Capitulo 127

Kiara

"Ich muss auflegen. Melde mich später bei dir."
Manuel beendet sein Telefonat, als er mich im Türrahmen stehen sieht, und steckt sein Handy in die Anzughose.
Er legt seine Hände lässig in die Taschen seiner Hose und nickt auf das Sofa.

"Ich kann auch später nochmal kommen, wenn du noch was zu erledigen hast.", merke ich an und bleibe im Türrahmen stehen.

"Damit du wieder auf die Bühne kannst? Vergiss es.", lacht er spottend und legt schließlich seine linke Hand auf meinen Rücken, um mich zum Sofa zu schieben. Mit dem Fuß kickt er die dicke Tür zu.

"Auf den Unterlagen stehen Summen. Einige sind schon markiert, einige musst du noch markieren und dann zusammenrechnen. Hier ist mein Handy, du kannst den Taschenrechner benutzen.", erklärt er mir, während er sein Handy aus der Hosentasche zieht und mir unter die Nase hält.

"Du musst deinen Code eingeben.", halte ich ihn auf, weil er sich bereits umgedreht hat und sich auf den Weg zu seinem Schreibtisch macht.

"2005.", erwidert er, ohne sich zu mir umzudrehen und ohne zu zögern.

"zwei null null fünf.", nuschel ich, während ich den Code eingebe und kichern muss.

"Was ist?", runzelt er die Stirn, nachdem er sich auf den Stuhl gesetzt hat und mich fragend ansieht.

"Witzig, die Zahl ist auch mein Geburtsjahr.", lache ich belustigt über diesen Zufall.

"Ja.", antwortet er nüchtern und schaut mich ausdruckslos an.

"Ja?"
Mein Lächeln verschwindet langsam, weil er mich nicht versteht.

"Ja. Ich weiß, dass es dein Geburtsjahr ist. Deshalb ist es ja mein Code.", schüttelt er skeptisch den Kopf.
Mein Herz rutscht in meine Hose, während ich ihn anschaue. Er verzieht keine Miene, schaut mir starr in die Augen und scheint nicht zu verstehen, dass ich ihn nicht verstanden haben.

Ich wusste nicht, dass er wirklich mein Geburtsjahr genommen hat. Ich dachte, es wäre ein Zufall.

"Oh.", hauche ich überfordert und versuche meine Stimme mit einem Räuspern wieder zu finden.
"Ich dachte -"

"Ja?", unterbricht er mich ruhig und lehnt sich leicht vor, um mir weiterhin starr in die Augen zu schauen, fast schon so intensiv, als würde er versuchen durch sie hindurch in mein Hirn zu schauen und meine Gedanken zu lesen.

Und ich bin mir sicher, dass er das nicht nur versucht, sondern dass er das auch wirklich kann.

"Ich dachte, dass sei Zufall. Deshalb habe ich gelacht.", erkläre ich ihm eingeschüchtert und weiche seinem Blick aus, in dem ich auf die vollgeschriebenen Zettel schaue.

"Ist es nicht. Meine Codes suche ich mir selber aus."
Ich höre das Grinsen heraus, dass sich so hämisch auf seinen Lippen gebildet haben muss, weil ich seinem Blick nicht standhalten kann.
Weil ich es wie so oft nicht schaffe, ihm weiter in die Augen zu schauen, wenn er sich so vor mir aufbaut und sich einen Spaß erlaubt.

Er macht sich lustig, nutzt es aus, wenn ich unsicher werde und flirtet genau in solchen Augenblicken mit mir - er passt den Moment genau ab, er trifft genau den Moment in dem ich am unsicherster bin, um mir zweideutige Dinge zu sagen, mir unterschwellig Komplimente zu geben und mich noch weiter zu verunsichern.

Aber am meisten, um mir weiter Schmetterlinge durch den Bauch zu treiben.

Er ärgert mich in den richtigen Momenten, zwinkert mir in den richtigen Momenten zu, um mich nervös zu machen - so nervös, dass mein Magen kribbelt, dass meine Beine weich werden und ich mich nicht wehren kann.

Und das will ich auch nicht.

Ich liebe es, wenn er so mit mir umgeht. Ich liebe es, weil er weiß wie er mit mir reden muss, wie er mit mir umzugehen hat und vor allem liebe ich es, das er weiß, wer wer ist.

Wie oft habe ich mich über seine Arroganz aufgeregt, die aber gleichzeitig auch meine größte Schwäche für ihn ist.

Manuel weiß wie gut er aussieht, er ist sich seiner Wirkung bewusst und das liebe ich.

Er kann lustig sein und gleichzeitig so ernst, dass ich mich immer sicher und geborgen fühle. Er weiß in jeder Situation was zu tun ist und er würde mich nie hängen lassen. Er kümmert sich um meine Schwester wie ein großer Bruder - ja fast schon wie ein Papa.

Ein Papa, den Isabella und ich nie wirklich hatten.

"Du solltest dir etwas anderes anziehen. Die Klimaanlage ist an, nicht dass du dich noch erkältest, Pequenina.", wechselt er das Thema, nachdem ich ihm keine Antwort mehr schenke.

"Ich habe keine ordentlichen Sachen dabei.", murmel ich und schaue zum ersten Mal wieder zu ihm hoch.

Manuel schaut gerade auf seinen Laptop, während er nach einem Stift greift und kurz darauf etwas auf ein Notizzettel schreibt.
"In der Ecke steht noch eine Tasche von mir. Es müsste noch ein Pullover und ein Jogginghose drin sein."

Ich folge seinem kurzen Blick in die Ecke hinter dem Sofa und sehe tatsächlich eine braune Reisetasche.

"Louis Vuitton.", stelle ich schnaubend fest, als ich die teure Tasche öffne und nach seinen Sachen suche.

"Hast du was gesagt?", erwidert er nebenbei, obwohl er es genau verstanden haben wird.
Es ist eine rhetorische Frage, die er oft und gerne stellt, wenn ich etwas freches von mir gebe.

"Hatte was im Hals.", räuspere ich mich, weil ich seinen Wink mit dem Zaunpfahl sehr genau verstehe.
Oft habe ich den Fehler gemacht, meine Worte noch einmal zu wiederholen, weil ich seine Warnung nicht verstanden hatte.

Aber diesen Fehler begehe ich nicht mehr - zumindest nicht unabsichtlich.

"Schon wieder?", höre ich ihn arrogant fragen, sodass ich mich zu ihm umdrehe.

Mit verschränkten Armen und einer Zigarette zwischen den Mundwinkeln sieht er mich spottend an, während er den dichten Rauch auspustet und anschließend die Zigarette zwischen seine Finger steckt.
Ich verfolge mit meinem Blick die kleine Rauchwolke, die zur Decke herauf steigt, bevor sich die kleinen, grauen Rußpartikel unter der Decke verteilen.

Röte schießt in meine Wangen, als ich verstehe, dass er mit seiner Frage auf unseren intimen Moment anspielt.
Mir bleib nichts anderes übrig, als mich peinlich berührt umzudrehen, weil genau jetzt wieder einer der Momente ist, in denen er meine Beine schwach werden lässt und mich weiterhin aufziehen wird.

Doch diesmal raucht er zu meiner Überraschung seine Zigarette weiter und scheint sich den ein oder anderen frechen Kommentar zu verkneifen.

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