In letzter Minute
„Nein Erwin, auf gar keinen Fall! Es reicht mir schon, dass ich ihn im Unterricht habe und er nicht aufpasst, geschweige denn mitarbeitet. Und jetzt soll ich auch noch seine Therapie übernehmen, weil die anderen das nicht geschissen bekommen? Vergiss es! Außerdem habe ich als Oberarzt von Sina schon mehr als genug zu tun." Sagte der Schwarzhaarige aufgebracht und schlug mit beiden Händen auf den Schreibtisch hinter welchem Dr. Erwin Smith saß. „Levi ein Nein steht hier nicht zu Diskussion. Das ist eine Anweisung und wo du es schon gerade angesprochen hast. Du wirst auch noch seine Nachhilfe übernehmen. Sonst fällt der Junge noch durch dieses Jahr." Sagte der Blonde mit fester Stimme und duldete dabei keine Widerrede. „Na klar und als nächstes sagst du mir auch noch, dass dieses Balg bei mir einziehen soll, damit ich ihn rund um die Uhr überwachen kann, oder was?" Fauchte der Kleinere ihn an. Oh, wie er solche Dinge doch hasste. Diese beschissene Augenbraue, von einem Vorgesetzten, hatte auch noch bei seinem Spruch angefangen zu lächeln. „Also wenn du es schon anbietest. Wäre das doch keine schlechte Idee, oder Levi." Sprach der Ältere mit seinem schelmischen Grinsen im Gesicht. „Unterstehe dich, Erwin!" Drohte der überaus angepisste Undercutträger ihm mit erhobenem Zeigefinger, als Erwin auch sogleich weitersprach. Ob er ihn besänftigen wollte? „Ach Levi, jetzt komm mal wieder runter, dass er bei dir einziehen soll, war doch nur ein Scherz!" Versuchte er den Kleineren zu beschwichtigen, woraufhin der Schwarzhaarige kurz genervt durchatmete und die Hände vom Schreibtisch nahm. Levi verschränkte die Arme vor seiner Brust, ehe er weitersprach. "Erwin ich habe dir viel zu verdanken und das werde ich dir auch nie vergessen, aber an Eren Jäger hat sich hier schon jeder die Zähne ausgebissen. Ich habe keine Lust eine weitere Kerbe in seinem Bettpfosten zu sein. Und außerdem was ist denn mit Hanji? Bei ihr war er doch auch noch nicht gewesen." Sagte Levi entnervt und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. „Das geht nicht Levi und das weißt du genau. Hanji behandelt doch nur weibliche Patienten und selbst wenn es nicht so wäre, hat sie mit den Mädchen und der Laborarbeit schon mehr als genug zu tun." Antwortete der blonde Schulleiter sachlich. „Tch! Und ich spiele mir den ganzen Tag an den Daumen, oder was?" Fragte der Oberarzt gereizt und schenkte Erwin dabei einen Blick des Todes. „Natürlich nicht und ich weiß auch, dass du viel zu tun hast. Aber du bist die letzte Hoffnung des Jungen, wenn du ihm nicht helfen kannst, dann kann es auch kein anderer. Ich will nicht sehen, wie ein so junges Leben breites jetzt schon zu Grunde geht. Außerdem habe ich dich nicht umsonst mit nur 28 Jahren zum Oberarzt gemacht, wenn du nicht der Beste wärst." Schmeichelte Erwin ihm nun, was aber auch nicht allzu viel brachte. Trotzdem ließ er sich das alles noch einmal durch den Kopf gehen. Ja dieser Bengel brauchte dringend Hilfe, aber war er wirklich der Richtige für diesen Job? „Na schön. Ich mache es." Sagte der Oberarzt genervt nach der kurzen Pause. „Aber nur unter drei Bedingungen." Sprach er weiter. „Ich höre." Meinte der Chefarzt mit einem leicht triumphalen Lächeln auf den Lippen. „1) Mir muss der ganze Verwaltungskram abgenommen werden. Sonst kann ich mich nicht richtig um den Bengel kümmern. 2) Wenn er keinerlei Fortschritte in den nächsten 6 Monaten macht, will ich ihn wieder los sein. Ich habe keine Lust mich um einen hoffnungslosen Fall zu kümmern. 3) Ich will einen fetten Bonus am Ende des Jahres. Und ich weiche keinen Millimeter von meinen Forderungen ab, Erwin!" Forderte der Schwarzhaarige und hoffte darauf, dass sein Chef wieder zurückrudern würde. Stille kehrte im Büro des Chefarztes ein, bevor dieser jedoch zustimmend nickte. „Na schön. Du sollst bekommen, wonach du verlangst. Dafür erwarte ich aber auch von dir, dass du dich voll reinkniest." Sagte der Größere streng und schmiss dem Schwarzhaarigen eine dicke Akte mit der Aufschrift Eren Jäger auf den Tisch. „Ließ dich über das Wochenende richtig in seine Akte ein. Ab Montag bist du dann sein zuständiger Therapeut und Nachhilfelehrer." Sagte Erwin mit sorgenvoller Stimme. „Tch! Du musst mir meinen Job nicht erklären." Meinte der Schwarzhaarige gereizt, griff sich die Akte und verließ damit das Büro, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Mit der Akte unter dem Arm machte sich der schwarzhaarige Mann auf den Weg zurück in seine Wohnung, welche sich ebenfalls auf dem Gelände des Internats befand. Es waren immer Zweifamilienhäuser und diese standen alle auch recht weit voneinander entfernt, um zu gewährleisten das die Ärzte und das Pflegepersonal etwas Ruhe fand. Denn diese waren ja auch noch zusätzlich Lehrer und das war nicht minder anstrengend.
Levi wollte gerade seine Haustür aufschließen, als er ein lautes Quietschen vernahm, welches ihn seine Augen genervt verdrehen ließ. „Leevvviiiiii!!! Da bist du ja endlich." Trötete die Braunhaarige und fiel ihm um den Hals. Dr. Hanji Zoe war ebenfalls für Haus Sina verantwortlich. Diese meist chaotische Person war dazu auch noch die Leiterin der Laborabteilung und verstand sogar etwas von dem was sie dort tat. Nicht umsonst war sie zudem auch noch eine brillante Wissenschaftlerin und dazu auch noch seine beste Freundin. „Was willst du, Vierauge? Ich habe keine Lust an einem deiner Experimente teilzunehmen und besonders gute Laune habe ich auch nicht." Bluffte er die gleichaltrige Frau an und schob sie von sich weg. „Ach, sei doch kein Spielverderber. Das wird bestimmt lustig." Grinste ihn die bebrillte Brünette verspielt an. „Hanji! Ich habe weder Lust noch Zeit bei deinen Experimenten mitzumachen. Ich habe von Erwin einen Patienten auf's Auge gedrückt bekommen." Erklärte der Schwarzhaarige genervt und hielt Eren Jäger's Akte hoch. „Oh mein Gott, Levi. Wenn du irgendwie Hilfe brauchst, sag Bescheid." Sagte Hanji in einem für sie ungewöhnlichen ernsten Ton. Sie drehte sich ohne ein weiteres Wort auf dem Absatz um und verschwand in ihre Wohnung, welche sich unter der des Schwarzhaarigen befand. Levi schaute ihr etwas verdutzt hinterher. Sie benimmt sich ja öfters mal etwas seltsam, aber so habe ich sie glaube noch nie erlebt. Naja egal. Der junge Oberarzt seufzte leise, schloss die Tür auf und betrat seine Wohnung. Dort stellte er seine Schuhe fein säuberlich in sein Schuhregal am Eingang und hing seinen Kittel an die Garderobe. Er ging in sein Wohnzimmer und legte die Akte von Eren Jäger auf den kleinen Couchtisch ab und ging dann in sein Schlafzimmer. Dort holte er sich ein T-Shirt, eine Boxershorts, Socken und eine Jogginghose aus dem Schrank heraus und ging erst einmal duschen. Frisch geduscht und angezogen machte er sich dann auf den Weg zur Küche. Dort schaltete er routiniert den Wasserkocher ein und griff in den Schrank, um sich eine weiße Porzellantasse und einen Teebeutel herauszuholen. Dann stellte er seine Tasse neben den Wasserkocher und hing seinen Teebeutel in diese.
Danach wandte er sich seinem Kühlschrank zu und öffnete diesen. „Hach... ich muss morgen dringend einkaufen gehen." Seufzte er leise, als er feststellte, dass dieser fast komplett leer war. Das einzig wirklich Essbare, was sich darin noch befand, war das Essen, welches ihm die Oberschwester gekocht hatte. Also holte er es aus dem Kühlschrank und stellte es in die Mikrowelle. In der kurzen Wartezeit goss er sich schnell noch seinen schwarzen Tee auf, nur um den Teebeutel bereits nach nicht einmal drei Minuten wieder zu ziehen. Mit dem Essen in der einen und dem Tee in der anderen Hand, ging er dann wieder ins Wohnzimmer zurück und setzte sich dort an den Esstisch. Eines musste man Petra wirklich lassen. Sie konnte verdammt gut kochen und auch wenn er kein Interesse an Frauen hatte, freute er sich jedes Mal, wenn sie ihm etwas Gekochtes mitbrachte. Als er dann mit dem Essen fertig war und den Teller, sowie das Besteck, in die Geschirrspülmaschine gestellt hatte, setzte er sich mit seinem Tee auf die Couch und öffnete Eren Jägers Akte. Im groben wusste er über den Jungen Bescheid, da er ja von seinen Kollegen schon allerhand mitbekommen hatte. Doch was er dann dort las und sah, ließ ihm fast das Blut in den Adern gefrieren. Erst jetzt verstand er Hanji's und auch Erwin's besorgte Worte. Er hatte ja schon so einiges in seiner bisherigen Karriere gesehen, doch das war schon für seine Verhältnisse sehr heftig. Denn neben der schriftlichen Krankengeschichte des jungen Mannes, war diese dort auch in Bildern festgehalten worden. Er nahm die Fotos aus der Akte, um sie sich genauer anzusehen. Sie zeigten hauptsächlich die aufgeschnittenen Unterarme des Jungen, aber auch seine Hände. Diese waren von Bisswunden übersät. So viel Selbsthass hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Er legte die Fotos zurück in Akte und schmiss diese dann zurück auf seinen Couchtisch. Ich werde wohl morgen nach dem Einkaufen mal mit Hanji reden müssen. Sie scheint ja noch einiges mehr zu wissen. Levi seufzte innerlich und stand vom Sofa auf, denn der Blick auf die Uhr hatte ihm verraten, dass es mittlerweile schon mitten in der Nacht war. Also ging er ins Badezimmer, um sich vorm Schlafen gehen noch die Zähne zu putzen. Ich hoffe, ich kann dem Jungen irgendwie helfen. Dachte sich der Schwarzhaarige, kurz bevor er sich ins Bett legte und seine grauen Augen schloss.
Nachdem Levi am nächsten Tag einkaufen gewesen war, stand er nun vor Hanji's Haustür und klopfte daran. Als sich allerdings niemand meldete, vermutete er ganz stark, dass seine beste Freundin wohl noch im Reich der Träume war. Der Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass es bereits 11:30 Uhr am Mittag war und er fragte sich wirklich, wie man denn tatsächlich so lange schlafen konnte. Er selbst schaffte es gerade mal drei verdammt kurze Stunden am Stück zu schlafen, ehe ihm die Decke auf den Kopf fiel. „Hanji, bist du da?" Fragte er nun etwas lauter, damit diese Chaotin ihn auch hörte. Er würde nun nicht behaupten, dass diese Frau schwerhörig war, jedoch hatte sie einen gesegneten Schlaf. Ob sie wohl wieder einmal die halbe Nacht lang Yaoi gelesen hatte?
Einige Sekunden später wurde die Tür dann doch von einer verschlafenen Hanji geöffnet und er wurde mit einem herzhaften Gähnen begrüßt. „mhhh... Levi was willst du so früh am Morgen von mir?" Gähnte sie und riss dabei ihrem Mund auch noch sehr weit auf. „Ekelhaft, ich konnte dein Gaumenzäpfchen sehen..." Meinte der Undercutträger, als er einen Schritt zurückgetreten war. „Hast du echt bis jetzt geschlafen? Hanji.... Wir haben es mittlerweile halb zwölf. Außerdem will ich mit dir reden." Erklärte er sachlich, während die Brünette ihre Brille mit Daumen und Zeigefinger auf ihrer Nase hochschob. Wieder hatte er Eren Jägers Akte in der Hand und hielt diese für Hanji gut sichtbar hoch. „Natürlich komm rein..." Sagte sie und trat einen Schritt zur Seite, damit ihr bester Freund in ihre Wohnung eintreten konnte. Levi fiel sofort auf, dass die bebrillte Brünette nun hellwach war. Sie gingen gemeinsam in das Wohnzimmer und dort traf den Kleineren fast der Schlag. „Vierauge, ist das dein Ernst?" Fragte er sie entsetzt über das Chaos, welches in ihrem Wohnzimmer herrschte. Die Braunhaarige grinste ihn nur frech an. „Bevor wir uns unterhalten, räumen wir hier erst mal auf." Seufzte er, weil er genau wusste, dass es nicht brachte sie anzuschreien. So war Hanji nun mal und dafür kannte er seine beste Freundin einfach schon zu lange. Er legte die Akte auf einen freien Stuhl und begann damit Hanjis zugemülltes Wohnzimmer aufzuräumen. Die Braunhaarige verschwand derweilen im Badezimmer und kurz darauf hörte er das Wasser ihrer Dusche. Schließlich wusste auch sie, dass es keinen Sinn machte, sich gegen den Undercutträger aufzulehnen, wenn es um Ordnung und Sauberkeit ging. Er hasste Unordnung und liebte die Sauberkeit. Deshalb war Hanjis Wohnung, in der eigentlich nichts ordentlich war, ein wahrer Graus. Und tatsächlich wäre er eh schneller, wenn er sich diesem Chaos allein entgegenstellte. Hanji neigte schließlich dazu, alles nur noch Schlimmer zu machen.
Und so war es auch, denn als Hanji das Bad wieder verließ, war das Wohnzimmer aufgeräumt und eine Tasse Kaffee stand für sie auf dem Esszimmertisch. Dort saß Levi mit einer dampfenden Tasse Tee und der bereits aufgeschlagenen Akte. Hanji setzte sich ihm gegenüber und trank einen Schluck von ihrem Kaffee. „Was willst du wissen?" Fragte die brünette Ärztin, ehe sie die Tasse wieder auf den Tisch zurückstellte. „Du behandelst doch seine Adoptivschwester Mikasa Ackermann. Weißt du vielleicht, warum dieser Junge so extrem selbstzerstörerisch ist? Aus seiner Akte lässt sich dazu nichts herauslesen. Es scheint ihn bis jetzt keiner zum Reden animiert zu haben." Fragte der Oberarzt seine beste Freundin. „Genaues weiß ich leider auch nicht. Ich weiß auch nur, was mir seine Adoptivschwester, Mikasa, mir erzählt hat. Aber er scheint ihr wohl auch schon seit längerer Zeit nichts mehr anzuvertrauen. Es hat wohl mit dem Mord an seinen Eltern zu tun." Erklärte sie sachlich, ehe sie noch einen Schluck von ihrem Kaffee trank. Dann griff sie nach den Fotos aus der Akte und sah sie sich Stirnrunzelnd an. „Schlimm, diese Verletzungen. Ich habe ja schon so einiges gesehen, aber das ist doch schon sehr speziell." Sagte sie traurig und legte die Fotos wieder zurück in die Akte. „Ja, da hast du recht. Ich habe noch nie jemanden erlebt, der sich die Haut so durchgebissen hat. Ich hoffe nur, dass ich ihm auch helfen kann. Die Augenbraue meint, dass ich seine letzte Chance wäre." Sagte er und schloss die Akte wieder. Er trank seinen Tee aus und verabschiedete sich wieder von der Brillenträgerin. „Ich hoffe für dich, dass dein Wohnzimmer nicht gleich wieder im Chaos versinkt, wenn ich weg bin." Mahnte er sie an, bevor er ihre Wohnung wieder verließ. Viel hatte er zwar nicht in Erfahrung bringen können, aber er hatte zumindest einen Anhaltspunkt erhalten. Den Rest des Wochenendes verbrachte der Schwarzhaarige damit seine Wohnung auf Hochglanz zu putzen und sich die Akte des Jüngeren immer wieder durchzulesen.
Am Montagmorgen lief er geradewegs ins Sekretariat, um dort die Lautsprecher des Gebäudes zu nutzen. Er hatte schließlich absolut keine Ahnung, wo sich Jäger gerade befand und er wollte nicht darauf hoffen, dass er ihm zufällig über den Weg lief. Also nahm er den Hörer ab und drückte den Knopf für eine Durchsage.
„Eren Jäger, du findest dich nach dem Unterricht in Dr. Ackermanns Büro ein."
Levi ging davon aus, dass der Bengel diese Nachricht erhalten hatte, weshalb er nach Unterrichtsschluss in seinem Büro auf den Braunhaarigen wartete. Die Uhr an seinem Handgelenk zeigte ihm, das es bereits eine Dreiviertelstunde nach Schulschluss war und er spürte regelrecht, dass sich sein Geduldsfaden immer mehr spannte. Was glaubte dieser Bengel eigentlich, wer er war? Hatte man ihm keine Pünktlichkeit beigebracht? „Tch! Wo steckt dieser Bengel nur?" Fragte sich der Schwarzhaarige und schaute immer wieder genervt auf seine Uhr. Weitere Fünf Minuten vergingen und warum auch immer, beschlich ihn ein ungutes Gefühl. „Bringt ja alles nichts. Dann gehe ich ihn eben suchen und Gnade ihm Gott, wenn ich ihn gefunden habe..." Sprach er zu sich selbst, ehe er sich von seinem Stuhl erhob und sich auf den Weg nach draußen machte. Er fragte sich bei den Schülern, Ärzten und Pfleger durch, doch niemand konnte sich daran erinnern den Braunhaarigen gesehen zu haben. Er wird doch wohl nicht... dachte der Oberarzt und begann damit die bekannten Hotspots abzusuchen. Und Volltreffer beim letzten wurde er auch fündig.
Da lag der Jüngere mit aufgeschnittenen Armen, bewusstlos auf dem Boden. „Scheiße!" Fluchte der Oberarzt und rannte das letzte Stück auf den am Boden liegenden zu. Dabei hatte er sich den weißen Kittel ausgezogen und die Ärmel dabei kurzerhand abgerissen, ehe er ihm damit notdürftig die aufgeschnittenen Arme verband. Danach lud er sich den Braunhaarigen auf die Arme und lief mit ihm schnellen Schrittes zum Krankenflügel. „Hanji! Ich brauche zwei Blutkonserven 0 - und mach mir den OP bereit." Schrie der Oberarzt, als er mit einem lauten Knall die Krankenstation betrat. „Oh mein Gott, Levi! Was ist passiert?" Fragte Hanji besorgt. „Das siehst du doch, er hat sich versucht umzubringen und jetzt mach schnell!" Forderte er die Brünette auf und legte den Jüngern auf eins der sauberen Betten ab. „Verflucht Jäger! Wehe, du stirbst mir hier weg, bevor ich dir überhaupt versuchen konnte zu helfen." Knurrte der Oberarzt den Bewusstlosen an und drückte mit seinen Händen auf die notdürftig verbunden Schnittwunden, um die Blutung zu stillen. Dabei quoll ihm das Blut des Braunhaarigen zwischen den Finger hervor. „Scheiße! Hanji der OP!" Schrie er fluchend. Doch in dem Moment kam auch schon ein: „OP ist fertig!" zurück. Weshalb der Oberarzt mit dem Jüngeren auf den Armen im OP verschwand.
Zwei verdammt lange Stunden später, lag der braunhaarige Junge mit verbundenen Armen im aufwachraum. Zwar hatte er es nicht veranlasst, aber Hanji hatte seine Adoptivschwester benachrichtigt, welche auch noch Jägers besten Freund mit angeschleppt hatte. Nun saßen sie an der Seite des schlafenden Jungen. Nachdem der Oberarzt sich notdürftig frisch gemacht und vor allem saubere OP-Kleidung angezogen hatte, lief er auf Jägers Bett zu. Seine Schwester, ein schwarzhaariges Mädchen mit kühlem Blick, sprang sofort auf, als sie ihn entdeckt hatte. „Dr. Ackermann!" Begann die junge Frau, doch sie wurde gleich vom Älteren unterbrochen. „Er wird es schon schaffen. Ich habe ihn gerade noch rechtzeitig gefunden, aber viel später hätte es nicht sein dürfen." Erklärte er ihr ruhig, was sie leicht aufatmen ließ. „Wann kann Eren wieder zurück? Also... wie lange wird er in der Schule ausfallen?" Fragte Mikasa und zupfte dabei an ihrem roten Schal. Da die Jugendlichen bereits Unterrichtsschluss hatten, durften sie auch ihre normale Freizeitkleidung tragen, allerdings wunderte es den Undercutträger, dass sie hier im warmen Krankenflügel ausgerechnet einen Schal trug. „Er wird wohl noch einige Tage, unter engmaschiger Überwachung hier im Krankenflügel bleiben müssen. Wie gesagt, es hat nicht mehr viel gefehlt, dann hätte ich auch nichts mehr ausrichten können." Sagte der junge Oberarzt, bevor sie ein erwachendes Stöhnen des Schlafenden vernahmen. „Ich schätze, es wäre besser, wenn ihr Zwei nun gehen würdet. Jäger braucht nun Ruhe." Meinte Levi noch und wollte eigentlich vermeiden, dass dieser Junge jetzt schon wieder erwachte. Denn alles was er nun brauchte, war Ruhe und Schlaf. „Aber..." Setzte seine Schwester gerade an, als der Undercutträger noch deutlicher wurde. „Es würde ihm bedeutend besser gehen, wenn er jetzt noch etwas weiterschlafen würde, was er ja scheinbar gleich nicht mehr macht, wenn hier weiter diskutiert wird." Nun war es Jägers bestem Freund zugute zu halten, dass er seinen Arm zögerlich nach dem Mädchen ausstreckte und sie zusammen die Krankenstation verließen. Als die Beiden zur Tür draußen waren, verabreichte er dem Jungen noch ein leichtes Narkotikum, damit dieser noch eine Weile weiterschlafen würde. Denn so hatte sein Körper noch die Chance wertvolle Kräfte zu tanken, ehe er ihm seine Sonderbehandlung präsentieren würde.
Auch wenn er sich bereits saubere OP-Kleidung angezogen hatte, so wusste er, dass dies nicht seine Sachen waren. Und obwohl er wusste, dass diese Arbeitskleidung klinisch sauber war, fühlte er sich nicht unbedingt wohl mit ihnen. „Hanji, kannst du mir bitte etwas Frisches zum Anziehen aus meiner Wohnung holen?" Fragte er seine beste Freundin, welche gerade auf ihn zugekommen war und drückte ihr seinen Wohnungsschlüssel in die Hand. „Aber Levi... Eren wird doch noch eine Weile lang schlafen, oder? Willst du dann nicht lieber selbst in deine Wohnung gehen und dich dazu noch etwas ausruhen? Ich passe schon auf ihn auf." Meinte die bebrillte Brünette und sah ihren besten Freund schon beinah mütterlich an. „Nein! Ich lasse dieses Balg keinen Moment mehr aus den Augen. Wer weiß was er tut, wenn er wach wird und es keiner mitbekommt. Wir können ihn auf Grund seiner Schnittwunden nicht an den Armen am Bett fixieren. Nachher springt er uns noch aus dem Fenster oder schnappt sich ein Skalpell und bringt es dann ganz zu Ende. Hanji... ich bin der Einzige, der stark genug ist, ihn aufzuhalten und außerdem habe ich keine Lust auf den Papierkram, wenn sich dieser dumme Bengel hier das Leben nimmt." Sagte der Undercutträger genervt und ließ damit kaum Raum für Diskussionen. „Na schön Levi. Ganz wie du meinst. Dann gehe ich mal los." Meinte seine beste Freundin, während er ein ungutes Gefühl verspürte. „Und Vierauge...nur meine Sachen. Meine Wohnung ist nicht dein Labor. Hast du mich verstanden?" Warnte der Schwarzhaarige die junge Ärztin. „Ja, ja! Ich habe schon verstanden." Trällerte sie hingegen und ließ dabei den Schlüsselbund gekonnt um ihren Zeigefinger kreisen. Dann verließ sie den Krankenflügel. Na, hoffentlich... dachte der Oberarzt und ließ sich auf einen Stuhl neben Eren's Bett fallen. „Oh man Jäger. Du machst mir jetzt schon Probleme, dabei haben wir noch nicht mal mit deiner Therapie angefangen." Murmelte der Undercutträger und rieb sich dabei genervt die Nasenwurzel.
„Leeeevii! Da bin ich wieder!" Zwitscherte die Brünette vergnügt, als sie die Krankenstation wieder betrat. „Bist du bescheuert, Vierauge? Geht's nicht noch ein bisschen lauter? Das ist hier immer noch ein beschissener Krankenflügel. Also sei gefälligst nicht so laut und außerdem... Was zur Hölle hat da in meiner Wohnung so ewig gedauert? Du hast doch nicht etwa meine Wohnung durchwühlt?" Fragte der Kleinere streng, als er auf eine Antwort seiner Freundin wartete. „Na, ich konnte mich für keine Farbe entscheiden." Grinste die Brünette nur und zu Hölle, sie wusste ziemlich genau, wie angepisst er auf solche antworten reagierte. Trotzdem verstand er nicht, was sie mit der Farbe überhaupt meinte. Weshalb er sie fragend ansah. „Na die Farbe deiner Boxershorts. Bei der riesigen Auswahl kann sich doch kein Mensch entscheiden. Aber mach dir bitte keine Sorgen, denn nach längerem hin und her, habe ich mich schlussendlich für die Farbe deiner Augen entschieden." Meinte die frech grinsend und drückte ihrem besten Freund eine Tasche in die Hand. „Kann ich sonst noch etwas für dich tun?" Fragte die bebrillte Brünette im Anschluss. „Ja, du kannst Leine ziehen, Vierauge...!" Murrte der Schwarzhaarige. „Aber Levi, soll ich dir nicht heute Nacht Gesellschaft leisten? Dann könnten wir uns abwechseln." Manchmal ließ diese Frau einfach nicht locker. „Nein, Hanji. Geh lieber zu seiner Schwester und sieh, wie es ihr geht. Nicht das sie auch noch irgendwelchen Unsinn anstellt." Erklärte der junge Oberarzt, während er Hanji in Richtung Tür schob. „Aber wenn was ist..." Fing sie noch einmal an. „Ja, ja. Dann ruf ich dich an." Unterbrach er sie kurzerhand und schob sie nun endgültig aus dem Krankenflügel.
Nachdem Levi den Inhalt der Tasche inspiziert hatte, huschte ihm doch tatsächlich ein leichtes Lächeln über die Lippen und er wurde wieder einmal daran erinnert, warum das Vierauge seine beste Freundin war. Denn in der Tasche befand sich noch eine Thermoskanne und die Akte seines jungen Patienten, auf der ein kleiner Zettel geklebt war.
Damit dir nicht langweilig wird. Hanji 😉
Auch wenn Hanji wirklich nerven konnte, war sie manchmal wirklich ein Engel. „Sie denkt echt an alles..." Flüstert der Undercutträger und verschwand für einen kurzen Augenblick mit seinen frischen Sachen. Als er fertig umgezogen und sich wieder erheblich wohler in seiner Haut fühlte, setzte er sich in eine Ecke des Krankenflügels, von wo aus er seinen Patienten gut beobachten konnte. Dies würde definitiv eine lange Nacht werden, da er nicht glaubte, dass der Bengel vorher auch nur ein Auge würde öffnen können. Also goss er sich etwas von dem dampfenden Tee in seine Tasse und schlug abermals die Akte des Jungen wieder auf. Die Zeit verging und als es allmählich immer dunkler wurde, schaltete Levi das große Licht aus und an seinem Sitzplatz eine kleine Schreibtischlampe an. Er hatte schließlich die Akte des Braunhaarigen noch nicht durch und die Nacht war ja noch bekanntlich jung. Es musste doch schließlich irgendeinen Hinweis in dieser Akte geben, warum der junge Mann so verzweifelt versuchte seinem Leben ein Ende zu setzen. Zumal das heute scheinbar nicht das erste Mal gewesen war. Es war bereits der vierte erfolglose Versuch gewesen und hätte Levi ihn heute nicht rechtzeitig gefunden, dann hätte es dieses Mal wohl auch geklappt.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top