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„Wer. Zum. Teufel. War. Das?", fragte sie ihn noch einmal bestimmt.

„Das war Davin Dexter. Er... wir... wir waren Freunde in der Uni, aber ich habe ihn erwischt, wie er Drogen genommen hat, und naja, er war nicht gerade der Gewaltloseste. Irgendwann habe ich das zur Polizei gebracht, weil er angefangen hat, Leute zu stalken. Er war in einer geschlossenen Anstalt und hat sich geschworen, jeden umzubringen, der mit mir zu tun hat. Ich habe den Anruf bekommen, dass er gestern entlassen wurde. Ich musste mich um ein paar Angelegenheiten wegen ihm kümmern. Ich dachte, er hätte noch nichts von unserem Spiel mitbekommen, doch er glaubt wahrscheinlich, wie jeder, dass wir zusammen sind."

Valerie starrte ihn ungläubig an. Ihr Magen zog sich zusammen, während sich die Informationen in ihrem Kopf überschlugen.

„Moment mal." Sie hob eine Hand, als müsste sie die Flut an Gedanken stoppen. „Du sagst mir also, dass dieser Kerl, der mir nachgestellt hat, ein gewalttätiger Psychopath ist, der sich geschworen hat, alle umzubringen, die mit dir zu tun haben? Und dass du wusstest, dass er wieder frei ist, aber mir nichts gesagt hast?"

Samuel fuhr sich gestresst durch die Haare. „Ich wollte dich nicht unnötig beunruhigen."

„Unnötig beunruhigen?!" Ihre Stimme überschlug sich fast. „Samuel, der Typ hat mich verfolgt! Er wusste, wer ich bin! Er wusste von uns! Was wäre passiert, wenn Simon nicht zufällig aufgetaucht wäre?"

Samuel presste die Lippen aufeinander und sah aus dem Fenster. „Simon taucht nie zufällig irgendwo auf."

„Was soll das heißen?", fragte sie misstrauisch.

Er seufzte. „Er hat mich angerufen, kurz bevor ich dich abholen wollte. Er meinte, dass jemand nach dir fragt. Ich dachte, es wäre nur jemand aus meinem Umfeld, der sich zu sehr einmischt. Aber als ich dann Davins Namen gehört habe, wusste ich, dass es ernst ist."

Valerie lehnte sich gegen den Sitz und versuchte, ihre rasenden Gedanken zu ordnen. „Also wusste Simon mehr als ich? Und du hast es ihm gesagt, aber nicht mir?"

„Er kennt die Gefahr", antwortete Samuel ernst. „Er ist darauf vorbereitet. Du nicht."

Sie lachte ungläubig. „Und du dachtest, Unwissenheit wäre die bessere Wahl? Ernsthaft, Sam? Ich hätte wenigstens gewusst, dass ich aufpassen muss! Jetzt stecke ich da genauso drin wie du."

Er sah sie an, seine grünen Augen dunkel vor Sorge. „Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert, Valerie."

Sie schnaubte. „Das hast du aber fast."

Ein paar Sekunden lang sagte niemand etwas. Dann rieb sich Valerie über die Stirn und schloss für einen Moment die Augen. „Okay", murmelte sie schließlich. „Was jetzt?"

Samuel schwieg kurz, bevor er mit fester Stimme sagte: „Jetzt sorge ich dafür, dass Davin dich in Ruhe lässt. Egal, was es kostet."

Etwas an seiner Stimme ließ sie erschaudern.

„Also tun wir weiter so, als würden wir daten?" Er nickte.

Valerie atmete tief durch und sah aus dem Fenster. Ihre Gedanken rasten. Das war alles zu viel – ein ehemaliger Freund von Samuel, der sich an ihm rächen wollte, eine Bedrohung, die ihr viel zu nahe gekommen war, und jetzt auch noch dieses falsche Dating-Spiel, das plötzlich viel gefährlicher wirkte als zuvor.

„Und was genau hast du jetzt vor?", fragte sie schließlich, ohne ihn anzusehen.

Samuel startete den Motor wieder, seine Finger fest um das Lenkrad geschlossen. „Ich werde mich um ihn kümmern."

Sie drehte den Kopf zu ihm. „Was heißt das? Was willst du tun?"

Er presste die Lippen zusammen, bevor er langsam sagte: „Ich kenne Leute, die mir helfen können, ihn im Auge zu behalten. Ich werde dafür sorgen, dass er dir nicht zu nahe kommt."

Valerie runzelte die Stirn. „Du klingst, als würdest du ihn nicht einfach der Polizei melden wollen."

Er warf ihr einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. „Die Polizei kann nichts tun, solange er nichts Illegales macht. Ich will nicht warten, bis es zu spät ist."

Eine unangenehme Stille breitete sich im Wagen aus. Valerie spürte eine Gänsehaut auf ihren Armen.

„Und ich?", fragte sie leise. „Soll ich einfach so weitermachen, als wäre nichts passiert?"

Samuel warf ihr ein schiefes Lächeln zu. „Nicht ganz. Wir werden dafür sorgen, dass du nicht allein bist. Ich werde dich abholen, zu Orten bringen, an denen du sicher bist. Und wenn jemand fragt, sind wir einfach ein glückliches Paar."

Sie rollte mit den Augen. „Klingt ja total romantisch."

„Ich bin eben ein echter Traummann."

Trotz der Anspannung musste Valerie grinsen. „Klar. Ein Traummann, der mich in eine lebensgefährliche Situation gebracht hat."

Samuel hielt an einer roten Ampel und sah sie an. Sein Blick wurde ernst. „Ich werde das wieder gutmachen, Valerie."

Sie hielt seinem Blick stand und nickte langsam. „Dann fang besser schnell damit an."

Die Ampel sprang auf Grün, und sie fuhren weiter – beide wissend, dass dies erst der Anfang war.

2 Monate später

Davin war keine so große Bedrohung, wie sie am Anfang dachte. Während der ersten Woche, in der er entlassen war, war er wieder dabei, Drogen zu nehmen, und so wurde er schnell wieder ins Gefängnis gebracht. Sie war zunehmend erleichtert, und auch Samuel entspannte sich zunehmend. Doch da waren auch diese Gedanken. Sie hatten ihren Eltern jetzt erzählt, dass sie zusammen waren. Sie fühlte sich in seiner Umgebung zunehmend wohler, und heute war wieder ein Ball, den Sams Eltern veranstalteten.

Valerie betrachtete sich im Spiegel, während sie die letzten Falten aus ihrem eleganten, dunkelblauen Kleid strich. Es war bodenlang, mit einem leichten Rückenausschnitt, der gerade genug zeigte, um stilvoll zu wirken. Ihre Haare hatte sie in weiche Wellen gelegt, und ihr Make-up war dezent, aber betonte ihre Augen.

Seit Davins erneuter Verhaftung war ihr Leben wieder ruhiger geworden, aber irgendetwas hatte sich verändert. Sie hatte sich daran gewöhnt, Zeit mit Samuel zu verbringen – mehr als das. Was als bloße Tarnung begonnen hatte, fühlte sich inzwischen zu echt an.

Ein leises Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Sie öffnete, und da stand Samuel.

Er trug einen perfekt sitzenden schwarzen Anzug mit einem dunkelblauen Einstecktuch, das farblich zu ihrem Kleid passte. Sein Haar war sorgfältig gestylt, und ein Hauch von seinem herben Duft lag in der Luft. Für einen Moment blieb er stehen und musterte sie.

„Du siehst umwerfend aus", sagte er schließlich, seine Stimme tiefer als sonst.

Valerie spürte, wie sich ihre Wangen leicht röteten. „Du siehst auch nicht schlecht aus."

Er grinste schief. „Bereit für einen weiteren Abend, an dem wir alle täuschen müssen?"

Sie lachte leise. „Du sagst das, als hätten wir das nicht schon perfektioniert."

„Stimmt." Er reichte ihr seinen Arm. „Dann lass uns unsere Show fortsetzen."

Als sie gemeinsam in sein Auto stiegen, fühlte sich Valerie seltsam sicher an seiner Seite. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass dieses Spiel, das sie spielten, irgendwann Konsequenzen haben würde.

Ob sie darauf vorbereitet war, wusste sie nicht. Aber für den Moment genoss sie es – vielleicht ein bisschen mehr, als sie sollte.

Wie er war, waren sie schnell an seinem Elternhaus angekommen. Sie hatten kein einziges mal die Geschwindigkeitsgrenze unterschritten.






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