Schicksalschläge
Louie ist ein Mutant.
Für Mutanten gibt es im Leben zwei Wege. Entweder man kommt in die blaue Division und beschützt die Königshäuser und Regierungen oder man kommt in die rote Division und erledigt die weniger offizielle Arbeit der Regierungen.
Louie ist sich ihres Weges sicher, als dass sie glaubt, dass sie und ihre Freunde sowieso alle in die blaue Division kommen sollten.
Als der Plan bröckelt und sie es doch nicht mit allen Freunden dort hin schafft, muss ihr aber langsam klar werden, dass ihr Leben doch nicht so perfekt verlaufen kann, wie sie es sich vorgestellt hat.
Der erste Schlag
"Glaubst du es hätte einen Unterschied gemacht, wenn er mich umgebracht hätte?".
"Sei ruhig!". Wie konnte er es wagen?
"Dein Vater hat seine Arbeit selbst im letzten Moment noch zu ernst genommen. Wir waren beide verletzt, er hätte mich genauso umgebracht".
"Aber du bist ein verdammter Verbrecher! Du hast dein Leben schon in den Dreck gezogen, er war ein guter Mensch und Friedenshüter!".
"Er hat mich verraten. Er hat getan wie als wäre er mein Freund und am Ende, als wir durch Dick und Dünn gegangen waren, war er ein Friedenshüter und wollte mich wieder einsperren. Ich habe auch eine Frau und ein Kind!".
"Du hättest ihn nicht töten müssen!".
"Er hätte mich umgebracht Mädchen! Du kanntest ihn nie, aber ich kannte meinen Sohn sehr wohl!".
In ihrer Trauer drehte sie die Waffe in ihrer Hand und schlug ihm damit einmal übers Gesicht.
Dann noch einmal.
Und er lachte atemlos und hustete.
Wie um ihre Gefühle zu unterstreichen fing der Regen an ihre Kleidung zu durchnässen.
"Schau. Es ist deine Entscheidung was du tust. Der Moment in dem du damit angefangen hast mir zu erzählen wer du bist und wer dein Vater war, da wusste ich, dass meine Zeit gekommen war. Mein Sohn und seine Mutter leben inzwischen auf dem Land in einem Haus. Sie wissen was ich getan habe und sie werden deine Gefühle und Aktionen nachvollziehen können". Er reichte ihr beide Hände in Erwartung auf Handschellen.
Der alte Mann war eine einzige Enttäuschung.
Er war der Grund, warum ihr Vater weg war.
Und jetzt, jetzt gab er ihr nicht einmal die Chance, es ihm in einem Kampf genauso zurück zu zahlen.
Aber sie war allein.
Keiner würde es wissen, wenn sie ihn umbrachte.
Keiner würde es hören.
Keiner würde es sehen.
"Was wenn ich dich einfach umlege?".
Er zog die Hände zu sich zurück und zuckte mit den Schultern.
"Es ist deine Entscheidung. Nur empfehle ich dir, wirklich zu überlegen, was richtig ist".
Sie zögerte.
Ihr war klar, dass er wusste, dass sie zögerte.
"Du gehörst diesem Mutanten - Polizisten - Team an oder?".
Sie konnte den Akzent in seiner Stimme nicht zuordnen. Seine Stimme war rau und trotzdem irgendwie warm, aber gerade wirkte sie wie eine laute Stimme, die einen weckte.
Nervtötend.
"Ja".
"Dann ist deine Mutter eine Mutantin. Er war ja keiner. In welcher Division bist du?".
Sie zögerte wieder und es rief ihm ein zartes Lächeln auf die Lippen. Irgendwie besteuerte es ihre Wut wieder.
"Über dich wurde noch nicht entschieden".
Da sie wieder nichts antworten konnte sprach er weiter: "Was wenn das der Test ist in welchem über dich entschieden wird? Ich habe gehört wie die ablaufen. Echt fies. Und das hier ist es doch auch oder? Wirklich fies".
"Du glaubst gar nicht wie wütend ich auch dich bin".
"Aber das sind doch diese Tests nicht? Sie sind dazu da um zu testen wie weit jemand geht. Was ist deine Fähigkeit Kind?".
"Ich kann nicht sterben".
"Niemals?".
"Niemals".
Er wurde blass: "Wer ist deine Mutter Kind?".
Ihr Unterkiefer fing an zu Zucken.
Nicht weinen.
Wenn du weinst, bringst du ihn um.
Sie atmete tief durch: "Es gibt keine Mutter. Es gab nur ihn. Und ich kannte ihn. Er lebte ja immer hin bis ich sieben war. Wusstest du das? Und weißt du auch wie schön es war eine Familie zu haben? Weißt du was passiert ist nachdem du ihn umgebracht hast? Kein Friedenshüter hat mich aufgenommen. Nein. Ich kam in dieses Mist - Camp in dem sie dich drillen, dass du anders bist und darauf was deine Aufgabe sein soll! Aber ich erinnere mich an dieses Lächeln und ich erinnere mich an die einzige Person, die ich vielleicht jemals als Familie bezeichnet hätte!".
"Es - es tut mir leid".
"Das ist mir egal!".
Das Zucken wurde stärker und der Griff um ihre Waffe verstärkte sich.
Sie würde nicht zögern.
"Und ich weiß sehr wohl in welche Division mich das hier bringen könnte. Es wird uns ja häufig genug klar gemacht" - sie atmete tief durch und beruhigte sich ein wenig - "aber ehrlich gesagt will ich sogar in die rote Division".
Sie wusste nicht ob sie es sich nur einbildete, aber er wurde noch weißer.
"Ich bin kein Einzelfall! Die Leiter der beiden Divisionen habe meine Mutation auch und sie altern nicht einmal! Wenn ich in die blaue Division gehe, dann werde ich einigermaßen normal leben können, ja. Ich werde Freundschaften knüpfen, mich vielleicht sogar verlieben, aber sie werden alle irgendwann sterben und der Gedanke daran ist schrecklich".
Wieder atmete sie tief durch.
"Also, wenn das wirklich mein Test sein sollte, warum beschließe ich es dann nicht sofort?".
"Bitte nicht".
"Du hättest schneller rennen sollen".
Und er versuchte aufzustehen und zu rennen, aber sie war schneller.
Sie hörte den Schuss ihrer Pistole und sah das Blut, dass sich mit dem Regenwasser auf dem Asphalt vermischte.
Sein Blick wirkte trotz allem irgendwie fassungslos.
Eine Leiche mit Gesichtsausdruck.
Durch den Regen ertönte ein Klatschen.
"Ich freue mich, dass du dich so entschieden hast", ertönte die Stimme eines Mannes durch den Regen. Trotz der nur spärlichen Beleuchtung durch einzelne Straßenlaternen erkannte sie den Mann sofort.
"Divisionsleiter Lucifer".
Er grinste leicht auf.
Sie weinte nicht.
Aber der Mann, der ihr Leid verursacht hatte war tot.
Er würde nicht der Letzte sein.
Kapitel 1
"Louie!", ein Schreien weckte sie auf und mit einem wütenden Schlaflaut zog sie sich die Decke über den Kopf. "Lass mich".
"Die Ergebnisse sind draußen! Michael und Angelica sind schon da, ich suche Eliza noch. Komm steh auf!".
Sie wusste nicht ob sie jemals so schnell aus dem Bett gestiegen war. Es entspannte sie als sie sah, dass Connor seinen Schlafanzug auch noch an hatte.
Sie würden endlich aus diesen ekelhaften weißen Zimmer fliehen können!
"Danke Connor!", rief sie ihm zu als er wieder aus ihrem Zimmer verschwand und sie ihrem Zimmer eine obszöne Verabschiedung zuwarf.
Ihre Taschen waren schon seit Wochen gepackt.
Über die letzten Monate verteilt hatte der Jahrgang seine Tests gemacht. Häufig hatte man seinen Test gar nicht erst erkannt oder erst im Nachhinein, deswegen war es ein Rätsel gewesen, wer denn jetzt seinen Test noch nicht gemacht hätte, aber sie war sich bei ihrem Fünf - Mann - Trupp erstaunlich sicher, dass sie alle in die blaue Division kommen würden.
Und so wie es dann normalerweise auch war, würden sie vermutlich auch alle an den gleichen Ort kommen.
Ihre Mutation war das Verstärken. Es hörte sich erst einmal dumm an, wenn man es so nannte, aber sie war glücklich darüber.
Wollte sie das ihr Schlag fester trifft? Hand verstärkt.
Wollte sie, dass der Schlag der Person ihr nichts anhaben kann? Sich selbst verstärkt.
Wollte sie, dass die Tür besser hält, während ihr Team versucht einen Weg aus dem Raum zu finden? Material verstärkt.
Wissenschaftlich erklärt erhöhte sie wohl die Dichte der Atome oder irgendwie so, aber es interessierte sie nicht wirklich.
Die Essenstische, welche sonst in der Halle standen wurden durch Reihen und Reihen an Sitzbänken ersetzt. Ein kurzer Blick durch die Reihen und sie sie sah die weißen Haare Angelicas. Neben ihr sah sie Michael.
Angelica hatte sich in einem Akt der erlaubten Rebellion die Haare weiß gefärbt um ihre Verbundenheit mit dem Mond offensichtlicher zu machen. Ihre Mutation war nämlich das, sie im Mondlicht stärker, schneller und generell einfach besser wurde.
Sie entschuldigte sich bei den Leuten als sie sich durch die Reihen zwängte.
"Wann geht es los?", fragte sie als sie sich neben die Beiden setzte.
"Bald. Connor und Eliza müssten sich echt mal beeilen", antwortete ihr Michael. Michael war kein Mutant. Konnte man sich als Mensch nur irgendwie gut genug ausweisen hatte man auch die Möglichkeit in die Divisionen zu gehen.
Und Michael war einfach verdammt schlau.
Der Divisionsleiter der blauen Division trat auf die Bühne als Connor und Eliza noch nicht da waren. Er und sein Bruder hatten die einzigartige Mutation, dass sie weder altern noch verwundet werden konnten.
Es gab eine Zeit, da gab es die Möglichkeit, dass auch Eliza diese Mutation hatte, aber später wurde klar, dass sie lediglich unverwundbar war.
Es stimmte sie glücklich, dass sie wusste, dass beide Brüder die Mutation hatten. Es musste ein einsames Leben sein, wenn man der einzige Unsterbliche war.
Das Lächeln des Mannes wirkte freundlich, aber nicht zu übertrieben. Es wirkte gekonnt: "Es freut mich diesen Jahrgang zu sehen. Hier gibt es so viele unterschiedliche Talente, dass es fast ein Kunststück wurde euch alle euren neuen Positionen zu zu ordnen. Aber lasst euch gesagt sein, dass ihr alle verdammt stolz auf euch sein könnt" - ein Jubeln ging durch die Menge - "Und es freut mich auch, dass alle mit der Ausnahme zweier Personen in die blaue Division kommen. Das ist ein wirklich erstaunliches Ergebnis unter 167 Personen".
Ein breites Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Sie hatte von ein paar gehört die in die rote Division wollten und wenn es von denen nicht einmal alle geschafft hatten, dann würde ihr Trupp sicher sein.
Mit einem breiten Grinsen schaute sie zu ihren beiden Freunden und bekam ein genauso breites Lächeln erwidert.
"Ich glaube aber, dass keiner von euch länger warten will oder kann. Deswegen nennen wir wohl jetzt einmal die Ergebnisse!".
Es ging nun nach Namen.
Angelica kam fast als Erste. "Blaue Division, die demokratische Republik Neu Kanada".
In Kanada zu leben konnte sie sich gut vorstellen.
"Kanada hört sich gar nicht mal so schlecht an".
"Es wird eine Menge Eis werden", meinte Connor mit einem Lächeln.
"Wir gewöhnen uns schon dran". Ein leichtes Lachen ging von ihnen allen aus.
"Connor. Blaue Division, Eden".
Sie waren nicht alle zusammen in Kanada? Eden war quasi der Welthauptstadt, mitten im Meer und es war eigentlich schön für ihn, aber sie waren nicht alle zusammen.
"Also doch kein Eis für mich", er seufzte und versuchte mit einem Lachen die Situation zu überspielen. "Wir werden nicht zusammen sein", stellte Angelica fest.
"Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Mensch bin?". Connor schaute fragend zu uns beiden.
Wir zuckten nur mit den Schultern und hörten weiter.
Als sie bei einem Jungen namens Emil waren, war klar dass sie Eliza übersprungen hatten.
"Eliza ist nicht in der blauen Division".
Sie wusste an diesem Punkt nicht mehr was sie sagen sollte.
Michaels Name ertönte auch nicht.
Keiner von ihnen sagte mehr etwas.
Während alle um sie herum sich freuten und redeten, schwiegen sie.
"Louie. Blaue Division, Eden".
Sie spürte wie jemand eine Hand auf ihre Schulter legte. Connor rieb ihnen beiden über den Rücken. Aber alle schwiegen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top