37 - Der goldene Fuchs (3)
„In Surme erzählen sie, der König sei eine Erfindung der Befreier, das ist richtig. Die Wüstenfüchse hingegen sehen ihn als einen realen Mann, mit einer überaus realen Armee, an. Der Hohepriester und seine Söldner sowie der König und dessen Gefolge werden demnach die Befreier zermalmen und anschließend über unsere Küsten herfallen. Damit will er den Glauben an die Mutter wiederherstellen. Der König ist nichts weiter als ein Handlanger. Wenn wir den wahren Anführer, sprich den Mutterpriester, getötet haben, wird es nur noch einen Krieg geben, nämlich einen Bürgerkrieg. Man wird die Männer des Königs beschuldigen, das Oberhaupt Namuns ermordet zu haben, denn wir werden zu jenen Männern des Königs werden, sollten wir scheitern oder nicht unerkannt bleiben. Die alte Feindschaft mit dem Norden wird wieder aufbrechen und am Ende werden sie sich gegenseitig die Kehlen aufschlitzen. Der Gewinner dieses blutigen Gemetzels wird Venua sein. Verstanden, Jullen, oder lasten noch mehr Fragen auf deinem Herzen? Wir können uns nicht leisten dumm, wie die Huren, in unser Verderben zu rennen, also schütte uns ruhig dein Herz aus."
Jullen öffnet zunächst den Mund zur Widerrede, schloss ihn jedoch rasch wieder. Ein kurzer Moment, in dem Pat befürchtete, er könnte etwas aussprechen, von dem sie geschworen hatten, es nicht zu tun. Der Mission wegen. Stattdessen erhob er sich beleidigt von seinem Platz und entfernte sich mit schnellen Schritten von der Feuerstelle, während Amwaldt in Gelächter ausbrach, sich eine Handvoll weiteren Krabbelgetiers in den Mund stopfte und sich schließlich ebenfalls erhob, um in den Tanz zu den Gesängen eines weiteren, dieses Mal äußerst fröhlichen, Liedes einzusteigen. Pat hingegen entschloss sich, seinem Freund zu folgen, um mit ihm zu reden. Er musste ihn davon überzeugen, seine Abneigung gegen Amwaldt beiseite zu räumen. Er wusste, dass es nicht gut war, dass derlei Spannungen innerhalb ihrer kleinen Gruppe herrschten. Dies war keine Grundlage, auf der Erfolg gedeihen konnte. Sie alle mussten wieder zusammenfinden.
Hinter dem Strand mit den Nachtfeuern lag eine leichte Anhöhe, mit kleinen, scharfkantigen Felsen und verdorrten Büschen bestückt. Die Trostlosigkeit der gelben Bucht setzte sich auch dahinter fort. Noch mehr Felsen, noch mehr Büsche, abgestorbene, tote Bäume und das, was von ihnen übrig geblieben war und natürlich Sand, Sand und nochmals Sand. Doch Etwas hob sich dennoch von der Tristesse ab. Völlig lautlos zog sich doch tatsächlich ein breiter Fluss, im schwachen Mondschein schimmernd, durch die karge Ödnis.
Auch Jullens Schatten sah er dort gehend und so langsam begann er sich über seinen Freund zu ärgern. Dieser mochte an Deck der ‚Zadar' wieder zu alter Kraft gefunden haben, doch sein Geist hatte sich nicht wirklich erholt. Noch immer war die Wut in ihm. Wut darüber, dass Mendo Warigna ihn belogen hatte. Darüber, dass Rekard Amwaldt sie in Surme zum Sterben zurückgelassen hatte, auch wenn dieser sich gegen jenen Vorwurf verwehrte. Die ganze Zeit hatte er gehofft, dass Jullen seine Wut der Vernunft würde weichen lassen, wenn sie nur endlich wieder festen Boden unter ihren Füßen spürten. Offensichtlich blieb es beim Wunschdenken.
Einen Großteil der Wegstrecke rutschte Pat im Sande des, auf der dieser Seite wesentlich steileren, Hanges hinab. Er wollte nicht in die Nacht hinausbrüllen, nicht unnötig auf sich aufmerksam machen, wachte doch ein wenig Unbehagen in ihm, seit sie diesen Strand betreten hatten. Stattdessen beschloss Pat, seinen Gang zu beschleunigen. Während der Gesang hinter ihm immer schwächer wurde, trat nun das sanfte Rauschen des vor ihnen liegenden Flusses in den Vordergrund.
Er hasste die Sandalen, die er anstelle seiner alten Stiefel an den Füßen trug, denn der Sand zwischen seinen Zehen verursachte ein unangenehmes Kratzen.
„Bei dem einen Gott, Jullen, bleib endlich stehen, du verfluchter Hund", sagte er eher leise zu sich selbst, doch zu seiner Überraschung hielt der Schatten nun endlich inne.
Ihn alsbald eingeholt, traute Pat seinen Augen kaum, als er Jullens Gesicht im fahlen Licht erblickte. Glitzerten da etwa Tränen auf seinen Wangen? Pat sagte nichts, fehlten ihm doch die Worte.
„Warum kannst du mich nicht einfach allein lassen, Pat?"
„Wir sind tief in Feindesland. Auch wenn wir uns in ihren Reihen bewegen, so sollten wir doch wachsam sein und zusammenbleiben."
„Nicht einen Augenblick länger werde ich mich mit diesem Hundesohn Rekard an ein Feuer setzen", protestierte Jullen.
„Wir kommen unserem Ziel immer näher. Wenn wir nicht zusammenstehen und uns endlich versöhnen, werden wir in unseren Untergang marschieren. Nur gemeinsam können wir unsere Mission bestehen."
Jullen lachte, doch klang es bitter,
„Glaubst du ernsthaft, dass Amwaldt so blöd ist, um mit uns zusammen zu sterben? Du hast ihn in Surme gehört. Er wird uns im Stich lassen, sobald sich ihm die Gelegenheit bietet. Oh, ich würde ihm so gerne die Nase brechen, ihm die Zähne einschlagen, immer und immer wieder."
„Ich weiß, was er gesagt hat. Er hat aber sein Wort gehalten und uns hierher gebracht. Er ist ein Trinker und Spieler, ein Freund der Huren, wohl wahr. Aber ich möchte glauben, dass es nur ein Moment der Schwäche war, dem er in Surme erlag. Warigna vertraut ihm zudem noch immer."
„Ja, ich möchte auch gerne glauben, Pat. Ich möchte gerne glauben, dass der eine Gott noch immer über uns wacht und uns zu unserem Sieg führt. Aber ich bin kein Dummkopf. Warigna ist der Dummkopf, Pat. Erkenne das endlich. Er sieht nur den Ruhm vor sich und dazu benötigt er Amwaldt. Er klammert sich an ihn, weil er es ohne ihn niemals so weit geschafft hätte. Er ist besessen von dieser Mission und bereit über Leichen zu gehen. Siehst du nicht den Wahnsinn in seinen Augen, wenn er spricht?"
Jullens Stimme wurde erneut brüchig. Er fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht.
„Wir werden hier sterben. Und Warigna ist derjenige, der uns auf dem Gewissen haben wird. Unser geliebtes Venua werden wir nie wieder sehen."
Er hatte Angst, erkannte Pat.
„Und was genau gedenkst du jetzt zu tun?", fragte Pat entschlossen. Es klang nicht nur wie ein Vorwurf, es war auch so gemeint.
„Willst du davonlaufen? Dann bist du nicht besser als das, wofür du Rekard hältst. Wir müssen unsere Angst akzeptieren. Nur daraus können wir den nötigen Mut schöpfen, diese Mission erfolgreich zu gestalten."
Es waren Odos Worte, die er wählte. Wahre Worte, war Pat der Meinung, und sie schienen,Jullen regelrecht die Sprache verschlagen zu haben.
„Wir sind hier", fuhr Pat fort, „um unsere Heimat zu verteidigen. Wir werden einen weiteren, großen Krieg verhindern. Was zu tun ist, werden wir tun, Jullen. Wir sind nicht länger die Söhne Venuris', wir sind die Söhne Venuas, Soldaten der Regentin. Ganz gleich, ob wir hier in den Röcken der Wüstenfüchse stecken, wenn wir zu Gericht des einen Gottes sitzen werden, wird über uns das venuarische Banner wehen. Doch soweit wird es nicht kommen. Nicht hier auf dem Kontinent der Köter, denn wir werden wieder heimkehren."
Pat selbst war erstaunt über seine Worte. Aber glaubte er wirklich selbst, was er da gerade gesagt hatte?
Wichtiger noch: Glaubte es Jullen?
Sein nachdenklicher Blick ließ zumindest den Schluss zu, dass ihn das Gesagte ins Grübeln gebracht hatte, doch kam es nicht mehr dazu, dass er seine Überlegungen äußerte.
Geräusche trug der seichte, warme Wind, vom Fluss zu ihnen herauf. Es klang wie unverständliches Gerede, gefolgt von einem Lachen. Als sie in die fahle Dunkelheit blickten, war jedoch niemand zu sehen. Pats Blick fiel auf eine kleine Formation aufgetürmter Felsbrocken, nahe des Ufers. Der wohl einzige Platz, an dem sich irgendjemand hätte verstecken können.
„Glaubst du, dass uns jemand beobachtet?", fragte Jullen daraufhin, die Felsen nicht mehr aus den Augen lassend.
„Vermutlich nur ein Tier", antwortete Pat, obwohl er genau wusste, dass es nicht ein Tier gab, welches zu einem Lachen fähig war, auch wenn er auf Namun dergleichen nicht ausschließen mochte. Ihm stand dennoch nicht der Sinn nach der Suche dessen Ursprungs. Vielmehr ärgerte ihn, dass Jullen den Vorwand nutzte, ihr Gespräch nicht zu Ende führen zu müssen.
„Lass uns nachsehen, wer uns da belauscht", entschied dieser und setzte sich in Bewegung, tiefe Spuren im Sand hinterlassend. Nach anderweitigen Fußspuren Ausschau zu halten, machte wenig Sinn, wie Pat sogleich bemerkte, war doch der Weg zum Flussufer durchzogen von tiefen Furchen hunderter anderer Menschen, die diesen Weg bereits gegangen waren, um sich mit frischem Wasser einzudecken. Selbst ihre eigenen Bewegungen würden niemandem sonst auffallen.
Er wollte Jullen noch ein weiteres Mal davon abbringen, doch bewegte dieser sich mit einer derartigen Zielstrebigkeit auf die ausgeguckte Felsformation zu, dass es nur eine Verschwendung von Atemluft gewesen wäre. Wer sollte sie schon belauschen? Außer ihren eigenen Leuten verstand sowieso niemand ihre Sprache und die wenigen Worte, die Kapitän Jojan beherrschte hätten nicht einmal ausgereicht um sich auf einen Plausch mit einem ungewaschenen, trunkenen Sudelmenschen einzulassen.
Obwohl sie sich immer weiter dem namenlosen Fluss näherten, war es nicht dessen sanftes Plätschern, welches sich mehr und mehr in den Vordergrund drängte, sondern die menschlichen Stimmen, die sie vernahmen. Es sollte jedoch kein Gespräch sein, in das sie hineinplatzten.
Sie unterbrachen das wilde Liebesspiel zunächst gar nicht, blieb ihre Anwesenheit doch mehrere Augenblicke völlig unbeachtet. Noch bevor man sie als Störenfriede wahrnahm, traute Pat seinen Augen nicht, erkannte er doch den Goldgockel Basa'a obenauf, den flatternden Waffenrock behelfsmäßig bis über die Hüften hochgekrempelt, während unter ihm ein junger Bursche lag, nackt wie dieser auf die Welt gekommen war. Der Jüngling war es auch, der erschrocken auf Basa'as Brüder zeigte, was diesen dazu verleitete, von seinem Werk abzulassen und erschrocken aufzuspringen. Seine Männlichkeit ragte noch immer in ihrer ganzen Pracht in die Lüfte, als er sich zu Pat und Jullen umdrehte, und für einen kurzen Augenblick amüsierte Pat der Gedanke, dass Basa'a nicht auch noch den schwarzen Busch zwischen seinen Beinen golden eingefärbt hatte. Angesichts dieses Gedankens musste er unweigerlich grinsen.
Anstatt peinlich berührt, gab sich der Goldgockel sichtlich verärgert, während er leise fluchend seine Scham bedeckte, indem er seinen langen Rock wieder richtete. Seine goldene Gesichtsbehaarung schien dabei förmlich im Mondlicht zu leuchten.
Lauthals prustete Jullen plötzlich seine Belustigung in die heiße Nachtluft hinaus.
„Ich wusste gar nicht, dass du in Wirklichkeit eine goldene Glucke bist", lachte er seinem Gegenüber entgegen, auch wenn dieser, in Ermangelung jeglicher Sprachkenntnisse, jener Feststellung gar nichts beisteuern konnte.
Jullen stieß Pat unsanft in die Rippen und lachte nur noch lauter. Es war ein Lachen gegen den Frust, erkannte dieser. Nichts kam Jullen im Moment gelegener als sich über Basa'a lustig zu machen.
Ungewollt ließ sich auch Pat vom Gelächter seines Freundes anstecken, wenngleich er jedoch zu erkennen schien, dass der Verlachte, im Gegensatz zu seinem beschämt dreinschauenden Partner, der noch immer umständlich versuchte, seine Kleider wieder anzulegen, überaus zornig wirkte. Hätten sie Basa'a bei Sonnenlicht bestaunen dürfen, sein Gesicht hätte ganz sicher die rote Farbe des Zornes angenommen.
Das, wenn auch verhaltene, Knurren und Schimpfen des Goldgockels war für Jullen auch kein Grund sich mit seiner Schadenfreude zurückzuhalten,
Pat hingegen erkannte nun, dass es, spätestens jetzt, mehr als unangebracht war, sich weiter über Basa'a lustig zu machen. Er mochte ein hinterhältiger, arroganter Schnösel sein, ein männerliebendes, wider der Natur handelndes, Scheusal, doch gehörte er nun zu ihren neuen Brüdern, Und zumindest bis zum Erreichen ihres Zieles, der Tötung des Mutterpriesters, würden sie gut daran tun, ihre Maskierung aufrechtzuerhalten.
Er packte Jullen sanft an dessen linke Schulter, um ihn zum Gehen zu bewegen. Sie hatten ihren Spaß gehabt. Möglicherweise würde Basa'a sie nun nicht mehr länger so herablassend behandeln, wie er es bisher getan hatte, jetzt wo sie sein Geheimnis, seine Abartigkeit, aufgedeckt hatten.
"Lass uns gehen", forderte er seinen Freund bestimmt auf.
Jullen drehte ihm seinen Kopf zu, während sich seine Miene schlagartig von belustigt in entnervt wandelte.
"Nicht einmal diesen kleinen Spaß gönnst du einem noch", antwortete er geradezu enttäuscht von seinem Waffenbruder und konnte sich im nächsten Moment nur noch wegducken.
Im Augenwinkel erkannte Pat ebenfalls eine flinke Bewegung und wich gerade noch rechtzeitig zurück. Ihm hatte es nicht gegolten. Die Klinge des bronzenen Schwertes war auf Jullen niedergesaust und traf ihn, schnitt ihn, worauf dieser einen lauten, schmerzerfüllten Schrei ausstieß.
Während sein Freund im warmen Sand landete, konnte sich Pat, torkelnd, gerade noch auf den Beinen halten.
Er sah Basa'a, das krumme Schwert in der Hand, der Blick entschlossen. Jullen, sich im Sand windend, die linke Hand auf den rechten Oberarm pressend, heulte laut auf vor Schmerz. Zwischen seinen Fingern glitzerte das Blut bläulich im Schein des Mondes. Es quoll unter darunter hervor, wie der Saft aus einer reifen Frucht, die jemand langsam in seiner Faust einschloss um an dessen süßen Saft zu gelangen.
Sein eigenes Schwert baumelte griffbereit an Pats Hüfte, doch genauso gut hätte es zuhause in Rinken über dem Kamin seines Vaters hängen können.
Seine Hände waren Felsen, die an zwei schlaffen Seilen baumelten. Das einzige, auf dass er sich konzentrieren konnte, war Basa'as blitzende Klinge. Mitsamt des Führenden tanzte sie auf ihn zu. Der begleitende Gesang war namunsches Gebell.
Wie konnte das sein? Wieso bewegten sich seine Arme nicht? Warum konnte er nicht einfach nach seinem Schwert greifen? Er war ein Soldat! Ein verdammter Soldat der Regentin!
Die Zeit schien sich regelrecht verlangsamt zu haben. Trägheit lag wie ein schwerer Schleier über ihm. Und da kam der Gedanke zurück, den er verdrängt hatte.
Er war nämlich überhaupt kein Soldat. Er war ein Rekrut, der nie seinen Treueeid ablegen durfte.
Pat warf sich rücklings zu Boden, um der Klinge erneut auszuweichen. Er hörte das Surren klar und deutlich. Es klang wie ein dickes Insekt, welches ganz dicht an seinem Ohr vorbeigeflogen kam. Auf dieser Höhe hätte sie ihm glatt den Kopf abgetrennt, wie er noch im Fallen realisierte.
Bellende Flüche folgten auf sein Manöver. Es war noch nicht vorbei. Basa'a würde nicht eher damit aufhören, bis...ja, bis was eigentlich? Wollte er sie töten?
Der Wüstenfuchs kam wieder näher. Seine Bewegungen glichen einem musiklosen Tanz. Pat würde sein Schwert nun nicht einmal mehr schnell genug ziehen können, um einen weiteren Hieb zu parieren. Allem Anschein nach, hatte sein Herz aufgehört zu schlagen. Er lebte nur noch in Erwartung dieses einen, letzten Niedersausens des bronzenen Schwertes. Tausende Gedanken schossen ihm durch den Kopf, unfähig auch nur einen davon zu erfassen.
Ein kurzer, erstickter Schrei ließ Pat wieder die Augen öffnen. Einen Herzschlag, welchen er hinter seiner Schläfe spürte, signalisierte ihm, dass er noch am Leben war. Basa'a hatte ihm derweil den Rücken zugedreht und als ein verschwommenes Schemen nahm Pat nun den regungslosen Körper des fremden Jünglings wahr, der da vor den Felsen im Sand lag. Eine große, breite Gestalt war dort neben ihm zu sehen, ehe Basa'a sich in Pats Sichtfeld schob und sein Schwert prompt gegen den Fremden erhob. Fast schon elegant preschte er vor, führte seine bronzene Waffe gegen den Unbekannten. Auf das Klirren aufeinanderprallender Klingen folgte abrupte Stille, ehe der Körper des Wüstenfuchses seinerseits im Sand landete. Pat erkannte sofort, dass kein Leben mehr in ihrem ungewollten Bruder steckte, als dieser am Boden aufschlug. Ein bronzener Dolch ragte aus dessen Brust. Sollte Pat jetzt Erleichterung empfinden?
Der Unbekannte steckte sein Schwert zurück, beugte sich über den Toten und nahm diesem den eigenen Dolch ab. Als sich Basa'as Mörder wieder aufrichtete, sah Pat sie im Mondlicht leuchten. Die riesige Narbe von der Braue bis knapp unter den Mundwinkel.
„Ich habe dir ja gesagt, dass ich dich nicht aus den Augen lasse, Mohor", knurrte ihm Mendo Warigna entgegen, ehe er sich umgehend dem verletzten Jullen zuwendete.
„Ein tiefer Schnitt. Wir müssen das umgehend auswaschen. Mohor, hilf' mir!"
Wie befohlen rappelte Pat sich vom Boden hoch, um seinem Freund von dort, unter dessen schmerzhaften Stöhnen, aufzuhelfen. Es bedurfte also eines Befehls ihres Hauptmannes, um wieder Leben in seiner Glieder fahren zu lassen.
Die Verletzung seines Freundes sah auf den zweiten Blick noch schlimmer aus. Alles war voller Blut. Auf Jullens Gewand prangte ein Fleck von seiner Schulter bis zu seiner Hüfte und er breitete sich immer weiter aus. Er torkelte, als Warigna und Pat ihm auf die Beine halfen. Unverständliche Dinge murmelnd, ließ er sich bis ans Ufer des Flusses führen, wo sein Hauptmann ihm das Gewand über den Kopf zog und damit begann seine Wunde zu waschen. Eine Spur des Blutes zogen sie dabei hinter sich her. Wie Sterne glitzerten die Blutstropfen im Sand, führten von den beiden Namunschen weg, die da leblos, vor der Felsformation am Boden lagen.
„Du hast sie getötet. Dafür werden sie uns umbringen", war alles, was Pat daraufhin hervorbrachte.
Noch immer rauschten unzählige Bilder in seinem Kopf umher. Chaos. Wirrwarr. Angst. Was war nur los mit ihm? Welche fremden Mächte hatten von seinem Körper Besitz ergriffen?
Zu seinen Füßen zeichnet der Sand Basa'as letzten Ausdruck auf dessen leblosen Gesicht. Ein Gemälde blanken Entsetzens. Augen und Mund weit aufgerissen. Jegliches Leben durch jede erdenkliche Ritze entfleucht. Von einem Herzschlag auf den anderen hatte der Mendo Warigna sein Leben beendet.
Just dieser beachtete Pat nicht weiter, redete stattdessen dem noch immer völlig konfus wirkenden Jullen gut zu, während er nun die ausgewaschene Wunde mit einem Stück Stoff des mittlerweile unbrauchbaren Waffenrocks verband.
„Ich habe sie nicht getötet", antwortete Mendo mit Verspätung.
Es war, als hätte Pat gerade das unangebrachteste Lächeln gesehen, das ihm je untergekommen war.
„Nur der Goldfuchs ist tot", lachte Mendo, „und sein Mörder liegt neben ihm im Sand und träumt seinen letzten süßen Traum."
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