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Kiara
Manuel legt meine Sachen ordentlich auf den kleinen Sessel in der Ecke meines Zimmers. Mir ist bereits bei ihm zu Hause aufgefallen, dass er verdammt ordentlich ist. Er wirft seine Kleidung nie auf den Boden, sondern faltet sie immer direkt.
Auch in seinem Büro sah es so aus, als würde er eigentlich gar nicht arbeiten.
Ich setze mich unter die Decke, während Manuel sich auf die Bettkante setzt. Er sitzt mir zu weit weg, aber ich traue mich nicht, ihn darauf anzusprechen.
Schweigend lege ich mich hin und richte mein Kopfkissen so aus, dass ich ihn sehen kann.
"Ist dir nicht kalt?", stelle ich ihm eine andere Frage.
Immerhin sitzt er nur ins Anzughose auf meinem Bett und warm ist es hier drin nun wirklich nicht.
"Wenn du willst, dass ich mich neben dich lege, dann frag mich einfach.", erwidert er frech.
"Ich wollte nur wissen, ob dir kalt ist.", sage ich ihm nicht die ganze Wahrheit. Natürlich hatte ich einen Hintergedanken.
Aber das will ich nicht zu geben.
"Nein. Mir ist nicht kalt.", erwidert er nüchtern.
Enttäuscht drehe ich mich um und versuche zu schlafen. Er weiß ganz genau, dass ich will, dass er sich zu mir legt.
Aber er nutzt es aus, dass ich mich nicht traue ihn direkt zu fragen.
Idiot.
"Ist dir denn kalt?", fragt er plötzlich, weshalb ich meine Augen öffne.
"Ein bisschen.", nuschel ich wahrheitsgemäß und ziehe die Decke enger um meinen Körper. Im Augenwinkel erkenne ich, wie Manuel von meiner Bettkante aufsteht und ums Bett herum geht, seine Schuhe auszieht und sich zu mir unter die Decke legt. Er schlingt seinen linken Arm fest um meinen Bauch und zieht mich kinderleicht an seine Brust.
Mein Herz rast schnell, während sein warmer Atem auf meinen Nacken prallt.
"Du solltest dir mehr anziehen, wenn dir kalt ist.", nuschelt er und schiebt sein Bein zwischen meine, um mich noch enger an ihn zu drücken.
Er wärmt mich.
Der Stoff seiner Anzughose fühlt sich auf meiner nackten Haut genauso weich an, wie er aussieht.
"Schlaf jetzt.", brummt er und drückt mir einen festen Kuss in den Nacken.
Schlafen?
Wie soll ich jetzt noch schlafen?
14:24 Uhr
Mein Kopf brummt, als ich aufwache. In der Dunkelheit taste ich nach meiner Lichterkette, um sie anzumachen.
Auch wenn das Licht schwach ist, brennt es in meinen Augen, sodass ich meine Augen zusammenkneifen muss, um überhaupt irgendetwas zu sehen.
Erschöpft lasse ich mich wieder ins Bett fallen, während die Erinnerungen wiederkommen.
Manuel liegt nicht mehr neben mir und auch seine Schuhe stehen nicht mehr neben dem Bett. Er ist gegangen, so wie er es gesagt hat.
Und auch wenn ich gestern nicht begeistert davon war, bin ich heute froh.
Nicht froh, dass er weg ist, sondern froh, dass ich wirklich in Ruhe nachdenken kann. Ich starre die Decke an, von der die Farbe langsam abblättert.
Auch wenn Manuel mir gestern den ein oder anderen Korb gegeben hat, bin ich dankbar dafür.
Er hätte das ausnutzen können.
Er hätte mich küssen können und er hätte sogar mit mir schlafen können.
Immerhin habe ich mich fast schon angeboten.
Aber anstatt seine Situation auszunutzen, hat er mich nicht angerührt. Als er mein Kleid geöffnet hat, hat er nicht mal nach den Brandwunden auf meinem Rücken gefragt.
Ich bin froh, dass er so Erwachsen gehandelt hat.
Langsam drücke ich mich vom Bett hoch und setze mich auf die Bettkante, als ich einen Teller mit Äpfeln und ein Glas Wasser auf dem Boden stehen sehe. Durstig leere ich das Wasserglas und nehme mir ein Stück Apfel, bevor ich mein Zimmer verlasse und Manuel suche.
Aus der Küche höre ich Stimmen und stelle fest, dass die anderen schon längst wach sind.
Wie lange habe ich denn geschlafen?
Kurz bleibe ich vor Manuels Büro stehen und will klopfen, als ich höre, dass er telefoniert.
"Das kann doch nicht zu viel verlangt sein, Dios!", regt er sich auf.
Zwischendurch spricht er immer wieder auf Spanisch, sodass ich kaum etwas verstehe.
"Seht zu, dass ihr das regelt. Ich habe gesagt, dass es bis morgen Mittag über die Grenze sein muss. Ihr bezahlt mir das Geld, was ich verliere, wenn es nicht klappt, Estupido!", schimpft er wütend.
"Das war keine Frage, Luiz!", wird er nach einer kurzen Pause wieder laut.
Er arbeitet also.
Ich überlege kurz, nehme aber dann doch meine Hand von der Türklinke und gehe zu den anderen in die Küche.
"Da ist ja unser Geburtstagskind!", ruft Rita laut und steht von ihrem Stuhl auf. Mit ausgebreiteten Armen kommt sie auf mich zu und zieht mich an ihren Oberkörper.
"Endlich 18.", quietscht sie und nimmt meine Gesicht zwischen ihre Handflächen.
"Ja.", hauche ich überfordert und zwinge mir ein Lächeln auf.
"Manuel hat uns schon erzählt, dass ihr leider nicht mehr reingekommen seid. Es war aber auch voll. Nächste Woche gehen wir nochmal und dann kommst du definitiv in den Club.", schmiedet sie bereits Pläne, welchen die anderen zustimmen.
Ines zieht mir den Stuhl vor, sodass ich mich setzen kann. Dann reicht sie mir Brot und Nutella.
"Manuel war einkaufen, er hat richtig was springen lassen.", merkt sie an und deutet auf die vielen Lebensmittel.
Er war schon einkaufen?
"Aber jetzt musst du uns trotzdem erklären, wer der Typ war, der heute morgen aus deinem Zimmer geschlichen ist?", fragt Rita aufgeregt.
Plötzlich schauen mich alle an und warten auf eine Antwort.
Beschämt senke ich meinen Kopf und schneide mein Brötchen auf.
Als ich dann auch noch schwere Schritte aus dem Flur wahrnehme, wird mir das ganze noch unangenehmer.
"Manuel, Kiara hat gestern Nacht 'nen Kerl abgeschleppt, aber sie will uns nicht sagen, wer das war.", meckert Michelle zu Manuel, der hinter meinem Stuhl herläuft und seine Kaffeetasse auf die Küchentheke knallt.
Während er sich frischen Kaffee kocht, dreht er sich zu uns um.
Er trägt eine frische Anzughose und ein frisches Hemd und generell sieht er nicht so aus, als hätte er gestern das gleiche erlebt wie ich.
Seine Mundwinkel zucken kurz, als er in mein hochrotes Gesicht schaut.
"So siehst du mir gar nicht aus.", beginnt er mit verschränkten Armen.
Ich bleibe stumm.
Es war klar, dass er sich jetzt darüber amüsiert.
"Auch wenn du jetzt 18 bist, wird hier in meinem Club nicht privat mit irgendwelchen Typen gevögelt. Comprende?", hört er nicht auf mich zu ärgern und greift nach seiner vollen Kaffeetasse.
Die anderen hören unserer Konversation gespannt zu.
"Aber Manuel, es ist ihr Geburtstag.", verdreht Ines die Augen und scheint mich verteidigen zu wollen.
"Schon gut.", mische ich mich ein, weil es nicht noch unangenehmer werden soll. Es weiß ja keiner, dass Manuel der Kerl war, der aus meinem Zimmer geschlichen ist. Und das soll auch bitte so bleiben.
"Und meine Regeln gelten auch an Geburtstagen.", zuckt er mit den Schultern und setzt sich in Bewegung.
Neben mir bleibt er stehen und beugt sich zwischen Ines mich.
"Nicht, dass das jetzt zur Gewohnheit wird."
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