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Kiara
"Das hier ist das beste Restaurant in Culiacan.", mischt Manuel sich ein und schaut über meine Schulter, während ich durch die App scrolle.
"Sollen wir dann da bestellen?", frage ich ihn und drehe meinen Kopf in seine Richtung.
"Klar.", nickt er.
Er schaut mich einen Moment an, bevor ich mich wieder wegdrehe.
"Du kriegst ja gar nicht so viele Nachrichten.", stelle ich fest, weil ich mindestens schon 15 Minuten auf sein Handy schaue und noch nichts aufgeploppt ist.
"Das ist ja auch mein privates Handy.", kann er sich ein leises Lachen nicht verkneifen.
"Oh.", erwidere ich ertappt und reiche es ihm, damit er seine Paypal-Daten eingibt.
"Ich zahle bar.", erwidert er lediglich und schließt die Bestellung ab.
Natürlich tut er das.
Sonst sieht das Trinkgeld ja auch nur halb so üppig aus.
"Kommt in 45 Minuten.", teilt er mir anschließend mit und legt sein Handy auf den Nachtschrank. Ohne Vorwarnung zieht er mich auf seine Brust und malt kleine Kreise unter mein Shirt.
"Ich muss dir noch einiges zu morgen erklären.", beginnt er und jagt mir ein mulmiges Gefühl in den Bauch.
"Meine Cousins sind nett. Aber nicht einfach. Sie stellen ihr Gegenüber gerne mal auf die Probe.", fährt er fort.
"Was ich damit sagen will, ist, dass du dagegen halten sollst. Lass dich nicht ärgern."
"Was machen sie denn?"
"Nichts. Ein paar Sprüche klopfen. Aber da meine Sprüche dir nichts ausmachen, gehe ich stark davon aus, dass du dagegen halten wirst. Ich wollte dich nur vorwarnen.", klärt er mich auf.
Auch wenn seine Worte mich vermutlich beruhigen sollten, tun sie das nicht - Im Gegenteil.
"Mach dir keine Sorgen.", erklärt er das Thema für beendet und küsst meinen Haaransatz.
"Was machen wir heute Abend noch?"
"Ich weiß nicht.", murmel ich gegen seine Brust und schließe meine Augen.
"Film?"
"Ich kenne keine. Du musst aussuchen.", erwidere ich leise.
Seine Brust vibriert leise, weil er lacht.
"Wenn das das kleinste Problem ist..."
Kiara
12:03 Uhr
"Kiara. Oh Kiara, es ist so schön, dass du hier bist."
Amara kommt mit ausgebreiteten Armen durch die Haustür des großen Anwesens am Rand von Culiacan.
"Über meine Ankunft hat sie sich noch nie so gefreut.", murmelt Manuel fast ein wenig beleidigt und entlockt mir ein leichtes Kichern.
"Mensch, du siehst fantastisch aus. Deine Haare, ein Traum.", macht mir Manuels Tante ein Kompliment und zieht mich in eine enge Umarmung, die ich erwidere.
"Danke, Amara. Es ist schön, dass ich hier sein darf.", begrüße ich sie strahlend.
Auch wenn alles neu ist und ich mich nicht auskenne, fühle ich mich in ihrer Gegenwart wohl.
"Fühl dich wie zu Hause. Mein Mann sitzt noch am Schreibtisch, aber Celeste ist im Garten.", teilt sie mir mit, bevor sie sich an Manuel wendet.
"Manuel, buenas dias mein Junge.", begrüßt sie nun auch ihn und küsst seine Wange.
"Hola Amara.", erwidert er mit einem leichten Lächeln.
"Du bist angespannt. Es ist schwer, ich weiß. Aber Kiara ist da. Zieh dich nicht zurück."
Amara streicht ihm kurz übers Haar, während Manuel sich ein Lächeln aufzwingt.
"Schon gut. Es geht mir gut, Amara. Todo bien.", macht er deutlich, dass er in meiner Anwesenheit anscheinend nicht über seinen Gemütszustand reden will.
"Dein Onkel ist in seinem Büro. Du solltest zu ihm gehen. Ich zeige Amara das Haus.", bestimmt sie und hakt sich bei mir unter.
Sie trägt einen schwarzen Anzug, der ihrer zierlichen Figur ganz wunderbar steht.
"Du warst beim Friseur, oder?", frage ich sie nachdenklich und betrachte ihre hellen Haare von der Seite.
Sie sind etwas kürzer und gestuft, aber es steht ihr fantastisch.
"Ja, gestern. Wie findest du es? Ich wollte unbedingt mal was neues. Jetzt habe ich sogar einen kleinen Pony. Man nennt es wohl Curtain Bangs, oder so. Hast du davon schonmal gehört?", fragt sie mich ganz aufgeregt.
"Ja. Ja tatsächlich, ich kenne es. Es steht dir gut.", nicke ich lächelnd.
"Auch die Stufen. Es umrahmt dein Gesicht so gut."
"Danke, Liebes. Ach was bin ich froh, dass du dieses Wochenende hier bist. Auch wenn Manuel es nicht zu gibt, aber er braucht jemanden wie dich an seiner Seite. Gerade heute. Es ist so ein schwerer Tag, besonders für ihn und meinen Mann."
Ich schaue Manuel hinterher, der mit großen Schritten im Büro seines Onkels verschwindet.
"Miguel ist seit heute morgen in seinem Büro verschwunden. An solchen Tagen lässt er fast niemanden an sich heran.", seufzt sie und schiebt mich auf das helle, große Sofa.
"Das tut mir Leid. Wenn ich irgendetwas tun kann, auch für dich, dann-"
"Nein, Kleines. Das ist nicht nötig. Du bist hier zu Gast.", unterbricht sie mich liebevoll und setzt sich neben mich.
"Ich denke, es schockiert uns alle ein wenig, dass es heute schon 20 Jahre her ist. An Tagen wie diesen, kommt es einem vor, als wäre es gestern gewesen. Ich erinnere mich an jede Sekunde, als die Nachricht kam. Ich saß auf der Couch, genau hier, während Miguel mit Manuel gespielt hat. Sie sind durchs Haus gerannt, um den Tisch herum. Miguel hat Manuel fangen müssen und Miguel war natürlich um einiges schneller, als mein kleiner Junge. Aber trotzdem hat er so getan, als könnte er ihn nicht einholen. Ich war gerade mit Celeste schwanger, deshalb durfte ich nicht mitspielen. Miguel war es zu gefährlich. Er wollte nie Kinder, aber als ich ihm gesagt habe, dass ich schwanger bin und fest damit gerechnet habe, dass er mir jetzt 2 Millionen Dollar überweist, damit ich aus seinem Leben verschwinde, war er wie ausgewechselt. Er hat sich gefreut, geweint hat er. Vor Freude.", erklärt sie mir nachdenklich, während ein leichtes Lächeln ihre schönen Lippen umspielt.
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