15.
"Obito. Ich bin gestern in eine neue Wohnung gezogen. Es ist ziemlich klein dort, aber im alten Haus war es so groß und... leer ohne euch. Außerdem ist die Miete sehr günstig", murmelte ich, vor dem Gedenkstein sitzend.
Gedankenverloren drehte ich die Blume in der Hand, die ich auf darauf gelegt hatte.
"Ach ja!", rief ich, als mir plötzlich noch etwas einfiel.
"Minato-sensei ist vor zwei Tagen zum Hokage ernannt worden, weil der alte Sarutobi zurückgetreten ist! Und ich bin ab heute ein Jōnin! Kakashi ist zwar schon länger einer, aber ich bin die erste aus meinem Team, die kein Chūnin mehr ist", erzählte ich aufgeregt.
Das Lächeln, welches sich auf meinen Lippen gebildet hatte, verschwand nach ein paar Herzschlägen wieder, als mir einmal mehr schmerzlich bewusst wurde, dass ich niemals eine Antwort bekommen würde, egal, was ich ihm berichtete.
"Naja, ich bin eigentlich nur gekommen, damit du weißt, dass es mir gut geht", beendete ich meinen Bericht und erhob mich.
"Ich schaue noch kurz bei Rin und Baa-chan vorbei."
Wie meistens war ich die einzige Besucherin auf dem Friedhof und irgendwie musste ein Außenstehender mich langsam für bekloppt halten.
Schließlich kam ich so gut wie jeden Tag her und redete mit Steinen.
Obwohl... jetzt, wo ich einen höheren Rang hatte, würden meine Missionen wahrscheinlich noch mehr werden.
Fast wäre ich an meinem nächsten Ziel vorbei gelaufen, blieb dann aber doch noch rechtzeitig stehen und legte die zweite von den drei Blumen, die ich mitgebracht hatte, neben den eingravierten Namen.
Nohara Rin.
"Hallo, Rin. Ich weiß, wir haben lange nicht mehr wirklich gesprochen, beziehungsweise... ich habe lange nicht mehr mit deinem Grab geredet", ein kurzes Lächeln kam auf meine Lippen.
"Aber es ist so einiges passiert, seit du nicht mehr da bist. Minato-sensei ist Hokage und Kakashi ist jetzt bei den Anbu und redet eigentlich gar nicht mehr mit uns. Er hat sich sehr verändert, nachdem du... naja, du weißt schon, gestorben bist. Ich würde ihm gerne helfen, weiß aber nicht, wie ich das anstellen soll. Du wüsstest, was zu tun ist, oder? Es... tut mir so Leid, dass ich nicht mehr Zeit mit euch drei verbringen konnte."
Ich biss mir auf die Unterlippe, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken, meine zitternden Hände verschwanden in den Hosentaschen.
"Und... ich bin endlich ein Jōnin. Ich hab mich wirklich sehr mit dem Training ins Zeug gelegt, um so schnell wie möglich aufzusteigen. Damit ich in Zukunft alle beschützen kann..."
Wieder spürte ich dieses bekannte Ziehen in meiner Brust und stand hastig auf.
"A-auf jeden Fall, mir geht es so weit gut. Ich gehe noch schnell zu Baa-chan. Bis dann, Rin."
Nachdem ich auch Tomoko von den neuesten Ereignissen erzählt hatte, verließ ich den Friedhof und wanderte ein bisschen durch Konoha.
Meine Mission war kurz nach Mittag bereits beendet gewesen und es gab noch keinen neuen Auftrag, also hatte ich nichts zu tun.
In meine neue Wohnung wollte ich nicht und irgendwie fehlte mir die Energie zum Trainieren.
Also ließ ich mich auf eine leere Bank am Ende des Weges plumpsen und verschränkte meine Hände hinter dem Kopf.
Langsam schloss ich die Augen und lehnte mich etwas zurück.
Aus dem Wald drang das Rascheln von Blättern, begleitet von einigen Stimmen der Vögel.
Ein warmer Wind umspielte meine Haare.
"Schläfst du, Yuna?", riss mich eine Stimme plötzlich wieder in die Wirklichkeit und ich schreckte auf, wobei ich mir den Kopf nach vorne ruckte.
Die Person direkt vor meinem Gesicht stieß einen kurzen, schmerzerfüllten Laut aus und ich rieb mir die Nase.
Blinzelnd öffnete ich meine Augen und sah einen blonden Haarschopf.
"Hokage-sama!", rief ich überrascht, aber er machte eine wegwerfend Handbewegung.
"Bitte, nenn mich doch einfach wie früher, ja? Mir ist das irgendwie unangenehm", lachte er und ich nickte.
"Was gibt es denn, Minato-sensei?", fragte ich und er räusperte sich kurz.
"Also, in Kürze werden die derzeitigen Akademieschüler ihre Prüfung zum Genin machen."
"Und...?", hakte ich nach, als er nach einer kurzen Pause nicht fortfuhr.
"Das erzählen Sie mir, weshalb?"
"Ich würde dich bitten, als Sensei eines dieser Teams zu übernehmen, da du jetzt Jōnin bist", grinste er und mein Kiefer klappte auf.
Ich?
Ein Sensei?
"Warum?", fragte ich völlig überfordert.
"Es ist so, dass uns derzeit das Personal fehlt. Wir haben nicht genug Jōnin, die nicht nur die nötigen Fähigkeiten, sondern auch das Potenzial haben, gut mit Kindern umzugehen. Bitte, Yuna! Tu mir diesen Gefallen!"
Einen kurzen Moment schaute ich in seine Augen, bevor ich schließlich nachgab.
Verdammt, warum konnte er diesen Welpenblick bloß so gut?
"Ist ja gut, ist ja gut, ich mach's!"
Ich hob beide Hände in die Luft und seufzte.
"Wirklich? Dankeschön, Yuna! Der Termin steht noch nicht ganz fest, aber wenn es soweit ist, sage ich dir rechtzeitig Bescheid."
"Okay", war meine knappe Antwort.
"Ach ja, und als Sensei gibt's mehr Geld, nur mal so am Rande", rief er noch über die Schulter und verschwand zwischen den Menschen auf der Straße.
Ich spürte schon fast, wie meine Augen anfingen zu leuchten.
Das war doch mal eine schöne Neuigkeit!
"Also, dann muss ich nur noch drüber nachdenken, wie ich die kleinen Biester richtig in Form bringen kann..."
Komplett übermüdet und mit tiefen Augenringen klopfte ich an das Büro des Hokage.
"Herein", ertönte es von drinnen und ich betrat den Raum.
"Ihr habt mich wegen einer Mission rufen lassen, Minato-sensei?", murrte ich und er sah mich überrumpelt an.
"Ja, das stimmt... Sag mal, Yuna. Hast du letzte Nacht nicht geschlafen?", fragte er mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht.
Langsam nickte ich.
"Ich habe kein Auge zugetan. Die Sache mit dem Genin Team macht mir Sorgen...", gab ich zu und er schmunzelte leicht.
"Meine Frau könnte dir vielleicht helfen. Wenn du willst, frage ich sie nach ein paar Tipps", schlug er nach kurzem Überlegen vor.
"Wirklich? Das wäre wunderbar! Danke, Minato-sensei", rief ich mit einem breiten Lächeln im Gesicht und glänzenden Augen.
"Ach, das ist doch selbstverständlich. Dann kommen wir zur Mission. Ich erwarte natürlich, dass das so schnell wie üblich erledigt wird", lachte er und ich erstarrte kurz.
"J-ja, natürlich. Ich werde mein Bestes geben", murmelte ich.
Am späten Nachmittag stand ich schließlich völlig fertig vor der Haustür von Minato-sensei und seiner Frau.
Mit einem kurzen Seufzen betätigte ich die Klingel, woraufhin einige Sekunden später die Tür ausgerissen wurde.
Eine hübsche junge Frau mit langen roten Haaren stand vor mir.
"Sie sind Kushina-san, oder?", fragte ich.
"Huh? Ja. Und du bist...?", antwortete sie und legte fragend den Kopf schief.
"Uchiha Yuna. Minato-sensei hat gesagt, Sie könnten mit beibringen, mit Kindern umzugehen", erklärte ich und ihr Gesicht hellte sich auf.
"Stimmt ja! Entschuldige, Yuna-chan, das hatte ich ganz vergessen. Komm doch rein. Du siehst müde aus, willst du einen Tee? Ich habe grade welchen gemacht. Oh, und ich habe auch etwas Gebäck hier, oder- ah, lass uns nicht von Thema abkommen", plapperte sie los und zog mich mit ins Haus.
Ehe ich mich versehen konnte, saß ich mit einer dampfenden Tasse in der Hand am Tisch im Wohnzimmer.
"Vielen Dank, dass Sie mir mir helfen, Kushina-san", lächelte ich und nahm einen Schluck.
"Ach, hör doch mit dem Siezen auf und nenn mich einfach Kushina. Ich fühle mich so alt, wenn du das machst", kicherte sie und ich nickte.
"Also, Minato hat zwar gesagt, ich könnte dir helfen, aber ich selbst habe nicht wirklich Erfahrung mit Kindern. Ich habe einer Freundin Bescheid gesagt, sie müsste bald da sein."
Wieder nickte ich bloß und kurz entstand eine merkwürdige Stille.
"Sag mal, Yuna-chan, wenn das so eine große Herausforderung für dich ist, warum willst du dann ein eigenes Team übernehmen?", fragte sie nach einiger Zeit und ich musste kurz lachen.
"Minato-sensei hat mich überredet."
"Huh?", ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. "Er hat dich dazu gebracht, obwohl du überhaupt nicht wolltest? Dieser verdammte-"
Ich war auf meinem Stuhl zurückgewichen, weil die Luft um sie irgendwie verändert hatte, aber zum Glück wurde sie vom Läuten der Tür unterbrochen.
"Ah, das muss sie sein."
Wieder völlig entspannt stand sie auf und verschwand kurz aus meinem Blickfeld, bevor sie mit einer schwarzhaarigen Frau wiederkam.
Überrascht blinzelte ich.
War das nicht die Frau von Fugaku-sama, unserem Clanoberhaupt?
Wie hieß sie noch gleich...?
"Yuna-chan, das hier ist Uchiha Mikoto. Sie hat einen kleinen Sohn, also kann sie dir bestimmt ein paar Tipps geben", stellte Kushina ihre Freundin vor und ich erhob mich.
"Vielen Dank, Mikoto-san."
"Kein Problem. Wie war dein Name noch gleich?", fragte sie lächelnd.
"Uchiha Yuna."
"Ah, Yuna-chan also. Was hältst du davon, wenn wir erst einmal zu mir nach Hause gehen? Itachi müsste auch bald von der Akademie zurück sein. Ich habe mir überlegt, dass du mit ihm für die Akademie üben kannst", schlug sie vor und fügte noch leise kichernd hinzu:"Obwohl er eigentlich keine Unterstützung bräuchte."
Ich nickte.
"Dann wünsche ich dir viel Glück, Yuna-chan! Und richte Fugaku Grüße von mir aus, Mikoto", rief Kushina uns noch hinterher, als wir uns auf den Weg zum Uchiha Viertel machten.
"Mikoto-san, wie alt ist Itachi eigentlich?", fragte ich nach kurzer Zeit.
"Er ist vor kurzem fünf Jahre alt geworden", antwortete sie und ich nickte.
"Und... wie ist er so?", wollte ich weiter wissen, woraufhin sie kurz lachte.
"Naja, wie soll ich sagen? Erwachsen würde ihn gut beschreiben. Außerdem ist er äußerst talentiert und Klassenbester in der Akademie. Fugaku und ich sind sehr stolz auf ihn", erzählte Mikoto mit einem zufriedenen Lächeln und ich fragte mich, ob sie nicht vielleicht ein bisschen übertrieb.
Aber das würde ich schon noch sehen.
"Ah, wir sind da", sagte sie plötzlich und blieb stehen.
Mit blieb kaum Zeit, um das große Haus zu bestaunen, da sie mich sofort hereinbat.
"Scheint, als wäre Fugaku noch im Dienst", überlegte sie laut. "Ah, aber Itachi scheint doch schon da zu sein", fuhr Mikoto überrascht fort, als sie ein paar ordentlich aufgestellte kleine Schuhe im Flur sah.
"Kaa-san?", ertönte daraufhin eine Stimme aus der Wohnung und ein Junge mit schwarzen Haaren und dunklen Augen kam uns entgegen.
"Itachi! Bist du nicht normalerweise zu dieser Zeit noch in der Akademie?", fragte sie und beugte sich zu ihm runter.
Er nickte.
"Ja, aber der Sensei hat gesagt, wir könnten heute früher gehen."
Nach einer kurzen Pause wandte er sich zu mir.
"Verzeihung, wer sind Sie?"
"Ich bin Yuna, schön, dich kennenzulernen", antwortete ich.
Mikoto erklärte ihm knapp, weshalb ich bei ihnen war und, dass sie erst einmal ein bisschen bei uns bleiben würde, sich aber so gut wie möglich raushalten wollte.
"Yuna-san?", begann Itachi.
"Ja? Was ist?"
"Was werden wir jetzt machen?", beendete er seine Frage und ich stutzte.
"Äh... um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung", kicherte ich peinlich berührt, was ihn allerdings nicht zu stören schien.
"Wie wäre es dann, wenn Sie dorthin mitkommen, wo ich immer trainiere?", schlug er vor und ich nickte.
"J-ja, das ist eine gute Idee."
Während wir also, gefolgt von Mikoto, zu einem Trainingsplatz im Wald gingen, musterte ich den Jungen.
Er war merkwürdig.
Nicht im negativen Sinne, das konnte ich jetzt ja noch nicht beurteilen.
Aber auf jeden Fall war er anders als andere Kinder, als wäre er geistig seinem körperlichem Alter voraus.
"Also, wäre es in Ordnung, wenn wir vielleicht... mit Shuriken Übungen anfangen?", fragte ich vorsichtig und er nickte.
"Okay. Kannst du einfach so trainieren wie normalerweise und ich gebe dir danach Tipps, wie es besser geht?"
Wieder nickte er bloß und fing an.
Schon beim ersten Mal klappte mein Kinn nach unten, der Junge war keinesfalls auf Akademie Niveau!
Er war wahrscheinlich sogar besser als ein Genin.
"Wie war das, Yuna-san?", fragte er und riss mich aus dem Staunen.
"Was? Ach ja, ähm... gut, sehr gut. Sag mal, bekommst du zusätzlich irgendein spezielles Training?"
Er legte den Kopf schief.
"Nein, warum?"
"A-ach, nur so", murmelte ich.
"Dann lass uns weitermachen, Itachi."
"Okay."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top