Der magische Wäschekorb

An einem ganz normalen Donnerstag gingen die Kommissare Manfred Theissen und Helga Wittkamp einem verzweifelten Notruf nach, in dem es um eine Vermisstenmeldung ging. Ein aufgebrachter junger Mann, noch keine 30, öffnete ihnen mit hochrotem Kopf die Tür zu einer sauber und ordentlich aufgeräumten Wohnung und teilte den Beamten wild gestikulierend mit, dass seine Frau verschwunden sei und wiederholte dabei ständig den Satz: „Sie werden es mir bestimmt nicht glauben!"

„Beruhigen sie sich erst einmal", sagte Kommissarin Wittkamp mit sanfter Stimme. „Erzählen sie uns erst einmal, wann sie ihre Frau das letzte Mal gesehen haben."

„Also das war so... Gestern, als sie von der Arbeit kam, habe ich ihr noch einen Kuss gegeben und sie gefragt, ob sie uns nicht etwas Leckeres zum Abendessen kochen möchte. Daraufhin war sie sehr aufgebracht, stieß mich weg und rief: ‚Ich wünschte, du würdest auch mal die Initiative ergreifen. Weißt du, ich habe es sowas von satt. Wenn ich von der Arbeit komme, soll ich für den Herren kochen, dann sein Geschirr abspülen und einräumen, dann muss ich auch noch die Wäsche machen und das Wohnzimmer aufräumen und du alter Pascha sitzt gemütlich vorm Fernseher und tust gar nichts. Es ist immer das gleiche mit dir! Ich kann so nicht weitermachen!' Und dann kam noch jede Menge anderer kram, so blablabla ging das noch eine ganze Weile, bis es mir dann zu bunt wurde. Ich sagte nur: ‚Schatz, entspann dich. Alles was du gerade sagst, ist doch überhaupt kein Problem!"

Der junge Mann räusperte sich, denn was er jetzt den Polizisten erzählen wollte, kostete ihn offenbar reichlich Überwindung. Zu dritt standen sie kurze Zeit später im Waschkeller vor einem großen, weißen Wäschekorb.

„Ich habe meine Frau dann in den Keller geführt, genau zu diesem Korb hier, vor dem sie gerade jetzt stehen. Und dann habe ich ihr mein größtes Geheimnis offenbart. Das Geheimnis dieses Korbes. Ich sagte: ‚Schatz, du wirst es mir nicht glauben. Aber dieser Korb hier wird all unsere Probleme lösen. Stell dir vor, jedes Mal, wenn ich hier runter gehe und schmutzige Wäsche in diesen Korb lege, dann dauert es keine vierundzwanzig Stunden und all die Klamotten liegen sauber und gebügelt wieder bei mir oben im Kleiderschrank. Ich wollte es eigentlich für mich behalten, weil es ein wahres Wunder ist und ich nicht genau wusste, ob es nur bei mir funktioniert. Vielleicht hat der Korb ja nur mich allein auserwählt und bei dir klappt es nicht, weil er dich vielleicht nicht als würdig befindet, wer weiß das schon. Aber wenn du mit deiner Wäsche immer so viel Arbeit hast, dann leg sie einfach zu mir aufs Bett. Ich trage sie dann nächstes Mal zusammen mit meiner eigenen zum magischen Korb und du hast keine Arbeit mehr damit, mein Liebling!"

„Sagen sie mal, wollen sie uns vielleicht verarschen?", fragte Kommissarin Wittkamp und stemmte die Hände in die Hüfte.

„Sehen sie, genau das Gleiche hat meine Frau gestern Abend auch gesagt! Sie hat es mir nicht geglaubt. Aber kommen sie mal bitte mit, da ist noch mehr, das ich ihnen zeigen muss!"

Der junge Mann stieg eilig die Treppen wieder empor und ging zurück ins Wohnzimmer, wo er seinen Blick auf den kleinen weißen Kaffeetisch, der vor dem Sofa stand, richtete.

„Mit diesem Kaffeetisch verhält es sich nämlich ganz ähnlich. Wenn man einen Teller über Nacht dort stehen lässt, verschwindet er. Es spielt keine Rolle, ob der Teller sauber oder schmutzig ist, er verschwindet einfach über Nacht. Und nicht nur ein Teller! Wissen sie, ich habe das schon mit allem Möglichen ausprobiert. Egal was sie auf diesen Tisch liegen lassen, und sei es noch der größte Müll, es verschwindet alles! Es ist wahre Magie! Ich habe sogar schon absichtlich mal auf diesen Tisch so viel Müll gelegt, dass er richtig voll stand. Meine alten Pizzakartons, die leeren Bierflaschen, alles... Ich hab sogar die alten Thunfischdosen aus dem Müll von draußen rein geholt, so dass es richtig gestunken hat und mir selbst dabei schon ganz übel wurde, nur um den Tisch mal so richtig zu fordern – aber trotzdem, kein Problem: Der magische Tisch hat alles verschwinden lassen. Die Teller lagen am nächsten Tag hübsch aufgestapelt im Küchenschrank, die Gläser waren sauber und im Glasschrank und der ganze Müll lag in einem großen Beutel draußen in der Mülltonne, sogar fein säuberlich nach Papier, Altglas und Restmüll getrennt."

Der junge Mann seufzte tief. „Meine Frau hat mich gestern Abend nur noch aus großen Augen angesehen. Ich habe sie angelächelt und ihr gesagt, dass sie sich über nichts mehr Sorgen machen braucht. All unsere Probleme wären doch durch den magischen Wäschekorb und den magischen Kaffeetisch gelöst! Und sie müsse dann abends nach der Arbeit oder morgens früh wirklich nicht diese ganze unnötige Arbeit machen. Sie stand wie versteinert da, wahrscheinlich konnte sie unser großes Glück gar nicht fassen. Ich habe ihr noch einen Kuss auf die Wange gegeben. Und das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe."

Die Kommissare starrten den jungen Mann fassungslos an. Keiner der drei wagte, ein Wort zu sprechen, bis in den Augen des jungen Mannes plötzlich Tränen zu glitzern begannen.

„Ich habe jetzt eine ganz schreckliche Vermutung. Vielleicht ist meine Frau letzte Nacht, als ich ihr von dem Korb und dem Tisch erzählt habe ja selbst auf den Kaffeetisch gefallen. Und jetzt ist sie irgendwie auf magische Weise verschwunden, genau wie die ganzen anderen Sachen!" Der junge Mann brach in Tränen aus und Kommissar Theissen reichte ihm voller Mitgefühl ein Taschentuch. Kommissarin Wittkamp jedoch sah das Ganze mit nicht so viel Verständnis.

„Sie glauben ihre eigene dumme Geschichte wohl tatsächlich, oder? Ich fasse es nicht!", sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Kommissar Theissen drehte sich zu ihr um und setzte ein ernstes Gesicht auf. „Frau Kollegin, versuchen sie mal für alles offen zu sein, ja? Ich... Also ich glaube dem jungen Mann. Sie halten mich jetzt vielleicht für verrückt, aber genauso einen Kaffeetisch habe ich zu Hause nämlich auch!"

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