Kapitel 7


Kapitel 7

Nachdem ich gefühlt jeder Fee die Hand geschüttelt hatte, zog mich Felicity zur Seite. „Wir müssen reden! Ich muss dir so viele Dinge wie möglich erzählen, bevor Silvana kommt!" Die Freude in meinem Kopf lichtete sich, sodass mir sofort wieder tausende Fragen im Kopf rumschwirrten. War das ein Aufnahme-Ritual der Feen gewesen? Blieb ich nun für immer eine Fee? Was hatte mich in diese Welt geführt? Gab es noch andere Wesen außer Feen? Wie kam ich zurück nach Hause? Was war so wichtig, dass die Königin der Feen zu mir kam? Was hatte sie mit „Du bist unser Retter" gemeint? Doch bevor ich einige der Fragen stellen konnte, zog sie mich hinter den Baum und machte uns mit einer Handbewegung unsichtbar. Felicity setzte sich hin und zog mich neben sich. „Wenn Silvana dich sieht, musst du vorbereitet sein. Du musst wissen, wer und was du bist. Und welche Aufgaben du erfüllen sollst. Sage mir, wer hat dich hergeschickt und wie hast du es geschafft, in unsere Welt zu gelangen?" Mit ängstlich aber auch neugierigen Augen sah sie mich an. Ich hatte das Gefühl, dass sie in meine Seele schauen konnte.

„I-ich hatte das Gefühl, von dem Buch gerufen zu werden. Der Mond hat mich zum Buch geleitet und ich hatte schreckliche Schmerzen. Dann bin ich zu meiner Oma gefahren. Sie hat wirres Zeug geredet von wegen: Du musst das vollenden, was ich begonnen habe und Begleiche die Schuld, die deine Mutter, beim Brechen der Regeln, überkam. Dann hat sie mir diese Kette gegeben und mir gesagt, dass ihr Kopf Felicity sagt. Und sie hat mich gefragt, ob ich ein Wesen mit diesem Namen kenne." Ausgesprochen klang es sogar noch verrückter. Aber Felicity sah aus, als hatte sie aufgehört zu atmen, als ich meinen Wortschwall unterbrach. Sie war kreidebleich und starrte abwesend ins Leere. „Ähh. Felicity?" Vorsichtig tippte ich sie an. Sie zuckte zusammen und ihr Blick klärte sich. „Oh Gott!" Ich bekam Panik. Wenn Felicity Oh Gott sagte, sollten mich einige Probleme erwarten. „Entschuldige! Das muss unendlich verwirrend für dich sein. Also, ich erkläre es dir kurz: Wenn du vom Buch gerufen wurdest, bist du die Auserwählte. Die Schmerzen waren nur ein Nachdruck dieser Welt, damit du dich beeilst. Deine Oma scheint einiges zu wissen. Dabei werden wissende Menschen eigentlich von ihnen umgebracht..." Letzteres sagte sie so leise, dass ich es eigentlich gar nicht hören konnte. Tat ich aber. „Die Kette, ist magisch. Pass gut auf sie auf! Sie ist nicht mit Leben bezahlbar! Von Feenhand gemacht... Es muss sich um ein Erbstück handeln. Das mit meinem Namen ist ganz einfach. Es war vorbestimmt, dass ich deine Pognuan werde. Sie muss eine Gabe haben." „Pognuan?" „Eine Art Beschützerin oder Helferin. Wobei es lächerlich ist, dass der Retterin eine Pognuan zugeteilt wurde." Sie schüttelte abwegig den Kopf. „Und was meintest du mit Gabe?" Ich kam mir so blöd vor, sie auszufragen, aber immerhin bekam ich ein paar Antworten.

„Du weißt ja wirklich garnichts! Dann fang ich am besten ganz von vorn an. Es gibt die Welt der Menschen und die, in der wir uns gerade befinden. Bis jetzt sind nur Pellgos, Straks, Magux und Fays erforscht. Pellgos ist ein Oberbegriff für alle Wesen die im Entferntesten etwas mit Riesen, Trollen, Kobolden oder Zwergen zu tun haben. Straks sind Schattenwesen. Dunkle Geschöpfe, denen du besser nicht begegnen solltest. Magux sehen aus wie Menschen haben aber besondere Gaben. Sie können in dieser, aber auch in deiner Welt leben. Und Fays sind wir." Mit einer großen Bewegung zeigte sie auf unser Umwelt. „Und andere Geschöpfe, wie Engel, Nixen oder ähnliches. Es gibt ein Portal zwischen dieser Welt und der der Menschen. Nur Feen königlichen Blutes und der Retter kann zwischen ihnen wechseln. Es gibt Menschen, deren Vorfahren entfernt dem Adel der Feen entspringen und daher Gaben bekommen. Das mit deiner Oma zum Beispiel. Es klingt, als sei sie eine Hellseherin." Ermutigend lächelte sie mich an. „Ich werde versuchen, es zu verstehen...", sagte ich unsicher. Die Unsichtbarkeitsblase ließ nach und Felicity packte mich am Handgelenk und zog mich in die Luft: „Komm schon! Wir haben ein Fest zu feiern!"

„Krass!" Sagte ich sehr geistreich, als Felicity mich in die Krone des Hauptbaumes führte. Inzwischen war es dunkel. Doch die Nacht wirkte weder bedrückend noch einschüchternd. Der Mond in dieser Welt war Perlenweiß und schien viel näher am Erdboden ran zu sein, als der Mond in der mir vertrauten Welt. Aus jeder Baumkrone im Wald leuchteten violette Lichter. Sie kamen aus den Blüten, die jeder Baum hier besaß. Unendlich viele Sterne funkelten am Nachthimmel. Doch all das war nichts im Vergleich zum Hauptbaum. Er bildete das Zentrum des Waldes und schien durch dünne Lichterketten mit jedem einzelnen Baum verbunden zu sein. Jeder Ast seiner Krone war mit einem weiteren Ast verzweigt, sodass sich ein großes Netz aus Blättern und Zweigen bildete. Diese waren gleichzeitig auch als Wege hergerichtet worden. Manchmal waren Ast und Ast mit einer Brücke, manchmal mit einer Treppe verbunden. Ab und an gab es keine Verbindung zu den Zweigen, schließlich konnten die Feen ja auch fliegen. Auf solch einem Weg stand ich gerade und bewunderte die hölzerne Tafel mit Köstlichkeiten der Fabelwelt. Es war eine Art Balkon und konnte auf einen Saal, dessen Boden die Äste und dessen Wände die Blätter waren blicken. In seiner Mitte stand ein ellenlanger Tisch mit unzähligen Stühlen. Jeder Platz war mit goldenen Tellern gedeckt und mit Blumen verziert. Atemberaubendes Essen stand auf dem Tisch und erinnerte mich an das Weihnachtsessen in Hogwarts.

„Was ist das Alles?" Ich gaffte immer noch die exotischen Speisen an. „Ach, da ist für jeden was dabei! Hier haben wir Blütensaft, Kastanienaufstrich, Brenneseltee, Regenbogenkuchen, Unkrautpüree, Einhornpopel, Lichtfunken." „Warte, warte. Einhornpopel, Lichtfunken, Unkrautpüree?" „Ja. Das ist das traditionelle Essen. Wenn Silvana kommt, gibt es exotischere Speisen. Aber pass auf, die Lichtfunken sind scharf!" Sie ging weiter. Vor einem Blatt blieb sie stehen. „Möchtest du mit? Bleib einfach dicht hinter mir." Ohne meine Antwort abzuwarten, ging Felicity durch das Blatt. Ja, durch das Blatt. Es öffnete sich für sie und, nachdem ich zögernd hinterhergelaufen war, schloss es. Wir schienen in dem Blatt drin zu sein, denn alles war grün und roch nach Wald. Beleuchtet wurde der Raum von einigen Glühwürmchen, die müde umherschwirrten. Von der gewölbten Decke hingen Laternen, sehr viele Laternen, die allerdings nicht leuchteten. Felicity blieb stehen und nahm aus einem der Glühwürmchen, das Licht um es im gesamten Raum zu verteilen. Nun konnte ich auch sehen, dass das an der Decke, keineswegs Laternen waren. „Das sind ja Feen!" Rutschte es mir, halb fasziniert halb schockiert, raus. „Ja, unsere Jüngsten." Von der Decke hingen an aus Gras geflochtenen Fäden Feen, die aussahen, wie in ein Spinnennetz gewebt. Sie schienen zu schlafen. Im Vergleich zu den anderen Feen sahen sie wirklich winzig aus. „Sie sind noch nicht ausgewachsen. In ihren Kokons bekommen sie Nahrung und wachsen schnell. In ein paar Monden, sollten sie ihre Flügel entfalten." Staunend schaute ich mir die kleinen Wesen an. „Wie wundervoll." „Manche von ihnen bleiben, manche müssen gehen." murmelte Felicity. Bevor ich fragen konnte, warum manche gehen müssen oder woran man dies erkennt, schnipste sie und das Licht kehrte zurück zu dem Glühwürmchen und wir verließen das Blatt wieder. „Felicity!" Ein kleiner Feenmann flog gehetzt auf uns zu. „Da bist du ja! Silvana hat sich angekündigt. Sie wird in wenigen Minuten hier sein!" „Das geht nicht! Darauf sind wir nicht vorbereitet. Schnell, besorge in der Küche ihren Lieblingsnachtisch!" Wir flogen eilig zur Essenstafel, an der das Feendorf bereits Platz genommen hatte. Trompeten ertönten und in Begleitung von muskelbepackten Feenmännern, betrat Silvana die Krone des Hauptbaumes.


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