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Kiara

Erneut hauche ich ihm einen Kuss auf sein Gesicht, diesmal unmittelbar neben seinem Mundwinkel.
Seine Hände liegen noch immer in seinen Hosentaschen, doch ich bemerke, wie er sie anspannt.

"Pequenina.", flüstert er heiser.

Gerade als ich einen zweiten Kuss auf seinen Mundwinkel hauchen will, stoppt er mich abrupt. Er hat seine rechte Hand um meinen Hals gelegt, sein Daumen ruht auf meiner Unterlippe, während er immer wieder sanft drüber streicht.
Seine strahlenden Augen fokussieren meine Lippe und ich könnte schwören, dass er sich kurz zu mir herunterbeugt.

Ich will die kleine Lücke zwischen uns überbrücken, doch er hält mich auf.
"Wann wirst du nochmal 18?"

Seine raue Stimme dringt durch bis in mein Mark und am liebsten würde ich ihn anlügen.
Doch was bringt es mir? Er weiß, wann ich Geburtstag habe, es würde mir nichts bringen.

"In 17 Tagen.", flüstere ich mindestens genauso heiser zurück.

"Dann sei doch so lieb und mach mir diese Zeit so erträglich wie möglich, Pequenina."

"Warum sollte ich?", frage ich unschuldig.

"Das will ich jetzt nicht weiter ausführen, du bist immerhin minderjährig."

"Das sind also deine dreckigen Gedanken, die du vorhin im Auto geleugnet hast."

"Haben dir die anderen eigentlich nicht beigebracht, dass man seinen Chef nicht anpackt?", wechselt er das Thema, denkt aber nicht daran Abstand zwischen uns zu bringen.

"Im Moment bist es eher du, der seine Angestellten anpackt. Nicht anders herum."

Schnell schaut er zwischen uns und erkennt recht schnell, dass ich meine Hände tatsächlich bei mir habe.
"Biest.", haucht er tonlos und lässt meinen Hals los, bevor er einen Schritt zurück geht.

"Wie bitte?", frage ich empört, kann mir aber ein Grinsen nicht verkneifen. Jetzt weiß ich, dass er mich mindestens genauso anziehend findet, wie ich ihn.

"Du bist nicht so unschuldig, wie man denken mag.", schüttelt er leicht den Kopf.

"Das hat doch auch niemand behauptet.", runzle ich die Stirn und öffne die Badezimmertür.

"Wo willst du hin?", unterbricht er mich und legt seine Hand um meinen Bauch, um mich zurück zu schieben. Er knallt die Tür zu und stellt sich direkt davor, sodass ich nicht mehr an ihm vorbei komme.

"Ich- raus. Also- Ich dachte- dass-"

"Was dachtest du? Dass du mich heiß machen und dann einfach verschwinden kannst?", fragt er mich belustigt und grinst mich irritiert an.

"Nein? Ich wollte dich nicht- also- nein, dass- ich wollte nur-"

"Sag schon, was wolltest du?", stichelt er weiter.

"Nur danke sagen.", beende ich meine Stammelei.

"Danke sagen? Bedanken tut man sich anders. Zumindest in den Kreisen, in denen ich verkehre.", spricht er nachdenklich.

"Wie denn?", frage ich genervt, weil ich jetzt wieder einen blöden Spruch erwarte.
Doch anstatt noch etwas zu erwidern, führt er seine Hände an seinen Hosenbund und öffnet den ersten Knopf.
Mit großen Augen schaue ich auf sein breites Lächeln.

"Komm, verschwinde endlich. Aber glaub nicht, dass ich das auf mir sitzen lassen.", lacht er und schiebt mich an der Schulter aus dem Badezimmer. Stumm folgt er mir ins Wohnzimmer und greift nach der Fernbedienung, um mir ein anscheinend den Film anzumachen, von dem er gesprochen hatte.

"Ich muss noch kurz was erledigen. Ich komme gleich wieder, schau du solange den Film.", teilt er mir mit und reicht mir die Fernbedienung, ehe er sich umdreht und das Wohnzimmer verlässt.
Erst jetzt merke ich, dass mein Herz noch immer rast.

Er kann mir nichts mehr vormachen, aber das tut er auch gar nicht. Er zeigt mir sehr wohl, dass er mich mindestens genauso anziehend findet, wie ich ihn. Aber trotzdem hat er sich verdammt gut im Griff.
Er erlaubt sich keinen Ausrutscher. Er zwingt sich so sehr mich nicht zu berühren, dass es mir fast wehtut.
Jede Berührung, die er vermeiden kann, vermeidet er. Jeder Berührung geht er aus dem Weg, wenn sie nicht sein muss.

Während ich versuche ihn in jeder freien Sekunde zu berühren, geht er meinen Berührungen absichtlich aus dem Weg.
Während der Film läuft, schaue ich immer wieder am Fernseher vorbei nach draußen.

Ich versuche zu verstehen, was er sagt, während er telefoniert, doch er ist zu weit weg. Hin und wieder spricht er spanisch, dann zwischendurch portugiesisch. Doch sein Dialekt ist so stark, dass ich fast nichts entziffern kann.
Mir ist aufgefallen, dass er immer viel beschäftigt ist. Aber trotzdem nimmt er sich immer Zeit. Noch kein einziges Mal hat er mich abgewiesen.

Vielleicht macht ihn gerade das so attraktiv und anziehend.

"Und? Wie ist der Film?"

"Hm? Bitte?", erschrecke ich mich und drehe mich blitzschnell um, weil Manuel sich hinters Sofa gestellt hat und sich auf der Lehne abstützt.

Grinsend schaut er mir ins Gesicht.
"Du schaust ja gar nicht."

"Doch, ich habe nur gerade nachgedacht.", rechtfertige ich mich nicht ganz wahrheitsgemäß.

"Du solltest nicht so viel nachdenken, dass tut dir nicht gut.", murmelt ernst und beugt sich noch ein Stück weiter zu mir herunter.
"Und schlafen gehen solltest du auch langsam. Es ist schon spät."

"Es ist erst 21 Uhr.", runzle ich die Stirn und deute auf die Standuhr links von ihm an der Wand.

"Sag ich ja. Spät.", nickt er grinsend, bevor er sich von der Sofalehne abdrückt, um um das Sofa herumzugehen und sich mit einem gesunden Abstand neben mich zu setzen.

"Hör zu.", beginnt er seufzend.
"Du hast viel miterlebt. Ich denke, dass es gut ist, wenn du jetzt erstmal zur Ruhe kommst. Und dann können wir alles weitere besprechen."

"Was ist denn alles weitere?", frage ich leise und richte mich etwas weiter auf.

"Deine Zukunft. Ich will nicht, dass du weiterhin in meinen Clubs arbeitest.", schüttelt er den Kopf.

"Das kann dir doch egal sein. Wenn ich das will? Sei doch froh.", verstehe ich seine Aussage nicht ganz.
Er ist definitiv kein Geschäftsmann.

"Es ist mir aber nicht egal. Außerdem suche ich mir meine Angestellten aus und nicht anders herum. Wenn ich dir keinen Vertrag geben will, dann tue ich das nicht und da hat keiner etwas mitzureden.", würgt er mich ab.

"Wenn du meinst.", brumme ich.

"Und noch was.", hält er mich auf, als ich mich vom Sofa hochdrücke.
"Das was da gerade im Bad passiert ist..."

Auch wenn ich nicht wirklich weiß, was er sagen will, werde ich nervös.

"Das passiert nicht noch einmal. Hör bitte auf, dich an mich ranzumachen."
Er schaut auf seine verschränkten Finger, während er die Worte fast flüstert.

"Keine Sorge.", murmel ich ein Stückweit verletzt und stehe endgültig auf.
"Wo ist mein Zimmer?"

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