Capitulo 112

Kiara
19:34 Uhr

"Julio, nie wieder gibst du sie Manuel einfach mit. Hörst du? Nie wieder!", rege ich mich auf, bevor ich den Wagen verlasse.

Nachdem Jose mich wieder am Club abgesetzt hat und ich Isabella holen wollte, war sie weg.

Und Manuel auch.

Julio hat ihn einfach mit ihr gehen lassen.

"Sie wollte nach Hause, Kiara.", ruft er mir nach.

"Kinder wollen vieles. Man muss nicht immer alles tun!", rufe ich zurück und quetsche mich durch die dicke Tür des Hochhauses. Wie eine Irre sprinte ich die 8 Treppen hoch, weil mich die Angst plagt, dass Manuel ihr etwas getan haben könnte.

Während ich mit zitternden Händen den Schlüssel in die Wohnungstür schiebe und mich die schrecklichsten Gedanken plagen, versuche ich den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken.

Letztendlich nur Manuel und meine Schwester an der Kücheninsel sitzen zu sehen.

Über ihre Mathebücher gebeugt.

"Kiara!", ruft meine Schwester fröhlich und springt von ihrem Hocker herunter, um mich fest zu umarmen.

"Hey.", flüstere ich erleichtert, weil ihr offensichtlich nichts fehlt.
Manuel ignoriere ich gekonnt.

"Manuel hilft mir in Mathe. Aber portugiesisch musst du mit mir machen. Das kann er irgendwie nicht.", zuckt sie mit den Schultern und entlockt mir fast ein lautstarkes Lachen.

"In Ordnung.", erwidere ich und küsse ihren Scheitel, bevor sie wieder zu Manuel flitzt.

"Können wir jetzt Essen?", fragt sie ihn mit einem zuckersüßen Lächeln, bevor er nickt und elegant vom Hocker hüpft.

"Er hat Pancakes gemacht. Mit Nutella.", ruft Isabella aufgeregt.

"Gehst du dir eben die Hände waschen? Gründlich, mindestens 30 Sekunden. Auch zwischen den Fingern. Manuel und ich müssen noch etwas besprechen.", schicke ich sie weg.

"Okay.", brummt sie leise und huscht dann an mir vorbei.

"Du kannst nicht einfach meine Schwester entführen.", stelle ich klar und verschränke die Arme vor meiner Brust.

"Sie wollte nach Hause und hatte Hunger. Sollte ich sie mit den Nutten Essen lassen? Wohl kaum.", scheint ihn meine Anschuldigung gar nicht zu interessieren.

"Ich habe mir Sorgen gemacht, Manuel."

"Und? Fehlt ihr etwas? Ich habe mit ihr Mathe gemacht und Sachkunde. Irgendetwas mit Brücken. Weißt du, wie viele verschiedene Arten Brücke es gibt?", wechselt er das Thema und schöpft Teig in die Bratpfanne.

"Ja. Balkenbrücken, Fachwerkbrücken, Bogenbrücken, Schrägseilbrücken und Hängebrücken. Das sind die wichtigsten fünf.", beantworte ich seine Frage.

Irritiert dreht er sich um.

"Habe ich letzte Woche schon mit ihr gemacht.", erläutere ich.

"Wusste nicht, dass Fachbegriffe aus deinem Mund so heiß klingen.", flirtet er mit mir.

"Fertig!", kreischt Isabella, während sie aus dem Bad gerannt kommt.

"Manuel brät gerade die Pancakes. Gehst du solange in dein Zimmer was spielen? Ich hole dich dann."
Manuel und ich brauchen kurz unsere Ruhe.

Nur einen Moment.

Zufrieden rennt sie in ihr Zimmer und schließt Gott sei Dank die Tür hinter sich.

"Manuel, ich hab den Kontakt nicht nur abgebrochen, weil du mich rausgeworfen hast, sondern weil mir das alles zu viel ist. Deine ganze Familie, die Morde, dann dieser Cousin Toby. Das ist eine kriminelle Vereinigung, damit will ich nichts zu tun haben.", schüttel ich den Kopf.

"Das ist dir erst an der Trauerfeier meiner Eltern aufgefallen?", spottet er und wirft den Pancake in der Pfanne hoch.

"Nein, aber da ist es mir klar geworden. Da habe ich es wirklich realisiert."

"Und du denkst, dass du außer Gefahr bist, wenn du dich von mir trennst und direkt mit einem Staatsanwalt in die Kiste gehst? Ich sag dir was, Pequenina. Jetzt bist du in einer noch größeren Gefahr. Glaubst du, dass ich zulasse, dass du mich verrätst?"
Seine Stimme ist ruhig und gefasst, vollkommen neutral.

Trotzdem droht er mir.

"Und glaubst du, dass ich das tue, was du willst, wenn du mir drohst?", stelle ich ihm eine Gegenfrage.

"Dir bleibt gar nichts anderes übrig.", zuckt er desinteressiert mit den Schultern.

"Ich soll mich von ihm trennen?"

"Ach, jetzt seid ihr also schon zusammen?", fragt er überrascht und sieht mich danach abwertend an.

"Nein. Sind wir nicht. Ich soll also den Kontakt abbrechen?", korrigiere ich meine Wortwahl und setze mich auf die Kücheninsel.

"Tu das, was du für richtig hältst. Aber kriege ich raus, dass du Sachen über mich erzählst, bist du dran. Ich mache da keine Sonderbehandlungen.", stellt er klar.

"Glaubst du, dass ich mich freiwillig mit dir anlege, wenn ich dich loswerden will? Wenn du endlich aus meinem Leben verschwinden sollst?", frage ich unglaubwürdig und verschränkte die Arme, während er weiterhin die Pancakes brät.

Eins muss ich ihm lassen - es riecht fantastisch.

"Willst du nicht.", spottet er.

"Wie bitte?"

"Du willst doch gar nicht, dass ich aus deinem Leben verschwinde.", wiederholt er sich und dreht sich zu mir um.

Mistkerl.

"Wenn du bloß nicht so arrogant und eingebildet wärst, dann hättest du recht."

"Baby, du wirst feucht, wenn ich arrogant und eingebildet bin. Lüg mich nicht an."

Nach Luft schnappend versuche ich seine Hand von meinem Oberschenkel zu schieben, doch sein Griff ist so fest, dass ich es nicht schaffe.

"Lass uns das klären. Ich hab mich nicht richtig verhalten und ich hätte dich nicht rauswerfen dürfen. Du hast recht. Lass mich dich morgen Abend abholen und wir gehen was essen. Und dann reden wir über alles."

"Manuel, darum geht es nicht. Es geht auch darum, dass das passiert ist, weil du mir wieder Dinge verheimlicht hast.", schüttel ich ablehnend den Kopf.

"Ja, ich weiß. Ich weiß, Pequenina. Ich hatte Angst, dass du nicht mehr mitkommen würdest. Ich will das alles von dir fernhalten - du sollst sicher sein. Und je weniger du weißt, desto sicherer bist du.", erklärt er mir.

"Ich will das nicht mehr hören, Manuel. Das sind Ausreden.", verdrehe ich die Augen.
"Außerdem brennt dein Pancake an."

Schnell schaut er über seine Schulter.
"Mierda.", flucht er.

"Du solltest dich nicht ablenken lassen.", lache leise, während er den schwarzen Pancake in die Mülltone wirft.

"Das sagst du so leicht. Sieh dich an, du bist seit Mexiko noch hübscher geworden und ich war mir eigentlich sicher, dass das nicht mehr möglich ist.", murmelt er.

"Manuel, hör auf damit."

"Womit? Du kannst mir nicht verbieten die Wahrheit zu sagen.", lässt er keine Diskussion zu.
Anstatt Teig in die Pfanne zu schöpfen, kommt er wieder auf mich zu.

Diesmal drückt er sich direkt zwischen meine Beine.
"Bitte. Lass uns morgen essen gehen. Lass es mich dir erklären und lass mich mich bei dir entschuldigen. Ich meine das ernst mit dir, die letzten fünf Wochen waren die Hölle für mich.", gesteht er mir.

Für mich auch, Manuel.

Für mich auch.

"Wenn Jose das erfährt, dann -"

"Ich dachte ihr seid nicht zusammen?", fragt Manuel leise und kommt mir näher.

"Nein, sind wir nicht. Aber ich glaube er mag mich mehr, als er sollte. Ich weiß nicht, ich will ihn nicht verletzen.", murmel ich.

"Kiara, der Kerl ist mir scheiß egal. Ich küsse dich jetzt.", überhört er meine Worte absichtlich.

"Manuel, das geht nicht.", flüstere ich.

"Du kannst mir ja eine Scheuern, wenn du es nicht willst.", murmelt er zurück bevor er seine Lippen auf meine drückt.
Reflexartig, so wie er es vorgeschlagen hat, weiche ich zurück und verpasse ihm eine Backpfeife.

"Aua.", brummt er.

"Scheiße, sorry.", entschuldige ich mich mit hoher Stimme.

Brummend fasst er sich an die rote Wange und reibt über seine Haut.

"Das war deine Idee.", verteidige ich mich.

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