Akzeptanz
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Wie immer wenn ich im Auto sitze, lehne ich meinen Kopf gegen Marikos Schulter. Diese schaut nur kurz zu mir und dann aus dem Fenster. Anthony mustert mich immer mal zwischendurch im Bild des Rückspiegels. Wahrscheinlich denkt auch er nach. Ich kann ihn verstehen. Seit ich klein bin, waren wir immer zusammen. Er war für mich ein Bruder. Mein Held. Immer habe ich zu ihm aufgesehen, und jetzt... Auf einmal bleibt mir keine Zeit um noch an seiner Seite zu bleiben. Wieso musste es auch unbedingt mich treffen? Aber was bringt es, das wieder und wieder in Frage zu stellen. Es ist wie es ist. Ändern kann ich es auch nicht. Doch ich habe meine Entscheidung getroffen. Jetzt werde ich nichtmehr warten, dass mich mein Schicksal einholt.
Während die Landschaft außerhalb des Autos an uns vorbei zieht, falle ich in einen unruhigen Schlaf.
>>Mama, Mama, werden wir wirklich alle irgendwann sterben?<< Die Stimme eines Kindes zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. >>Ja, das ist korrekt Yuno. Ich werde sterben, und du wirst sterben. Das ist das Schicksal der Menschen. Jeder Mensch und jedes Tier zieht irgendwann das Los der Sterblichkeit. Das müssen wir akzeptieren. Und vergiss nicht, was ich dir und Yara erklärt habe. Der Tod ist nichts, wovor du dich fürchten musst. << Langsam gehe ich näher und beobachte meine jüngere Ausgabe. Diese scheint nachzudenken, es jedoch nicht zu verstehen. Lächelnd nicke ich mehr für mich selbst. >>Du hast recht Mama, endlich verstehe ich. Ich weiß nun, was du mir damals sagen wolltest. Warte nur noch ein kleines Bisschen länger, dann bin ich wieder bei dir und Papa. <<
Meine Augen nur einen Spalt weit öffnend stelle ich fest, dass ich mich nicht mehr im Auto, sondern in meinem Zimmer befinde. Langsam setze ich mich auf, und laufe dann Stück für Stück zu den versteckten Weihnachtsgeschenken und lege diese auf meinen Schreibtisch. Dort nehme ich mir außerdem eine Schere, Geschenkpapier und glänzendes Geschenkband. Als ich alles zusammengetragen habe, beginne ich damit die Geschenke einzupacken. Als erstes die Autoplakette für Dad. Fein säuberlich wickle ich diese in ein dunkelblaues Papier ein. Darauf folgen dann die Partnerketten für Mike und mich, die Freundschaftsarmbänder für Kyla und mich, Josephines Ring, den Weiberheld Anhänger für Jonah, Marikos Armband und die Handschellen für Tony. Ein schmutziges Grinsen bildet sich auf meinen Lippen. Heheh, das wird ein Spaß. Als Geschenk für Frau Jane packe ich mehrere Kochbücher ein, und Herr Davis bekommt eine Erstausgabe meines Lieblingsautors. Für Tante Cornelia wickle ich einen Gutschein und eine Kopie meines Buches in das Geschenkpapier. Also damit meine ich das, welches ich geschrieben habe, während ich in der Klinik war. Sie als eine der letzten richtigen Verwandten sollte wissen, was mir in meinen letzten zwei Jahren durch den Kopf ging. Nun ja, ich habe für jeden meiner Freunde und Familienmitglieder eine dieser Kopien zusammengestellt, doch nur drei Leute bekommen die drei Handgeschriebenen Originale. Ja ok, ich hätte es nicht noch zwei Mal abschreiben müssen, doch ich wollte sowohl Yara, als auch Mike und Dad die echten geben, denn in jedem meiner Lebensabschnitte war einer dieser drei an meiner Seite. Natürlich hätten es Kyla und Jonah auch verdient, aber ich hatte nicht mehr genügend Zeit, um mehr zu schreiben. Deshalb muss das genügen.
Als ich mit dem einpacken der Geschenke fertig bin, setze ich mich an den Schreibtisch und beginne damit, Briefe zu schreiben. Sie alle sollen einen zum Abschied bekommen. Auf grund des Zeitdruckes schreibe ich nun etwas schneller als sonst. Der erste soll an Mike gehen.
>>Lieber Mike,
Wenn du diesen Brief hier liest, dann werde ich bereits nicht mehr bei dir sein. Es tut mir leid, dass ich dir nichts gesagt habe, beziehungsweise es so schnell enden lassen habe, doch dieses Leben wollte ich so nicht mehr führen. Die Medikamente hätten mich so oder so nur für ein halbes Jahr begleiten können, also war es mir dann klar. Ich wollte nicht, dass ihr mir zusehen müsst, wie ich langsam dahin sieche. Das wäre für mich unerträglich gewesen.
Mit diesem Brief will ich dir sagen, dass ich dich liebe, und auf ewig lieben werde. Auch wenn du mich nicht mehr sehen kannst, so werde ich doch immer an deiner Seite bleiben, über dich wachen. Dort oben im Himmel wird es mir jetzt bestimmt besser gehen. Bitte verzeih mir, doch ich konnte nicht in dieser Welt bleiben. Ich war dort nicht erwünscht. Dennoch..
Nachdem ich erfuhr, dass ich sterben muss, war ich getroffen. Ich hatte doch vor meinem Tod noch so vieles vor. Ich wollte die Schule beenden, studieren, eine bekannte Professorin werden und Dad in der Firma helfen. Doch das alles soll mir nicht vergönnt sein. Ich habe immer gedacht, dass das Schicksal mich bestrafen will, doch mittlerweile habe ich mich erinnert. Meine Mutter hat mir, als ich ein Kind war, erklärt dass der Tod nur ein weiterer Weg ist. Ich bin nun nicht mehr traurig sein. Auch habe ich keine Angst mehr. Ich gehe jetzt. Wir werden uns im Jenseits wiedersehen, da bin ich mir sicher. Eine letzte bitte noch: Lebe dein Leben in vollsten Zügen und wage es ja nicht, zu schnell nachzukommen! Wenn du mein Tagebuch liest, wirst du hoffentlich wissen, was in mir vor ging.
„Wir müssen also keine Angst haben.Der Tod ist nicht das Ende."
In Liebe, deine Yuno <<
Vorsichtig falte ich das Blatt zusammen, schiebe es in einen Umschlag und schreibe ein weiteres Mal den Namen der Person drauf, die ich am meisten Liebe. Mike.
Dann nehme ich ein zweites Blatt und setze die Spitze meiner Feder an.
>>Liebe Kyla,
Es tut mir wirklich leid, dass ich dir nichts von meinem Plan erzählt habe. Ich wollte nicht, dass du noch mehr leidest.
Jetzt, während ich diesen Brief schreibe, geht es mir ganz gut. Ich habe schmerzen, aber das ist nicht von Bedeutung. Das Medikament habe ich seit ein paar Tagen nicht mehr genommen. Die Angst vor dem Tod ist bereits verebbt , die Zweifel auch. Bitte weine nicht, denn meine Mutter erklärte mir vor vielen Jahren, dass der Tod nicht endgültig ist. „Weiße Strände, und dahinter ein fernes grünes Land unter einer rasch aufgehenden Sonne"
Als ich Mina wiedersehen durfte, da begriff ich, dass es gar nicht so schlimm ist zu sterben. Immerhin werden wir dann mit all jenen zusammen sein, die wir lieben. Und auch, wenn du mich nicht sehen kannst, werde ich dennoch immer bei dir sein, über dich wachen und dich beschützen.
Ich hinterlasse dir genau wie den anderen eine Anfertigung meines „Tagebuches", welches ich in den letzten zwei Jahren täglich führte. Es enthält alles. Vom Beginn bis zum Ende habe ich alles aufgeschrieben, was mir in den Kopf kommt.
Die Zeit wird langsam knapp. Es ist der 24. Dezember. In wenigen Stunden werden alle hier sein, und dann feiern wir. Ich habe noch eine letzte Bitte an dich. Sollte der Mörder meiner Eltern jemals gefasst werden, dann schreib ihn auf die Letzte Seite jeder Anfertigung meines Buches. Du kannst mir dann alles erzählen, wenn du mein Grab besuchst.
Erneut möchte ich dir für alles danken. Für mich warst du wie eine Schwester. Nein, du bist noch immer meine Schwester.
Deine Yuno <<
Bedächtig streiche ich über das Briefpapier. Es ist wirklich schön verziert. Dazu kommt, dass es nach Rosenblüten riecht. Es stimmt. Nichts von dem was ich schrieb, ist gelogen. Weder der Fakt, dass es mich nicht länger stört, dass ich bald sterbe, noch meine Schulgefühle den Anderen gegenüber. Wie immer ist auch diese Methode nichts, als egoistisch und unfair. Aber was soll ich schon machen? Bei dem Gedanken, dass ich irgendwann nur noch an dem Bett gefesselt bin, wird mir schlecht. Doch noch schlimmer ist für mich, dass es meine Familie und Freunde noch härter trifft.
Seufzend schreibe ich den nächsten Brief. Es ist kaum zu glauben, dass es so schwer ist, Abschied zu nehmen.
>>Lieber Jonah,
dass ich dich vor etwa einem halben kennenlernen durfte, war für mich das größte Geschenk, das man mir machen konnte. Endlich hatte ich nach langem wieder das Gefühl, ich selbst zu sein. Du warst sozusagen der Schlüssel zu meiner Identität. Es war schon seltsam, dass du mich besser kanntest, als ich mich selbst. Wenn man denn von den Träumen absieht, die mich immer und immer wieder daran erinnert haben, dass ich nicht leben sollte. Ich dachte zuvor, dass alle meine Verwandten tot sind. Dann habe ich von deiner Mutter und Josephine im Internet gemeldet. Ich war so glücklich, dass es noch andere aus meiner Familie gibt. Und dann habe ich dich getroffen. Du wusstest sofort wer ich bin. DU sahst nicht Tsuki Taylor oder die derzeitige Yuno Taylor, sondern Yuno Scarlett. War nämlich die, die ich von Anfang an war. Mir war nicht klar, dass es ein Fehler war, meinen echten Vornamen anzunehmen. Ich dachte nur, dass es ja alles okay sei. Immerhin trug ich ja auch noch den Familiennamen von Dad, also meinem Pflegevater.
Ich nahm an, dass mich meine Vergangenheit nicht mehr einholen könnte. Doch als Mariam dann erschossen wurde, da wusste ich.. Ich wusste, dass es meine Schuld war. Sie starb nur wegen mir. Ich hoffe, dass sie in Frieden ruhen kann, wenn ich erstmal aus dieser Welt entschwunden bin.
Aber gut, dass ist eine andere Angelegenheit, bitte verlier dich nicht. Nur weil ich sterbe, heißt das nicht, dass du leiden musst. Ich habe mich selbst für dieses Ende entschieden. Immerhin hätte ich auch weiterhin die Medikamente nehmen können, doch gestorben wäre ich trotzdem. Ich werde immer bei dir bleiben. Das verspreche ich dir. Nun möchte ich an dich gerichtet meinen Letzten Wunsch äußern. Pass bitte für mich auf Kyla, Tante Cornelia und Josephine auf. Die beiden mussten bereits sehr viel verlieren, und leiden.
In Liebe, deine Yuno<<
Kurz dehne ich meine Arme vor meinem Körper. Während ich nach meiner Wasserflasche greife, streif mein Blick den dunklen Himmel. Für nur einen winzigen Augenblick erhasche ich, hinter den dicken schwarzen Wolken, die schwachen Sonnenstrahlen. Ein leichtes Lächeln bildet sich auf meinen Lippen. Ob das wohl ein Zeichen ist?
>>Liebe Ayca,
Erinnerst du dich noch an den Tag, an dem du mich kennen gelernt hast? Du konntest mich damals wirklich kein bisschen leiden. Du glaubtest, dass ich einfach nur verwöhnt wäre, weil mir meine Eltern alles bezahlen. Ein kleiner Teil davon stimmte ja tatsächlich. Mein Pflegevater hätte wirklich alles dafür getan, dass mir nichts fehlt. Vermutlich hätte er sogar sein letztes Hemd für mich verkauft. Dennoch war ich nie verwöhnt, oder gar eingebildet. Eigentlich hätte ich alles dafür gegeben, Dass meine richtige Familie ein ärmliches Leben gelebt hätten. Weißt du, ich glaube, dass dann alles anders gekommen wäre. Sicherlich hätte dann niemand meine Familie als Ziel genommen, wenn wir kein Geld gehabt hätten.
Ich hasste dieses Leben.. Das Geld war schuld, dass meine Eltern ermordet wurden. Gier ist eine wirklich schreckliche Charaktereigenschaft der Menschen. Sie mach Menschen zu Monstern. Sie verändert uns.
Bitte werde niemals so wie ER.. Versprich es mir. Versprich mir, dass du den Kontakt zu Misaki und Amy aufrecht erhältst. Und wenn du mal vor meinem Grab stehen solltest, dann kannst du mir erzählen, was ihr zusammen unternommen habt. Ach und solltest du jemals jemandem begegnen, der wie ich ist, dann erzähl dieser Person von mir. Er oder sie sollte nicht die gleichen Fehler machen, wie ich sie tat.
Das Jahr, welches ich mit dir verbringen durfte, war wirklich schön. Ich möchte dir dafür danken, dass du so eine tolle Freundin für mich warst. Das werde ich nie vergessen. Ich gehe jetzt, und wünsche dir alles Gute. Wir werden uns bestimmt wiedersehen.
Deine Yuno <<
>>Lieber Tony, Liebe Mariko,
Ich kenne euch noch nicht sonderlich lange, doch in dieser viel zu kurzen Zeit ist mir aufgefallen, dass es nicht die Zeit ist, die einen miteinander verbindet, sondern die Erlebnisse, die in dieser Zeit entstanden. Ich bin mir sicher, dass wir uns irgendwann wiedersehen. Wenn meine Seele in einem neuen Körper wiedergeboren wird, kann ich hoffen, ein besseres Leben zu führen als zuvor. Solltest ihr irgendwann das Mädchen treffen, welches meine Seele in sich trägt, möchte ich, dass ihr jener Person erzählt, wer ich war. Es gibt im Leben immer Sachen, welche man fehlerhafterweise für richtig erachtet. Im Nachhinein denkt man sich dann, wie dumm man doch war. Die eine oder andere Sache, die ich anders gestaltet hätte, hätte vielleicht mein ganzes Leben ins Positive verändern können. Na egal, ich schreibe euch nicht, um zu sagen, was ich hätte besser machen können, sondern um euch zu danken. Ihr wart bei mir, als ich ganz unten war, und ihr wart bei mir, als ich endlich nach oben konnte.
Bitte gebt euch nicht weiter die Schuld, für den Tod eurer Tochter. Sie würde es nicht wollten, dass ihr traurig seid. Mein letzter Wunsch an euch ist, dass ihr den Frieden in dieser Welt aufrechterhaltet. Liebt, Lebt und vergebt. Die Vergebung ist eine Eigenschaft, welche wichtiger ist, als alles andere. Ich kann dem Mörder meiner Familie nicht vergeben, doch ich kann ihn verstehen. Wenn die Gier, und die Versessenheit nach Geld zu groß werden, gibt es nur die Vergebung, die einen wieder auf den rechten Pfad lenken kann. Sollte er irgendwann gefasst werden, und er es bereut... Dann werde ich ihm vergeben. Jeder macht im Leben mal Fehler, und eben jene Fehler werden gemacht, um daraus zu lernen. Man trifft falsche Entscheidungen und wächst dadurch. Irgendwann, wenn man genügend Eindrücke dieser Welt gesammelt hat, kann man wachsen. Man wächst über sich hinaus und erkennt.
Ihr wart für mich wie ältere Geschwister. Auch wenn ihr meine Eltern nicht ersetzen konntet, bin ich euch dankbar. Denn ihr beide habt mein Leben für eine kurze Zeit wieder lebenswert gemacht. Dank euch konnte ich am dunklen Himmel letztlich wieder die Sonne sehen. Auch wenn sie in diesem Moment gerade unterging, bin ich mir sicher, dass auch irgendwann mein Sonnenaufgang kommen wird. Es wird der Tag kommen, an dem die Sonne heller scheint als je zuvor. Es wird der Tag kommen, an dem ich neben euch stehen werde. Es wird der Tag kommen, an dem auch ihr dort hin kommt, wo ich bald bin, doch dieser Tag ist noch fern.
Ich muss jetzt leider diesen Brief beenden. Die Zeit wird langsam knapp. Es ist Weihnachten. Das wird bestimmt ein schöner Abend.
Eure Yuno <<
Beide Briefe stecke ich in unterschiedliche Umschläge. Vermutlich werde ich einfach nachher weiterschreiben. Mit einem Blick auf die Uhr erstarre ich. Bereits seit zwei Stunden sitze ich hier. Ein Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken, weshalb ich die Briefe schnell in meinem Block verschwinden lasse. >>Ja? << Als sich die Tür öffnet, steht dort Dad. Glücklich springe ich auf, stelle jedoch fest, dass dies viel zu schnell war. Für einen Augenblick macht mein Kreislauf einen Abgang. Es macht sich schon bemerkbar, dass ich die Medikamente nicht mehr nehme. Dennoch lasse ich mir nichts anmerken, und umarme den großgewachsenen Mann. >>Da bist du ja endlich. << Er nickt und dreht mich wie ein Kind in der Luft. >>Wir steckten im Schneesturm fest. Deshalb dauerte es etwas länger als geplant.<< Nachdenklich sehe ich ihn an. >>Wir? << Er nickt. Ich habe einen Gast eingeladen. Sie wollte jedoch nicht sofort bei dir reinplatzen, und ist deshalb draußen geblieben. Mikes Familie ist auch bereits da. Wir sind fast Zeitgleich angekommen. << Überrascht nehme ich wahr, dass es sich um eine Frau handeln muss. Erneut klopft es. Ich öffne die Tür und sehe Mike, Kyla Jonah, Josephine und mehrere Erwachsene die dich nicht kenne. Kyla lächelt. >>Yuno? Das sind meine Adoptiveltern. << Zwei der Erwachsenen reichen mir nacheinander die Hand. Die Frau beginnt sofort zu sprechen. >>Hallo, es freut mich sehr, dich kennen zu lernen. Kyla hat uns bereits sehr viel über dich erzählt. << Lächelnd erwidere ich den Handdruck. >>Es freut mich ebenfalls, Sie kennen zu lernen. Auch mir hat Kyla schon einiges erzählt. Ich hoffe, dass wir uns heute noch einmal unterhalten können.<< Während die Frau sehr aufgeschlossen wirkt, scheint der Mann nur etwas scheu zu sein. Er lächelt nur leicht, hält sich sonst jedoch aus dem Gespräch raus.
Danach stellt auch Mike seine Eltern vor. >>Hallo Yuno, du hast unserem Sohn ja richtig den Kopf verdreht. Wir freuen uns darauf, nachher noch mit dir Konversationen zu führen. << Lächelnd erwidere ich die Begrüßung. Dann schaue ich zu Dad. >>Sag mal, wo ist eigentlich deine Begleitung?<< Etwas schief grinsend lacht er. >>Nun, das weiß ich selbst nicht so ganz. << Kichernd stehe ich auf. >>Ich gehe sie suchen. Klopf du doch nebenan bei Mariko und Tony, und sag den beiden, dass ich in der Cafeteria bin. Ich hole uns jetzt erstmal Frau Janes Kuchen, bevor nichts davon übrigbleibt und gable nebenbei noch unseren Gast auf. Fühlt euch wie zuhause. << Kyla schaut mich besorgt an. >>Soll ich dich begleiten? Ich will nicht, dass dir etwas passiert. << Lächelnd verneine ich. >>Keine Sorge, auf den Fluren ist ja immer irgendjemand<< Mike seufzt. >>Ja, aber Kyla hat recht, es kann ja sein, dass in dem Moment niemand da ist. << Wütend balle ich meine Hände zu Fäusten. >>Ich kann sehr wohl alleine auf mich Acht geben. Danke für eure Sorge, aber mir wird nichts passieren. Unkraut vergeht nicht. << Mit diesen Worten verlasse ich einfach den Raum und gehe in Richtung Cafeteria. Schnell wische ich mir aufkommende Tränen weg. >>Wieso vertraut mir denn niemand? Ich bin doch kein Kind mehr. << Kurz bleibe ich stehen und denke nach, bevor ich langsam weitergehe.
Leise summe ich eine Melodie vor mich hin, welche mich an meine richtigen Eltern erinnert. >>Bald bin ich wieder mit euch vereint. Es dauert nicht mehr lange, das verspreche ich. << Seufzend gehe ich an einer Frau vorbei, die ich nicht kenne. Diese starrt geradezu gefesselt nach draußen in den Schnee. Dann stocke ich. Ist sie das vielleicht? Langes braunes Haar fließt glatt über ihre Schultern. Sie scheint zu frieren, was nicht verwunderlich ist, da es auf dem Flur recht kühl ist. Kurzerhand spreche ich sie einfach an. >>Guten Tag<< Erschrocken zuckt sie zusammen. >>Oh, ich habe gar nicht bemerkt, dass ich nicht mehr alleine bin. << Lächelnd schüttle ich meinen Kopf. >>Nein, ich muss mich entschuldigen. Ich hätte mir denken müssen, dass Sie in Gedanken versunken waren. Immerhin haben Sie ja nur Augen für den Schnee gehabt. << Etwas verlegen kratzt sie sich am Kopf. >>Nun, ich habe mich nur an meine Kindheit erinnert. Da habe ich oft im Schnee gespielt. << Verstehend nicke ich. >>Der Schnee erinnert auch mich an meine Kindheit. Ich habe diesen wohl auch sehr geliebt. Bei diesem Anblick werde ich immer ganz melancholisch. Scheinbar waren meine Eltern damals oft mit mir draußen, wenn es geschneit hat. <<
Sie scheint erneut in Gedanken zu versinken, und so auch ich. >>Ist Ihnen kalt?<< Sie nickt lachend. >>Ja, und um ehrlich zu sein, habe ich mich verirrt. Ich bin mit meinem Kindheitsfreund hier. Er besucht nämlich seine Tochter und deshalb wollte ich den beiden erstmal etwas Zeit alleine geben. Naja, genau genommen ist sie glaube ich nicht seine richtige Tochter.<< Traurig nicke ich. >>Ja das stimmt. Er hat mich aufgenommen als meine Eltern starben. << Überrascht sieht sie mich an. >>Du bist Yuno?<< Ich nicke nur. Zögerlich nimmt sie mich in den Arm. >>Ich wusste nicht, dass deine Eltern..<< Lächelnd erwidere ich die Umarmung. >>Das ist halb so schlimm. Ich bin bald wieder bei meiner Familie. Deswegen bin ich nicht mehr traurig. << Erschrocken schaut sie auf. >>Bald? Wie meinst du das?<< Seufzend löse ich mich von ihr. >>Kommen Sie mit. Ich erkläre es Ihnen auf dem Weg.<< Sie nickt und folgt mir. >>Ach, und du kannst mich Anna nennen und duzen. Ich finde es irgendwie seltsam, von dir gesiezt zu werden.<< Erneut nicke ich. >>Ich bin Krank. << Nachdenklich betrachtet Anna mein Gesicht. >>Inwiefern?<<
Zielgerichtet nehme ich den kürzesten Weg zur Cafeteria. >>Mein Herz ist kaputt. Ich habe nur noch ein halbes Jahr zu leben. << Stumm reißt sie ihre Augen auf. >>Aber du bist doch erst 17.<< Dies bejahe ich. >>Das ist korrekt. Darf ich dir etwas anvertrauen, ohne dass du es meinem Vater oder irgendjemanden verrätst? << Zögerlich nickt sie und scheint dann zu warten. >>Ich werde es niemandem erzählen. Egal was es ist. << Dankbar lächle ich. >>Ich konnte es niemandem sagen, da es niemand verstehen würde. Erstrecht nicht Dad. Ich nehme seit einigen Tagen nicht mehr die Medikamente, welche mich noch ein halbes Jahr am leben gehalten hätte.<< Die junge Frau bleibt stehen. >>Aber.. << Ich unterbreche sie. >>So ist es besser. Ich will nicht, dass sie noch mehr leiden. Im Endeffekt würde es mir in etwa einem viertel Jahr immer schlechter gehen. Ich würde innerlich brechen, könnte das Bett nicht mehr verlassen. Dad und die anderen müssten mir dabei zusehen, wie ich sowohl körperlich als auch seelisch zerbreche und langsam sterbe. Die Schmerzen mal ganz beiseite wäre das die Hölle.
Ich will nicht, dass sie mich auf diese Weise verabschieden. Lieber sterbe ich ganz alleine, als dass sie um mich weinen. << Leise schluckt sie. >>Irgendwie.. kann ich dich verstehen. Auch ich würde nicht wollen, dass man wegen mir trauert. << Ich lächle wieder. >>Meine Mutter, also meine richtige, hat mir und meiner Adoptivschwester damals beigebracht, dass der Tod nicht das Ende ist. Ab diesem Punkt stehen wir einfach vor einer weiteren Weggabelung. <<
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