Capitulo 111
Kiara
18:11 Uhr
"Du hast mir nicht gesagt, dass du einen Ex-Freund hast.", beginnt Jose, während wir durch Sao Paulo fahren.
"Er ist nicht mein Ex-Freund. Wir haben uns ein paar Mal geküsst, mehr nicht.", lüge ich ihn an und schaue aus dem Seitenfester.
"Und du lässt deine Schwester bei ihm?"
"Nein, sie ist bei Julio. Er ist ein guter Bekannter.", korrigiere ich ihn.
Seine ständige Fragerei geht mir auf die Nerven.
"Wie lange ist das her?", fragt er mich erneut aus.
"Jose, ich habe keine Lust auf ein Kreuzverhör. Das kannst du im Gericht machen, aber ich bin nicht deine Angeklagte.", werde ich deutlich.
"Verzeih mir, Kleine."
Kleine.
So hat mich Manuel manchmal genannt. Nur hat es sich aus seinem Mund viel besser angehört. Nicht zu vergessen der mexikanische Dialekt, für den ich kaum beschreibende Worte finde, außer dass es sich verdammt heiß anhört.
"Danke für die Blumen.", wechsel ich das Thema und schaue auf die Rückbank zu dem Blumenstrauß.
Das ist allergisch gegen Gerbera bin, sage ich ihm besser nicht.
Manuel wüsste sowas, auch wenn ich es ihm nie gesagt hätte.
Ich bin mir sicher, dass er mehr von mir weiß, als ich von mir. Vermutlich kennt er mich tatsächlich besser, als ich mich.
Manuel
18:47 Uhr
"Deine Schwester kommt gleich nach Hause. Soll ich dir Pancakes machen?", frage ich Isabella, nachdem ich die Tür zu Kiaras Wohnung aufgeschlossen habe.
Kiara wird mich köpfen - ja das wird sie.
Aber sollte ich ihre kleine Schwester bei all den Nutten in meinem Club lassen?
Zwischen Sex und Alkohol?
Wohl kaum.
"Oh ja! Mit Nutella!", ruft sie laut und klatscht in beide Hände.
Lachend schließe ich die Tür.
"Wie die Prinzessin wünscht. Aber erst machen wir deine Hausaufgaben fertig."
Ich weiß nicht, was ich hier tue.
Ich weiß nicht, warum ich ihr helfe.
"Okay. Machst du für Kiara auch welche? Sie liebt Pancakes.", fragt mich Isabella, während sie ihren Rucksack auf der Kücheninsel auspackt.
Ich schaue mich in der Wohnung um, bevor ich ihr zustimme.
Es ist aufgeräumt und die Einrichtung spiegelt so gar nicht die Fassade des alten Hochhauses wieder.
Es ist sauber und elegant, die Küche ist nagelneu.
"Ich muss noch Portugiesisch, Mathe und Sachkunde machen. Wir haben das Thema Brücken. Kennst du dich aus mit Brücken?", überschlagen sich ihre Worte fast, während sie mir drei Bücher vor die Nase hält.
"Atmen. Atmen, Isabella. Wie wäre es, wenn wir erstmal mit Mathe anfangen und dann schauen wir uns die Brücken an?", mache ich ihr einen Vorschlag und suche nach einem Stift in Kiara's Küche.
"Sag mal. Dieser Jose, wie ist der so?", frage ich das kleine Mädchen und ziehe einen Stift zwischen den Briefen hervor.
"Ich kenne ihn gar nicht richtig. Hin und wieder ist er hier zum Abendessen und dann fährt er wieder.", zuckt sie mit den Schultern, während sie auf einem Malbuch herum krickelt.
"Behandelt er sie gut?", stelle ich ihr die wohl wichtigste Frage.
"Sie weint viel. Aber sie sagt, dass es nicht wegen ihm ist.", erklärt sie mir beiläufig.
"Guck mal, Elsa und Olaf!", zeigt sie mir ihr Malbuch.
"Hübsch. Du kannst gut malen.", lobe ich sie, auch wenn ich kaum etwas erkennen kann.
"Das sage ich auch immer! Kiara sagt aber immer, dass sie gar nichts erkennen kann! Und dann lacht sie mich immer aus.", beschwert sie sich, weshalb ich mich mit zuckenden Mundwinkeln umdrehen muss.
"Möchtest du was trinken?", lenke ich mich mit dieser Frage selber ab und suche nach einem Glas.
"Cola?"
"Nein, keine Cola. Dann bringt deine Schwester mich um.", verneine ich schnell und nehme uns zwei Gläser aus dem Schrank.
"Hm. Dann Wasser.", muckert Isabella leise, sodass ich unsere Gläser mit Wasser fülle und sie zu ihr auf die Theke stelle.
"Wie lange kennt deine Schwester diesen Jose schon?", frage ich sie, während ich mich setze.
"Keine Ahnung. Drei Wochen? Ich weiß es nicht."
"Und schläft er hier auch manchmal?", lasse ich nicht locker.
"Ihhh nein! Das ist doch ekelig. Jose fährt immer nach Hause.", kreischt sie angewidert.
"Und küsst er sie?"
Isabella runzelt die Stirn und schaut von ihrem Malbuch hoch.
"Du bist ja cool, aber komische Fragen stellst du schon."
"Komm, wir machen jetzt deine Mathe-Hausaufgaben.", wechsel ich räuspernd das Thema und greife nach ihrem Übungsbuch.
"Ich hab sie noch nie gesehen, wie sie sich geküsst haben. Ich glaube er ist ein guter Freund.", antwortet sie mir nun doch.
Nur ein guter Freund also.
Gut.
"Hast du eine gute Freundin?"
"Ich? Nein. Ich habe Familie.", schüttel ich schnell den Kopf und lese mir die erste Aufgabe durch.
"Wir machen geteilt rechnen. Und das 1x1. Kannst du das?", geht sie nicht weiter auf meine Antwort ein, weil ihre Gedanken schon wieder wo anders sind.
"Ja. Das 1x1 kriege ich wohl noch hin.", erwidere ich lachend.
Wenn sie wüsste, dass ich Wirtschaft und Wirtschaftsmathematik studiert habe, würde sie mich sowas sicherlich nicht mehr fragen.
"Kiara kann auch gut rechnen. Sie weiß sogar, was 7x7 ist.", erzählt sie mir mit großen Augen.
"Ist das so?", schmunzel ich.
Sie nickt schnell.
"Wow.", nicke ich anerkennend, obwohl ich mich innerlich stark zusammen reißen muss.
"Was ist denn 7x7?"
"Ehh 48, oder?", überlegt sie einen Augenblick.
"49.", korrigiere ich sie augenzwinkernd.
"Kannst du das selber rechnen?"
Ich deute auf die zwei Aufgaben in ihrem Heft.
"Ja, ich denke.", nickt sie.
"Gut. Dann probier mal und ich mache uns Abendessen. Danach korrigiere ich.", erkläre ich ihr und stehe auf, um alle Zutaten zusammen zu suchen.
Es gefällt mir nicht, dass dieser mickrige Staatsanwalt Zeit mit meinem Mädchen verbringt, aber immerhin legt er seine dreckigen Lippen nicht auf ihre.
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