Ein seltsamer Gefangener

Ein seltsamer Gefangener

Das traurige Stöhnen der zu alten Matratzen war das einzige, was in der gespenstischen Stille von Askaban zuhören war. Denn hier, im Hochsicherheitsteil des Gefängnisses war es still. Wer hier saß, dem war selten noch so zum Schreien und Weinen zumute, wie es der Wind manchmal aus anderen Teilen des Zellenkomplexes nach hier oben trug. Wer es hier her geschafft hatte, saß oder lag apathisch in seiner dreckigen Zelle und wartete dumpf auf sein Ableben, denn für Hochsicherheitsgefangene war dies für gewöhnlich der einzige Weg aus der stinkenden Zelle hinaus.

Auch Sirius Black lag unbewegt auf seiner Matratze, schon seit Tagen, das Essen unberührt und die Hände fortwährend übers Gesicht gelegt. Es war ein Rhythmus, den er nun bereits seit mehr als einem halben Jahr stur durchzog. Er nahm nur dann Nahrung zu sich, wenn es wirklich nötig war, nur alle paar Tage. Zuerst hatten die Wächter vermutet, er wolle sich umbringen. Er wäre nicht der erste gewesen, der es versucht hätte. Doch er hatte nach einigen Tagen ganz von selbst wieder nach der Nahrung gegriffen, gegessen und war dann wieder in seinen Zustand der Teilnahmslosigkeit auf der Matratze zurückverfallen.

Es hatte die Wächter verwundert und beunruhigt. Jeder wusste, das Black immer anderes gewesen war, als die normalen Gefangenen. Meist höflich, sogar freundlich im Gespräch. Schlug die Zeit tot, indem er beeindruckend detaillierte Bilder auf den Steinboden zeichneten oder Kreuzworträtsel in alten Ausgaben des Tagespropheten löste, die er von einigen der älteren Wächter hin und wieder bekam.

Alles hatte von einem Tag auf den anderen aufgehört. Einer der Wächter war zum Schichtwechsel durch den engen Gang gekommen, um wie gewohnt einen Blick durch die vergitterten Türen der Zellen zu werfen und hatte ihn so gefunden. Bewegungslos auf der Matratze, die Hände über den Augen. Und so war es geblieben.

Manche hatten gemunkelt, das wäre die Reue für das, was er getan hatte. Sie sagten, er habe wohl einfach elf Jahre gebraucht, um sich seiner Situation bewusst zu werden. Niemand hatte je behauptet, das Sirius Black schnell von Begriff war. Doch insgeheim wussten alle, was den Stimmungswechsel ausgelöst hatte, auch wenn niemand es wagte, die Gedanken laut auszusprechen. Sie alle hatten die Zeitung gelesen. Über kurz oder lang hatten es streng vertrauliche Informationen in die geflüsterten Unterhaltungen der Wärter geschafft und bald wussten alle, dass die in London ermordete Ufermenschenmagierin die Verlobte von Black gewesen war.

Und das war der Grund, aus dem die Wächter nur noch ungern an der Zelle vorbei liefen. Niemand überbrachte einem Hochsicherheitsgefangenen Kunde über den Verbleib seiner Familie. Black hatte nie Besuch bekommen, nie Briefe, nach seinem Stimmungsumschwung hatte man herumgefragt, doch alle waren sich sicher, das er nie eine Zeitung mit der Todesnachricht bekommen hatte. Aber trotzdem wusste er es und viele fragten sich, ob sie wirklich wissen wollten woher.

Als sich die Situation etabliert hatte, hätten die meisten gerne gesagt, dass Black nun endlich so wäre, wie alle anderen. Ein Massenmörder, der still auf seiner Matratze lag und auf die unausweichliche Erlösung wartete. Stumm und ohne jede Gefühlsregung, wie es sich für jemanden wie ihn gehörte. Doch leider konnte der Mann selbst in seinem jetzigen Zustand nicht so sein wie alle anderen. Es wäre ja auch zu einfach, wenn man bei ihm wüsste, woran man war.

Es waren die Wachen der Nachtschicht, die es zuerst bemerkten. Mal Schreie, mal nicht mehr als ein Wispern. Albträume waren nichts ungewöhnliches in Askaban, selbst die meisten Aufseher hatten regelmäßig welche, es war eine Nebenwirkung der Dementoren. Es war nichts ungewöhnliches, das die Zellen voller Kurzzeit-Gefangener und Neulinge nachts geradezu von diesen Albträumen erfüllt waren. Doch gewöhnlich wurde aus dem unruhig lauten Schlaf am Anfang, ein nahezu totengleicher Schlaf, wenn man den Dementoren schon zu lange ausgesetzt war.

Wieder eine Regel die Black brach. Die Aufseher, hörten ihn regelmäßig in der Nacht und die Wortfetzen von dem, was sie verstanden, ließen sie oft beunruhigt zurück.

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