Capitulo 135

Manuel

"Was tust du jetzt?", fragt mich Kiara, während ich den Teller vom Tisch räume. 

Isabella ist gerade im Badezimmer verschwunden. 

"Lass das mal meine Sorge sein, Pequenina.", räuspere ich mich. 
Ich will ihr keine Details nennen, weil es sie in Gefahr bringen kann. Sollte ich irgendwann mal in den Knast gehen, will ich nicht, dass man ihr etwas anhängen kann. 

Je weniger sie weiß, desto sicherer ist sie. 

"Töte ihn nicht. Bitte.", flüstert sie erschöpft und schaut mir flehend hinterher. 

"Wie gesagt. Darüber musst du dir keine Sorgen machen.", wiederhole ich mich erneut. 

Es ärgert mich, dass sie ihn wirklich noch schützen will. Und gleichzeitig wundert es mich auch. Diese junge Frau hat in ihrem Leben bereits so viel Leid erfahren und trotzdem sieht sie in jedem Menschen das Gute. Trotzdem schützt sie die Leute, die ihr dieses Leid zugefügt haben. Ich weiß - auch wenn sie nicht darüber redet - dass sie Albträume hat, weil sie ihren Vater angezeigt hat. 

Nicht einmal bei ihm kann sie ihr Mitleid abstellen. 

Sie träumt von einer rosigen Welt, auf der jeder freundlich und zuvorkommend ist - aber das ist nicht die Realität. 

Das weiß sie - natürlich weiß sie das. Aber sie gibt nicht auf; hält an diesem Gedanken weiter fest. 
So stark, dass dieser Wille sie eines Tages kaputt machen wird. 

"Ich will nicht, dass du jemandem wegen mir wehtust.", seufzst sie und steht vom Stuhl auf. 

"Wenn die Kugel ihn trifft, ist er längst tot. Er wird das gar nicht mitbekommen.", erkläre ich ihr nüchtern, bevor mir klar wird, dass mein Alltag für sie eine Ausnahme darstellt. 
Als ich mich zu ihr umdrehe, schaut sie mich mit weit aufgerissenen Augen an. 

Was für mich so normal klingt, klingt für sie abscheulich. 

"Falls ihn eine Kugel trifft.", korrigiere ich mich und stelle anschließend die Teller in die Spülmaschine. 

"Manuel, er ist Staatsanwalt. Was glaubst du, was hier los sein wird, wenn du ihn tötest?"

"Ich habe schon einen Bullen getötet. Was glaubst du, was da los war? Da werde ich doch wohl mit einem Staatsanwalt fertig.", brumme ich und drehe mich wieder mit verschränkten Armen zu ihr um. 

Mit zusammengekniffen Augen lehnt sie am Tisch und versucht meine harschen Worte nicht an sich ranzulassen, aber ich sehe, wie sie kämpft und letztendlich verliert. Ihre Augen beginnen zu glitzern - nicht vor Freude oder Erleichterung, sondern vor Angst, Wut und Trauer. 

Vor Trauer über meine gewalttätigen Worte presst sie ihre vollen Lippen aufeinander, während ich sie dämlich anschaue und meine Lippen zu einem schmalen Strich verziehe. 

"Mach dir einfach keine Sorgen, Kiara.", bringe ich über die Lippen und merke gleich darauf, was für eine dumme Aussage das ist. 
Wenn ich eins gelernt habe, dass ist es, dass die Menschen immer das Gegenteil tun, von dem, was man Ihnen sagt oder verlangt. 
Wenn ich ihr sage, dass sie sich keine Sorgen machen soll, dann weiß ihr Hirn direkt, dass es etwas gibt, über das sie sich Sorgen machen soll. 

Und genau das wir sie tun. 

Sie wird sich ihren kleinen Kopf über meine Worte zerbrechen, solange bis ich ihr verrate, über was genau sie sich keine Sorgen machen soll. 

"Toll, Manuel. Danke. Jetzt mache ich mir natürlich überhaupt keine Sorgen mehr.", erwidert sie so sarkastisch, wie ich es selten von ihr gehört habe. Sie verdreht ihre hübschen Augen und gestikuliert wild mit den Händen, bevor sie sie in ihre zarte Taille stützt und mich fast schon sauer anschaut. 

"Süß.", kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. 

"Halt. Die. Klappe.", zischt sie und betont währenddessen jedes Wort einzeln. 

"Was sonst?", provoziere ich sie und ziehe eine Augenbraue hoch, während sie fast schon hochrot anläuft. 
Augenverdrehend dreht sie sich von mir weg und lässt mich in der Küche stehen. 

"Ich geb dir gleich 'was sonst'", zitiert sie mich schnaubend und lässt sich auf das recht große Sofa fallen. 

"Hör auf dich mit mir zu streiten.", unterbreche ich ihre Wut und laufe ihr seelenruhig hinterher. Während sie nach der Fernbedienung greift, komme ich ihr zuvor und nehme sie ihr aus der zierlichen Hand.

Dann setze ich mich neben sie. Dicht, aber nicht zu dicht. Schließlich muss ich mich noch konzentrieren. 
Wenigsten für zwei Minuten. 
"Ich werde dem kleinen Bastard nichts tun, wenn er dir nichts tut. Und wenn er dich und und deine Schwester - wenn er uns alle in Ruhe lässt. Einverstanden? Aber sollte er sich ein krummes Ding erlauben - sollte er dich noch einmal anfassen oder noch einmal hier auftauchen, dann ist er dran. Das verspreche ich dir. Und ich werde dir einen anderen Anwalt besorgen, einer, der seinen Job ernst meint und sich nicht an seine Mandantinnen ranmacht."

Sie spielt mit ihren Händen - begutachtet ihre sauberen, gepflegten Fingernägel mit dem hellrosa farbenen Gel drauf.
"Okay."

"Okay?", wiederhole ich ihre Worte, weil ich glaube mich verhört zu haben.

"Ja. Ist Okay. Aber nur wenn dein Anwalt nicht diese Zara ist. Die kann ich nicht ausstehen.", murmelt sie.

Ich muss mir ein Grinsen verkneifen.
"Wenn es nur das ist."

Nickend will sie nach der Fernbedienung in meiner Hand greifen. 

"Erst ein Kuss.", verlange ich von ihr und ziehe die Fernbedienung weg. 

Mit roten Wangen schaut sie mich an, während ich ihre Lippen ins Visier nehme. 


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