- 49 -

Manuel

"Danke."
Bevor ich auflegen kann, unterbricht mich meine Tante.

"Manuel."

"Ja?"

"Miguel sagt, dass du gut auf Kiara aufpassen sollst. Und wenn du es nicht ernst mit ihr meinst, dann sollte sie lieber zu Hause bleiben.", zitiert sie anscheinend meinen Onkel.

"Du kannst ihm sagen, dass ich mir dem Risiko bewusst bin, aber ich meine es ernst. Und wie ernst ich es meine, Amara.", beteuere ich und reibe mir mit Daumen und Zeigefinger über die Augen und den Nasenrücken.

"Glaube ich dir, Kleiner. Ich glaube es dir. Seid einfach vorsichtig.", rät sie mir zum Abschluss und legt dann auf.
Nachdenklich lege ich mein Handy auf den Waschtisch und schaue mich im Spiegel an. Ich weiß, dass ich ihr komplettes Leben zerstören kann, deshalb muss ich ihr spätestens vor unserer Fahrt nach Culiacan die Wahrheit erzählen.
Angespannt ziehe ich meine Jogginghose über, bevor ich das Bad verlasse. Kiara sitzt auf dem Bett und betrachtet ihre baumelnden Füße.

Ich schaue auf ihren Rücken, der leicht gebeugt ist, weil sie mich nicht anschaut. Sie beachtet mich nicht.
"Was hast du alles gehört?", frage ich ruhig und gehe um mein Bett herum, um mich neben sie zu setzen.

"Alles.", flüstert sie.
"Was ist es, was ihr mir verheimlicht?"

"Mein Job ist gefährlich. Ich habe viele Feinde, meine ganze Familie hat viele Feinde. Meine Familie und ich- Wir wollen nicht, dass du dort mit reingezogen wirst. Deshalb soll ich dich nicht mitbringen, wenn ich es nicht ernst meine.", beginne ich.

"Aber du hast gesagt, dass du es ernst meinst.", merkt sie an.

"Tue ich. Das verspreche ich dir. Deshalb tue ich auch alles dafür, damit du sicher bist. Du musst mir nur vertrauen, bitte.", verlange ich von ihr und schaue auf das Holzparkett vor uns.

"Ich vertraue dir, aber es ist schwer, wenn mir jeder etwas verheimlicht.", murmelt sie.

"Ich will dir nichts verheimlichen, aber manchmal kann ich dir nicht einfach etwas erzählen. Wenn du das nicht kannst- Wenn dir das zu viel ist, dann verstehe ich das. Die Entscheidung liegt bei dir.", zeige ich ihr auf, dass alleine sie die Entscheidung über uns trifft.

Ich bin nicht in der Position, ihr diese Entscheidung zu nehmen. Schließlich geht es hier um ihr Leben.

"Was wäre das schlimmste, was passieren kann?", erkundigt sie sich leise und schaut endlich zu mir herüber.
Ihre Augen sind rot und feucht.

"Du könntest sterben.", verheimliche ich ihr diesmal nichts.
Sie hat ein Recht darauf, wenigstens das zu wissen. Den Rest werde ich ihr in einer ruhigen Minute offenbaren. Sie muss nicht jetzt auch noch erfahren, dass wir die Mafia sind.

Sie muss nicht wissen, um was es hier wirklich geht.

"Sterben? Warum? Wer sollte mir sowas antun wollen?", macht sie sich Gedanken.
Stirnrunzelnd und ein wenig überfordert schaut sie mich an.

"Nicht dir. Denen geht es nicht um dich, sondern um mich. Sie wollen mir sowas antun. Sie wissen, dass du eine Schwachstelle sein kannst und das nutzen sie aus. Wenn es nötig ist, schrecken sie vor nichts zurück.", teile ich ihr eigentlich schon viel zu viel mit.

"Wer sind die? Von wem redest du? Kennst du sie?", hakt sie verständnislos nach.
Mir war bewusst, dass sowas nicht in ihre kleine Welt passt. Sie ist zu gutgläubig, als dass sie sich vorstellen kann, dass es Menschen gibt, die anderen wirklich etwas antun wollen.

"Nein, ich kenne sie nicht persönlich. Aber ich weiß, dass sie da draußen sind und nur auf eine passende Gelegenheit warten. Und je mehr du weißt, desto gefährlicher ist es für dich."

Gekränkt senkt sie wieder ihren Kopf.

"Wie gesagt. Du triffst diese Entscheidung. Ich mische mich da nicht ein und ich bin dir auch nicht böse. Egal wie du dich entscheidest. Hierbei geht es einzig und alleine um dich.", beende ich das Gespräch.

"Nimm dir die Zeit die du brauchst.", füge ich hinzu, während ich aufstehe.

"Ich muss jetzt noch etwas arbeiten. Du fährst gleich mit Julio und Silvia in die Stadt, dir ein paar schöne Sachen für die Trauerfeier kaufen. In Ordnung? Ich muss später nochmal was erledigen, aber ich bin zum Abendessen wieder zurück. Dann essen wir diesmal zusammen.", lasse ich sie den Plan für heute wissen.

"Okay.", nickt sie.

"Aber bevor du mein Haus verlässt, ziehst du dir was anderes an.", zwinkere ich ihr zu und zupfe am Kragen meines Hemdes, das sie trägt.
Peinlich berührt steht sie auf und läuft zu ihrer Sporttasche.

"Sag mir Bescheid, wenn ihr euch auf den Weg macht. Bis gleich.", lasse ich sie alleine, damit sie sich in Ruhe umziehen kann.
Im Vorbeigehe greife ich schnell nach meinem Pullover und ziehe ihn mir über, während ich durch den Flur laufe.
Ich habe einiges zu erledigen, bevor ich heute Nachmittag zu diesem Bastard fahre, der Kiara angepackt hat. Er kann froh sein, wenn ich ihm nur die Eier abschneide.

Mal sehen, wie ich später drauf bin.

Soll er ruhig schonmal beten, dass meine Kleine mir gute Laune beschert.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top