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Manuel
04:41 Uhr

Wir liegen im Sand, Kiaras Kopf liegt auf meiner Brust. Immer wieder führe ich meine Finger durch ihre weichen Haare. Der Himmel färbt sich langsam orange und eigentlich wird es Zeit nach Hause zu fahren.

Aber ich will nicht aufstehen.

Ich will das hier nicht beenden. Es soll nicht aufhören. Gerade ist alles wieder gut und ich will das nicht unterbrechen.
Ich muss ihr noch sagen, dass ich ihr Handy habe.

Und ich will den Zeitpunkt nicht wieder verpassen.

Diesmal soll sie es nicht selber herausfinden.

Sie zuckt zusammen, als ein Schwarm Möwen über uns drüber fliegt.
"Alles gut, es ist alles gut.", versichere ich ihr.

Trotzdem drückt sie sich verschlafen von meiner Brust hoch. Ich setze mich auf und streiche ihre Haare glatt.
"Wollen wir zurück in den Club? Dann kannst du schlafen.", biete ich ihr an.

Sie nickt.
"Ja, ich sollte wirklich schlafen.", stimmt sie mir zu.

"Dann komm.", fordere ich sie auf und suche gleichzeitig den Müll zusammen, um ihn auf dem Parkplatz in einen Mülleimer zu werden.

"Ich sollte mich bei Silvia entschuldigen.", wechselt sie das Thema und lenkt meine Aufmerksamkeit auf meine Hand, weil ihre Finger für einen kurzen Augenblick eine berühren.

"Nein, du musst dich für nichts entschuldigen.", widerspreche ich ihr und schaue mich kurz um, um sicher zu gehen, dass wir alleine sind.

"Ich habe sie angeschrien."

"Ich weiß. Und trotzdem musst du dich nicht entschuldigen. Wenn, dann muss ich mich entschuldigen, weil ich sie da mit reingezogen habe. Nicht du.", stelle ich klar und öffne ihr die Autotür.

"Aber-"

"Setz dich da rein jetzt.", unterbreche ich sie lachend.
"Wenn ich sage, dass du dir über sowas keine Gedanken machen brauchst, dann kannst du mir glauben.", erkläre ich ihr abschließend und schlage die Autotür zu, um den Müll wegzubringen.

Bevor ich mich wieder zu ihr in den Wagen setze, zünde ich mir noch eine Zigarette an und lehne mich an die Motorhaube. Gedankenverloren, aber zufrieden, schaue ich über das endlos erscheinende Meer. Am Horizont geht die Sonne auf und es scheint seit langem mal wieder ein schöner Tag zu werden.

Die Regenwolken scheinen die Stadt hinter sich gelassen zu haben und die Wärme des Sommers kommt.
Der Wind ist bei weitem nicht mehr so kalt wie vor einigen Wochen noch und auch die Luftfeuchtigkeit hat abgenommen.

Der giftige Rauch meiner Zigarette kratzt in meinem trockenen Hals, während ich die Asche abklopfe. Die Glut verdampft in der Luft, noch bevor sie auf den Boden trifft.

Ich schmeiße die Zigarette auf den Boden und trete sie auf, bevor ich den Sand von meiner Anzughose klopfe.
Dann steige ich in den Wagen zu meiner Kleinen.

"Also ab ins Bett?", frage ich noch einmal absichtlich nach, falls sie ihre Meinung geändert hat.

Sie will mir antworten, muss aber gleichzeitig gähnen.

"Ab ins Bett.", stelle ich fest und starte schmunzelnd den Wagen.
"Nicht, dass du noch im Auto einschläfst und ich dich wecken muss."

"Dafür fährst du aber ganz schön langsam.", ärgert sie mich frech und schließt grinsend die Augen.

"Nicht so frech, Madame.", warne ich sie schmunzelnd und drücke absichtlich fester aufs Gas, sodass der A6 einen Satz nach vorne macht und Kiara in den Sitz gedrückt wird.

"Manuel!", beschwert sie sich laut und klammert sich am Ledersitz fest.

Ich erwidere nichts außer ein herzhaftes Lachen. In den letzten vier Stunden, habe ich öfter gelacht als in meinem ganzen Leben.
Sie ist besonders, das hat mir ihre Reaktion heute gezeigt.

Es wird ein hartes Stück Arbeit, ihr Vertrauen zurückzugewinnen, aber ich wäre nicht Manuel Jimenez, wenn ich es nicht wenigstens versuche würde.
Kampflos gebe ich sie nicht auf.

"Möchtest du heute an deinem Geburtstag noch etwas besonderes machen?", frage ich sie, während ich über die Autobahn heize.

"Schlafen. Und Baden. Ich möchte nochmal baden.", schwärmt sie von meiner Badewanne und dem warmen Wasser.

"Im Club gibt es keine Badewanne.", zerstöre ich mit schlechtem Gewissen ihren Wunsch.

"Ich weiß.", erwidert sie forsch und öffnet die Augen, um mich zu beobachten.

Oh.
Ohhh.

"Verstehe.", erwidere ich ertappt.
Sie will bei mir baden.

Das heißt sie zieht in Erwägung, zu mir zu kommen.

Sie schließt also nicht aus, wieder zu mir zu kommen.

"Ich denke, dass lässt sich einrichten.", füge ich hinzu. Als hätte sie nur auf diesen Satz gewartet, wendet sie ihren Blick ab und schließt die Augen.
Wie in blöder muss ich mir ein Grinsen verkneifen, dass einfach nicht von meinem Gesicht verschwinden will.

Mit geschlossenen Augen lacht sie leise, vermutlich weil sie merkt, wie perplex mich ihre Aussage gemacht hat.
"Hör auf so zu Grinsen!", macht sie sich über mich lustig.

"Dann hör auf mich auszulachen!", verteidige ich mich lachend.

Wir benehmen uns gerade wie zwei Kleine Kinder, aber das ist mir egal. Zum ersten Mal seit über einer Woche reden wir wieder miteinander und lachen sogar zusammen.

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