14. Prolog
Braucht eine Geschichte umbedingt einen Prolog?
Die einfache Antwort lautet: Nein!
Kann eine Geschichte hingegen von einem Prolog profitieren?
Definitiv!
Und genau hierin liegt der Knackpunkt, meine Lieben!
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Beginnen wir aber mit den Grundlagen:
Was ist ein Prolog?
Meist ist der Prolog eine eigenständige kleine Geschichte mit
▪️Anfang
▪️Höhepunkt
und evtl.
▪️ Auflösung
deren erzählte Zeit vor der in eurer Geschichte liegt, aber einen direkten Bezug zu dieser hat und meist der Auslöser für die Ereignisse der Haupthandlung darstellt.
Es gibt natürlich darüberhinaus auch Prologe, die nicht diesem Schema entsprechen. Drei gängige Beispiele hierfür wären:
▪️Briefe, Dokumente, E-Mails, Testamente etc.
▪️Ein POV, die im Buch nicht mehr aufgenommen wird, meist um eine Situation/Konflikt aus einer anderen Perspektive heraus darzustellen (z.B. aus der Sicht des Antagonisten)
▪️Blick in die Zukunft, wohingegen der Rest des Buches, genau genommen, einen Rückblick darstellt.
Aber auch diese drei Beispiele haben direkt mit dem Geschehen der Haupthandlung zu tun, ohne aber deren Inhalt oder den Kern dieser zu verraten.
Brauche ich einen Prolog?
Auch wenn euer Prolog nun allen Kriterien entspricht, ist es aber noch lange kein Grund einen solchen euerer Geschichte voran zu stellen! Denn wie alles in eurem Buch, dient auch der Prolog einem bestimmten Zweck (s.o.). Ihn nur für Spannungsaufbau zu missbrauchen, in dem man mit der aufregendsten Stelle aus der Mitte der Handlung das Interesse zu erhaschen sucht, ist ein Armutszeugnis.
❗️Eure Geschichte wirkt nicht professioneller oder gekonnter nur aufgrund eines Prologs. Eher im Gegenteil.❗️
Dieses Täuschungsmanöver ist so abgegriffen, dass die meisten diesen Teil besonders kritisch lesen oder ihn gar komplett überspringen. Daher solltet ihr euch ganz genau überlegen, ob eure Geschichte nicht doch besser ohne dasteht.
Wenn ihr euch Folgendes fragen müsst, dann braucht eure Story definitiv kein Prolog!
▪️ Soll ich ein Prolog schreiben?
▪️Wie kann ich noch ein Prolog einfügen?
▪️Was soll in meinem Prolog passieren?
Diese Fragen zeigen eindeutig, dass die Notwendigkeit eines Prologs nicht besteht. Und dann ist es wie mit unnötigen Hilfsverben! Alles was eine Story nicht voranbringt muss raus.
Drei Fragen, die ihr euch hingegen stellen könnt, um zu entscheiden, ob ihr ein Prolog schreiben könnt/sollt:
1. Ist ein Prolog in meinem Fall notwendig?
Bringt er dem Inhalt der Geschichte einen bedeutenden Mehrwert, eine tiefere Ebene, einen anderen Blickwinkel? Klärt es Dinge auf, sodass die Haupthandlung es nicht gekonnt hätte? Stellt er wichtige Zusammenhänge dar, ohne die eigentliche Geschichte zu verderben/verraten? Warum kann diese Information nicht in den Haupttext integriert werden?
Beispiel:
In 'Das Lied von Eis und Feuer' präsentiert der Prolog bereits den Hauptkonflikt in Form der weißen Wanderer und zwar hinter der Mauer, einem Ort, an dem die meisten der POV-Charaktere gar keinen Zugang haben.
2. Ist der Prolog interessant genug?
Auch das ist nicht unbedeutend, denn obwohl wir alle wissen, wie wichtig das erste Kapitel, die erste Seite oder sogar der erste Satz für eine Geschichte ist, scheinen das viele gerade beim Prolog zu vergessen. Und das, obwohl es de facto ja nun euer „erstes Kapitel" bildet und damit den ersten Eindruck entstehen lässt.
Das bedeutet, dass auch ein Prolog niemals zu einem Infodump missbraucht werden sollte und sich wie ein Ausschnitt aus einem Sachbuch lesen sollte, der eure Welt oder Zusammenhänge erklärt. Gibt es viele Informationen das Worldbuildig betreffend, ist es geschickter diese im Verlauf der gesamten Handlung stückchenweise unter zu bringen, statt einer ermüdenden Vorrede.
Beispiel:
In ‚Harry Potter' beginnt Rowling nicht damit, die Welt der Zauberer und ihre Strukturierung sowie Behörden zu beschreiben. All diese Informationen baut sie unmittelbar im gesamten Text nach und nach ein, sodass im letzten Band jeder Leser ganz genau weiß wie das Zaubereiministerium oder Hogwarts aufgebaut ist, ohne ein Kapitel daran verschwendet zu haben oder gar einen Prolog dafür zu verwenden.
3. Ist der Prolog kompakt genug?
Wenn euer Prolog die Grenzen von maximal drei Seiten sprengt, dann ist es kein Prolog, sondern eine Vorgeschichte! Ja, das sind tatsächlich zwei unterschiedliche Dinge.
Ein Prolog beschreibt maximal ein bis zwei, für die Haupthandlung wichtige, Ereignisse. Die handelnden Figuren sind hierbei nicht vollständig ausgearbeitet - auch sie dienen nur als Mittel zum Zweck (auf etwas Wichtiges aufmerksam zu machen). Weshalb es eine durch und durch schlechte Idee ist, euren Protagonisten eine wichtige Rolle in einem Prolog spielen zu lassen.
Warum?
Weil wie o. g. der Prolog eine eigenständige Handlung bildet und damit einer andern Prämisse dient. Den gleichen Protagonisten in der selben Form wieder in einen anderen Konflikt zu packen, raubt eurer Story
▪️ Spannung
▪️Alleinstellungsmerkmal
▪️Authentizität
▪️Aufhänger
Zur Abgrenzung des Themas, hier einige Erzählanfänge, die
kein Prolog
sind!
Vorwort:
Das Vorwort ist eine vorangehende Bemerkung des Autors, gehört aber nicht zur Erzählung, obschon ein eindeutiger Zusammenhang bestehen kann.
Beispiel:
Autor beschreibt, wie er zur Idee des Buchs inspiriert wurde.
Invocation
Nicht selten werden Invocation und Vorwort gleichgesetzt. Das ist jedoch stark vereinfacht: Eine Invocatio kennzeichnet sich nämlich dadurch, dass der Anfang außerhalb der Handlung steht. Das fordert nicht, dass dieser Anfang als Vorwort gekennzeichnet ist. Er kann auch unter der ersten Kapitelüberschrift (also bereits im eigentlichen Haupttext) erscheinen. Der Vorteil einer Invocatio kann sein, dass Zusatz- oder Hintergrundinformationen gegeben werden, die an keinen anderen Stellen des Textes passen würden oder für dessen Verstehen wichtig sind.
Beispiel:
Zitate, Gedichte etc. die der eigentlichen Geschichte voran gestellt werden.
Vorgeschichte:
Wird ein Prolog zu komplex oder zu lang, die Charaktere zu mehrschichtig, wird daraus oft eine Vorgeschichte oder Prequel.
Beispiel:
Der Hobbit bildet die Vorgeschichte zu Herr der Ringe.
Auszug:
Ein Auszug ist genau das, was viele auf Wattpad statt eines Prologs voranstellen, nämlich einen Teil aus der Haupthandlung, um den vielleicht eher ruhigeren Einstieg spannender zu gestalten.
Aber damit tut ihr euch keinen Gefallen, denn ihr werbt mit etwas, das ihr nicht bietet oder erst viel später in eurer Geschichte bietet. Außerdem: Wenn ihr ohnehin Probleme mit dem Spannungsaufbau habt (sonst müsstet ihr euch ja nicht derartiger Kniffe bedienen), nehmt ihr dem bisschen Spannung mit einem solchen Vorgreifen den Rest. Ihr lauft Gefahr euren kompletten Spannungsbogen damit zu sabotieren.
Prolog oder nicht Prolog? Das ist hier die Frage.
Im Zweifel empfehlen viele Autoren einfach einen Prolog zu schreiben, ohne ihn tatsächlich zu verwenden und erst am Ende des Schreibprozesses eurer gesamten Story (z.B. bei der Überarbeitung) zu entscheiden, ob eine Geschichte auch ohne diesen Prolog funktioniert. Wenn ja, dann könnt ihr gerne auf den Prolog verzichten - auch wenn es wirklich schwer fällt, ich weiß. Bereichert der Prolog hingegen eure fertige Geschichte zusätzlich, dann wird auch niemand was gegen einen solchen einzuwenden haben.
PS: Auch wenn der Prolog keine Verwendung in eurem Buch findet, so spricht nichts dagegen diesen als eine Überraschung für eure treuen Leser, als zusätzliche Lektüre, irgendwann mal zu veröffentlichen. Stellt euch mal vor, was los wäre, wenn JK Rowling plötzlich einen verworfenen Prolog veröffentlichen würde...
Was nervt euch an Prologen?
Welche waren die besten oder schlechtesten Prologe, die ihr gelesen habt?
Warum schreibt IHR einen Prolog, wenn ihr einen schreibt?
Im nächsten Kapitel wird es darum gehen, eure Geschichte in sinnvolle Kapitel aufzuteilen!
>>> Einteilung in Kapitel
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