jedoch nichts.
Schließlich räusperte Chōza sich.
"Ich denke, das mit den Zeitungen wäre eine gute Wahl, oder?"
Stumm nickten wir und Sarutobi entließ uns.

"Komm schon Genma!", rief ich und wedelte hektisch mit meinen Armen.
"Ganz ruhig, Yuna. Wir haben es doch nicht eilig, oder?", lachte der Braunhaarige und schlenderte gelassen hinter mir her.
"Naja, ich will nachher nicht zu spät zum Abendessen kommen", murmelte ich, zuckte dann jedoch mit den Schultern und ging neben ihm her.
"Ziemlich unfair, denkst du nicht auch, Yuna?"
"Hm? Was meinst du?"
"Na, dass wir nur solche langweiligen Missionen bekommen. Das ist doch keine Arbeit für einen Ninja!"
Bilder von Leichen und Blut drängten sich in meinen Kopf und ein Schauder lief mir über den Rücken.
"Ja, stimmt", murmelte ich bloß.
"Es ist ja nicht so, dass ich damit gerechnet hatte, wir würden im Krieg helfen oder abtrünnige Ninja fangen, aber etwas mehr als... das, verstehst du?"
"Mhm."
Ich vergrub meine Hände in den Taschen und senkte meinen Blick auf die Straße vor mir.
Tod.
Ich hatte das lange aus meinem Gedächtnis verdrängen können, die wirklichen Aufgaben eines Ninja.
Vorsichtig warf ich einen Blick zu Genma, welcher mich fragend musterte.
Er hatte ja keine Ahnung.
"Alles in Ordnung mit dir?"
Schnell nickte ich und schenkte ihm ein etwas zu breites Lächeln.
"Natürlich. Ich war nur etwas in Gedanken. Jetzt lass uns schnell trainieren, okay?"
"Äh, klar..."
In seinen Augen konnte ich einen Funken Besorgnis erkennen, doch auch er überspielte es mit einem Grinsen.

Schon kurze Zeit später kamen wir an einer kleinen Lichtung in Wald an, die nicht weit vom Dorfrand entfernt war.
"Also, wollen wir vielleicht mit einem Übungskamp anfangen?", schlug ich vor und Genma stimmte zu.
Wir gingen in Kampfstellung und ich konnte mein Herz rasen spüren, bis ich auf ihn zu schnellte.
Meinem Tritt auf Hüfthöhe wich er mit Leichtigkeit aus, sowie einem Schlag, der seinen Kopf hätte treffen sollen.
Mit einem einfachen Salto entkam ich einem Hagel von Faustschlägen und versuchte danach, ihm die Beine wegzuziehen, was mir auch glückte.
Allerdings rettete er sich mit einer Rückwärtsrolle und kam sicher einige Meter weiter hinten wieder auf.
Ich hatte jedoch nicht vor, ihm eine Pause zu gönnen und verwickelte ihn in einen Faustkampf, den er mit einer gezielten Attacke auf meinen Bauch für sich entschied.
Ich schlitterte zurück und schaffte es gerade so, mein Gleichgewicht nicht zu verlieren.
"Pass auf, Yuna. Wenn das so weitergeht, geht der Sieg heute an mich", lachte er und sprang erneut auf mich zu.
Doch während er zum Schlag ausholte, drehte ich ihm blitzschnell den Rücken zu, um dann mit meinem Fuß von unten gegen seinen Kopf zu treten.
Ich legte sehr viel Kraft in diesen Angriff, weshalb er weit weg geschleudert wurde.
Einen Moment blieb er benommen liegen, doch als er sich wieder aufrichten wollte, war ich bereits bei ihm und meine Hand ruhte auf seiner Kehle.
"Okay, du hast gewonnen", gab er seufzend zu und ich half ihm lächelnd auf die Füße.
"Das war der selbe Tritt wie beim ersten Mal, oder?"
"Ganz genau. Aber diesmal war er deutlich effektiver", verkündete ich stolz.
Für einen kurzen Augenblick schlich sich ein blasser Junge mit schwarzen Haaren in meinen Kopf, der mit einem belustigten Ausdruck in den gelben Augen mit einer Hand meine Ferse gepackt hielt.
"Auch wenn das bei ihm nie was gebracht hat...", fügte ich leise hinzu.
"Bei wem? Kakashi?", fragte Genma neugierig und ich erstarrte.
Das hatte ich eigentlich nicht aussprechen wollen.
"Äh, j-ja. Genau. Kakashi hat den immer abgewehrt. Ziemlich frustrierend!"
Lachend kratzte ich mich an Hinterkopf, aber Genma war nicht dumm.
Er merkte bestimmt, dass ich nicht Kakashi gemeint hatte, aber zum Glück hakte er nicht weiter nach.
Als ich mich im Schneidersitz auf dem Gras niederließ, spürte ich das Verlangen, ihm alles zu erzählen.
Nicht nur, wem der Angriff nichts ausgemacht hatte, sondern jedes, noch so unwichtige Detail von früher.
Aber das ging nicht.
Denn selbst wenn ich mich überwinden könnte, würde er mich eher für verrückt erklären, als auch nur eine Sache zu glauben.
"Also... nochmal?"
Von Genmas Stimme aus meinen Überlegungen gerissen, zuckte ich zusammen.
"Huh? Na klar, gerne doch."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top