Schwarze Weihnacht
Eine Kurzgeschichte für den Schreibwettbewerb von @sweet_predator. Die Aufgabe, die ich mir ausgesucht habe, war es, typisch weihnachtliche Symbole einzubauen, ihnen aber die gegenteilige Bedeutung zuzuschreiben. Der Text hat 534 Wörter.
Weihnachten.
Das Fest der Liebe, des Zusammenseins.
Zeit für die Familie, Zeit, etwas Gute zu tun und Zeit, wieder zur Kirche zu finden.
Warum auch immer man wieder zur Kirche finden sollte.
Ich sitze in meiner viel zu kleinen Wohnung und starre auf die verdammte Kerze vor mir.
Die LED ist jetzt schon kurz davor, ihren Geist aufzugeben und flackert mal mehr, mal weniger hell. Ihr Licht ist kalt und blendend, danke Freddie, für dieses tolle Geschenk.
Ich kann ihr nichts vorwerfen, sie muss mir nichts schenken. Aber warum eine Kerze? Sie ist nicht einmal echt.
Das Radio spielt zum dritten Mal in dieser Stunde „Jingle Bells". Ich hasse den Song. Diese verdammten, nervigen Glöckchen, die sich anhören, als würde der Tod höchst persönlich nach einem rufen.
Oh what fun it is to ride in a one-horse open sleigh. Ich würde eher sagen, dass es ziemlich kalt ist.
So wie in „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel", wo die Hauptcharakterin am Ende in einem Sommerkleid durch den Schnee reitet und sich vermutlich komplett den Arsch abfriert. So aussehen, als ob sie bald krepiert, tut sie zumindest.
Ich starre aus dem Fenster. Der ach so schöne Schnee klatscht mit voller Wucht dagegen und rutscht dann langsam und schmierig Richtung Boden, wo er nach einiger Zeit als Pfütze endet.
Irgendwelche Kinder haben spontan beschlossen, sich heute draußen in der eisigen Kälte den Tod holen zu wollen, jedenfalls scheint es ihnen ein äußerst wichtiges Anliegen zu sein, sich gegenseitig das kalte Zeug, das so optimistisch „Schnee" genannt wird, in den Nacken zu reiben.
„Jingle Bells" fadet viel zu langsam aus, um dem genervten Zuhörer noch einmal die nervigen Glöckchen ins Ohr zu ballern und das nächste Lied beginnt - Oh Wunder - es ist „Oh Tannenbaum".
Die „schönen grünen Blätter" meines Tannenbaums rieseln gerade als braune Nadeln auf den Teppich. Wundervoll, dann darf ich nachher also auch noch saugen.
Vor mir liegt eine Merry Christmas Karte, bei deren Anblick mir schlecht wird. Wer auch immer diese Karte gestaltet hat, hatte sehr viel Lust, seinen Glitzer-Kink auszuleben.
Ich hab ja echt nichts gegen Glitzer, aber die Karte schreit gefühlt billiger Scheiß und ich fange ernsthaft an, unsere Gesellschaft zu hinterfragen, die den Verkauf von solchen Unfällen unterstützt.
War mir gerade schon schlecht, bin ich jetzt kurz davor auf den Teppich zu kotzen.
Unglaublich liebe Worte Mama, vielen Dank. Ich werfe die Karte neben den Mülleimer.
Wir lieben dich. Genau. Und ich bin der Weihnachtsmann. Wobei, nein, lieber nicht, die ganzen nervigen Kinder will ich nicht noch für ihre dumme Fragerei belohnen.
Lieber, lieber Weihnachtsmann, ich wünsche mir ein neues Fahrrad, kannst du mir das bringen.
Wäre es nicht viel lustiger, den Eltern etwas zu schenken? Die Leichen ihrer Kinder zum Beispiel? Potenzial für einen Horrorfilm wäre vorhanden, ich sollte Regisseurin werden. Besser als die ganzen dämlichen Weihnachtsfilme und ihre noch dämlicheren Fortsetzungen.
Ich kann Kevins Eltern schon irgendwie verstehen, dass sie keinen Bock auf ihren nervigen Sohn haben, aber das sie so doof sind und ihn nicht einmal, sondern gleich drölf Mal vergessen...
Der einzige Weihnachtsfilm, den ich halbwegs mag, ist „der Grinch" zumindest bis zu der Stelle, wo der Grinch Weihnachten plötzlich liebt.
Irgendwie kriegen diese Weihnachtsfreaks auch echt jeden.
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