7-Punkte-Plotmethode
Bevor wir zum Kapitel über die Kapitel einsteigen, gibt es hier einen kleinen Einschub:
Denn, um eine Geschichte sinnvoll in Kapitel unterteilen zu können, muss man erst wissen worum es im einzelnen geht.
Gerade am Anfang hat man ja oft nur eine coole Idee und vielleicht noch die Exposition, oder die Prämissen der Welt, sowie die Protagonisten im Kopf. Man setzt sich total motiviert ans Schreiben und dann plötzlich weiß man nicht mehr wie es weiter geht. Man hat immer noch das Ende vor Augen, aber wie das "Dazwischen" füllen?
Zum Glück gibt es erfahrene Leute wie
Dan Wells
der seine Methode in Vorlesungen an Colleges vorstellte. Auf YouTube gibt es auch diverse Mitschnitte, wie er seine Vorgehensweise beschreibt und begründet.
Ich möchte es im Folgenden mal für euch zusammenfassen:
Es geht darum, vor dem eigentlichen Schreibprozess folgende (Überraschung)
7 Punkte
zu überlegen.
Hook
(Ausgangsstadium)
Plot-Turn 1
(der Protagonist bekommt eine Rolle zugewiesen/verändert sich)
Pinch 1
(ein Element der Gefahr zwingt den Protagonisten zur Handlung)
Midpoint
(der Held beschließt etwas zu tun/bekommt eine Aufgabe)
Pinch 2
(Die Situation erscheint ausweglos)
Plot-Turn 2
(das Puzzlestück für die Lösung wird gefunden)
Resolution
(Erreichen des Ziels)
An sich vermutlich nichts, was man schon hier und da gehört hat. ABER, das Wichtigste dieser Methode ist
die Reihenfolge
1. Schritt:
Denn man beginnt eigentlich am Ende mit der Resolution und setzt das Ende fest.
Was soll der Charakter erreichen oder verlieren, was soll er gelernt haben, was ist die Konsequenz seines Handelns?
👉🏻 Der Sinn hinter so einem Vorgehen ist nämlich, eine Entwicklung darzustellen - vom Protagonisten, der Welt, der Story und auch für sich selbst, als Autor, ein Ziel festzulegen, wohin man hinarbeiten möchte.
Beispiel:
In Twilight beginnt die Protagonistin damit, wie oder warum sie stirbt. Das ist zum einen das Ende des ersten Buches, aber auch das Ende der gesamten Reihe. Die Autorin weiß also von Anfang an, wie diese Geschichte enden muss und deswegen baut auch alles auf diesem Thema auf.
2. Schritt:
Nachdem man sich das Ende nun klar gemacht hat, überlegt man sich, was das genaue Gegenteil davon wäre und schon hat man den Hook (Ausgangssituation) aus der alles noch erwachsen muss.
Wie ist der Charakter vor den ganzen Ereignissen, die ihn verändern? Wie ist die Welt, bevor es zu den entscheidenden Ereignissen kommt?
👉🏻 Dan Wells betont, dass hier der komplette Gegenpol geschaffen werden soll: der Charakter muss in eine so schwache Position wie nur möglich versetzt werden, damit der Kontrast zum Ende am stärksten ist. Die Welt in so miserabler Verfassung, dass es eine Änderung braucht etc.
Beispiel:
Harry Potter befindet sich am Anfang, nicht nur komplett im Gegensatz seines Endes als großer Zauberer, sondern (lt. Dan Wells selbst) in der schlechtest möglichen Position überhaupt!
3 Schritt:
Der Moment, in dem die Änderung beginnt (Midpoint), ist der drittwichtigste Punkt dieser Struktur: Der Held beschließt, so zu handeln, dass er bei der Resolution rauskommt.
Wie und warum ändert sich die Ausgangssituation?
👉🏻 Hier geht es darum, schon die Richtung anzuzeigen, wohin sich der Held oder die Geschichte hin entwickeln soll. Dabei müssen auch Risiken eingegangen werden, damit die Spannung trotzdem erhalten bleibt.
Beispiel:
In Tribute von Panem ist es der Moment, an dem Katniss beschließt zu kämpfen, gegen sich selbst, das System und die anderen Teilnehmer.
4 Schritt:
Viele, die selbst schreiben und nie einen Ratgeber gelesen haben, wissen meist instinktiv, dass es ein handlungsauslösendes Moment geben muss, damit der Held aus seiner anfänglichen (schwachen) Position, die Motivation bekommt aktiv zu werden.
Warum entscheidet sich der Protagonist all das auf sich zu nehmen?
Das ist ein wichtiger Moment, da es über Glaubhaftigkeit eures Helden oder gar eurer ganzen Geschichte entscheidet, weshalb er gut durchdacht und begründet werden sollte.
👉🏻 Komplexe Figuren haben oftmals nicht nur ein Motiv, welches ihr Handeln auslöst, wie komplexe Stories mehrere Ebenen brauchen, um den Wechsel einzuleiten.
Beispiel:
In Divergent ist es zum einen die Natur der Protagonistin, die sie zu den Ferox hingezogen fühlen lässt, andrerseits ist da auch ihr Unwille sich dem System zu beugen und ein Deut Rivalität mit ihrem Bruder, der sie letztlich zu der Entscheidung führt.
5 Schritt:
Die letzte Hürde vor dem erreichen des Ziels (Plot-Turn 2), ist etwas zu finden, dass den Ausgang in die Richtung lenkt, die ihr am Ende angestrebt habt. In der Literaturwissenschaft bezeichnet man es auch als Retardierendes Moment.
Was braucht es, um den Ausgang einzuleiten?
Hier wird das finale Puzzlestück entdeckt: Der Feind als solcher enttarnt, ein vielleicht noch schwankender Charakter trifft hier die endgültige eine Entscheidung, es wird ein magischer Gegenstand gefunden, der notwendig ist etc.
👉🏻 Dies ist eine zweite Wendung – der Protagonist findet eine überraschende Möglichkeit, doch noch etwas zu unternehmen
Beispiel:
In den Chroniken der Unterwelt wird erst ziemlich spät klar, dass der eigentliche Bösewicht eigentlich der verschollene Vater der Protagonistin ist - aber sie weiß, wem sie sich nun stellen muss.
Schritt 6+7:
Die beiden Pinches 1 und 2 (auch als Kniffe bezeichnet), sind genau das! Es sind Kniffe um die Änderungen oder Entscheidungen der vorhergehenden Plotturns und Midpoints nochmal in Frage zu stellen, aber auch, um deren Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit anzudeuten.
Was könnte schief gehen?
Eine Gefahr verdichtet sich, die Rolle des Protagonisten aus Plot-Turn 1 wird ihm aberkannt, eine Entscheidung die er getroffen hat, scheint falsch gewesen zu sein, ein Element der Gefahr zwingt den Protagonisten umzudenken, der Weg scheint eine Sackgasse zu sein etc.
👉🏻 Man merkt, das diese Elemente allesamt dem Halten des Spannungsbogens dienen, um die Geschichte nicht zu vorhersehbar zu machen.
Beispiel:
Es sind solche Sachen, wie Percy Jackson's Probleme sich in der neuen Welt der Helden zurecht zu finden (Pinch 1 - in Frage stellen, ob Entscheidung richtig war). Oder die letzten Hürden, die Frodo am Ende seiner Kräfte nehmen muss, bevor er den Ring vernichten kann (Pinch 2 - kann er es wirklich schaffen?).
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So und nun versucht es doch auf eure Geschichte oder Idee anzuwenden und die Fragen zu beantworten - es ist gar nicht so einfach, lohnt sich aber, das verspreche ich euch!
Berichtet mir in den Kommentaren über eure Erfolge oder Rückschläge!
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