Kurzgeschichten-Crashkurs
Kurzgeschichten-Crashkurs anyone?
Da einige von uns für den Dezember Kurzgeschichten schreiben, dachte ich, es wäre die perfekte Zeit, um über Kurzgeschichten zu reden und einen kleinen Crashkurs zu liefern. Es gibt weitaus mehr über Kurzgeschichten zu sagen, aber das meiste lernt man sowieso im eigenen Schreibprozess.
Die erste hilfreiche Sache, um bessere Kurzgeschichten zu schreiben, ist: Kurzgeschichten lesen! Die meisten schreiben zwar Kurzgeschichten, aber haben abseits von Wattpad (oder dem Schulunterricht) noch nie eine gute Kurzgeschichte gelesen. Um das Genre gut zu schreiben, muss man es erst wertschätzen - und dazu muss man auch darin lesen. Die Kurzgeschichten, die man auf Wattpad oder in der Schule liest, sind dafür eher ungünstig, weil sie entweder langweilig oder zu akademisch sind. Aber es gibt sie auch, die guten Kurzgeschichten. Hier ein paar meiner persönlich liebsten Sammlungen:
-„Daddy" von Emma Cline (Genial! Aber hat sehr durchwachsene Kritiken, ist also scheinbar nicht für jede Person was.)
-„Zehn Wahrheiten" von Miranda July (Ich werde nie über die Prinz-William-Kurzgeschichte hinwegkommen; sie war zu weird)
-„Die Wahrheit über die Zukunft" von Samanta Schweblin (Der englische Titel ist einfach „Mouthful of Birds", was viel cooler und spannender klingt! Die Geschichten sind alle im kürzeren Spektrum, aber manchmal bisschen schwierig, die Bedeutung zu verstehen)
-„Fen" von Daisy Johnson (Beste! Sammlung! Ever!)
-„Best American Short Stories" (Das sind verschiedene Sammlungen aus verschiedenen Jahren mit verschiedenen Autorys. Ich hab die von 2016 gelesen und fand sie ganz gut)
Und hier noch ein paar (englische) Literaturmagazine, die online kostenlos Kurzgeschichten zur Verfügung stellen:
- The Puritan Literary Magazine
- Fictive Dream Short Stories Online
- Plenitude - your queer literary magazine
- Carousel
Die Idee:
Viele Autorys auf Wattpad - und ich am Anfang auch! - versuchen, Kurzgeschichten wie Romane in kurz zu schreiben. Das Problem daran ist, dass der Platz einer Kurzgeschichte einfach nicht ausreicht, um einen gesamten Romanplot unterzubringen. Und wenn man es versucht, endet es im Desaster. Oftmals geben Autorys dann auch einfach auf mit den Kurzgeschichten und schreiben endlos weiter, sodass die Geschichte doch zum Roman wird.
„Haha, meine Kurzgeschichten arten einfach immer aus! Ich hab einfach so viele Ideen! Es sind schon 10K Worte und es ist noch nicht zu Ende."
Psssscht! No, Darling! Du schreibst keine Kurzgeschichte, du schreibst einen Roman!
Meine erste richtige Kurzgeschichte hatte genau das Problem: Ich habe versucht, eine gesamte Beziehungsgeschichte von ihren Anfängen bis zum tragischen Ende in einer Kurzgeschichte zu verarbeiten. Es waren zwar „nur" 7.000 Worte am Ende mit sehr vielen Zeitsprüngen und Zusammenfassungen, aber die Geschichte hat sich einfach dünn angefühlt, weil man nie eine gesamte Romanhandlung in eine Kurzgeschichte pressen kann. Das Problem waren auch nicht einzelne Szenen, sondern einfach mein gesamtes Konzept.
Romanideen: Romane zeigen eine Entwicklung oder Reise über einen längeren Zeitraum.
Kurzgeschichten-Ideen: Kurzgeschichten zeigen eine spezifische Situation, die die Figuren verändert oder etwas Überraschendes an den Figuren aufdeckt.
Um den Unterschied ein bisschen deutlicher zu machen, hier ein paar Beispiele:
Roman: Die Liebesgeschichte eines Paares, von ihrem Kennenlernen über ihre Probleme bis zum Happy End.
vs.
Kurzgeschichte: Ein spezifischer Einblick in eine Beziehung, bei dem sich etwas an den Figuren oder unserem Verständnis der Beziehung ändert.
In spezifischen Ideen könnte das dann so aussehen:
Roman: Anna und Tom sind Konkurrentys um die Stelle als Chemie-Laborhilfskraft in Oxford, müssen allerdings gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Obwohl sie sich erst nicht ausstehen können, entwickelt sich über die Zeit eine Liebesbeziehung, die immer wieder durch den Konkurrenzdruck auf die Probe gestellt wird. Am Ende entscheiden sich beide gegen die Stelle und für ihre Liebe.
vs.
Kurzgeschichte: Anna bricht mit Tom im Chemielabor ein, um sich zu beweisen, dass ihre Beziehung noch gerettet werden kann. Am Ende werden sie erwischt und Anna realisiert, dass sie die Beziehung nie wirklich retten wollte.
Und noch ein anderes Beispiel:
Roman: Die Beziehung zwischen Prota und ihrer Mutter, wie sie aufgewachsen ist, was sich verändert hat und wie sie jetzt zueinander stehen.
vs.
Kurzgeschichte: Spezifische Situation zwischen Mutter und Tochter, die etwas in ihrer Beziehung verändert.
Spezifische Ideen dazu wären z. B.:
Roman: Anna versucht, ein Heilmittel für Demenz zu finden. Dabei pflegt sie ihre demente Mutter in deren letzten Tagen. Gleichzeitig versucht sie, ihre Kindheitserinnerungen einzuordnen, u.a. den Sommer 1990, als ihre Mutter einen Geist datete.
vs.
Kurzgeschichte: Anna setzt ihre demente Mutter in einer Kunstgalerie aus, während sie selbst versucht, ihren Körper in ein Kunstwerk zu verwandeln, um ihren Erinnerungen an ihre Kindheit zu entgehen. (Es muss ja auch mal ein bisschen whacky sein okay)
Die Struktur:
Okay, ich habe jetzt eine passende Idee, aber wie strukturiert man eigentlich eine Kurzgeschichte?
Die Sache ist ...Kurzgeschichten sind so kurz, dass Struktur eigentlich extrem frei ist. Bei Romanen gibt es hunderttausend Anleitungen, was wann im Plot passieren sollte, wie z. B. die Heldenreise oder Save the Cat, aber diese Anleitungen passen null auf Kurzgeschichten. Wenn eine Geschichte sowieso nur 3-5 Szenen hat, kann die kaum in so eine feste Form reinpassen. Es gibt aber einige Elemente, die man in vielen Kurzgeschichten finden kann, weshalb es sich lohnt, die anzuschauen.
1. Der Moment, der die Handlung anstößt
Damit wir überhaupt eine Geschichte haben können, muss irgendetwas passieren, das die Handlung anstößt. Manche Kurzgeschichten haben so einen Moment nicht, aber gerade zu Anfang finde ich es sinnvoll, den Moment einzubauen. Ansonsten mäandern die Geschichten ohne Sinn und Verstand umher, mein weiß nicht, was das Ziel ist, oder was auf dem Spiel steht, und fragt sich irgendwann, warum man das überhaupt liest. Und wir wollen ja schließlich Spannung und Spaß! (Und Weirdness!)
Der Moment, der alles anstößt, ist bei Roman oft ein größeres Ereignis, das in einer ganzen Szene gezeigt wird (z. B. Prota rettet Fee aus Feuer und entdeckt dabei magische Kräfte), aber bei Kurzgeschichten ist dieser Moment oft nur ein Paragraph oder sogar nur ein Satz. Meist ist der Moment auch kein riesiges Ding (wir müssen nicht die Welt in Satz 1 retten), sondern einfach die Entscheidung der Protas, irgendetwas zu tun.
Oft findet man den Moment tatsächlich als ersten Satz in der Kurzgeschichte, da alles, was davor kommt, nicht relevant für die Geschichte ist. Auch kann dieser Moment von Anfang an für Spannung sorgen, da sofort eine Handlung gezeigt und Fragen aufgeworfen werden.
Hier ein paar Beispiele für diesen Moment:
- Wir brechen in die Galerie ein, weil Dina es wollte.
Das könnte ein erster Satz einer Kurzgeschichte sein. Man weiß sofort, was die Handlung anstößt (das Einbrechen), während gleichzeitig schon Spannungen aufgebaut werden, die vermuten lassen, dass die Beziehung zu Dina kompliziert sein könnte.
- Meine Frau sagt, sie will sich scheiden lassen, und deswegen kaufe ich ein Ticket zur Burlesque-Party.
Irgendwie ähnlich. Der Moment, der alles anstößt, ist, dass Protas Frau sich scheiden lassen will, und Prota trifft dann eine Entscheidung, die für die Handlung der Geschichte wichtig ist. Es wäre nicht unbedingt sinnvoll, davor noch erst die Landschaft zu beschreiben, oder den Alltag des Protas - oder irgendetwas anderes. Diese Infos reichen und sie bieten den spannendsten Einstieg.
- Als ihre Frau das Kind gebärt, verlässt Anna das Krankenhaus, um ins Spa zu fahren.
(Das ist tatsächlich aus einer meiner Kurzgeschichten. Das richtige Zitat war allerdings: "At 5:13 p.m. her child is born. At 5:17 Lisbeth decides to go to the spa.")
Again. Wir haben eine Entscheidung, die den Plot anstößt und bereits Fragen aufwirft (Vor allem eine Frage: Was geht mit dir, Lisbeth?!), sodass wir direkt ohne viel Drumherum in der Kurzgeschichte drin sind.
Die Entscheidungen der Protas können dabei im Grad der Subtilität variieren und natürlich kommt es auf die Handlung der Geschichte an, wie überraschend oder extrem der Moment, der alles auslöst, ist.
2. Klimax
Die Klimax ist am Ende und bildet das Gegenstück zum Moment, der alles anstößt. Hier sollten die Anfangshandlungen zusammenlaufen, sodass ihre Konsequenzen gezeigt werden. Da eine Kurzgeschichte Veränderungen zeigt, sollten diese natürlich in der Klimax passieren. Die Veränderungen müssen nicht immer die Protas direkt betreffen, denn manchmal ändert sich durch eine Enthüllung am Ende auch nur unsere Perspektive auf die Figuren.
Eine Klimax in einer Kurzgeschichte ist also oftmals eine Enthüllung. Gleichzeitig kann die Klimax auch eine Entscheidung der Figur sein. Manche sagen, dass eine aktive Entscheidung besser ist als eine passive Enthüllung - aber solange die Geschichte als Ganzes funktioniert, kann beides effektiv sein.
Meist ergibt sich die Klimax natürlich aus der vorangegangenen Handlung. Ich würde diesen Teil nicht zu stark überdenken; ihr werdet schon wissen, was ihr tut.
Beispiele sind natürlich ein bisschen schwierig ohne ganze Kurzgeschichten, aber in der Lisbeth-Spa-Kurzgeschichte steht die Protagonistin am Ende an einer Ampel, unsicher darüber, ob sie zum Krankenhaus zurückkehren oder von den Konsequenzen weglaufen sollte. Hier kann die Klimax also eine Entscheidung sein, die etwas über die Protagonistin und ihre Beziehung zu ihrer Frau/ ihrem Kind verrät. Gleichzeitig kann die Protagonistin sich natürlich auch durch das Ereignis, das passiert ist, als sie abgehauen ist, verändert haben.
3. Flashbacks
Super gerne werden Flashbacks in Kurzgeschichten genutzt. Flashbacks sind wirklich kein Bestandteil, den man unbedingt haben muss, aber weil viele Autorys Flashbacks so nutzen, dass sie nicht unbedingt effektiv sind, wollte ich dieses Thema einbinden.
Früher konnte ich Kurzgeschichten nur so schreiben:
- Erster Paragraph: Wir sind an Punkt A
- Die gesamte Geschichte: Hier eine Erklärung, wie wir zu Punkt A gekommen sind
- Letzter Paragraph: Ja und jetzt sind wir an Punkt A (und sterben)
Dabei müssen Kurzgeschichten gar nicht nur aus vergangenen Erzählungen bestehen. Wenn der Moment, der alles anstößt, sinnvoll gewählt ist, dann kann die Handlung einfach von dort weitergehen und in die Zukunft laufen. Wenn ihr dasselbe Problem habt, gibt es zwei Wege, die Geschichte sinnvoll umzustrukturieren.
1. Punkt A ist der Moment, der alles anstößt, und von hier geht es weiter.
2. Punkt A ist die Klimax und wird am Anfang nicht erwähnt.
Natürlich kann es aber auch in linearen Kurzgeschichten sein, dass wichtig ist, was vor X Tagen/Monaten/Jahren zwischen den Figuren passiert ist, sodass ihr Flashbacks einbauen wollt. Kann man auch immer gerne machen, aber dann sollte man darauf achten, dass die Flashbacks sinnvoll eingebaut sind.
Gute Flashbacks:
- Werden durch die Handlung davor angestoßen (entweder durch die reinen Handlungen oder durch die emotionalen Beats)
- Zeigen nur das Nötigste (wir brauchen echt nicht 398282 Flashbacks zu unnötigen Situationen, die man auch in einem Satz hätte erklären können)
- Sind nicht die eigentliche Haupthandlung (die sollte nämlich in der fiktiven Gegenwart stattfinden)
- Bringen die Handlung voran (wenn man den Flashback ersatzlos streichen könnte, ohne dass sich die Handlung oder die Figuren verändern, sollte man das tun)
4. Konflikt
In den meisten Kurzgeschichten gibt es natürlich Konflikt, der für Spannung sorgt. Generell kann man zwischen unterschiedlichen Arten von Konflikten unterscheiden (Brown 2021 help nein hier gibt es keine wissenschaftlichen Quellen okaaaay atmen Cookie).
- Intern (Was Prota will vs. Was Prota sollte)
- Interpersönlich (Was Prota will vs. Was eine andere Figur will)
- Zwischengesellschaftlich (Was Prota will vs. Was die Gesellschaft von Prota will)
Welche Arten von Konflikt vorkommen, ist natürlich abhängig von der individuellen Kurzgeschichte. Dass überhaupt Konflikt vorkommen sollte, ist euch vermutlich eh klar. Falls sich eine Geschichte aber zu langweilig anfühlt, kann es hilfreich sein, sich anzusehen, ob Konflikt enthalten ist - oder wie man den Konflikt deutlicher oder interessanter gestalten könnte.
Kürze = Würze
Kurzgeschichten sind - wie der Name schon verrät - vor allem eins: Kurz. Durch die Idee für die Kurzgeschichte schränken wir natürlich schon ihre Länge ein, aber auch in anderen Aspekten sollte man dafür sorgen, dass alles Unwichtige gestrichen wird, sodass nur die wichtigsten Elemente bleiben und damit die meiste Wirkung haben.
Daumenregel: Wenn man eine Geschichte in 2000 statt in 4500 Worten ausdrücken kann, dann sollte man es auch tun.
1. Szenen
Wenn ihr eine Szene schreibt, sollte sie natürlich die Handlung auf irgendeine Weise voranbringen. Füllszenen brauchen wir nicht. Wir müssen wirklich keinen Dialog zwischen dem Taxifahrer und dem Prota schreiben, indem nur die Taxikosten besprochen werden, Cookie!!!
Abgesehen von diesen deutlichen Füllszenen, gibt es aber auch kleinere Probleme, die die Handlung unnötig strecken, ohne dass wir es direkt merken. Diese Problemchen entstehen meist am Anfang und am Ende jeder Szene, wenn wir versuchen, eine Situation aufzubauen oder aufzulösen. Wenn Prota ein Gespräch mit seinem Kumpel im Fitnesstudio hat, dann sind wir manchmal dazu geneigt, Prota zuerst ins Studio gehen zu lassen, Sport machen zu lassen, seinen Freund treffen zu lassen, ein Gespräch anfangen zu lassen, um dann zu dem wichtigsten Punkt im Gespräch zu kommen.
Ähm, habt ihr euch mal überlegt, alles davon zu streichen und direkt beim wichtigsten Teil des Gesprächs anzufangen? :D
Beispiel 1: Am Freitag ging ich ins Fitnessstudio. Regen peitschte gegen die Scheiben und die Frau an der Rezeption scrollte genrvt durch ihr Handy. Ich klopfte mit meiner Karte gegen die Theke und sie rollte die Augen, öffnete aber die Tür. In der Umkleide warf ich meine Tasche in die Ecke und zog mich um, trank vier Schlucke aus meiner Wasserflasche. Es war nicht viel los, als ich zu den Geräten ging. Zwei junge Frauen trainierten mit Langhanteln, ihre Haare verschwitzt und das Make-up verlaufen. Ich machte mich an den Geräten warm und dehnte meine Beine. Dann tratst du in den Raum.
„Hey." Du winktest.
Ich seufzte. „Hey, wie geht es dir?"
„Supi." Du setztest dich zu mir und wir arbeiten gemeinsam an unserem Bizeps. Irgendwann sagtest du: „Ich wäre lieber nicht mit dir befreundet."
Daaaas ist ne Menge unnötiger Füllstoff. Das Wichtigste in der Geschichte ist - vermutlich - nicht das Fitnessstudio und die Trainingsroutine, sondern die Freundschaft der beiden zueinander. Deswegen kann man die Einleitung der Szene auch einfach streichen und mit dem wichtigsten anfangen.
Im Fitnessstudio sagtest du: „Ich wäre lieber nicht mit dir befreundet."
Danach kann ja sogar eine nähere Beschreibung des Studios folgen, aber so beginnt die Szene am wichtigsten und interessantesten Punkt, wodurch sie nicht unnötig viel Raum einnimmt.
Unnötige Szenenanfänge und Szenenenden kann man meist daran erkennen, dass man sie - Überraschung - auch einfach streichen könnte, ohne dass die Haupthandlung der Geschichte verloren geht. Streichbare Plotbeats finden sich meist bei folgenden Handlungen:
- Prota geht irgendwohin
- Prota fährt irgendwohin
- Prota tut etwas Alltägliches
- Prota macht Smalltalk
- Prota geht weg
- Prota klärt Logistisches
2. Figuren
Wir alle lieben Casts von 100 Personen. Wir alle sollten keine Casts von 100 Personen für eine Kurzgeschichte nutzen. In manchen Kurzgeschichten kommen super viele Figuren vor und sie funktionieren trotzdem. Jedoch werden die meisten Geschichten mit mehr als 3 Personen entweder super lange, oder sie entwickeln keine der Figuren so richtig.
Limitiert euch am besten auf 2-3 Figuren und auf eine wichtige Beziehung zwischen Figuren, die ihr darstellen wollt.
Wenn man versucht zu viel zu machen, wird die Geschichte entweder ewig lang und ist keine Kurzgeschichte mehr, oder ihr entwickelt alles nur so halb, aber nie so ganz. Statt also Prota und Eltern und zwei Brüder und Exfreund reinzubringen, sollte man sich überlegen, was die wichtigste Beziehung in der Geschichte ist und nur diese Figuren zeigen.
Einheit:
In Kurzgeschichten geht es oft um Einheit: Einheit der Form, Einheit der Handlung, Einheit der Emotionen. Eine Kurzgeschichte versucht nicht, alles Mögliche ein bisschen zu bewirken, sondern eine Sache sehr konkret. Deswegen ist Einheit in Kurzgeschichten trés wichtig.
Einheit der Handlung: Es geht um eine Sache, eine Situation, eine Beziehung etc.
Einheit Form-Handlung: Form und Handlung passen zusammen. Wie wird die Geschichte erzählt und warum wird sie genau auf diese Weise erzählt? Warum nicht anders? Wie kann die Form helfen, die Handlung noch deutlicher rüberzubringen?
Einheit der Emotionen: Eine Kurzgeschichte erforscht nicht - wie ein Roman - viele verschiedene Emotionen, sondern arbeitet auf eine/wenige Emotionen hin, die im Detail gezeigt werden.
Einheit der Stimmung: Die Stimmung in der Kurzgeschichte sollte einheitlich sein und sich fokussieren. Hilfreich, um eine einheitliche Stimmung zu verfassen, können z. B. Wortfelder sein, die eingeflochten werden (z. B.: „Zerbrechliche" Worte)
Figuren:
Wenn es um Figuren geht, gelten natürlich die ganz normalen Tipps, wie man gute Figuren schreibt. In Kurzgeschichten sollte man sich aber nicht ewig Zeit damit lassen, Figuren zu entwickeln, denn ...man hat einfach nicht ewig Zeit. Deswegen kann es helfen, Spezifität in Figuren zu finden, damit man schnell weiß, wie die Figuren so ticken. Diese Spezifität kann man durch konkrete Handlungen herausstellen, die die Figuren machen und die etwas über ihren Charakter aussagen. Durch die spezifischen Handlungen haben wir interessantere Szenen und gleichzeitig gute Ansätze, um den Charakter zu zeigen.
Beispiel-Time aus der ersten Fassung meiner Kurzgeschichte geklaut:
Er lagert einen ausgebeulten Wanderrucksack voller gestohlener Gegenstände im Wohnmobil und leert ihn regelmäßig in unserer Mülltonne, füllt ihn danach wieder auf. Ich fragte ihn einmal, warum er stahl, und er zuckte mit den Schultern.
und
TW Alkoholismus
Am Anfang jeden Monats kauft er Wein in Tetrapacks, trinkt zwei Flaschen am ersten Morgen, öffnet die Deckel der Restlichen, aber lässt sie unberührt im Wohnmobil, bis er sie Mitte des Monats im Gully ausleert.
Anstatt den Charakter der Figuren in der Schwebe zu lassen („na ja, er ist halt ...eine Figur, die sympathisch rüberkommt"), kann man also spezifische Details und Eigenheiten auswählen und zeigen, um die Figur zu entwickeln. Dadurch kann man eine Menge Charakter in sehr wenig Raum zeigen.
Gleichzeitig ist in Kurzgeschichten - wie in Romanen - natürlich das Ziel der Protas wichtig: Was wollen die Protas und vor allem: Wieso wollen sie es? Meist ist das Wieso übrigens spannendes als das Was, denn hier befindet sich der eigentliche Kern des Charakters und der eigentliche Kern der Geschichte.
Fazit:
Kurzgeschichten sind ...kurz. Die Idee, die Szenen und der Cast sollten genau das reflektieren. Auch ist es hilfreich, über Einheit in der Kurzgeschichte nachzudenken, um sie möglichst wirksam zu machen.
Habt ihr schon Erfahrungen mit Kurzgeschichten?
--- Cookie
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