17.
"Tsuki, was machst du denn hier?"
Ich drehte mich um und erblickte Shizune, welche mich mit Tonton auf dem Arm fragend ansah.
"Ich gehe Kakashi aus dem Weg", erwiderte ich und quetschte mich hinter dem Zelt hervor, "es gab neulich einen unschönen Vorfall, deswegen will ich ihn nicht sehen."
"Dir ist schon klar, dass er der Kommandant deiner Einheit ist, oder? Irgendwann wirst du dich ihm stellen müssen", schmunzelte sie und ich zuckte mit den Schultern.
"Wenn wir erst mal auf dem Schlachtfeld sind, wird er wahrscheinlich keine Zeit mehr haben, mit mir zu diskutieren, also-"
"Ja, genau", unterbrach sie mich, "ich soll dir von Tsunade-sama ausrichten, dass du nicht kämpfen wirst. Du sollst in der Zentrale bleiben."
Schockiert riss ich die Augen auf.
"Wie bitte? Das ist doch Schwachsinn! Warum denn?"
"Weil du erfahrener in der Planung von Schlachten bist als die meisten anderen", erklärte sie und ich zuckte zusammen.
"Aber... ich habe keine Erfahrung", widersprach ich leicht nervös, "ich war noch nie an einem Krieg beteiligt."
"Du meinst wohl bis auf den ersten, zweiten und dritten Ninjakrieg?", schmunzelte sie und ich erstarrte.
"Was...?"
"Keine Sorge, Tsunade-sama hat mir alles erzählt", berichtete sie, "aber es gibt jetzt wichtigeres, ich muss zu meiner Division. Also melde dich im Hauptquartier."
Bevor ich noch etwas sagen konnte, hatte sie sich bereits auf den Weg gemacht und seufzend lief ich in Richtung des Hauptquartiers.
Tatsächlich überraschte es mich nicht sonderlich, dass sie es Shizune erzählt hatte, schließlich war sie ihre engste Vertraute.
"Bist du Tsuki?", wollte ein ziemlich alter Mann wissen und ich blinzelte verwirrt.
Er kam mir bekannt vor.
"Ja, und Sie sind?", erwiderte ich und er schnaubte.
"Diese Jugend von heute", grummelte er und stemmte seine Hände in die Hüften, "Oonoki, der Tsuchikage. Komm mit, du musst in der Zentrale eingewiesen werden."
Überrascht blinzelte ich.
Er war tatsächlich noch am Leben?
"Was starrst du denn so? Beeil dich, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit", meckerte er und schnell nickte ich.
"Natürlich, Entschuldigung."
Er murmelte noch etwas abfälliges, bevor ich ihm zu dem Hauptquartier folgte.
"Ich weiß nicht, was Tsunade sich denkt, jemand so unerfahrenen hier zu behalten statt auf das Schlachtfeld zu schicken", murrte er, während er mich in das Gebäude führte.
"Sie wird sich etwas dabei denken", erwiderte ich leise, verkniff mir allerdings eine Bemerkung darüber, dass ich bereits einige Male gegen Oonoki gekämpft und auch immer siegreich gewesen war.
"Da sind wir", verkündete er und stieß eine massive Tür auf, hinter welcher ein großer Raum lag, in dem bestimmt zwei dutzend Ninja hektisch durcheinander liefen.
"Tsuki, richtig?", wollte ein älterer Mann wissen, welchen ich nach einigen Sekunden erkannte.
"Genau. Und Sie sind Shikaku, oder nicht?"
Er nickte knapp und führte mich zu einem runden Tisch, während Oonoki ohne ein weiteres Wort wieder verschwand.
"Was genau soll ich eigentlich tun?", fragte ich Shikaku und betrachtete die Karte, welche ausgebreitet auf dem Holz lag, "schließlich sind Sie ein strategischen Genie. Ich weiß nicht, was für einen Nutzen ich hier haben soll."
"Du musst einfach nur machen, was man von dir verlangt, ob du den Sinn dahinter verstehst oder nicht", unterbrach eine Stimme hinter mir Shikaku, welcher gerade den Mund geöffnet hatte.
Als ich mich umdrehte, erblickte ich Tsunade, die mich mit verschränkten Armen streng ansah.
"Aber hier kann ich nicht halb so viel zu einem Sieg beitragen wie in einem Kampf!", protestierte ich, doch sie seufzte bloß.
"Es mag sein, dass Shikaku diese Aufgabe alleine bewältigen kann, allerdings gibt es niemanden, der sich mit Madaras Vorgehen so gut auskennt wie du", erklärte sie und ich hob eine Augenbraue.
"Was ist mit Oonoki? Er hat ebenfalls gegen Madara gekämpft."
"Das ist etwas anderes", widersprach sie, "eine Schlacht gegen jemanden zu schlagen ist nicht das gleiche wie mit ihm auf einer Seite zu stehen. Du weißt, was er denkt und welche Strategien er bevorzugt."
Langsam schüttelte ich den Kopf.
"Madara hat sich geändert. Selbst wenn tatsächlich er hinter dieser Maske steckt, kenne ich ihn nicht mehr so gut wie früher. Es tut mir Leid, aber du überschätzt mich", murmelte ich, woraufhin sie mir eine Hand auf die Schultern legte.
"Ich glaube an dich, Tsuki. Wenn jemand Madara durchschauen kann, bist du es."
Meine Zweifel waren noch kein bisschen verflogen, allerdings war mir auch klar, dass ich keine Chance gegen Tsunade hatte, also nickte ich schließlich.
"Einverstanden, ich werde mein Bestes geben."
"Ich danke dir", lächelte sie mit einem zufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht, bevor sie sich umdrehte und wieder ihrer Arbeit widmete.
"Warte!", hielt ich sie auf, "wie geht es Jiraiya? Ich hatte nicht mehr die Gelegenheit, nach ihm zu sehen."
"Es ist stabil, kann sich aber kaum bewegen, geschweige denn an den Kämpfen teilnehmen", seufzte sie, doch bevor sie noch etwas sagen konnte, wurde sie von einem Mann unterbrochen, welcher ihre Hilfe benötigte und ich wand mich ebenfalls wieder Shikaku zu.
"Wie kann ich helfen?", wollte ich wissen, woraufhin er mich zögernd ansah.
Dann kritzelte er etwas auf einen Zettel, welchen er mir in die Hand drückte.
"Bring das bitte zu Inoichi von der Kommunikationsabteilung."
Stumm nickte ich und bahnte mir einen Weg durch den überfüllten Raum zu der gegenüberliegenden Ecke.
"Wo finde ich Inoichi?", fragte ich einen der Männer, welcher auf eine kleine Gruppe zeigte, die sich angeregt unterhielten, sein Finger deutete auf einen Mann mit langen blonden Haaren.
Schnell bedankte ich mich und lief zu ihnen.
"Das ist ist von Shikaku", sagte ich und übergab Inoichi den Zettel, welchen er kurz überflog.
"Ich verstehe, danke", erwiderte er, "sag ihm bitte, dass wir das hinbekommen."
Mit einem leisen Seufzen stimmte ich zu, bevor ich den Weg zurück ging und die Nachricht überbrachte.
Anschließend schickte er mich mitsamt einer weiteren Botschaft zu einer anderen Abteilung und verbrachte die restliche Zeit damit, durch die Gegend zu rennen Laufbursche zu spielen.
Schließlich leerte sich der Raum schlagartig, als die Divisionen ausrückten und Ruhe kehrte ein.
Die Abteilungen gingen auf ihre Positionen und auch ich nahm in Shikakus Nähe Platz, in der Hoffnung, dass es bald etwas vernünftiges für mich zu tun geben würde.
Mit zusammengekniffenen Augen lauschte ich den Beratungen über das weitere, strategische Vorgehen, verstand jedoch nicht ganz alles.
Mir wurde klar, dass der letzte Krieg, in dem ich tatsächlich außerhalb der Kämpfe mitgewirkt hatte, eine Ewigkeit zurücklag.
Ich war keine Hilfe.
Als sie geendet hatten, zog ich Tsuande zur Seite.
"Ich bitte dich! Für mich gibt es hier nichts zu tun", versuchte ich erneut, sie zu überzeugen, aber sie schüttelte genervt den Kopf.
"Zum letzten Mal, du wirst hier bleiben", bestimmte sie, doch ich wollte es nicht akzeptieren.
Nicht nach dem, wie sich die Lage auf den Schlachtfeldern in so kurzer Zeit entwickelt hatte.
"Diese weißen Dinger sind zu viele, noch dazu sind alle der Wiederbelebten erfahrene Elitekämpfer!", protestierte ich, "jede der Divisionen kann Unterstützung gebrauchen, auch wenn es nur eine Person ist! Die vierte Division muss gegen den zweiten Tsuchikage kämpfen und ich kenne sein Jutsu, selbst-"
"Oonoki wird sich um ihn kümmern."
"In Ordnung. Aber was ist mit den ande-"
"Du wirst nicht gehen", unterbrach sie mich und wütend ballte ich die Hände zu Fäusten.
"Warum? Es ist Unsinn, mich nicht kämpfen zu lassen!"
"Tsuki, das ist ein Befehl. Du bleibst hier und hilfst, wo man dich braucht."
Mit diesen Worten wand sie sich ab und stapfte davon, sichtlich gereizt.
"Verstehst du, was ihr Problem ist?", jammerte ich, als ich mich wieder zu Shikaku stellte, welcher den Kopf zur Seite legte.
"Auf mich wirkt es, als wollte sie dich aus einem bestimmten Grund nicht da draußen haben", erwiderte er und musterte mich, "aber ich weiß nicht viel über dich, also kann ich nicht sagen, warum."
Ich seufzte.
Tsunade hatte gewusst, wie nutzlos ich hier sein würde, also war mir klar gewesen, dass sie mich bloß hier behielt, damit ich nicht auf den Schlachtfeldern war.
Aber warum?
Mein Blick glitt durch den Raum und ich begutachtete jede einzelne Personen.
Alle waren sie Spezialisten, wussten genau, was zu tun war und ihre Aufgaben waren klar verteilten.
Nur ich passte nicht in dieses Bild, als die einzige, von der niemand eine Ahnung hatte, was sie hier sollte.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen, natürlich.
Es war so offensichtlich, was Tsunade damit bezwecken wollte und ich ärgerte mich, dass es mir nicht früher aufgefallen war.
Ihr Gerede davon, dass sie mir vertraute und ich Madara durchschauen musste, war eine einzige, große Lüge gewesen.
Das Gegenteil war der Fall, sie wollte um jeden Preis verhindern, dass ich meinem Bruder begegnete.
Und da er an den Kämpfen beteiligt sein würde, hielt sie mich hier fest.
Wut kochte in mir auf und ich presste meine Kiefer so fest aufeinander, dass meine Zähne ein knirschendes Geräusch von sich gaben.
Nach allem, was wir zusammen durchgemacht hatten, war ihr Misstrauen wie ein Schlag in mein Gesicht.
Was erwartete sie denn?
Dass ich mich ein bisschen mit Madara unterhalten und meine Meinung ändern würde, um ihm dann zu helfen, diesen Krieg zu gewinnen?
Erwartete sie wirklich, dass ich Konoha, meine Kameraden und sie einfach hintergehen würde?
"Alles gut?", fragte Shikaku und sah mich von der Seite an, "vielleicht solltest du-"
"Mir geht es hervorragend", knurrte ich, woraufhin er bloß mit den Schultern zuckte.
Während ich schweigend und noch immer mit vor Ärger klopfendem Herzen wartete, Tsunade in einer ruhigen Minute zur Rede zu stellen, verschärfte sich die Situation draußen und es wurde immer hektischer.
Inmitten der langsam aufkommenden Unruhe stand ich mit verschränkten Armen da und mir wurde klar, dass Tsunade zu beschäftigt sein würde, um Zeit für mich zu haben.
Allerdings war das nicht unbedingt etwas schlechtes.
Im Moment war die Entwicklung des Krieges in meinen Prioritäten ein Stück nach unten gerutscht, stattdessen rang ich innerlich mit mir selbst.
Ich könnte einfach gehen, mich davonschleichen und in die nächstgelegene Schlacht stürzen.
Jede Faser meiner Körpers verlangte nach Bewegung, nach etwas, dass ich zerschneiden konnte, um meiner Wut freien Lauf zu lassen und danach, Tsunade zu beweisen, dass mein Platz sehr wohl draußen bei den anderen war.
Eine kleine Stimme, weit hinten in meinem Kopf wehrte sich jedoch dagegen.
Sich den Befehlen zu widersetzten und aus dem Hauptquartier zu fliehen, würde Tsunade in ihrem Misstrauen nur bestärken.
Außerdem, war es überhaupt möglich, zu entkommen?
Selbst wenn ich es schaffen sollte, dass mich niemand sah, würden Ao und die anderen mein Chakra bemerken, so gut wie die Sensoreinheit ausgestattet war.
Mein Hirn arbeitete auf Hochtouren, doch ich nahm einen tiefen Atemzug und schloss die Augen, um mich auf meine Atmung zu konzentrieren.
Mein Puls beruhigte sich und ich konnte wieder klarer denken.
Im Moment waren alle damit beschäftigt, die Lage auf den Schlachtfelder zu beobachten, niemand würde sich für einen einzelnen Ninja interessieren.
Und Tsunade lag falsch.
Wenn ich Madara freie Hand lassen oder ihn sogar unterstützen würde, hätte ich damit jegliche Chance auf einen endgültigen Tod verspielt.
Den endgültigen Tod, der mir schon seit drei gottverdammten Leben zustand.
Nein, ich würde meine Aufgabe erfüllen und nicht nur tatenlos zusehen.
Tsunade konnte meinetwegen in ihrem sicheren Versteck hier verrotten, zusammen mit allen anderen.
Aber sobald dieser Krieg vorbei war, würde ich Indras und Ashuras Inkarnationen finden und wenn nötig auch gewaltsam dazu bringen, Frieden miteinander zu schließen.
So unauffällig wie möglich schlenderte ich durch den Raum zu einer der Türen, dann durch die Flure, bis ich schließlich an die frische Luft trat.
Die Sonne stand bereits tief, aber es dämmerte noch nicht, der Himmel erstrahlte in einem hellen, freundlichen Blau.
"Fühlt sich nicht an wie einem Tag, an dem viel Blut vergossen worden ist", murmelte ich und lief los.
Laut der Karte, die im Hauptquartier ausgebreitet war, lagen die meisten Schlachtfelder etwa gleich weit von hier entfernt.
Ohne einen wirklichen Grund führten mich meine Füße in die Richtung der Wüste, wo sich die vierte Division gegen vier der ehemaligen Kage behaupten musste.
Mein Bauchgefühl sagte mir, dass es die richtige Entscheidung war.
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