2.

Ich blinzelte ungläubig, dann lachte ich laut los.
"Hör doch auf, Tsunade. Die Uchiha sind stark, niemand könnte sie alle umbringen. Das ist ein ziemlich schlechter Scherz."
"Ich scherze nicht."
Sie blickte mich mitleidig an.
Ich spürte, wie alle Farbe aus meinem Gesicht wich und meine Kehle wurde staubtrocken.
Unmöglich.
Nein, nein, das stimmte nicht.
Das konnte einfach nicht stimmen.
Das...
"Es tut mir Leid, Tsuki."
Mir wurde übel und eine überwältigende Angst machte sich in mir breit, sodass mein Atem immer schneller wurde.
"Warum?", war das einzige, was ich noch herausbrachte, bevor warme Tränen über mein Gesicht rollten und Tsunade mich auf den Stuhl hinter ihrem Tisch drückte.
"Ganz ruhig, du-"
"Warum?!", schrie ich und sie zuckte leicht zusammen.
"Ein Junge namens Itachi Uchiha hat es getan, nur seinen kleinen Bruder hat er am Leben gelassen."
Ich erstarrte.
Der kleine Itachi sollte so etwas tun?
Das konnte ich mir nicht vorstellen.
"Ich weiß, dass es schwer zu verkraften ist, aber bitte versuche, dich ein bisschen zu beruhigen", fuhr sie langsam fort.
Ungläubig starrte ich sie mit offenem Mund an.
"Mich beruhigen? Du erzählst mir, dass mein Clan ausgelöscht wurde und ich soll mich beruhigen?!", rief ich aufgebracht und schlug mit beiden Händen heftig auf den Tisch.
"Ja, ganz genau."
Ihre Stimme war fest und sie blickte mir direkt in die Augen, was mich innehalten ließ.
Dann bildete sich ein schmales Lächeln auf meinen Lippen und immer mehr Tränen tropften auf den Boden.
"Was soll ich jetzt tun? Niemand wird mir glauben, dass ich einfach nur mit Glück überlebt habe. Aber ich... will meine Herkunft nicht verstecken", murmelte ich und meine Gedanken wanderten zu all den wundervollen Personen, die aus dem Clan der Uchiha stammten.
Mit einem stechenden Gefühl in der Brust realisierte ich, dass es vielleicht nie wieder jemanden geben könnte, durch den ihr Blut fließen würde.
"Was ist mit den Überlebenden? Du hast etwas von Itachi und seinem Bruder gesagt", fragte ich weiter, bevor Tsunade auf meine vorherige Frage antworten konnte.
"Sie sind beide Nuke-nins. Itachi ist einer kriminellen Organisation beigetreten und Sasuke-", mitten im Satz brach sie ab und holte tief Luft, "Sasuke ist zu Orochimaru gegangen, um mehr Kraft zu erhalten und Itachi töten zu können."
Natürlich.
Es gab nichts, mit dem Orochimaru nicht irgendetwas zu tun hatte, oder?
Aber wegen ihm wollte ich mir jetzt am wenigsten Sorgen machen.
"Du siehst müde aus", bemerkte Tsunade, "vielleicht solltest du schlafen gehen und wir reden morgen weiter."
Energisch schüttelte ich den Kopf, obwohl ein bisschen Ruhe mir wahrscheinlich gut getan hätte, denn so, wie sie das sagte, gab es noch mehr schlechte Neuigkeiten.
Und lieber erfuhr ich diese alle auf einmal, als Stück für Stück, während ich mir Sorgen machte, wer noch alles gestorben war.
"Erzähl mir erst von allem anderen, was wichtig ist."
Sie seufzte.
"In Ordnung. Bei dem Angriff des Kyuubis vor fünfzehn Jahren sind sehr viele Menschen umgekommen, wie du dir sicher denken kannst. Unter anderem... mussten auch der Yondaime Hokage und seine Frau Kushina ihr Leben lassen. Jiraiya hat mir erzählt, dass du die beiden ganz gut gekannt hast, also... es tut mir Leid."
Seltsamerweise war ich weder traurig, noch wütend darüber, dass meine Kraft nicht ausgereicht hatte um den Kyuubi zu besiegen.
Da war... nichts.
In meinem Kopf herrschte eine riesige Leere, die scheinbar alle Emotionen verschluckte hatte.
Ich hätte es mir ja denken können, schließlich war Minato nicht der Typ gewesen, der einfach vom Posten des Hokage zurücktreten würde.
Aber ich hatte es nicht wahrhaben wollen.
"Bitte...", setzte ich an, "bitte sag mir, dass es nicht noch mehr schlechte Neuigkeiten gibt."
Sie schaute mir nicht in die Augen und ihre Lippen wurden zu einem dünnen Strich.
"Nur noch eine Sache. Vor etwa zwei Jahren hat Orochimaru Konoha angegriffen, ist aber daran gescheitert, es zu zerstören. Allerdings hat er es geschafft, Sarutobi-sensei zu töten."
Ich erstarrte.
"Dieser... verdammte Bastard. Hat er eigentlich gar kein Gewissen? Nach allem, was der alte Mann für uns getan hat, bringt er ihn einfach um?!"
Mit einem wütenden Knurren ballte ich meine Hände zu Fäusten und presste die Kiefer aufeinander, bis meine Zähne knirschten.
"Ich leg ihn um", fauchte ich und Tsunade legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Warte damit noch ein paar Tage, ja?", schmunzelte sie, "wenn wir erst geklärt haben, wie wir anderen Leuten dein plötzliches Auftauchen erklären wollen, darfst du ihn aufschlitzen, soviel du willst."
Widerwillig musste ich lachen, dann nickte ich.
"Geht klar."
"Gut, dann müssen wir heute noch grobe Formalitäten klären, morgen erledigen wir dann die Einzelheiten. Erst einmal die Daten für deine Ninja ID. Willst du bei Uchiha Tsuki als Namen bleiben?"
Ich nickte.
"Und dein Alter?"
"Keine Ahnung. Was würdest du sagen, wie alt ich aussehe?", erwiderte ich und sie musterte mich gründlich.
"Ich schätze einfach mal achtzehn. Geburtsdatum bleibt beim Alten und für den Rest denke ich mir was aus, ist das in Ordnung?"
Erneut nickte ich, dann übergab sie mir einen Schlüssel.
"Du kannst heute in meiner Wohnung schlafen, das Gästezimmer ist direkt neben der Küche. Bis morgen kümmere ich mich drum, dass du eine eigene bekommst."
Anschließend gab sie mir noch eine Wegbeschreibung, wie ich zu ihrem Haus kam.
Dankbar lächelte ich und umarmte sie noch einmal, bevor ich mit einem 'gute Nacht' den Raum verließ.

Etwas ausgeruhter, aber immer noch ziemlich müde wachte ich am nächsten morgen auf.
Mit schlurfenden Schritten machte ich mich auf den Weg zur Küche, wo ich erst einmal ein Glas kaltes Wasser mit einem Zug leerte.
Als ich es wieder hinstellte, bemerkte ich den Zettel auf dem Tisch und blinzelte ein paar Mal, um die unordentliche Schrift besser entziffern zu können.
Guten Morgen, Tsuki. Du hast bestimmt Hunger, also nimm dir ruhig irgendwas aus dem Kühlschrank. Wenn du aufwachst, komm bitte um 14 Uhr in mein Büro, damit wir die letzten Formalitäten klären können.
-Tsunade
Das Papier knüllte ich zusammen und warf es weg, bevor ich mir Frühstück in Form einer Portion Reis nahm.
Als mein Blick die Uhr an der Wand streifte, wurden meine Augen groß, denn die Zeiger standen auf halb zwei.
Wie es aussah hatte ich mehr als nur etwas lang geschlafen, also schlang ich das Essen runter, um nicht zu spät zu kommen.
Dann lief ich ins Badezimmer, wo eine noch verpackte Zahnbürste lag, auf die mein Name gekritzelt worden war.
"Sie denkt wirklich an alles", lachte ich und putzte mir die Zähne, wusch mein Gesicht und bürstete meine Haare.
Erst dann warf ich zum ersten Mal einen Blick in den Spiegel um meine neue Erscheinung zu begutachten.
Den letzten Abend war ich sofort todmüde ins Bett gefallen und davor hatte ich auch keine Chance dazu gehabt.
Erfreut stellte ich fest, dass meine Haare wieder etwas wilder waren - nicht so glatt wie das letzte Mal - und meine Augen ein bisschen schmaler.
Alles in allem sah ich etwas erwachsener aus, obwohl ich in etwa demselben Alter gestorben war.
Schnell zog ich mir erneut den weißen Kimono an, da ich nichts anderes hatte, und machte mich auf den Weg zum Rathaus.
Dort angekommen erwartete Tsunade mich bereits.
"Du bist pünktlich", stellte sie erfreut fest, "sehr gut, mein Zeitplan ist nämlich etwas eng. Also, hier ist dein Ausweis, der Mietvertrag für deine neue Wohnung, die Schlüssel und eine Lagebeschreibung."
Sie drückte mir ein paar Papiere und zwei Umschläge in die Hand, in einem davon konnte ich den Schlüssel spüren, den anderen hielt ich fragend hoch.
"Ah, genau. Das ist etwas Geld, zwar nicht viel, aber es sollte reichen, bis du deine ersten Missionen bekommst. Du bist außerdem bereits ein Chūnin", erklärte sie und ich nickte knapp.
"Deswegen habe ich hier auch eine Weste und ein Stirnband für dich", fügte sie hinzu und reichte mir eine durchsichtige Plastiktüte.
"Da ist auch noch eine Liste mit ein paar Informationen über dich, falls dir etwas nicht gefällt, sag mir bitte Bescheid", sagte sie und deutete auf den Papierstapel.
Neugierig suchte ich das Blatt und überflog die Infos.
Es waren größtenteils unwichtige Sachen, und eigentlich war es mir relativ egal, wie meine gelogene Vergangenheit aussah.
"Hört sich gut an, das können wir so lassen", kommentierte ich und steckte es wieder weg,"noch einmal vielen Dank für alles, Tsunade. Was würde ich nur ohne dich machen?"
Sie lachte und drückte mich kurz, aber als sie etwas sagen wollte, wurde plötzlich die Tür geöffnet und eine junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren betrat den Raum mit einem Haufen Dokumente in der Hand.
"Tsunade-sama, Entschuldigung, könntest du dir das einmal ansehen?"
Ihr Blick streifte mich kurz, dann sah sie wieder zur Hokage.
"Ja, natürlich. Du kannst gehen, Tsuki", erwiderte Tsunade und winkte mir zum Abschied, während ich mich knapp verbeugte und den Raum verließ.
Draußen auf den Straßen war es so geschäftig wie immer und ich bekam langsam wirklich das Gefühl, dass Konoha sich über die Jahre kaum verändert hatte.
Mit einem leichten Lächeln auf den Gesicht kramte ich die Wegbeschreibung heraus und machte mich auf den Weg in meine neue Wohnung.

Eine gute Viertelstunde später stand ich vor einem mehrstöckigen Haus in einem abgelegenen Gebiet am Dorfrand.
Gerade, als ich den Schlüssel herauskramte, öffnete sich die Tür und eine mittelalte Frau trat heraus.
"Du bist Tsuki, nehme ich an?"
Ich nickte.
"Ich bin hier die Vermieterin, mein Name ist Masaki. Komm mit, ich zeige dir deine Wohnung", befahl sie schroff und hinter ihr betrat ich das Treppenhaus, von dem auf jeden Stockwerk einige Türen wegführten.
Nach der dritten Treppe blieb sie stehen und fischte einen Schlüsselbund aus der Hosentasche, um eine der Wohnungen aufzuschließen.
Die Einrichtung war recht simpel und generell eher klein, aber das war kein Problem für mich.
Wir klärten noch ein paar Sachen bezüglich des Mietvertrags, doch das nahm zum Glück nicht sonderlich viel Zeit in Anspruch.
"Ich habe noch etwas zu erledigen, also lasse ich dich jetzt alleine", erklärte sie und erhob sich, um zur Tür zu gehen, "ach ja, und ich bin keine neugierige Person, also werde ich nicht fragen, warum urplötzlich eine weitere Überlebende der Uchiha auftaucht. Aber nicht jeder hat diese Einstellung, also würde ich es nicht herum posaunen, wenn ich du wäre."
Ich verbeugte mich rasch.
"Vielen Dank für den Rat, Masaki-san. Und auch für alles andere."
Ich meinte, ein kleines Schmunzeln auf ihrem Gesicht erkennen zu können, bevor sie meine neue Bleibe verließ.
Kurz schloss ich die Augen, bevor ich das Haus ebenfalls wieder verließ, denn sowohl der Kühlschrank als auch die kleine Kommode waren leer, und ich hoffte, dass das Geld von Tsunade für das Nötigste reichen würde.
Als erstes stattete ich einem Lebensmittelladen einen Besuch ab, wo ich erst einmal genug kaufte, bis ich meine ersten Missionen erledigen konnte und selbst Geld verdienen würde.
Auch, wenn ich mich bis dahin wohl ausschließlich von billigen Fertiggerichten ernähren würde.
Anschließend deckte ich mich mit gewöhnlichen Waffen ein und dazu jeweils eine Tasche für Kunai und Shuriken.
Als letztes stand ich vor einem Klamottenladen, denn dieser Kimono würde sich nicht wirklich für die Arbeit als Ninja anbieten und schlafen wollte ich darin auch nicht.
Allerdings wollte ich es einfach halten, also hatte ich im Endeffekt bloß eine knöchellange rote Hose, ein schwarzes Oberteil mit Dreiviertelärmeln und darunter ein Netzshirt mit etwas engerem Halsausschnitt.
Wieder in meiner Wohnung band ich mir das Stirnband um den rechten Oberarm und legte die Weste um.
Allerdings störten meine langen Haare mich ein wenig, also beschloss ich, sie mir zu schneiden.
Es dauerte eine ganze Weile, bis es einigermaßen in Ordnung aussah und die Strähnen nur noch bis zu meinem Schlüsselbein reichten.
Mit einem zufriedenen Grinsen wand ich mich den Papieren von Tsunade zu und sortierte sie, um etwas Zeit totzuschlagen, bis es Abend wurde.

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