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Manuel
16:03 Uhr

Ich werfe meine Zigarette auf den Boden, trete sie aus und gehe zurück in den Club. In knapp sechs Stunden öffnen wir und bis dahin muss meine Arbeit erledigt sein.

"Rita!", rufe ich dem rothaarigen Lockenkopf zu, der gerade die Bühne vorbereitet.

Ihre Haare hängen noch nass von ihrem Kopf.

"Hm?", ruft sie zurück und lässt den Besen stehen.

"Hatte ich mich nicht klar ausgedrückt, als ich gesagt habe, dass sie Minderjährig ist und auf keinen Fall diese dreckige Stange anpackt?", frage ich laut und deutlich nach.

"Ich habe doch nur mit ihr geübt. Außerdem macht ihr das Tanzen Spaß.", rechtfertigt sie sich und scheint meinen Standpunkt nicht zu verstehen.

"Und von welchem Tanzen sprechen wir? Ich glaube kaum, dass eine 17 Jährige schon mal halbnackt an einer Stange im Bordell gestrippt hat, oder weißt du etwas, was ich nicht weiß?", hake ich nach.

"Keine Stimme mehr?", füge ich an, weil sie stumm bleibt und mich nur mit einem beleidigten Gesichtsausdruck ansieht.

"Ist in Ordnung, ich werde in Zukunft drauf achten.", gibt sie nach.

"Danke.", nicke ich und lächle falsch, weil sie mir genauso blöd kommt. Wenn ich etwas sage, dann muss darüber nicht diskutiert werden. Immerhin bin ich hier der Chef und ich sage, was zu tun und zu lassen ist.
Und wenn ich nun mal nicht möchte, das Minderjährige auf dieser Bühne stehen, dann ist das so.
Rita schaut mich noch einen Augenblick an, dann dreht sie sich von mir weg und fegt die Bühne weiter.
Während ich auf mein Handy schaue und einige Mails durchlese, gehe ich zurück in mein Büro, um die restliche Arbeit zu erledigen. Automatisch versuche ich einen Blick in Kiara's Zimmer zu erhaschen, doch die Tür ist geschlossen.

Einen Augenblick überlege ich, ob ich nach ihr schauen soll, entscheide mich dann aber dagegen. Ich habe besseres zu tun, als mich um sie zu kümmern.

Ich drücke die Klinke zu meinem Büro herunter, nachdem ich mein Handy in der Hosentasche verschwinden lassen habe, und blicke direkt auf Kiara's Rücken.
Konzentriert sitzt sie am Boden und sortiert fleißig meine Unterlagen.

"Im Geschäftsjahr 2022 fehlt der Monat Februar.", beginnt sie direkt, nachdem sie mich wahrgenommen hat.
Sie hat sich nicht einmal zu mir umgedreht, sondern sortiert einfach weiter.

"Du hast doch noch gar nicht alles zugeordnet.", runzle ich die Stirn, weil sie das so pauschal doch gar nicht feststellen kann.

"Es ist bereits alles nach Jahren sortiert. Nur die Monate muss ich noch in die richtige Reihenfolge bringen. Und nein, der Monat Februar im Jahr 2022 ist nicht da. Weder in diesem Stapel, noch in dem da, oder in diesem.", erklärt sie mir beiläufig, während sie einen Stapel nach dem anderen tauscht.

"Vielleicht nicht ausgedruckt.", will ich ihr nicht wirklich glauben.
Warum sollte der Monat Februar fehlen? Welchen Grund gäbe es dafür?

"Dann muss ich dir leider sagen, dass du schlampig arbeitest.", zuckt sie mit den Schultern.

Es stört mich ungemein, dass sie mich nicht einmal anschaut. Es stört mich, dass sie sich nicht einmal umgedreht hat. Sie erzählt mir diese Sachen so belanglos, als würde es sie gar nicht interessieren, dass ich hinter ihr stehe.

"Pass auf deine Worte auf, Pequenina.", murmel ich, während ich nebenbei meinen Laptop aufklappe und durch meine Unterlagen gehe.
Wenn Tevez wirklich den Februar nicht eingetragen und abgerechnet hat, dann steckt da vermutlich was viel größeres hinter, als ich bereits vermutet hatte.

"Glaubst du, dass Tevez dich verarscht hat?", fragt sie neugierig und dreht sich nun endlich um.

"Ich weiß nicht, was meinst d-"
Ich unterbreche ich mich selber, als ihre aufgeplatzte Lippe sehe.

"Was ist passiert?", will ich wissen und ziehe die Augenbrauen zusammen. Zügig stehe ich auf und gehe um den Schreibtisch herum, um mir ihr Gesicht besser anschauen zu können.

"Nichts, ich habe nicht aufgepasst und-"

"Und was?", unterbreche ich sie aufgebracht und beuge mich zu ihr herunter, um ihr Kinn zwischen meine Finger zu nehmen.
Nicht nur ihre Lippe ist aufgeplatzt, auch an ihrer Wange kann ich eine Blutkruste erkennen.

"Sag mir jetzt nicht, dass du hingefallen bist. Das zieht bei mir nicht.", schüttel ich eindringlich den Kopf und zwinge sie weiterhin mich anzusehen.

"Ich sollte ihm heute sein Geld bringen.", beginnt sie leise, während ihre Augen feucht werden.

"Wem?", hake ich nach, weil ich will, dass sie mir alles erzählt und nicht nur einen Teil. Ich will mir nicht alles denken müssen, ich will es hören.

"Meinem Papa. Er braucht das Geld und ich hatte keine Möglichkeit es ihm zu bringen. Er war hier und-"
Ihre zitternde Stimme bricht ab.

Wut macht sich in mir breit, weil sie nicht einmal hier sicher vor ihm ist. Ich kriege ein komisches Gefühl, weil ich nicht richtig aufgepasst habe. Wäre ich da gewesen, dann wäre das vielleicht nicht passiert. Wenn ich im Hinterhof geraucht hätte, dann hätte ich ihn vielleicht gesehen und er hätte seiner Tochter nichts antun können.

"Hat er dir noch woanders weh getan?", überwinde ich mich zu fragen.

Hastig schüttelt sie den Kopf.
"Nein, nein. Er hat mich nur einmal geschlagen."

Ich schnaube fassungslos.
"Nur."

"Er war betrunken und-"

"Hör endlich auf diesen Mistkerl in Schutz zu nehmen! Sie dich an, hast du dich schon mal angesehen? Guck dir deine Lippe an! Siehst du das nicht?", werde ich wütend, weil sie ihn immer wieder verteidigen will.

Sie schluchzt laut, während ihr die Tränen ungebremst über ihr hübsches Gesicht rennen.

"Entschuldige, Pequenina. Ich wollte dich nicht anschreien.", beruhige ich mich wieder und wende mich kurz ab, um mich zu sammeln.

"Setzt dich dahin, ich bin sofort wieder da.", atme ich tief aus und helfe ihr auf die Couch. Dieses Schwein traut sich sogar hier aufzutauchen und seine Tochter zu schlagen. Nicht einmal hier hat er ein wenig Anstand.
Anstatt das er dankbar ist, dass seine Tochter sich sogar prostituieren würde, damit er nicht verhungert, kommt er hier her und schlägt sie.

Ruckartig öffne ich die Tür, bevor ich gegen jemanden stoße.

"Was ein Service, ich musste ja nicht einmal klopfen.", grinst mich Celeste's Vater an.

"Was machst du hier?", frage ich entsetzt und versperre ihm die Sicht auf Kiara. Niemand soll sie so sehen, außerdem soll er sich nicht irgendwas ausmalen, warum sie bei mir im Büro sitzt.

"Willst du mich nicht vorstellen?", übergeht er meine Frage und quetscht sich durch den Türspalt. Wie konnte ich denken, dass er sie nicht gesehen hat?
Schnell folge ich ihm und schließe die Tür hinter mir, während mein Onkel zwischen mir und Kiara her schaut.

Ihre aufgeplatzte Lippe entgeht ihm nicht, doch ich bin ihm dankbar, dass er diesmal keinen Spruch bringt.

"Kiara.", beginne ich.
"Das ist mein Onkel. Miguel Jimenez."


hahahahhha hättet ihr damit gerechnet??

Wisst ihr jetzt, wer Manuel ist?? Ich weiß, dass ihr ihn alle kennt.. wenn ihr aufmerksam gelesen habt ;)

Auf einer Skala von 1-10, wie geil ist das?
Die Story von Amara und Miguel ist also noch nicht vorbei. Die Dinge, die noch unausgesprochen sind, klären sich also hier in dieser Geschichte!!

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