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Kiara
Als die Tür ins Schloss fällt, beginne ich mich auszuziehen.
Natürlich tut Manuel nichts ohne darüber nachgedacht zu haben.
Natürlich weiß er, was es bedeutet eine Frau auf die Stirn zu küssen.
Wie konnte ich überhaupt denken, dass er mir wirklich für mehr als 10 Minuten die Kontrolle über seine Männlichkeit überlässt?
Die Kontrolle über die Entscheidung über uns - die überlässt er mir.
Aber er lässt nicht zu, dass ich ihm Dinge abnehme, die sein männliches Ego verletzen.
Vermutlich wurde er einfach zu gut erzogen.
Langsam steige ich in die Badewanne und schließe die Augen, als das warme Wasser meinen Körper umhüllt. Der Schaum, der an der Oberfläche schwimmt, verteilt einen angenehmen Geruch im Bad, sodass ich fast vergesse, wo ich herkomme.
So muss es im Spa riechen.
Zumindest stelle ich es mir dort so vor.
Ich lege meinen Kopf auf den Rand der Wanne und schaue durch das große Fenster auf de mittlerweile bewölkten Himmel. In den letzten Tagen habe ich gedacht, dass der Winter langsam verschwindet, aber jetzt zum Abend hin ist er wieder da.
Die Palmen und Cypressen vor Manuels Haus wiegen sich im leichten Wind, während der ein oder andere Regentropfen gegen die Scheibe tropft. Während ich hier liege und über alles mögliche nachdenke, vergesse ich die Zeit.
Ich weiß nicht, wie lange ich hier liegen, bis es wieder an der Tür klopft und ich hochschrecke.
"Darf ich reinkommen?", höre ich Manuel fragen, nachdem er erneut geklopft hat.
"Ja.", erwidere ich nervös, obwohl der Schaum alles bedeckt.
Außerdem ist es nicht das erste Mal, dass er mich beim Baden sieht.
Die Tür öffnet sich mit einem leises Knartschen, bevor Manuel ganz im Badezimmer steht und um die Wanne herum geht, sodass er direkt in meinem Sichtfeld steht.
In der Hand hält er ein Holztablett, auf dem Käse, Weintrauben, Schokolade und Salami liegt.
Und ein Stück Schokokuchen.
"Ich habe gehört, dass du Hunger hast?", witzelt er und stellt das Tablett auf dem kleinen Hocker neben der Wanne ab.
Langsam richte ich mich auf, während ich sicher gehe, dass der Schaum weiterhin alles bedeckt, und bestaune das Tablett.
"Für mich?", frage ich mich großen Augen und bleibe mit den Augen an dem Briefumschlag hängen.
Manuel reagiert sofort und reicht mir den Umschlag.
"Herzlichen Glückwunsch, Kiara.", beglückwünscht er mich.
"Das ist doch nicht nötig.", spreche ich beschämt und nehme ihm den Umschlag ab.
"Mach erstmal auf.", bittet er mich und setzt sich sich auf den Rand der Badewanne. Auch wenn ich nackt in dieser Wanne liege, fühle ich mich keinesfalls unwohl. Manuel nutzt diese Situation nicht aus, im Gegenteil. Er schaut kein einziges Mal auf meinen Körper, sondern hat seine Augen ganz auf mein Gesicht gerichtet.
Auch wenn der Schaum mich bedeckt, versucht er zu keinem Zeitpunkt nach einer Lücke zu suchen, um nicht doch etwas von meinem Körper zu sehen.
Ich reiße den Umschlag mit klopfendem Herzen auf, während ich bereits erkenne, dass es sich um einen Gutschein handelt.
"Wenn du möchtest, kannst du in einem Studio hier in Sao Paulo Tanzunterricht nehmen.", erklärt er mir den Gutschein.
"Nein.", schüttel ich berührt den Kopf.
"Manuel.", flüstere ich.
"Das ist ein Gutschein für ein ganzes Jahr. Du kannst anfangen, wann du möchtest. Und du kannst dir aussuchen, was für Unterricht du nehmen möchtest. Ich kenne den Besitzer, das ist kein Problem. Ich kann dich hinbringen und abholen. Du musst dir um nichts Sorgen machen.", erklärt er mir.
"Manuel, dass kann ich nicht annehmen. Weißt du, wie teuer das ist?", schüttel ich den Kopf.
"Kiara. Es ist mein Geschenk an dich. Du würdest mich sehr glücklich machen, wenn du es annimmst.", lässt er keine Widerrede zu.
Ich lege den Gutschein zurück auf das Tablette und ziehe ihn an den Schultern zu mir herunter, um ihn fest zu umarmen.
"Danke Danke Danke."
"Nichts zu danken, Kleines.", lacht er leise in mein Ohr und stützt sich mit einer Hand hinter mir auf der Badewanne ab, während die andere um meinen nassen Rücken liegt. Sein ganzes Hemd ist nass, als ich mich zurücklehne, doch das scheint ihn nicht zu interessieren.
"Und jetzt iss was.", deutet er auf das volle Tablett und steht vom Badewannenrand auf.
"Bleib doch noch. Du kannst mitessen.", biete ich ihm an.
Von oben schaut er auf mich herunter.
In seinen großen Pupillen sehe ich mein Spiegelbild, während er mit sich ringt.
"Gut, okay.", gibt er schließlich nach und setzt sich diesmal auf den Boden, um sich mit dem Rücken an der Wanne anzulehnen. Zufrieden nehme ich mir eine Weintrauben und lege meine Arm auf dem Rand neben seinem Kopf ab, um meinen Kopf drauf anzulegen.
"Weißt du schon, was du für Unterricht nehmen willst?", fragt er mich und nimmt sich ein Stück Käse.
Er dreht sich leicht zu mir, sodass wir uns anschauen können.
"Ich denke Pole Dance.", verarsche ich ihn.
Manuel verschluckt sich am Käse, nachdem er meine Worte richtig zur Kenntniss genommen hat.
"Auf gar keinen Fall.", hustet er.
"Wieso? Du hast gesagt, dass ich mir alles aussuchen kann.", frage ich empört.
"Ich korrigiere mich.", räuspert er sich und hustet anschließend noch mal.
Als er sich wieder beruhigt hat, beginne ich zu lachen.
"Das war ein Scherz. Aber deine Reaktion war's wert."
"Biest.", brummt er und kneift die Augen zusammen, bevor er eine Weintraube abreißt.
"Ich denke, dass ich Ballettunterricht nehme. Oder Hip Hop. Was denkst du?", frage ich ihn nach seiner Meinung.
"Hattest du schonmal Ballettunterricht?", stellt er mir eine Gegenfrage.
"Ja, als ich klein war. Bevor wir in die Favelas gezogen sind."
"Dann würde ich es mal mit Hip Hop probieren.", schlägt er vor.
"Oder beides. Du kannst auch beides machen. Kein Problem."
"Hm. Ich überlege es mir. Danke.", erwidere ich zufrieden und nehme mir ein Stück Käse.
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