Das Rumpeln des Frachters

Manchmal half ihr das stetige Rumpeln des alten Frachters einzuschlafen, manchmal tat es aber auch das genaue Gegenteil. Vera vermutete, dass es die Lautstärke des Geräuschs war, dass darüber bestimmte.

Wenn der Ton leise war, gab er ihr ein Gefühl davon zu Hause zu sein und sich über nichts sorgen machen zu müssen, war der Ton aber laut wurde ihr wirklich klar wo sie war: In einem alten Frachter, mitten im Weltall, aberdutzende von der nächsten Station und und Millionen an Kilometern vom nächsten Planeten mit Sauerstoff entfernt.

Würde ihr Frachter hier und jetzt auseinander fallen, würde keiner ihren Tod bemerken.

Nur einem Alien mit viel zu vielen Schleimdrüsen würde innerhalb der nächsten zwei Tage auffallen, dass die letzte Lieferung an Hygienemitteln für seine Station nie angekommen war.

Somit atmete sie tief durch und stand von ihrem Bett auf. Sie würde nicht schlafen können. Ohnehin hatte ihr 'Bett' seinen Namen nicht einmal wirklich verdient. Es war eigentlich nur ein Gepäckabteil in das sie eine zusammengerollte Decke als Kissen und eine weitere als eigentliche Decke gelegt hatte.

Auf ihrem Weg ins Cockpit lief sie beim kleinen Lagerraum vorbei und stellte noch einmal sicher, dass alles gut verschnallt war. Irgendwann würde sie eine feste Stelle auf einer Station finden und sich hocharbeiten können, dann würde sie die Person sein, die Leute herumkommandiert.

Der Gedanke daran rief ihr ein Lächeln aufs Gesicht.

Sie würde dann auch für sicherere Schiffe sorgen.

Im Cockpit dann angekommen ließ sie sich in ihren Stuhl fallen und überprüfte die Anzeigen. Ein Display zeigte ihr an, dass sie in 2 Stunden an ihrem Ziel ankommen würde, ein anderes zeigte ihr an, dass sie noch Sauerstoff für 3 Tage und Treibstoff für 5 Stunden hatte.

Mit einem Knopfdruck ließ sie den Stuhl zurückfallen und starrte die Decke an. Sie hatte sich nie die Mühe gemacht, zu zählen wie viele Knöpfe an der Decke und im ganzen Cockpit waren, aber sie war sich sicher, dass es eine ganze Menge waren. Einige waren in hellen, strahlenden Farben gekennzeichnet und machten ihr klar, dass nur diese nötig waren zu kennen.

Sie war sich sicher, dass wenn sie sterben sollte bevor sie eine feste Anstellung oder ein besseres Schiff bekam, es daran lag, dass etwas schief lief und sie nicht wusste, dass dieser Knopf sie retten würde.

Daraufhin machte sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen breit und sie holte das Handbuch heraus, bereit nun die Funktionen der Knöpfe zu erlernen bis sich ihr Gewissen gebessert hatte.

Als dann nach einer guten halben Stunde ein Warnsignal ertönte, dachte Vera jemand wollte sie strafen und sie hatte zu spät angefangen die Knöpfe auswendig zu erlernen. Schnell rappelte sie sich in ihrem Stuhl auf und schlug das Inhaltsverzeichnis ihres Buches auf.

Sie entspannte sich ein wenig als sie bemerkte, dass es ein Notruf.

Dann seufzte sie frustriert.

Ein Notruf.

Nur fünfzehn Minuten von ihr entfernt.

Innerlich fingen an ihr Teufelchen und Engelchen zu streiten.

Eigentlich musste sie nicht helfen. Es war keine allzu unbekannte Handelsroute, es würden bald weitere vorbeikommen und sie würde keine ihrer kostbaren Rohstoffe verbrauchen. Außerdem könnten es Piraten sein.

Andererseits: Wie lange wurde der Notruf schon gesendet und wie Viele waren schon einfach weiter geflogen?

"E - Ne - Me - Ne - Miste", fing sie leise an vor sich hinzumurmeln und begann mit den Fingern abwechselnd auf die Sitzlehnen ihres Stuhls zu trommeln. Rechts würde bedeuten, dass sie hinging, links würde bedeuten, dass sie es ignorieren durfte.

Rechts.

Sie seufzte schwach und begann den Kurs anzupassen. Würde sie nun sterben, wäre es die Schuld des Erfinders dieses Reims. Oder die Schuld des Schicksals, was es ja irgendwo immer war.

Und sie würde mit einem reinem Gewissen sterben.

Sah man davon ab, dass ein Alien seine Hygieneartikel nicht bekam - mit einem reinem Gewissen.

Nachdem sich ihr Schiff nun auf einem anderen Kurs befand schaltete sendete dem Sender nun auch ein Signal und betete, dass es keine Piraten waren.

"Hier spricht Gamma 18. Ich habe ihr Signal empfangen und komme sie abholen. Wir haben nur noch Treibstoff für viereinhalb Stunden und Sauerstoff für" - sie schluckte und schaute auf ihre Anzeige - "einen Tag bei einer Person, also machen sie sich bitte bereit ihre Notreserven mitzubringen, sollten sie mehr als eine Person sein. Ich befördere außerdem Hygieneartikel, also machen sie sich auf einen etwas penetranten Geruch bereit".

Sie hatte bei ihrer Nachricht auf verschiedene Dinge geachtet. 1. Sie hatte über ihre Rohstoffreserven gelogen, sodass sie möglichst uninteressant für Piraten erschien und 2. hatte sie sicher gemacht ihr Ladung zu nennen, sodass sie wieder mal uninteressant für Piraten erschien.

Das Schiff, dass das Signal sendete war beeindruckend neu. Die helle spiegelnde Oberfläche reflektierte sachte das eingehende Licht und betonte die schlanken Formen - der Preis des Schiffs wollte sie sich gar nicht mal vorstellen.

Sie sendete ein zweites Signal, als sie begann anzudocken.

Noch hatte sie keine Piraten gesehen und nun hoffte, sie umso mehr, dass sie keine Piraten angelockt hatten.

Sie hörte ein lautes Klacken, als der Vorgang abgeschlossen war und ein lautes Zischen ertönte , als sich die Luke des anderen Schiffes öffnete. Aus ihrem Handschuhfach holte sie ihre Revolverattrape und ging zu ihrer Luke.

Die Luke auf der anderen Seite hatte wieder geschlossen zeigte ihr ein Display an der Seite der Tür an. Darunter leuchtete eine kleine Tafel auf, die die Luke zeigte.

Ein Kind.

Sie atmete teils beruhigt, teils besorgt auf und öffnete die Luke.

Zur Sicherheit hob sie aber ihre Waffenattrappe hoch.

Das Kind starrte sie verwirrt und erschrocken an.

"Du bist ja-!", fing der Junge in einem Alter von vermutlich 15 - 16 Jahren an zu stottern. Die Kleidung die er trug schien ebenso teuer wie das Schiff gewesen zu sein, war aber nun mit verschiedenen FLüssigkeiten von denen sie nicht wissen wollte, beschmiert.

Das Gesicht, wenn auch deutlich ausdrückend wie verwirrt der Junge war, hatte eine gewisse Art von Anmut. Wären die verschiedenen, mitunter auch aufgekratzten, Pickel nicht da, der seichte Bartflaum auf der Oberlippe verschwunden und die Haare nicht erstaunlich fettig würde sie ihn vielleicht sogar als ansehnlich betrachten.

Sie schaute ihn auffordernd an. "Ein Mädchen, schmutzig oder ein Kind wie du? Was willst du sagen?".

"Ein Kind - fliegst du das hier ganz alleine?"

Wenn ihr Vermutungen korrekt wären, wäre der Junge nur ein - zwei Jahre älter als sie und so vermutete, sie würde mit ihm fertig werden können sollte er auf komische Ideen kommen.

"Ja". Sie hielt noch eine Zeit lang weiter die Waffe auf ihn um sich sicher zu werden, dass er verängstigt war. "Ich kann dich bis zur nächsten Station bringen. Dann kannst du versuchen zu wo auch immer du hinmusst Kontakt aufzunehmen und und ich bin mir sicher man kann dann auch dein Schiff finden", meinte sie als die Waffe hinunter nahm und langsam Richtung Cockpit ging.

"Bitte nicht". Sie drehte sich wieder um und musterte die Person streng.

"Wie bitte?".

"Ich - ich kann hier nicht alleine bleiben. Ich - ich muss nach Eden! Meine Eltern sind bestimmt schon krank vor Sorge und haben jegliche Polizisten ausgesendet die es hier gibt, aber die Nachrichten sagen immer, dass es hier eine Menge an Banditen gibt und - ich bin verdammt noch einmal der Sohn einer der fünf Familien! Die nehmen mich doch fünfmal aus ehe ich zu Hause bin!''.

"Du sollst bitte wer sein?". Der Junge redete wie als wäre er ein Fünfjähriger der ein Buch schreiben wollte.

Kurz spiegelte sich die Angst in seinen Augen wieder, dann zog er eine Waffe und sein Gesichtsausdruck wurde ernster. Sie hätte lachen müssen, wenn er mit der Waffe nicht in diesem unangenehmen Abstand war in welchem sie nicht wirklich ausweichen könnte oder in entwaffnen konnte.

Und waren das echte Kugel?

Würde er damit schießen und etwas in der Technik treffen würde ihnen alles um die Ohren fliegen.

"Du bringst mich nach Eden!".

Sie streckte die Arme von ihrem Körper weg und beugte die Knie. "Was hast du noch alles auf deinem Schiff? Wenn ich dich nach Eden bringen muss brauche ich etwas dass ich verkaufen kann für den nötigen Treibstoff".

"Warum besorgst du uns nicht einen Mechaniker, verkaufst diese Schrottmühle hier und nimmst mein Schiff?". "Wenn ich mit deinem Schiff unterwegs wäre würde mir alles binnen Sekunden um die Ohren fliegen sobald ich hier an einem Hafen ankomme. Das ist ein feines Teil! Die bringen mich doch alle um das zu bekommen sobald ich irgendwo auftauche!".

[Szenenwechsel - hat eigentlich keinen Zusammenhang mehr]

Sie tanzten langsam über den in Sternenlicht getränkten Balkon. Von drinnen hörte man die schallenden Stimmen und das Orchester spielen, aber alles schien irgendwie weit entfernt zu sein. Ihr Herz pochte wie verrückt und sie musste sich fragen ob ihr Tanzpartner es wohl fühlen könnte.

Sie befürchtete es, schließlich musste man ja wohl so einiges lernen wenn man quasi unsterblich war.

Mit einem Liedwechsel kam er ihr noch ein Stück näher und sie konnte seinen sanften Atem an ihrer Stirn spüren.

[...]

Ich bin ein riesiger Science Fiction Fan und diese Idee war ewig in meiner unveröffentlichten Bibliothek. Ich glaube aber, dass ich sie nicht weiterführen werde.

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