Silvester, Sternenschauer und Silberglanz

Silvester, Sternenschauer und Silberglanz

Nach Weihnachten verfiel das ganze Schloss in eine Art zufriedenen Halbschlaf. Das ganze Schloss? Nein, in einem engen, staubigen Geheimgang auf Höhe des Verwandlungs-Korridor und im Licht einer bläulich leuchtenden Leuchtkugel begann für drei Gryffindors eine ereignisreiche Arbeitsphase, die immer wieder von herben Rückschlägen geprägt wurde.

Wir hatten nicht mehr viel Zeit bis Silvester und so galt es, ein Feuerwerk vorzubereiten, dass phänomenale Ausmaße annehmen sollte. Die Zutaten waren alle beisammen. Unser Sortiment reichte von handelsüblichen Zaubertrankzutaten, über ägyptische Spezialsubstanzen und einige streng genommen nicht ganz legale Alchemikalien bis hin zu einer großen Auswahl von Dr. Filibusters Feuerwerkskörpern – einige davon schon fachmännisch in ihre Kleinteile zerlegt.

Wie Fred und George bereits angekündigt hatten, waren die Untersuchungen nicht ganz ungefährlich, vor allem an einem so stickigen Ort, allerdings konnten wir mit dem Zeug nur schlecht draußen experimentieren, da ein großer Teil der Filibuster-Raketen und der in ihnen enthaltenden Pulver nasszündend waren ... und so draußen im Schnee der Spaß schnell vorbei gewesen wäre.

Und auch so kam es immer mal wieder zu kleineren Missgeschicken, die dafür sorgten, dass jeder von uns mindestens zweimal mit leichten bis mittelschweren Brandverletzungen im Krankenflügel landete und – wahrscheinlich Madam Pomfrey Ferien-Highlight – das eine Mal, bei dem Fred ausversehen ein bisschen was von dem nicht ganz legalen Zwei-Kopf-Echsen-Krallen-Pulver in den Tee gefallen war. Die Krankenschwester hatte sich meinen allergrößten Respekt verdient, als sie nicht einmal mehr mit der Wimper zuckte, als wir den von Kopf bis Fuß lila angelaufenen Fred so unauffällig wie möglich zu ihr gebracht hatten.

„Ich bin stark am überlegen, ob ich Sie drei nicht zu einem Erste Hilfe Kurs und einigen Stunden zu Giften und Gegengiften verdonnern sollte", erklärte sie mild, während sie überlegte, wie man die Farbe am besten wieder wegbekommen könnte. „Das sieht mir verdächtig nach einer Hypermangan-Vergiftung aus ..." Ihr Blick wanderte über unsere Gesichter, als sollten uns diese Worte irgendwas wichtiges sagen. Als sie nur unsere verständnislosen Gesichter sah, seufzte sie und fügte hinzu: „Die Substanz ist in einer ganzen Reihe von magischen Tierprodukten enthalten, aber keines davon ist ... auf legalen Wegen erhältlich."

Fred wäre wohl rot angelaufen, wenn er nicht schon violett gewesen wäre. „Da muss wohl irgendwie was davon in meine völlig legalen Zaubertrankzutaten gefallen sein ...", deutete er mit unschuldigem Gesicht an, während er die Augen schloss, als die Krankenschwester mit vorsichtigen Fingern über seine Stirn tastete.

„Hmmhmm ..." Sie klang rein gar nicht überzeugt. „Zaubertränke mitten in den Ferien?"

„ZAG-Vorbereitung!", rief ich schnell. Es war das erste, dass mir eingefallen war. „Also nicht ich, aber die beiden anderen. Die haben die Übung wirklich nötig ..."

Wie auf ein geheimes Stichwort warfen mir beide Brüder einen finsteren Blick zu, ehe sie nickten. Madam Pomfrey konnte sich nur schwer ein Grinsen verkneifen.

„Das glaube ich Ihnen gerne, Miss Carter. Sooft wie Sie in den letzten paar Tagen mit Verletzungen hier angekommen sind ... Da müssen Sie noch ein bisschen üben!" Sie warf noch einen prüfenden Blick auf Fred, dann nickte sie. „Warten Sie bitte kurz hier, Mister Weasley. Ich werde mal schauen, ob ich da was passendes für auftreiben kann."

„Na danke auch", zischte Fred, während er seine violetten Finger betrachtete.

„Ist dir was besseres eingefallen?", fragte ich unbeeindruckt. „Außerdem konnten wir so die komplette letzte Woche damit erklären, oder?"

George folgte der Krankenschwester besorgt mit dem Blick. „Sieht so aus, als wäre sie richtung Snape unterwegs, um was gegen deine Hautfarbe zu besorgen", stellte er fest. „Wenn sie uns Snape auf den Hals hetzt, dann können wir das Feuerwerk am Dienstag vergessen!"

„Im Notfall müssen wir uns halt ein noch besseres Versteck besorgen", erklärte Fred stirnrunzelnd. „Irgendwas, das vom Gryffindorturm aus erreichbar ist. Wie wärs mit dem Geheimgang hinter dem kleinen Kamin?"

George sah nicht überzeugt aus. „Wenn es gar nicht anders geht ..."

„Da waren wir ja noch nie", warf ich überrascht ein. „Warum haben wir nicht von Anfang an dort gearbeitet?"

„Nun ja ... er ist nicht optimal ...", begann Fred vorsichtig, doch George rollte nur mit den Augen.

„Der Eingang liegt direkt im Kamin, das heißt, man müsste am Morgen dort einsteigen, solange die Feuer noch aus sind und kommt dann erst so gegen zwei Uhr morgens wieder raus, wenn die Feuer soweit runter gebrannt sind, dass man über die Glut steigen kann." Er klang äußerst säuerlich und Fred zwinkerte mir verschwörerisch zu.

„Er hat es in der ersten Klasse einmal rausprobiert und hat einen ganzen Unterrichtstag verpasst."

„Ich hatte Hunger und musste aufs Klo", zischte George ungehalten. „Außerdem kommt hinzu, dass wir den ganzen Gemeinschaftsraum ausräuchern würden, wenn bei den singenden Feuerwerkskörpern nochmal so ein leicht entzündliches Gas entweicht."

Da musste selbst ich zugeben, dass das wohl ungünstig wäre. „Dann vielleicht doch nicht der Raum."

„Nein, wohl eher nicht ..." Fred betrachtete mittlerweile sein Spiegelbild in der Oberfläche einer kleinen Glasflasche. „Sollte ich vielleicht ab jetzt immer lila Haare tragen?", fragte er nachdenklich ein. George kicherte.

„Mum würde dich umbringen!"

Ich legte nachdenklich den Kopf schief. „Ich weiß nicht ... vielleicht würde sie es zulassen. Schließlich könnte sie euch dann endlich auseinanderhalten."

„Oh, das würden wir nie zulassen!", riefem beide sofort und ich lachte. Tief in meinem Inneren war ich ja fest davon überzeugt, dass Mrs Weasley die beiden problemlos auseinanderhalten konnte und die Verwechslungen nur deshalb vorspielte, weil sie den gleichen Sinn für Humor wie die Zwillinge hatte.

Schritte auf dem Gang ließen uns augenblicklich verstummen. Mehrere Personen. Mist.

Madam Pomfrey hatte tatsächlich den Zaubertranklehrer mitgebracht, deren Blick sofort an Freds farbigen Gesicht hängenblieb. Er hob eine Augenbraue und ließ seinen Blick dann über die Gestalten von George und mir wandern.

„Hypermangan-Vergiftung?", stellte er langsam fest. „Heutzutage ist es erstaunlich schwer, genug Hypermangan zu bekommen, damit es überhaupt eine Wirkung auf den Körper zeigt." In einem stillen Einverständnis waren wir zu dem Schluss gekommen, dass wir wohl am besten gar nichts sagen würden. „Selbst im UTZ-Rahmen arbeitet man praktisch gar nicht mehr damit ..."

Madam Pomfrey hob amüsiert die Augenbraue. „Das letzte Mal, als ich davon gehört habe – noch während meiner Ausbildungszeit – war das gängige Vorgehen dagegen eine ähnlich dosierte Vergiftung im Komplementärbereich."

Der Zaubertranklehrer nickte. „Die meisten Substanzen, die diese Aufgabe erfüllen, sind heutzutage ebenso verboten wie das Hypermangan selbst ..." Er ließ die Worte absichtlich in der Luft schwingen, um zu sehen, wie wir uns unter seinen prüfenden Blicken wanden. „Aber ich hab noch etwas gelbes Blutlaugensalz in meinem Vorrat gefunden. Es müsste bei geeignet hoher Konzentration die violette Wirkung unkehren können." Er hielt ein Fläschchen mit feinen, zitronengelben Kristallen in die Höhe. „Und wenn Sie sich solche Verletzungen beim brauen von herkömmlichen ZAG-relevanten Tränken zuziehen, dann sollten Sie sich vielleicht seelisch und moralisch schon einmal auf einen ZAG weniger einstellen!", fügte er mit schneidender Stimme hinzu, ehe er der Krankenschwester das Fläschchen reichte und – mit einem letzten tadelnden Blick – den Krankenflügel wieder verließ.

Die Zwillinge wirkten wie vor den Kopf geschlagen. „Sehe ich das richtig?", fragte Fred langsam. „Hat er uns gerade wirklich mit einer Verwarnung davon kommen lassen?"

„Unglaublich ..."

„Vielleicht hat ihm irgendwer was ins Essen gemischt ..."

„Oder er wurde verflucht ... eine Nettigkeitsfluch ..."

„Oder ..."

Ein Hüsteln riss die beiden aus ihrer Diskussion. Madam Pomfrey hatte das Salz in einer Flüssigkeit gelöst und in eine Flasche umgefüllt, die sie nun Fred hinhielt. „Die hier sollten Sie in den nächsten drei bis vier Stunden vollständig leeren", erklärte sie streng. „Die Farbe sollte bis heute abend dann vollständig verschwunden sein. Kommen Sie aber sicherheitshalber vor dem Abendessen nochmal hier vorbei. Sollte Ihr Gesicht im Laufe des Tages gelb anlaufen, dann haben wir uns in der Dosierung verschätzt und Sie haben ein neues Problem." Nun lächelte die Krankenschwester wirklich und es machte mir beinahe ein bisschen Angst.

Als wir uns wenig später wieder den Experimenten zuwandten, entschlossen wir uns zähneknirschen, doch noch etwas mehr auf Sicherheit zu achten, während wir einen Teil des übrig gebliebenen violetten Pulvers zur Zündpulvermischung einer der Filibuster-Raketen schütteten.

In den Ferientagen verbrachte ich außerdem auch immer mal wieder die eine oder andere Stunde bei Lupin, der zwar nach eigener Einschätzung nicht mehr krank war, aber immer noch sehr blass und schwach aussah, auch wenn er immer wieder versuchte es zu verbergen.

„Die Geschichte mit der violetten Hautfarbe ist momentan die meisterzählte Story im Lehrerzimmer", gab er bei einem unserer Treffen grinsend zu, ehe sich ein besorgter Schatten über seine Züge senkte. „Ihr passt doch hoffentlich auf, dass es nicht zu gefährlich wird, oder?"

Ich versuchte schnell meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu bekommen. „Natürlich ... also ..." Ich musste plötzlich grinsen. „Der ... gefährlichere Teil ist eigentlich mittlerweile geschafft." Er hob die Augenbrauen und ich senkte schnell den Blick. „Wir wissen mittlerweile, was uns um die Ohren fliegen kann und was nicht."

Daraufhin seufzte er nur. „Ich bin wirklich überrrascht, dass das Schloss überhaupt noch steht", stellte er fest, während er sich müde übers Gesicht wischte. „Diese orangene Glitzerwolke vor zwei Tagen ...?"

„... Die kam vielleicht tatsächlich von uns", gab ich grinsend zu. „Wir haben zuviel Curry zum Feenstaub gemischt."

„Curry und Feenstaub!" Er schüttelte den Kopf. „Sag mir bloß nicht, was ihr da anstellt, sonst ist es meine Pflicht als Lehrer einen Nervenzusammenbruch zu erleiden."

Ich lachte. „Das bekommst du noch früh genug mit, versprochen!"

Als zwei Tage später der Tag der Wahrheit endlich gekommen war, lagen unsere Nerven blank. Am Morgen hatten wir größter Eile die letzten Pulverchen und Pasten fachmännisch verpackt, ehe wir uns mit vollen Rucksäcken und dezent unschuldigen Mienen aus dem Schloss und in Richtung Waldrand geschlichen hatten. Hier versteckten wir die fertigen Feuerwerkskörper im Schnee ... allesamt mit einer wasserfesten Hülle versehen ... noch!

Die Vorbereitung nahm die meiste Zeit des Tages in Anspruch und so blieb uns nach dem abendlichen Festessen mit ausgelassener Stimmung nur noch wenig Zeit, um eine geeignete Spur durchs Schloss zu legen. Was bringt schließlich ein Feuerwerk wenn niemand zuschaut?

Der Plan war einfach und basierte im großen und ganzen auf den Backwaren, die in der Experimentierphase vor Weihnachten entstanden waren. Günstig platziert würden laut singende Muffins und tanzende Cupcakes hoffentlich einen Großteil der Schlossbewohner ins Freie locken. Der Clou waren dabei die Muffins, die wir im Kleiderschrank des Lehrerzimmers platzierten, indem wir durch den Geheimgang unter dem See dort einstiegen.

Zwanzig Minuten vor Mitternacht standen wir so unschuldig wie möglich am Eingangsportal und hörten zufrieden zu, wie im Schloss das Chaos losging, als in allen Ecken und Winkeln der Schule zur gleichen Zeit das Gebäck zu singen begann. Laut und schrill, alle Lieder die das Muggel-Weihnachtslieder-Buch der Zwillinge zu bieten gehabt hatte und noch einige Eigenkreationen der Zwillinge.

Fred schloss genießerisch die Augen, als irgendwo über uns ein besonders schiefes 'O'Tannenbaum' durch einen der Korridore hallte und wenig später eine etwas gestresste Professor McGonagall mit einem sehr entspannten Professor Flittwick auf die Ländereien heraustrat. Schnell duckten wir uns hinter die Treppen vor dem Portal und warteten. George warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr.

„Noch eine Minute!", flüsterte er.

Immer mehr Schüler strömten auf die Ländereien, mit fragenden oder genervten Blicken und die Sinfonie der Backwaren wurde immer lauter.

„Noch zehn Sekunden!"

Unsere Hauslehrerin erspähte uns auf unserem Posten und warf uns einen sehr unwirschen Blick zu. „Wären Sie drei so gütig, mir zu erklären, was hier vorgeht?"

„5 – 4 – 3 – 2 – 1 -"

Wusch!

Alle Muffins verstummten im gleichen Augenblick und auch die Schüler verstummten, während sie mit aufgerissenen Mündern die Flugbahn einer violetten Rakete verfolgten, die wir liebevoll Fred-Böller getauft hatten.

Wumm ... Wummm!

Zwei weitere, diesmal roten Raketen folgten ihr hinauf in den Himmel und schließlich explodierten alle gleichzeitig in einem jähen Funkenschauer, der drei Ziffern in den dunklen Nachthimmel zeichnete. 1993.

Jetzt gab es bereits erste, die erstaunt Ahhh'ten oder Ohhh'ten, doch das beste kam ja erst. Eine weitere Rakete, grün, schoss aus einem Versteck in der Nähe von Hagrids Hütte in den Himmel, mitten in die '3', welche augenblicklich explodierte und eine '4' zurückließ.

„JA!" Fred und George schüttelten sich zufrieden die Hände und legte grinsend die Arme um die beiden. „Frohes Neues, Jungs!"

Nun begann das eigentliche Feuerwerk mit etlichen Knallern, die in den Himmel hinaufstiegen. Einige malten Sprüche wie 'Frohes Neues Jahr' in die Luft, andere klangen verdächtig wie Lehrer und verkündeten unter Getöse und Gefunke, dass sie im nächsten Jahr keine Hausaufgaben aufgeben würden.

Das Highlight? Einige ganz besondere kleine Raketen, die den Zwillingen besonders am Herzen lagen und die kleine, faustgroße Funkendrachen auf die Menge unter ihnen regnen ließen. Fauchend und glitzernd zischten sie durch die Gegend und allein der absolut verzückte Blick Hagrids war Belohnung genug für all die Mühe, die wir in dieses Projekt gesteckt hatten.

„Bevor wir diese Schule hier verlassen, basteln wir dir eine Drachenrakete, bei der der Funkendrache richtig schön groß ist", versprachen die Zwillinge ihm hoch und heilig, während sie grinsend in den Himmel hinauf starrten.

Bei so einem guten Start ins Jahr konnte es jetzt doch nur bergauf gehen, oder?

Ich wusste ja noch nicht, wie sehr ich mit dieser Vermutung daneben lag.

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Tada ... Überraschungskapitel ... so überraschend, dass ich tatsächlich erst vor drei Stunden damit angefangen habe, weil ich die Mathe-Übungsaufgaben nicht länger sehen kann ;)

In meiner Vorstellung hat Snape übrigens insgeheim keinen so großen Hass auf die Zwillinge. Er mag zwar ihre gute Laune und ihre Streiche nicht, aber er weiß ihr Talent in Zaubertränken und ihre Neugier am Experimentieren zu schätzen ... schließlich müssen seine eigenen Erfahrungen als Halbblutprinz auch irgendwo her gekommen sein. ;)

Nächste Woche braucht ihr übrigens nicht mit einem Update rechnen ... Gründe sind denke ich bekannt. Drückt mir die Daumen und Frohes neues Jahr ;)

LG, magicstarlight

ps.: Seid so lieb und bastelt nicht an Feuerwerkskörpern rum, so lange ihr nicht zumindest eine magische Grundausbildung habt! Don't try this at home!

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