- 34 -
Kiara
"Interessiert dich nicht, was mit meinen Eltern passiert ist?", fragt er mich und reicht mir das Croissant, nachdem seine Familie das Haus verlassen hat.
"Du wirst es mir sagen, wenn du den Zeitpunkt für richtig hältst, oder?", zucke ich mit den Schultern und nehme ihm die Marmelade ab, die er mir ebenfalls hinhält.
Dann setzt er sich mir gegenüber auf den Platz, auf dem seine Cousine zuvor gesessen hat. Er scheint einen Augenblick irritiert von meiner Aussage zu sein, aber überspielt seine Unsicherheit schnell.
"Du musst gleich wieder meine Jacke und eine Cap aufsetzen, sicher ist sicher.", wechselt er das Thema.
"Warum darf mich keiner sehen? Hast du als Unternehmer so viele Feinde?", witzel ich und schaue zu, wie er mir meinen Teller wegnimmt, um das Croissant für mich zu bestreichen.
"Ich will nichts riskieren, mehr nicht.", erklärt er mir nüchtern und schiebt mir das fertige Croissant rüber.
"Danke."
Lächelnd schaue ich zu ihm herüber, während er sich nur ein Lächeln aufzwingt.
"Ich denke, dass ich in den nächsten Tagen wieder in den Club gehe. Ich muss ja auch arbeiten. Und mein Vater wird sicherlich kein zweites Mal kommen. Sonst kannst du ja auch den Hintereingang abschließen.", schlage ich ihm vor, während ich vom Croissant abbeiße.
"Erst Schlucken, dann sprechen, Kleines.", drückt er mir einen fiesen Spruch.
Ich schlucke das große Stück herunter, woraufhin er lachend sein Gesicht in seinen Händen vergräbt.
"Und Kauen, natürlich.", fügt er hinzu.
"Also?", übergehe ich seinen Spruch und warte grinsend auf eine Antwort.
"Ich werde es mir überlegen. Ich muss in den kommenden Tagen sowieso hin und du musst ja auch arbeiten. Wenn ich dort schlafe, kannst du ja auch einfach da bleiben.", schlägt er vor und gießt mir etwas Orangensaft ein.
"Dann darfst du aber in meinem Bett schlafen und ich nehme die Couch.", teile ich ihm mit.
"Wie komme ich zu der Ehre?", fragt er belustigt und trinkt einen Schluck aus meinem Glas. Ich beobachte ihn, weil er lässig in dem Stuhl hängt. Das Hemd ist leicht aufgeknöpft und sitzt locker an seinem Oberkörper. Auch heute kann ich die silberne Kette sehen, die um seinen Hals hängt.
"Du hast mir hier dein Bett überlassen, also überlasse ich dir bei mir mein Bett.", erkläre ich und nehme ihm mein Glas aus der Hand, um ebenfalls etwas zu trinken.
"Jetzt gehört dir also schon mein Club? Was habe ich denn alles verpasst?", spottet er und richtet sich auf.
Schmunzelnd schaut er mich an und scannt mein Gesicht förmlich ab.
"So war das-"
"Dann kannst du dich ja ab jetzt um die Finanzen kümmern und ich putze die Bar."
"Das will ich sehen.", rufe ich laut und verkneife mir ein Lachen.
"Lieber nicht.", winkt er ab und holt sein Handy aus der Hosentasche.
"Ich kann meins gar nicht finden, ich glaube, ich habe es ihm Club vergessen.", merke ich an, während er auf seinem Handy herumtippt.
"Ich hatte dich extra noch gefragt, ob du alles hast.", lacht er leise und führt sein Handy zu seinem Ohr.
"Iss auf, ich muss noch eben telefonieren, dann fahren wir rüber."
Zufrieden schaue ich ihm nach, bis er auf der Terrasse verschwindet und ich ihn hinter den grünen Büschen nicht mehr sehen kann.
Erst sagt er mir, dass ich mich nicht an ihn ran machen soll und dann küsst er mich. Was also ist das jetzt zwischen uns?
Hat er seine Prinzipien jetzt über den Haufen geworfen oder war das gestern Abend nur ein schwacher Moment von ihm?
Seufzend greife ich nach dem Glas und trinke es leer, während ich mir überlege, es einfach drauf ankommen zu lassen.
Er ist derjenige, der mir eigentlich erst eine Abfuhr gegeben hat, also muss er das zwischen uns auch klar stellen. Wenn er will, dass nochmal etwas zwischen uns läuft, dann soll er seine Worte zurücknehmen oder mit klar sagen, was das zwischen uns ist.
Und wenn er meint, mich bis zu meinem 18 Geburtstag nicht anzurühren, dann ist das eben so. Ist ja immerhin nicht mein Problem, ich kann mich kontrollieren.
Mit einem guten Gefühl, bringe ich mein Geschirr in die Küche.
"Können wir los?", ruft Manuel aus dem Wohnzimmer, bevor er die Terrassentür schließt.
"Ich muss nur noch Schuhe anziehen.", rufe ich zurück und laufe direkt in den Flur. Auf meinen weißen Schuhen ist kein Blut mehr zu sehen und ich frage mich, wie er die rote Flüssigkeit aus den feinen Nähten bekommen hat.
Während ich meine Schuhe zubinde, kramt Manuel in einer der Kommoden im Flur herum.
Letztendlich reicht er mich eine schwarze Cap und sein schwarzes Jackett.
"Hier, überziehen. Bitte."
Unbedarft ziehe ich die Cap auf und lege sein Jackett über meine Schultern.
Seufzend sieht er mich an, dann nimmt er mir das Jackett und die Cap wieder ab. Beides legt er auf den Boden, bevor er meine Hand nimmt und mein Haargummi von meinem Handgelenk zieht.
Sanft dreht er mich um und beginnt kurz darauf meine Haare zu flechten, bevor er die Cap nimmt und meinen geflochtenen Zopf darunter steckt. Dann legt er mir das Jackett in den Nacken und zieht die Cap noch weiter in mein Gesicht.
"Komm.", bittet er mich und öffnet mir die große Haustür.
Draußen ist es nicht mehr ganz so kalt wie gestern, doch trotzdem friere ich ein wenig. Manuel schließt das Auto auf, während er die Haustür hinter sich zu zieht. Auch wenn ich einen Vorsprung habe, hat er mich schnell eingeholt, weshalb er mir die Beifahrertür öffnet.
Seelenruhig wartet er bis ich eingestiegen bin und richtet mir sein Jackett, dann schließt er die Tür leise und läuft ums Auto herum, um sich neben mich zu setzen.
"Du musst mein Jackett vor deinem Gesicht lassen. Es ist zu gefährlich, wenn du weißt, wo ich wohne."
"Aber als wir hier hin gefahren sind, da-"
"Da war es dunkel, Kleines. Bitte. Ich will dich nicht immer erinnern müssen, glaub mir. Aber es ist für deine Sicherheit.", unterbricht er mich und startet den Wagen.
Mürrisch, gekränkt und irritiert zu gleich lege ich sein Jackett über mein Gesicht.
Ich zucke zusammen, als ich überraschenderweise seine Finger knapp über meinem Knie spüre.
"Tut mir Leid."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top