Zurück in die Zukunft


Hallöchen ;)
Ich weiß, man hat schon wieder viel zu lange nichts mehr von mir gehört. Wenn ihr einen Schuldigen wollt: Mathematik! (aka Uni ist anstrengend). Was auch immer. Hier ein neues Kapitel, denn ich konnte es nicht länger unvollendet lassen. Danke nochmal für die vielen Kommentare und Theorien unter dem letzten Kapitel, es gab wirklich viele, die die richtige Antwort getippt haben :D Weiter so! Ich freu mich über jeden Kommentar!

LG und viel Spaß beim Lesen,
magicstarlight

____________________________________________________________________________________

Zurück in die Zukunft

„Es ist eine recht mittelalterliche Tradition, einen Leichnam in einen Stein, ein Stück Holz oder einen Knochen zu verwandeln. Man hat es aus den unterschiedlichsten Gründen getan. Um einen Mord zu verschleiern, aus symbolischen Gründen oder um den Verstorbenen durch das Objekt ein ewig-währendes Denkmal zu setzen ..."

Ich starrte auf den Stein hinab und zitterte. Der Gedanke daran, was dieses Ding wirklich war, zwang mich beinahe in die Knie. Eridanus fuhr jedoch mit gleichbleibender Stimme fort, als würde ihn dieser Umstand völlig kalt lassen. „Aber gerade in den letzten zwei Jahren habe ich viel über Ufermenschen-Kultur gelesen", erklärte er leise. „Die meerischen Völker haben einige Traditionen, die unseren sehr ähnlich sind. Dazu gehört auch diese hier. Ich habe einmal von einem ganz besonderen Ritual, einer Eigenart der Wassermenschen gehört. Sie haben in ihren Siedlungen immer zwei Grabkammern, eine für Freunde und Angehörige, eine für Feinde."

„Wir werfen den Stein also in den See?", fragte ich zögernd.

„Es war nur eine flüchtige Idee, aber es erschien mir ... es kam mir irgendwie angemessen vor."

Es klang vor allem grausig, aber er hatte recht. Es klang auch angemessen. Nach all dem Leid, was diese Hexe dem meerischen Volk gebracht hatte, würde sie nun ein Teil der meerischen Tradition werden.

„Kannst du Meerisch?", fragte er beiläufig.

„Ich soll Meerisch sprechen?", fragte ich entgeistert.

Er grinste schief. „Nun ja, ich nehme an, dass du es trotzdem besser kannst als ich, also ja. Und irgendwie müssen wir den Wassermenschen im See ja klar machen, was wir von ihnen wollen."

Mühsam versuchte ich mich an die wenigen Brocken zu erinnern, die mir Lillia hin und wieder beigebracht hatte. Sicherlich bekam ich ein paar Sätze zusammen, aber würde es reichen, um so etwas wichtiges zu kommunizieren?

Wir machten uns auf den Weg zum See. Er lag still und pechschwarz im Abendlicht und ich musste schlucken. Wie würden wir überhaupt die Aufmerksamkeit der Wassermenschen bekommen? Die lebten doch sonst irgendwo am Grunde des Sees. Nachdenklich gab ich die Frage an Eridanus weiter. Er schien auch einige Augenblicke zu grübeln.

„Manche sagen, dass Wassermenschen es spüren, wenn sich meerisches Blut nähert ..."

„Stimmt, als ich mal mit Lillia zusammen hier war, sind sie auch sofort gekommen!"
„Also dann ..." Wir standen am Ufer und Eridanus balancierte den Stein auf einer Hand. „Hoffen wir, dass es diesmal auch genauso gut funktioniert!"
Nachdenklich starrte ich aufs Wasser hinaus. Dann, einer plötzlichen Eingebung folgend zog ich mir die Schuhe von den Füßen und stellte mich ins seichte Uferwasser. Ich wusste nicht warum, aber ich war überzeugt davon, dass sie meine Anwesenheit so besser spüren konnten. Und es schien tatsächlich zu stimmen.

Etwa zehn Meter von uns entfernt kräuselte sich die Wasseroberfläche und hier und da konnte man im letzten verbleibenden Licht gräulich-grüne Körper im Wasser erkennen, die sich eindeutig auf uns zu bewegten.

„Ein Hoch auf meerische Magie!", rief Eridanus trocken aus, während er den schemenhaften Gestalten unter der Wasseroberfläche mit seinem Blick folgte. „Bist du bereit, Adriana?"

Nein! „Habe ich eine Wahl?"

Er zuckte mit den Schultern. „Gib einfach dein bestes."

Grünliche Gestalten entstiegen dem See. Ich hatte sie bereits zuvor einige Male gesehen, vom Geheimgang unter dem See aus und in Lillias Gesellschaft. Trotzdem konnte ich nicht umhin, die Wassermenschen fasziniert zu betrachteten. Es waren drei. Alle sehr groß und dünn, die Finger und Zehen mit Schwimmhäuten versehen und mit langen Speeren bewaffnet. Eine minimale Bewegung zu meiner rechten sagte mir, dass Eridanus seinen Zauberstab noch ein wenig fester umklammerte.

In mir spürte ich die Panik aufsteigen. Wie sollte ich diesen Wesen die ganze komplizierte Situation erklären, wo ich doch gerade nicht einmal ein oder zwei Sätze auf Meerisch auf die Reihe bekam. Und vor allem: Wie sollte mir das gelingen, bevor uns diese nicht sonderlich gut gelaunten Wassermenschen mit ihren Speeren aufspießten?

Ich warf Eridanus noch einen hastigen Blick zu, doch er schaute beeindruckend unbeeindruckt drein ... so als wäre der Anblick von drei meerischen Kriegern etwas ganz Alltägliches.

„Was genau machen wir, wenn sie mich nicht verstehen?"

Sie standen jetzt bereits fast direkt vor uns und das Herz schlug mir bis zum Hals. Doch bevor ich mir noch mehr panische Gedanken machen konnten, hielten die Krieger inne und starrten uns aus der kurzen Entfernung ausdruckslos an. Der vorderste und größte ließ seinen Blick erst über Eridanus und mich schweifen, dann wanderten seine kühlen Augen weiter zu dem dunklen Stein hinab, der nun unschuldig zu Eridanus Füßen lag und im Licht des Vollmondes glänzte. Seine Augen verengten sich und mir fiel sprichwörtlich ein Stein vom Herzen - wie ironisch. Die Wassermenschen schienen zu ahnen, dass der Stein nicht gewöhnlich war und somit brauchte ich zumindest nicht mit meinem gebrochenen Meerisch erklären, dass es sich dabei nicht um einen ganz gewöhnlichen Stein handelte.

Ilnin, ma paleja ..." Die Aufmerksamkeit der Wassermenschen lag ganz allein auf mir. Eridanus schienen sie gar nicht so beachten. „Zhawe tesfaye to udru?"

Erleichtert stellte ich fest, dass sie Wortwahl mir zuliebe doch deutlich vereinfacht hatten. Normalerweise war meerisch eine furchtbar verschnörkelte Sprache.

„Verstehst du sie?", fragte Eridanus mit gerunzelter Stirn und ich nickte.

'Unsere Schwester, was ist das?'

Nachdenklich legte ich mir die Worte zurecht.

Ilnin di uteya! Tesfaye to udru to mangane to mi Victoria Henry."

Aus den misstrauisch-neugierigen Blicken der Wassermenschen wurde binnen Sekunden eine Mischung aus Abscheu und Entsetzen.

To manganii ma di paleja ewi uteya!"

'Die Mörderin unserer Brüder und Schwestern!'

Ich nickte, während ich nach weiteren Worten suchte, um die Situation besser erklären zu können. „Ma utem do mani", antwortete ich nach einer kurzen Pause. Es bedeutete so viel wie 'Mein Vater hat sie getötet.' ... Ich erschauerte bei dem Gedanken daran, wie knapp die Situation tatsächlich gewesen war. Von den Schnitten und Wunden, die ich von unserer kurzen Begegnung erlitten hatte, waren die meisten dank Madam Pomfreys heilender Magie bereits verblasst. Doch die Erinnerungen blieben und sie waren schlimm genug.

Malai gilat do kono mo rashai di fahi!"

Jetzt war ich mit meinem Meerisch mehr oder weniger am Ende, doch 'rashai di fahi' klang nach diesen speziellen Totenkammern, die Eridanus erwähnt hatte, also nickte ich unsicher. Mit zitternden Fingern hob ich den eiskalten Stein in die Höhe und trat vpr die Wassermenschen, die nun deutlich über mich hinausragten. Der Anführer griff danach und erschauerte, ehe er sich zusammenriss und den Stein in die Hände nahm. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Zwar sah man dem Stein nicht auf den ersten Blick an, was er wirklich war, aber er fühlte sich seltsam an, wenn man ihn berührte. Er fühlte sich einfach nicht richtig an, unangenehm ... zu kalt, zu glatt ...

„O teni tai utem ...", erklärte er mit zitternder Stimme. „O teni tai avete!"

„Mir scheint, deine Sprachkenntnisse haben voll und ganz genügt ...", stellte Eridanus mit grimmiger Zufriedenheit neben uns fest. Ich nickte und schüttelte meine Hände, als wollte ich das seltsame Gefühl von meinen Fingern schütteln. 'Geehrt sei dein Vater ... deine ganze Familie!' Ich warf den Wassermenschen einen kurzen Blick zu. Gerne hätte ich ihnen alles genauer erklärt, aber dafür fehlten mir sowohl Sprachkenntnisse als auch Zeit. Ich hatte zwar keine Uhr bei mir, aber ich wusste, dass es langsam Zeit wurde, dass wir uns auf den Weg in Schloss machten. Hoffentlich konnte ich mit Lillia noch einmal zurückkehren, um ihnen alles genauer zu erklären. Dieses Vorhaben versuchte ich ihnen auch nochmal in gebrochenem Meerisch zu vermitteln, ehe ich mich zum Abschied verbeugte.

O lawee di oteya!"

Die drei verbeugten sich ebenfalls. „O lawee paleja!"

Stirnrunzelnd sah ich zu, wie die Wassermenschen wieder im dunklen Seewasser verschwanden, ehe ich mich zu Eridanus umdrehte. „Das ist besser gelaufen, als ich gedacht hatte."

„In der Tat ..." Er legte den Kopf schief und beobachtete, wie auch der letzte grünliche Kopf viele Meter von uns entfernt unter der Wasseroberfläche verschwand. „Aber jetzt wird es Zeit, dass wir uns in Flittwicks Büro schleichen, solange Sirius, du ... und wer auch immer sonst noch in der Heulenden Hütte sind!" Er reichte mir ein Tuch und meine Schuhe und kam hastig wieder aus dem kalten Seewasser ans Ufer, um mir die Füße abzutrocknen.

„Ich hoffe, du hast einen guten Plan?", fragte ich aufgeregt.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe ein paar Ideen, die einen Plan formen könnten. Ob er gut ist, sehen wir erst, wenn wir in ein paar Stunden alle - hoffentlich unbeschadet - aus diesem ganzen Durcheinander herauskommen." Ich reichte ihm das Tuch und er steckte es wieder ein, während ich hastig in meine Schuhe schlüpfte.

Unser Marsch zum Schloss verlief schweigend. Es sah so aus, als würde Eridanus im Kopf noch die besten Fluchtrouten überlegen und deshalb entschied ich mich dazu, lieber zu schweigen, bis er damit fertig war. Kurz vor den Flügeltüren des Schlosses hielt er jedoch inne und zog mich in den Schatten der Schlossmauern. Verwirrt starrte ich ihn an, doch er legte nur einen Finger auf die Lippen und deutete auf den Eingang, wo nun eine dunkle Gestalt auf die Ländereien hinaus trat und mit zügigen Schritten in Richtung der Peitschenden Weide verschwand. Snape! Ich verzog das Gesicht. Ich wusste nicht, was genau in der Heulenden Hütte passiert war, schließlich hatte ich nur gesehen, dass es darin geendet hatte, dass Harry, Ron und Hermine alle drei einen Entwaffnungszauber auf Snape gejagt hatten ... Doch bevor ich mir noch weiter den Kopf darüber zerbrechen konnte, zog mich mein Onkel auch schon weiter und in die Eingangshalle hinein, bevor die schweren Flügeltüren wieder zufallen konnten.

Wir liefen die große Haupttreppe hinauf, bis ich völlig außer Atem war und wir in einen der Seitenkorridore abbogen. „Können wir ein bisschen langsamer machen?", flüsterte ich japsend und Eridanus nickte.

„Ich habe ganz vergessen, wie weit die Wege hier im Schloss sind, wenn man nicht fliegen kann!", stellte er etwas abwesend fest, während wir im Schritttempo weiter in den dunklen Korridor vorstießen. „Lumos!"

„Du bist hier also oft unterwegs gewesen?", fragte ich neugierig.

„Oh ja ... erst um ein Auge auf dich zu haben und später, um einen Weg zu finden, wie wir Sirius ins Schloss bringen können. Das Schloss ist kein Problem, bloß spezielle Räume wie die Gemeinschaftsräume sind nochmal durch spezielle Sicherheitsvorkehrungen geschützt, was das Eindringen etwas kniffliger gestaltet." Er hielt vor dem Gemälde einer barocken Hexe mit furchtbar unbequemen Reifrock und Korsett inne. „Irgendwo hier müsste ein ziemlich nützlicher Geheimgang versteckt sein. Wie ging es noch gleich ..." Er tastete am Rand des Gemäldes entlang, scheinbar auf der Suche nach einer Art verstecktem Schalter.

Die Dame auf dem Gemälde wurde durch sein Werkeln etwas unsanft aus ihrem Schlummer geschreckt. „Was soll denn ... Moment mal ..." Sie lehnte sich vor ... soweit wie es in ihrem Gewand eben ging ... und betrachtete Eridanus mit zusammengekniffenen Augen. „Sie sind nicht zufällig Sirius Black?" Sie klang nicht sonderlich alarmiert, höchstens mittelmäßig neugierig.

Eridanus winkte ab. „Nein, nein ... Ich bin sein Bruder. Sie wissen gar nicht, wie oft ich gesagt bekomme, ich sähe aus wie er ..." Er schüttelte theatralisch den Kopf. „Dabei bin ich sein älterer Bruder. Wenn überhaupt, dann sieht er aus wie ich!"

„Ach wenn das so ist ..." Die Hexe nickte verständnisvoll. „Ich hatte ... oder habe drei jüngere Schwestern. Sie hängen im 5. Stock. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie oft hier jemand vorbei kommt und denkt, er wäre im falschen Stockwerk, weil wir uns so ähnlich sehen ..." Sie verdrehte die Augen und rückte ihre fulminante weiße Perücke gerade. „Jetzt wo Sie es sagen ... die Ähnlichkeit zu Ihrem Bruder ist sicherlich da, aber Sie sehen doch deutlich besser aus ... Der Hebel zum Geheimgang ist übrigens auf der anderen Seite ... genau da!" Sie deutete mit dem Finger auf eine Stelle am Goldrahmen ihres Bildes.

„Ah ja natürlich!" Dankbar ließ er seine Finger in eine Vertiefung hinter dem Rahmen sinken und mit einem Klicken klappte die Leinwand nach vorne. „Vielen Dank, Miss ...?"

„Ariella Sofia Bornelli!", kam die gedämpfte Antwort und Eridanus zwinkerte mir zu, ehe er durch den Rahmen in den dahinter versteckten Gang kletterte und mir anschließend eine Hand reichte, um mich hinterher zu ziehen. Erst als das Gemälde hinter uns wieder ordentlich verschlossen war, warf ich ihm einen zweifelnden Blick zu.

„Du hast nicht wirklich gerade mit einem Gemälde geflirtet, oder?", fragte ich kopfschüttelnd.

Er lachte, während er sich mir voran durch die Dunkelheit tastete. „Was hast du bloß? Ich war lediglich freundlich und sieh nur, wie es uns auf unserem Weg zu Professor Flittwicks Büro geholfen hat. Wenn ich mich nicht irre, dann kommen wir mit diesem Geheimgang direkt im gleichen Korridor raus ... vorsichtig, hier kommt eine Treppe!"

„Auf jeden Fall hat sie ganz gehörig mit dir geflirtet", stellte ich fest.

Eridanus zuckte nur mit den Schultern. „Sie muss ein fürchterlich einsames Leben in diesem verlassenen Korridor haben, da bin ich mir sicher. Auch wenn sie leider nicht wirklich mein Typ ist ..."

„Ganz abgesehen davon, dass sie nur ein Gemälde ist", fügte grinsend hinzu.

„Ja ... das stimmt." Wir bogen um eine Ecke und ich entschied mich dazu, das Thema zu wechseln.

„Du hast gesagt, dass du Sirius und seinen Freunden damals geholfen hast, Amagi zu werden." Eridanus warf mir einen überraschten Blick zu und nickte. „Könntest du es mir auch beibringen?"

Er hielt erstaunt inne und ich lief mit vollem Tempo in ihn hinein, so dass ich beinahe rückwärts die Treppe wieder hinunter gekippt wäre, wenn er mich nicht rechtzeitig am Ellenbogen gepackt hätte.

„Nun ja ... Darüber können wir sicherlich nachdenken ... auch wenn jetzt sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt ist, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen." Wir setzten uns wieder langsam in Bewegung.

„Klar!", antwortete ich schnell, auch wenn ich mir das Grinsen kaum verkneifen konnte. „Es ist mir bloß eben eingefallen und es wäre schon ziemlich ... ziemlich cool."

„Oh ja, das ist es. Es ist aber auch nicht ganz einfach, deswegen lass mir ein paar Tage Bedenkzeit." Er tastete sich weiter vorwärts und stieß mit den Fingern auf eine weitere Tür, die er mit einem Schwenker seines Zauberstabes öffnete. „Wir sind da und ich denke, wir haben noch mehr als genug Zeit, um uns ein geeignetes Versteck im Büro zu suchen ..."

Er stieß die Tür auf und wir traten auf den Korridor des dritten Stockes hinaus. Der Ausgang dieses Geheimganges war tatsächlich nur wenige Meter von Flittwicks Büro entfernt.

„Was machen wir eigentlich, wenn Flittwick gerade selbst im Büro ist?", fragte ich plötzlich und blieb auf der Stelle stehen, doch Eridanus schüttelte den Kopf.

„Es ist Donnerstagabend. Um diese Zeit sind Flittwick, McGonagall und Sprout im Lehrerzimmer und spielen Drachen-Bridge."
Diesmal konnte ich mir nur ganz knapp ein lautes Lachen verkneifen. „Du kennst den Wochenplan der Lehrer? Wie viel Zeit hast du damit verbracht, das ganze Schloss zu beobachten?"

Wir hatten die Tür erreicht und Eridanus warf einen kritischen Blick durchs Schlüsselloch ehe er sich mit gerunzelter Stirn und gezücktem Zauberstab dem Schloss zuwandte. „Sicherlich ... ich habe sie das ein oder andere Mal belauscht, um ein paar Neuigkeiten aufzuschnappen. Aber ich merke mir auch nur die wirklich wichtigen Termine ... Aha ..." Ein paar grüne Funken sprangen aus der Spitze seines Zauberstabes und mit einem leisen Knarren schwang die Tür des Zauberkunstlehrers nach innen auf. Eridanus nickte zufrieden und wir betraten mit vorsichtigen Schritten das Büro, wo er die Tür hinter uns wieder mit einem Zauber verschloss.

„Ich dachte, Flittwicks Büro ist auf jeden Fall sicher ...?"

Er grinste. „Wenn er will, dann kommt hier keiner durch diese Tür rein oder raus, aber für einen vier oder fünf Siegel Bann braucht man schon mal ein paar Minuten. Für den alltäglichen Gebrauch ist das zu aufwendig." Er deutete auf einen Schrank. „Was hälst du von dem Schrank?"

Skeptisch warf ich einen Blick in den Schrank, in dem augenscheinlich Flittwicks Umhänge hingen ... er war auch dementsprechend klein ... „Ist vielleicht etwas niedrig?"

Eridanus seufzte und richtete sich wieder auf, um sich nach einem anderen Versteck umzusehen.

„Wenn hier irgendwelche Geheimgänge rausführen sollen, dann könnten wir uns doch einfach in einem davon verstecken, oder? Die Ministeriumszauberer sollten davon nichts wissen, also müsste es eigentlich ziemlich sicher sein."

„Natürlich ..." Eridanus drehte sich um und ging zielstrebig auf einen hohen Wandspiegel auf der anderen Seite des Zimmers zu. Neugierig beobachtete ich, ob er jetzt auch wieder nach versteckten Hebeln oder Schaltern suchen würde, doch stattdessen griff er einfach ... durch die Scheibe hindurch?

„Okay?"

Eridanus lachte. „Das ist ein ziemlich kleverer Zauber." Er griff etwas am Rand der Scheibe und zog dann die Spiegelscheibe wie einen Vorhang zur Seite. „Man kann nur in den Spiegel hineingreifen, wenn man weiß, was dahinter ist. Sonst würde es sich anfühlen wie normales Glas. Er hat es mir einmal gezeigt, als ich eine Strafarbeit bei ihm machen musste."

Plötzlich musste ich grinsen. „Was hast du denn angestellt, dass du von Flittwick eine Strafarbeit aufgehalst bekommst?"

„Och ..." Er lief tatsächlich etwas rot an und winkte mich heran, damit ich vor ihm in den Geheimgang kroch. „Das ist vielleicht eine Geschichte für einen anderen Tag." Er ließ den Spiegel/Vorhang hinter uns zufallen und ich stellte fasziniert fest, dass man durch ihn hindurch in das Büro hineinschauen konnte. „Wie viel Zeit haben wir jetzt noch, bis sie ihn hierher bringen?"

Ich runzelte die Stirn. „Wenn Snape erst jetzt zur Heulenden Hütte kommt, dann müssten wir noch mindestens eine Stunde haben ... wenn nicht sogar ein wenig mehr."

„Na dann ..." Eridanus seufzte und ließ sich auf den Boden sinken. „Vielleicht kannst du mir ja in der Zwischenzeit noch etwas genauer erklären, was genau in der Heulenden Hütte passiert ist - oder besser, was jetzt gerade dort passiert."

Und so fasste ich ihm die Vorkommnisse so gut wie möglich zusammen, was nicht einfach war, wenn man bedachte, dass ich einen Großteil der Geschehnisse in der Heulenden Hütte verschlafen hatte.

„Es gut zu wissen, dass Charlotte nun endlich Ruhe gefunden hat ...", meinte Eridanus mit ernstem Gesicht, nachdem ich geendet hatte. „Das ewige Schicksal einer rastlosen Seele ... es ist eine schreckliche Vorstellung."

Mein Blick wanderte auf meine Finger hinab. „Weißt du, wohin die Seele nun geht? Jetzt, wo sie nicht mehr an diese Welt gebunden ist?"

Er lachte bitter und schüttelte den Kopf. „Es gibt sicherlich viele Theorien und es ist eines der aktivsten Felder der magischen Forschung, aber ich bin kein Mysteriummagier aus dem Zaubereiministerium."

„Na gut ..." Ich hatte nicht wirklich mit einer Antwort gerechnet, trotzdem hatte ich gedacht, dass mein Onkel wohl am ehesten eine Antwort auf eine solche Frage haben könnte. Seufzend setzte ich mich etwas aufrechter hin, weil mittlerweile mein Rücken doch lauthals protestierte und warf einen weiteren Blick in das dunkle Büro des Zauberkunstlehrers. „Hoffentlich gelingt es Hermine und Harry Seidenschnabel zu befreien ... und das ohne von irgendwem gesehen zu werden."

„Sie werden das schon hinbekommen", stellte Eridanus optimistisch fest. „Sie scheinen beide ziemlich klever zu sein ... vor allem, wenn Hermine schon ein ganzes Jahr lang mit dem Zeitumkehrer durch die Zeit gereist ist."

„Ich weiß immer noch nicht, wie man sowas so lange durchhalten kann", meinte ich kopfschüttelnd. „Klar, Hermine ist überdurchschnittlich schlau und motiviert und engagiert, aber das ist selbst für sie etwas extrem."

Er warf mir einen skeptischen Blick zu. „Dir ist hoffentlich klar, dass es mindestens genaus überdurchschnittlich verrückt ist, mit vierzehn Jahren die Verwandlung in einen Animagus als Ziel zu haben."

„Es war nur eine Frage ... eine rein hypothetische Überlegung!", fuhr ich verteidigend dazwischen. „Ich dachte nur, wenn mein Dad und seine Freunde es damals während ihrer Schulzeit auf die Reihe bekommen haben ..."

„Oh, ich bezweifle nicht, dass du es nicht schaffen kannst", verbesserte er sich schnell. „Ich glaube nur, dass es nicht unbedingt hilft, wenn man davor mehrere Wochen lange den Grundlagenstoff aus dem Unterricht verpasst hat ..." Er hielt inne. „Weißt du eigentlich schon, was du machen willst, wenn das alles hier geschafft ist?"

„Was meinst du?"

„Nun ja, du kannst natürlich mit Sirius und mir mitkommen ... oder du bleibst hier und lässt dir einfallen, wie du das Ministerium von deiner Unschuld überzeugen kannst."

„Ach ja ... stimmt ..." Bei all der Aufregung hatte ich das beinahe vergessen. „Mir wäre es natürlich lieber, wenn ich es irgendwie schaffen würde, wieder nach Hogwarts gehen zu können."

„Das habe ich mir gedacht ..." Er runzelte die Stirn. „Hoffentlich fällt uns da noch was ein. Klar, rein faktisch haben die Auroren keine Beweise gegen dich, aber die Faktenlage war für das Ministerium von jeher eher nebensächlich."

„Vielleicht hat Dumbledore eine Idee ..."

Er schaute nicht überzeugt drein, doch ehe wir uns weiter über das Thema den Kopf zerbrechen konnten, wurden Stimmen auf dem Gang vor dem Büro laut und ich richtete meinen Blick mit großen Augen auf das Büro, wo nun die Tür mit einem lauten Knallen aufgeschlagen wurde.

Zwei schwarz-gewandete Gestalten betraten den Raum, zwischen ihnen eine reglose, gefesselte Person, die ich sofort erkannte. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mir einen Aufschrei des Entsetzens verkneifen. Während die beiden Auroren meinen Vater unsanft auf dem Boden ablegten, betraten nun noch drei weitere Personen den Raum. Dumbledore und Flittwick erkannte ich sofort, der dritte musste der Zaubereiminister sein ... auch wenn ich ihn bisher nur selten gesehen hatte.

„Ronan ... den Zauberstab haben Sie ihm schon abgenommen?", fragte er nun in geschäftigem Tonfall, immerzu ein kleines - recht widerliches - Grinsen auf den Lippen. Neben mir stöhnte Eridanus leise.

Ronan, der kleinere der beiden Auroren nickte. „Selbstverständlich Minister. Sind die Dementoren schon da?"

Ein jeher Angstschauer jagte mir über den Rücken, doch Eridanus legte mir eine beruhigende Hand auf die Schulter.

„Sie sollten in wenigen Augenblicken hier sein ..." Fudge warf einen Blick auf eine kleine goldene Taschenuhr. „Wir machen es so ... Ronan, Sie apparieren zurück ins Ministerium ..."

„Ihnen ist hoffentlich bewusst, dass man vom Schulgelände aus nicht apparieren kann, Minister?", fragte Dumbledore unschuldig und der Zaubereiminister warf ihm einen kurzen, genervten Blick zu, ehe er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte.

„Ronan, Sie verlassen zuerst das Schulgelände auf schnellstem Weg und apparieren dann ins Ministerium. Ich möchte irgendeinen Vertreter des Zaubergamots ... und bringen Sie auch noch etwas Veritaserum mit! Wir haben unten im Krankenflügel noch immer die Tochter des Verbrechers liegen und solange Black noch antworten kann, möchte ich so viele Antworten wie möglich aus ihm herausbekommen."

Ich erschauerte beim Gedanken daran. „Was ist Veritaserum?", fragte ich Eridanus flüsternd.

„Ein Wahrheitselixir ...", erklärte er und ich konnte ihm das Unbehagen deutlich ansehen.

Fudge hatte sich unterdessen an den anderen Auror gewandt. „Sie warten vor der Tür auf die Ankunft der Dementoren. Sobald Ronan und ich zurückkehrt sind, können wir uns Sirius Black vorknöpfen. Nach der Blamage mit dem Hippogreifen heute ... ich bin nur froh, dass wir dem Propheten endlich Ergebnisse vorlegen können." Sein Blick wandertete weiter, bis er auf Flittwick hängen blieb. „Ich nehme an, wir können diesen Raum ordnungsgemäß versiegeln?"

Der Zauberkunstlehrer nickte. Sein Blick lag immer noch auf der regungslosen Gestalt am Boden und er brauchte noch einige weitere Sekunden, bis er sich davon losreißen konnte. „Ein Schutzzauber mit drei Siegeln sollte genügen, nicht wahr Minister? Erst recht bei einem unbewaffneten, ohnmächtigen Mann."

Fudge verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Machen Sie fünf Siegel daraus, Professor. Bei Black möchte ich keine Risiken mehr eingehen." Er klatschte in die Hände. „Also dann ... Wo erwartet Professor Snape uns, Dumbledore?"

„Wenn ich mich nicht irre, erwartet er uns in der Eingangshalle, Minister", stellte Dumbledore fest. Sein Blick wanderte über die Fenster des Büros.

„Eine wahrhaft heldenhafte Leistung, die er da vollbracht hat ..." Die Zauberer verließen nach und nach das Büro und ließen lediglich die regungslose Gestalt zurück. „Da kann man sicherlich über einen Orden nachdenken ..."

Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, wollte ich aus unserem Versteck hervorspringen, doch Eridanus hielt mich zurück. „Warte bis Flittwick mit seinen Zaubern fertig ist!"

Zähneknirschend harrte ich noch aus, bis auch Flittwicks geflüsterten Zauberformel nicht länger zu vernehmen waren, doch dann sprang ich hinter dem Spiegel hervor und ging neben meinem Dad auf die Knie. Er war noch immer völlig weggetreten, sein Gesicht war aschfahl und einige unschöne Kratzer übersähten seine Haut.

Auch Eridanus folgte rasch und zückte seinen Zauberstab. „Ennervate!"

Erst tat sich gar nichts, dann kam ein schwaches Stöhnen über Sirius Lippen und er schlug langsam die Augen auf. „Was zum ..."

„Schönen guten Morgen, Bruder ...", sagte Eridanus rasch. „Versuch bitte leise zu sprechen, sonst wird der Auror, der auf der anderen Seite dieser Tür steht noch misstrauisch."

„Auroren?" Alarmiert fuhr er hoch und rappelte sich mit der Hilfe seines Bruders auf. „Sie haben mich wieder festgenommen?"

Eridanus nickte ernst und klopfte ihm auf die Schulter. „Oh ja ... aber zum Glück hast du uns und wir können dich wieder befreien ..." Sein Blick wanderte durch den Raum. „Auch wenn wir dir wohl schon wieder einen neuen Zauberstab besorgen müssen."

Mein Dad schüttelte verwirrt den Kopf. „Ich mochte diesen Zauberstab wirklich gerne!"

„Das glaube ich dir, trotzdem sollten wir diese Diskussion fortsetzen, wenn wir wirklich in Sicherheit sind und du etwas wacher bist. Hier entlang!" Er griff ihn am Arm und zog ihn etwas unsanft in Richtung des Geheimganges.

„So wie es sich angehört hat, hatten Hermine und Harry Erfolg mit dem Hippogreif ...", erklärte ich mit wild schlagendem Herz. „Wir müssen also nur noch irgendwie auf den Nordturm kommen ..."

Eridanus nickte angespannt, hielt jedoch schon wenige Augenblicke später wieder inne. „Wenn ihr diesem Geheimgang folgt, kommt ihr im siebten Stock hinter einem Wasserspeier wieder raus. Von dort aus sind es nur noch drei oder vier Korridore bis zur Wendeltreppe, die in den Turm hinauf führt." Ich nickte. „Schafft ihr das in fünf Minuten?"

Entgeistert starrte ich ihn an. „Fünf Minuten? Das ist schon etwas knapp."

„Dann gebe ich euch ..." Er warf einen Blick auf eine Uhr, die über Flittwicks Schreibtisch hing. „... Acht Minuten."

„Und was machst du?", fragte Sirius verwirrt. Er schien mittlerweile wieder recht klar im Kopf zu sein.
„Ich mache in genau acht Minuten ordentlich Krach hier drinne, damit es so klingt, als wärst du gewaltsam entkommen. Wir wollen doch nicht, dass sie am Ende noch den armen Flittwick der Beihilfe bezichtigen!"

Dad wollte noch weiter fragen, doch ich hatte genug gehört. Mit einem letzten zustimmenden Nicken in Eridanus Richtung, packte ich ihn am Arm und eilte den dunklen Gang entlang. „Wir müssen uns beeilen, unsere acht Minuten laufen!"

An unseren Sprint über geheime Treppen und verlassene Korridore konnte ich mich später nur noch schemenhaft erinnern. Es war ein Wunder, dass uns tatsächlich niemand bemerkt hatte, doch als wir endlich auf dem Turm standen und dort wirklich Harry und Hermine mit Seidenschnabel auf uns warteten, hätten mir vor Erleichterung tatsächlich beinahe die Knie nachgegeben.

„Und du bist sicher, dass du nicht mitkommen willst?", fragte mein Vater zum gefühlt hundertsten Mal. Er hatte bereits ein Bein über Seidenschnabels Pferdekörper geschwungen.

Ich nickte. „Keine Angst, ich lass mir etwas einfallen. Aber wenn ich jetzt fliehe, werde ich nicht nach Hogwarts zurückkehren können, bis wir deine Unschuld bewiesen haben, das kann ich nicht machen."

Er nickte betreten. „Ich habe das alles nicht gewollt ..." Seine Stimme war todernst. „Nicht für dich und nicht für deine Mutter."

„Das weiß ich ..." Kopfschüttelnd starrte ich auf meine Schuhe hinab. „Und es ist ganz bestimmt nicht deine Schuld. Das ist alles was zählt. Ich weiß, dass du unschuldig bist ... und Mum, sie weiß es auch. Ihr Geist ist verschwunden, nachdem sie es erfahren hat. Sie hat endlich Ruhe gefunden."

Nun standen ihm Tränen in den Augen und auch ich konnte sie kaum noch zurückhalten. Trotzdem mussten wir noch immer daran denken, dass ihm die Flucht gelingen musste und dass wir rechtzeitig in den Krankenflügel zurück gelangen mussten. „Beeil dich! Eridanus müsste jeden Moment sein Ablenkungsmanöver starten!"

Er nickte und richtete sich auf. „Ich kontaktiere euch so früh wie möglich! Das verspreche ich. Mein Versprechen von vorhin gilt noch immer. Wir werden irgendwann alle eine Familie sein. Ganz ohne Flucht!"

Als ich ihn auf dem Hippogreifen davon fliegen sah und auch auf unserem hastigen Rückweg zum Krankenflügel blieb mir nur ein klarer Gedanke. Wir hatten es geschafft ... wir hatten es tatsächlich geschafft! Mir war egal, was jetzt kommen würde. Wir hatten es geschafft, meinem Vater vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren, und das war alles, was zählte. Sollte das Ministerium doch jetzt mit mir anstellen, was auch immer es wollte. Sirius war frei!

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top