Kapitel 20
Kapitel 20
Ich saß in einem dunkelgrünen Prinzessinnentraumkleid an der Tafel und aß weiße Feenknödel. Silvana hatte eben angekündigt, dass Hymna und Miron mit uns ins dunkle Königreich kommen würden. Und dass wir in zwei Tagen von Silvanas Schloss aus losziehen würden. Ja. Das musste ich auch erstmal verdauen. Jetzt saßen wir eigentlich nur noch die Zeit ab, bis Silvana endlich mit dem Essen fertig war und wir uns heimlich in die Bibliothek schleichen, und etwas über meine Abstammung herausfinden konnten. „Ich hätte gerne, dass ein Freund mitkommt. Sorry Kumpel, aber dich kenn ich nich wirklich", sagte Miron zuerst zu seiner Mutter und dann mit Seitenblick zu Zac in die wiederentstandene Stille hinein. „Miron, Schatz. Du hast doch keinerlei Freunde außer Hymna." Silvana sah ihn traurig an. Aber es stimmte. Nach dem, was ich über Miron wusste, verschwand er immer mit seinen Büchern in einem Zimmer und kam nur zu Essenszeiten heraus. Trotzdem verstand ich ihn. Wir waren nur Mädchen, wenn er sich nicht mit den Kriegern abgeben wollte. „Ich möchte, dass Blue mitkommt", entschied Miron „Ich fühle mich geehrt eure Hoheit, aber ich fürchte, ich kann nich..." „Das will ich nicht hören! Du bist der Einzige, der mich versteht. Der Einzige, der etwas mit mir zu tun haben will." „Wie sollten Feen auch etwas mit dir zu tun haben wollen, wenn du dich immer nur hinter deinen Büchern versteckst?", mischte sich Hymna ein. „Ich verstecke mich nicht. Ich re-cher-chie-re!" „Und wofür recherchierst du bitteschön? ", fragte Hymna ungerührt. „Für die Zukunft der Feen!" protestierte Miron laut und Hymna sprach leise die gleichen Worte. "Einen Fortschritt, Vereinigung beider Königreiche, Ideen zum Kopieren aus der Menschenwelt!" Fiona wurde hellhörig. Blue nickte wissend. „Wenn das so ist, würde ich dich liebend gern begleiten." Miron lächelte und wirkte dadurch viel jünger als achtzehn oder hundert--was-weiß-ich. „Dann wäre das also erledigt. Wenn ihr mich entschuldigen würdet, ich habe noch ein paar Bücher zu schreiben." Fiona neben mir wurde jetzt unglaublich zappelig. „Geh schon", flüsterte ich ihr lächelnd zu. Dankend sprang sie auf und lief hinter Miron her. Die beiden wären aber auch echt verdammt niedlich zusammen. Silvana stand auf und entließ uns.
Im Entenmarsch gingen wir in die unbewachte Bibliothek. Zu meiner Verwunderung war dieser Raum aus schwarzem Marmor und gleichfarbigem Fußboden. Die Wände waren voll mit Regalen und auch sonst, standen viele Reihen mit Büchern herum. In die Mitte des Raumes, wurden ein schwarzes Ledersofa und ein kleiner Couchtisch gestellt. Die rechte Wand war mit einem steinernen Kamin geschmückt, der freudig zu brennen anfing, als wir den Raum betraten. Mit einem Fingerschnipsen entzündeten sich auch die vielen Kerzen an den Wänden und wir konnten wieder etwas mehr sehen. „Grace und Jose, ihr könnt die rechte Seite durchsuchen. Mona und ich nehmen uns die linke Seite vor." Mit leitendem Ton, nahm Hymna die Führung unserer Suchtruppe in die Hand. Wir hatten etliche Stunden nach etwas brauchbarem gesucht. Irgendwann war Fiona noch dazu gekommen und hatte sich uns angeschlossen. Jetzt saßen wir auf dem Ledersofa und betrachteten unsere Ausbeute. „Ich habe Bücher über Frieda, Emily und dich gefunden", sagte Fiona. „Wir reden später über dich und Miron", versicherte ich ihr mit vielsagendem Blick, als Antwort. Sie lief rot an. „Eines von deinem Bruder Levin hab ich", meldete sich Jose. „Das Buch über dein unbekanntes Geschwisterchen ist Unauffindbar. Anscheinend ist „verlorengegangenes Kind von Emiliane" nicht deutlich genug für meinen Zauber", meinte Grace. „Das ist o.k. Vielleicht finden wir etwas über sie oder ihn in dem Buch meiner Mutter. Würde dir ein Name helfen?" „Osh!", rief Grace und zwinkerte mir zu. „Das einzige Wort, das ich auf Golicio kann. Es bedeutet „Ja", soweit ich weiß", erklärte sie den Anderen. Jeder nahm sich ein Buch vom Stapel. Und Grace beschäftigte sich mit einem Buch über Zaubertränke aus dem schwarzen Königreich und dunkle Magie. Jose las das Buch über Levin, Fiona das über Frieda, Hymna das über Mum und Ich, ja... Ich las das Buch über mich.
Monavia Grantham ist die Tochter von Emiliane Grantham und hätte damit Rang drei in der Thronfolge gehabt. Da Emiliane auf den Thron verzichtete und Marfrieda Willston (Monavias Großmutter) keine weiteren Kinder hatte, wählte sie ihre Cousine Georgia Palloty als Thronerbin aus. Monavias Motiv ist der silberne Mond. Ein weiterer Grund, viel von ihr zu erwarten, denn das Motiv der dunklen Königin, ist der schwarze Mond. Emiliane ging in die Menschenwelt und gebar drei Kinder. Alle von verschiedenen Vätern. Doch wie wir alle wissen, ist Feenblut stärker als das Blut eines Menschen, somit sind alle drei Anwärter auf den Thron. Monavias älterer Bruder Jonathan wurde der Retter genannt und kam zurück in die Feenwelt, jedoch schaffte er es nicht, Titania zu besiegen. Alles Weitere über ihn ist unklar. Manche Quellen sagen, Titania hätte ihn getötet. Andere behaupten, er habe im dunklen Königreich neu angefangen. Seitdem liegt alle Hoffnung auf Monavia Grantham, da sie die Zweitgeborene ist. Sollte sie zurückkommen und Titania besiegen, gehören ihr die Throne beider Königreiche. Falls nicht, dürfen wir immer noch auf ihren jüngeren Bruder Levinus hoffen.
Erschöpft glitt mir das Buch aus den Händen und fiel unsanft auf den harten Marmorboden. Sofort eilte Fiona zu mir und reichte mir eine Tasse Kräutertee, während Hymna die Seite aufschlug, die ich gelesen hatte. „Bei Silvana!" Sie setzte sich neben mich und streichelte vorsichtig meinen Arm. „Hey. Jetzt wissen wir wenigstens, dass du und nicht ich auf den Thron steigen wirst." Ihr Lächeln war traurig. „Das kommt gar nicht in Frage! Nur weil ich plötzlich auftauche und anscheinend die Enkelin der Königin der Feenwelt bin, muss ich noch lange nicht auf dem Thron sitzen!" Ich nahm einen großen Schluck Kräutertee. Hatten die hier denn kein stinknormales Wasser? „Oh doch! Und wegen deinem Bruder...Wir finden bestimmt etwas über ihn raus..." Grace sprang auf und flog durch die Buchreihen um ein Buch über Jonathan Grantham zu finden. Ich setzte mich aufrecht hin und fasste alles für die verdatterte Jose zusammen. „Also... Wie es aussieht bin ich nicht nur rechtmäßige Thronerbin beider Königreiche, sondern habe auch noch einen älteren Bruder, der früher als Retter identifiziert wurde, Titania aber nicht besiegen konnte und somit entweder starb, oder ein neues Leben im dunklen Königreich angefangen hat. Und der Thron ging nur an Silvanas und Titanias Mutter Georgia, weil meine Mutter ihn abgelehnt hat. Dann waren meine Vorfahren also Feen, das hatte Oma Frieda mit Begleichen der Schulden meiner Mutter gemeint...", Letzteres sagte ich eher zu mir selbst als zu Jose. „Was bedeutet Motiv?", fragte ich in die Runde. „Ein Zeichen, aus dem du Kraft holst. Es spiegelt dich in vielen unterschiedlichen Bereichen wieder. Silvana zum Beispiel hat weiße Marmorsterne", erläutert Fiona. „Das erklärt so einiges...", murmele ich vor mich hin. „Von deiner Mutter wird nur gesagt, dass sie als Jonathan weg war, neu angefangen hätte. Sie habe sich als zwanzig, in Menschenjahren, ausgegeben und sei in eine neue Stadt gewogen, wurde dann mit dir schwanger, zog wieder weg und bekam Levin", meinte Hymna. „Danket mir nicht zu sehr, sonst werde ich ganz verlegen", sagte Grace mit einer hochnäsigen Stimme und landete in unserer Mitte. „Grace, ich könnte dich küssen!" Ich zog sie neben mich auf die Couch und gab ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange, den sie kichernd wegwischte. Dann nahm ich mir das Buch über meinen Bruder.
Jonathan Grantham ist der Erstgeborene von Emiliane Grantham, der Tochter der Königin aller Feen. Sein Motiv ist das Wiesel. Von der Existenz seiner beiden jüngeren Geschwister, weiß er nichts. Monavia wurde nach seinem „Verschwinden" in der Menschenwelt zur Welt gebracht und sein jüngerer Bruder, erblickte vierundzwanzig Menschenjahre nach Jonathan die Menschenwelt. Geboren wurde auch er in der Menschenwelt, kam allerdings mit zwölf Jahren als Retter zurück ins helle Königreich. Versuchte, Titania zu besiegen, scheiterte aber. Mehr wissen wir nicht. Vielleicht hat Titania ihn getötet. Oder er lebt abgewandt vom Rest des Reichs im dunklen Königreich.
Laut des Textes musste Jonathan, falls er noch lebte, zwölf Jahre älter sein als ich. In Menschenjahren wäre er achtundzwanzig, das mit der Zeitrechnung in Ralantia musste ich unbedingt lernen. Dann wusste ich wenigstens schon mal ein ungefähres Alter und einen wagen Ort, wo ich ihn suchen konnte. Denn ich würde ihn suchen. Schließlich war er mein Bruder und ich war Mona(-via) Grantham, der/die neugierigste Mensch/Fee beider Welten!
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