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Kiara
Ohne ein Wort zu sagen und ohne das Gesicht zu verziehen, greift er nach seiner Waffe und hebt sie an.
"17.", quieke ich.
"Ich bin 17.", wiederhole ich mich weinend und sehe im Augenwinkel, wie er seine Waffe wieder hinter sich verschwinden lässt.
"Tut mir Leid, aber ich ficke keine Kinder.", spricht er nüchtern und lockert seinen festen Griff um meine Handgelenke. Erleichtert reibe ich über seine roten Fingerabdrücke an meinen Handgelenken und versuche meine Schluchzer zu unterdrücken.
"Ich bin kein Kind.", verteidige ich mich, während ich mich versuche vom Boden hochzudrücken. Meine Muskeln zittern so sehr, dass ich kaum das Gleichgewicht halten kann. Erst recht nicht in den hohen Schuhen.
Er lacht kurz aber laut, dann steht er vom Sofa auf und schließt währenddessen seine Anzughose.
"Du bist minderjährig, das ist ausschlaggebend."
"Ich-"
"Tevez!", ruft er plötzlich meinen Chef zu uns ins Zimmer, weil er ihn gerade in seinem Büro gesehen hat.
"Manuel, hier bist du. Ich habe dich schon gesucht.", begrüßt mein Chef meine Bekanntschaft überschwinglich. Perplex schaue ich zwischen den beiden Männern hin und her.
Manuel?
Der Kerl heißt Manuel?
Und warum kennt Tevez Manuel? Und warum kennt Manuel Tevez?
"Tevez, was habe ich dir gesagt?", beginnt Manuel und verschränkt seine Arme vor der Brust. Noch immer versuche ich meinen Atem zu kontrollieren, was mir in dieser Situation schier unmöglich scheint.
Ich will bei diesem Treffen und bei diesem Gespräch nicht dabei sein, immerhin hat Manuel eine Waffe dabei.
"Was meinst du?"
Tevez gute Laune verschwindet langsam und er schafft es nicht mehr seine Unsicherheit zu verbergen.
"Keine Minderjährigen.", zischt Manuel.
Das ist mein Stichwort.
Schnell drehe ich mich um und setze den ersten Laufschritt in Richtung Tür, da umgreift eine große Hand mein Handgelenk und zieht mich so fest zurück, dass meine Schulter knackt.
"Hier geblieben!", knurrt Manuel und hält mich fest.
"Ich habe dir gesagt, dass du in meinem Club keine Minderjährigen einstellst!", wiederholt sich Manuel laut, sodass Tevez automatisch einen Schritt zurückweicht.
"Manuel, bitte-"
"Halt dein Maul, Tevez! Du hältst dich nicht an meine Regeln und hintergehst mich!", brüllt Manuel und lässt mein Handgelenk los, um wild zu gestikulieren.
"Verdammt Tevez, sie ist minderjährig! Weißt du, in was für Schwierigkeiten du mich bringst?", kann er sich nicht beruhigen.
Das ist alles wie in einem schlechten Film.
Noch immer zitternd wische ich mir meine Tränen aus dem Gesicht.
"Es tut mir Leid, Tevez.", flüstere ich.
"Sei ruhig!", herrscht mich Manuel an und fährt sich über das Gesicht.
"Verschwindet, alle beide!"
"Ihr seid gefeuert!", fügt er an und dreht sich von uns weg.
"Nein!", rufe ich.
"Nein, bitte. Ich brauche den Job!"
Unglaubwürdig dreht er sich wieder zu mir um.
"Wie bitte? Du 'brauchst den Job'?"
"Ich muss meine Familie ernähren, bitte. Ich brauche das Geld!", versuche ich ihn umzustimmen.
"Mit Sex? Als 17-Jährige? Such dir einen Job beim Bäcker, aber nicht in einem meiner Bordelle!", knurrt er noch immer wütend und kommt auf mich zu.
"Aber da kriege ich doch nicht so viel wie hier.", erkläre ich ihm erschöpft.
Er darf mich nicht feuern. Ich brauche das Geld.
"Das hier ist nicht mein Problem. Also sieh zu, dass du deine Sachen packst und hier verschwindest.", zischt er und schiebt mich zur Tür.
"Ich kann nirgendwo hin. Ich habe nichts. Ich habe nur das hier.", weine ich und schlage seine Hände von meinem Rücken.
"Ich betreibe ein Bordell, kein Waisenhaus. Hau ab.", brummt er und knallt mir die Tür vor der Nase zu.
Das darf nicht wahr sein. Das darf einfach nicht sein. Warum bin ich nicht einfach hinter der Theke geblieben? Warum musste ich unbedingt mit ihm mitgehen? Warum bin ich auf seine Flirts eingegangen?
Verheult laufe ich zur Bar und mache mir drei Vodka Shots fertig.
Alkohol ist das, was ich jetzt brauche. Dann wird mir warm und dann werde ich draußen nicht frieren. Dann ist es mir vielleicht egal, wenn ich vergewaltigt werde, denn dann kriege ich es vielleicht gar nicht richtig mit.
"Alles gut?", spricht mich Rita an.
Sie ist eine Kollegin, mit der ich eigentlich weniger Kontakt habe, doch sie kümmert sich immer.
"Ja.", nicke ich schnell und kippe mir den ersten Shot in den Rachen. Die brennende Flüssigkeit erhitzt meine Kehle und kurz muss ich meine Augen schließen, weil mir schwindelig wird. Ich will nicht wissen, wie hoch mein Blutdruck gerade sein muss.
Ohne zu zögern greife ich nach dem nächsten Shot und hebe es an, als mich eine Hand aufhält, die sich um das Shotglas schließt und es mit einem lauten Knall auf die Theke knallt.
"Ich glaube nicht, dass du dir mit 17 den Hochprozentigen reinknallen solltest."
Mnauels Stimme ist direkt an meinem Ohr. Ich spüre seinen Körper an meinem Rücken, so nah ist er mir. Sein Atem prallt gegen meinen Hinterkopf, während ich wie versteinert vor ihm stehe.
"Wie gesagt. Sachen packen und raus aus meinem Club.", droht er mir noch einmal abschließend und entfernt sich dann von mir. Anstatt ganz zu verschwinden, nimmt er mir den Vodka Shot aus der Hand und trinkt ihn selber.
"Wenigstens der Gute.", merkt er an und knallt das Glas laut auf den Tresen zwischen meine Hände, mit denen ich mich krampfhaft an der Theke festhalte. Dann verschwindet er und mit ihm die Wärme, die er ausstrahlt.
Ein Schauer rennt über meinen Rücken, den ich versuche abzuschütteln, bevor ich den letzten Shot trinke und in mein Zimmer laufe. Er wird es nicht merken, wenn ich noch eine Nacht länger bleibe, oder?
Wenn er doch so auf den Jugendschutz achtet, dann wird er eine Minderjährige doch nicht Nachts auf die Straßen von Sao Paulo setzen, oder?
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