19 - Der Köter und das Mädchen (2)

Empörtes Gemurmel war die Reaktion hierauf. Einzig Ullmer Garns stand, angesichts des großen Informationsschwalls des Handelsherrn, eine ungesunde Blässe ins Gesicht gemalt. Für ihn musste es ein wahrhafter Schlag in die Magengrube gewesen sein, dass das Schwert der Ostlande über derart viele Details Bescheid wusste, die keiner von Garns' Informanten zu übermitteln imstande gewesen war.

Und zu Recht schoss auch Lena für einen kurzen Augenblick die Frage durch den Kopf, aus welchem Grund sie dem dicken Bären von einem Mann weiterhin das Gold für die Unterhaltung seines unnützen Netzwerks an Spionen zugestehen sollte. Offenbar war dieses, zumindest im Osten, völlig verschenkt.

Wahrscheinlich waren es ganz ähnliche Gedanken, die Garns zu einem Einwurf führten, seiner ersten Wortmeldung überhaupt. Er legte dazu seinen rechten Arm auf die Lehne seines Stuhls und drehte seinen Oberkörper in Richtung des Tais, der gerade hinter seinem Rücken, immer noch nachdenklich wirkend, durch den Raum spazierte: „Von mir aus können die Beiden tun was sie wollen. Der Tränenkönig meinetwegen eine Million Mann durch die Ödniss führen und der Mutterliebhaber sämtliche seiner Untertanen an die Küsten entsenden. Meinen Informationen zufolge verfügt Namun kaum noch über seetüchtige Schiffe."

Garns sprach mit kräftiger Stimme, voller Überzeugung, so als wolle er seiner Regentin zeigen: „Hier, schaut her! Auch ich bin ein wertvolles Mitglied des Rates. Auch ich kann etwas beisteuern."

„West- und Süd-Namun verfügen noch über rund vierzig seetüchtige Schiffe, von bedeutender Größe, wenn Ihr es genau wissen wollt, werter Garns. Handelsschiffe wohlgemerkt", entgegnete Fisi mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Lippen.

Langsam schlenderte er zurück, in Richtung der Eingangstüre, auf seinen Platz zu und sorgte somit dafür, dass Ullmer Garns sich nicht weiter für eine Unterhaltung mit ihm verrenken musste. Was auch nicht weiter nötig gewesen wäre, da die Fakten des Ostländischen den Bären verstummen ließen.

Seine Mimik formte eine Mischung aus Zorn und Scham, welche sich in roten Tönen über sein gesamtes Gesicht verteilte.

Was würden die anderen Männer am Tisch nun von ihm denken? Welche Meinung würden sie vor allem von ihrer Regentin haben, wenn diese jemanden von solch offensichtlicher Unfähigkeit weiter in ihrem Kreis duldete? Wie konnte es überhaupt sein, dass dies ihrem Vater nicht schon vor ihr aufgefallen war?

„Ihr impliziert", setzte Tai Fisi seinen kleinen Monolog fort, „dass es für uns nichts zu fürchten gibt. Diese Meinung, so schön sie auch in unser aller Ohren klingen mag, kann ich leider nicht teilen. Ein Bündnis, wie es derzeit über dem Wasser zu bestaunen ist, beruht in den meisten Fällen auf gegenseitigen Interessen. Spekulieren wir einmal: Was, wenn der Hohepriester plötzlich seine Liebe für die Hauptressource des Schiffbaus entdeckt hat? Und wenn man selbst nur wenig und dazu noch ziemlich viel minderwertiges Material besitzt um diese Liebe zu stillen, dann zeigt sich in manchen Fällen ein gewisser Einfallsreichtum. Denn wenn man anschließend ein wenig über den krysarischen Norden nachdenkt, wird man wohl unweigerlich auf etwas stoßen, für das man bereit wäre, gewisse Kompromisse einzugehen. Oder kurz gesagt, es ist ziemlich vermessen anzunehmen, dass Namun nicht weitere Schiffe bauen wird."

„Angenommen sie bauen ihre Schiffe", eröffnete Kal Zigel die folgende Diskussion, „dann müssen sie jedoch zuerst einmal die Seeblockade durchbrechen. Die schnellsten und besten Kriegsschiffe der Ostlande, wenn ich mich nicht täusche?"

Der Tai nickte zustimmend.

„Für den äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass sie dennoch an unseren Küsten anlanden sollten", fügte Zigel an, „so werden sie an unseren bestens ausgebildeten und ausgerüsteten Truppen zerschellen. Schiffe alleine machen aus einer Horde Wilder keine Soldaten."

„Wenn Namun einen Seekrieg möchte, dann sollten wir unsere Flotte ebenfalls aufrüsten. Sollen sie erzittern vor unseren Kriegsschiffen", warf Dymen Steinfurt mit einer unüberhörbaren Euphorie ein, wohl auch in der Hoffnung endlich seinen Spotttitel ‚Herr der Instandhaltung' abstreifen zu können. Da rief auch schon Gurravo Shrink dazwischen, der angesichts dieses zusätzlich drohenden Lecks in den Goldvorräten die Hände über dem Kopf zusammenschlug.

Donte Herwet sprang ihm sofort zur Seite: „Gurravo hat Recht. Wenn wir nicht genauso kopflos, wie die Herren Moteems enden wollen, dann sollten wir uns in unserer Kriegslust ein wenig zügeln. Einige von uns drehen hier aufgrund eines simplen Gedankenspiels durch. Sollen wir wirklich anfangen in maßlose Rüstungshysterie zu verfallen, obwohl sich keine einzige Information der ostländischen Spione belegen lässt?"

Herwet mochte ein großer Skeptiker der Aufrüstung sein, doch schien seine Mahnung dieses Mal womöglich angebracht. Lena hatte sich gerade selbst dabei ertappt, wie sie sich die wildesten Kriegsszenarien in ihrem Kopf ausmalte. Was sollte sie nun anordnen?

Ein Konflikt schien, und zumindest in diesem Punkt herrschte ja größtenteils Einigkeit, unvermeidbar. Was also tun? Ein Perem Penthuys oder gar Elisus Hofken hätten hierfür mit Sicherheit eine vernünftige Lösung parat gehabt. Frei von radikalen Ansätzen wie dem Wunsch nach einer Kriegsflotte, vor dem der Feind erzittern soll und die Unmengen an Ressourcen verschlingen würde. Doch beide waren sie nicht mehr unter ihnen. Und Ansakar Bollet? Der unter ihrem Vater als Meister des Rechts agierende Mann galt weiterhin als verschollen. Auch er war ein überaus kluger und besonnener Mensch, der sich ohne jegliche Emotionalität mit diesem Thema hätte auseinandersetzen können. Doch niemand konnte sagen, wohin ihr Vater ihn geschickt hatte.

Und während man in Venua bislang nur auf die Karte der Truppenausbildung setzte, so walzte die Bedrohung von über dem Wasser allem Anschein nach unaufhaltsam in ihre Richtung. Aber da erinnerte Lena sich auch wieder daran, wie Tai Fisi während des Festes etwas von einem Aufstand im Osten Namuns anklingen ließ.

Wie musste man diese Information in das bisherige Gesamtbild integrieren? Könnte ihnen das einen Vorteil bringen?

Darauf angesprochen, entgegnete Fisi, dass er lediglich wisse, dass Anhänger des einen Gottes nahezu sämtliche Städte des Ostens besetzt und die Kinder der Mutter getötet oder als Geiseln genommen hätten. Er wisse jedoch nicht, wer die treibende Kraft hinter diesen Angriffen sei, da selbst seine Spione keinen echten Zugriff mehr auf die Geschehnisse hinter den Mauern jener Städte besäßen.

Mit einem gehässigen Unterton bemerkte Gunnet Bohns hierzu nur: „Freuen wir uns, dass es auch noch ehrenwerte Hunde gibt, die gegen ihre abscheulichen Artgenossen vorgehen. Sollen sie sich doch gegenseitig abschlachten. Das bringt uns Zeit und verringert die Anzahl unserer Feinde."

Just in dem Moment, als Tai Fisi erneut auf Bohns' Bemerkung zu antworten gedachte, klopfte es laut und deutlich dreimal gegen die schwere Holztüre. Eigentlich war das Palastpersonal angewiesen die Ratssitzungen nicht zu stören. Es konnte sich also nur um etwas von großer Dringlichkeit handeln. Obwohl sie sofort, beinahe instinktiv, von einem unguten Gefühl übermannt wurde, bat Lena den Klopfenden mit ruhiger Stimme einzutreten.

Es war Jessel Schooke, der die Tür nur einen kleinen Spalt breit öffnete um seinen Kopf hindurchzustrecken. Er wirkte aufgebracht: „Eine Nachricht von Huuke Zigel, meine Regentin."

„Ihr müsst Euch nicht verstecken. Tretet ein und teilt mir mit, was er zu berichten hat", entgegnete ihm Lena freundlich aber bestimmt.

Schooke schlüpfte durch den Türspalt ins Innere des Raumes, seine Hände vor seinem Bauch zusammengefaltet, den Blick leicht gesenkt.

„Mit Verlaub, meine Regentin, aber ich denke nicht, dass diese Nachricht für die Ohren aller in diesem Raum befindlichen Personen bestimmt sein sollte."

Sein Blick wanderte währenddessen gut sichtbar zum Herren der Ostlande, der immer noch nicht wieder Platz genommen hatte und den Palastverwalter stattdessen anstarrte, als würde es sich bei diesem um ein sprechendes Tier handeln.

„Wenn mein Bruder eine Nachricht an unsere Regentin sendet, dann sollte diese auch nur von ihr gehört werden", warf Kal Zigel ein. Er war der ältere der beiden Brüder. Zwar hatte Lena den jüngeren Zigel-Spross das letzte Mal bewusst als junges Mädchen gesehen und demnach keine Erinnerung mehr an seine Erscheinung, doch erzählte man stets, dass Huuke in Wahrheit zehn Jahre älter aussah als Kal. Auf dessen Empfehlung hin löste sie die aktuelle Versammlung auf. Sie musste die vielen Informationen, welche auf sie eingeprasselt waren, sowieso erst einmal sacken lassen und überdenken. In der aktuell bestehenden Runde gab es schließlich niemanden, der ihr bei der Entscheidungsfindung sonderlich behilflich sein könnte. Jemand, dem sie bezüglich eines Urteils in dieser Kriegsfrage gänzlich vertrauen konnte.

Sie bat Kal Zigel zu bleiben. Weshalb sollte er, als Hauptverantwortlicher für das Militär, nicht den Inhalt der Nachricht seines Bruders hören dürfen? Was auch immer diese beinhalten würde, es beträfe letztlich auch ihn.

Erst als auch der Letzte, nämlich Millot Menk, begleitet von Ben Lewel, die Tür hinter sich schloss, kramte Schooke den kleinen Fetzen Pergament aus seinem Hosenbund hervor. Lena war klar, dass es den Beiden einzig und allein darum gegangen war, dass der Tai nicht den Inhalt jener Nachricht zu hören bekam, womit sie sich, gewollt oder ungewollt, in eine Reihe mit denen stellten, die offen Vorbehalte gegen die Ostländischen hegten. Im Moment war dies jedoch eine eher wertfreie Feststellung ihrerseits, interessierte sie sich doch mehr dafür, was Huuke Zigel ihr mitzuteilen hatte.

Aufmerksam las sie die wenigen, in schnörkeloser Handschrift aufgesetzten, Zeilen und mit jedem Wort, mit jedem Letter, den ihre innere Stimme zu einer Bedeutung zusammenfügte, wurde ihr unwohler. Nichts wäre ihr im Moment lieber gewesen, als Schooke zur Seite zu schieben und auf ihr Gemach zu gehen. Nichts mehr hören, nichts mehr sehen von dieser Welt, die nichts mehr für sie übrig hatte außer Leid und Chaos.

„Darf ich es sehen?", bat Kal Zigel um die Nachricht, welche Lena ihm, wortlos, mit zittriger Hand überreichte. Er reagierte jedoch nur mit Zorn, mit Empörung.

„Verrat" war das Wort, welches bei Lena nachhallte. Und ja, er hatte Recht.

Desertation war schlichtweg Verrat. Da gab es keine zwei Meinungen. Verrat an ihr und am Reich.

Wenn jedoch, wie auf dem Pergament niedergschrieben, Mendo Warigna derjenige war, der Bannerflucht begangen hatte, dann war das insbesondere Verrat an ihr.

„Welche Befehle soll ich weiterleiten?", wollte Schooke wissen. Nun konnte sie sich keine Bedenkzeit mehr erbitten. In diesem Fall war hier und jetzt eine Antwort vonnöten.

Für den immer noch vor Wut schäumenden Zigel lag natürlich auf der Hand, was zu tun war.

Warigna und seine abtrünnigen Gefolgsleute mussten ergriffen und zurück in die Hauptstadt gebracht werden, wo man ihnen die Köpfe abschlagen sollte.

Prompt erinnerte sich Lena an einen Satz, den Stadtverwalter Herwet erst vor wenigen Minuten hier in diesem Raum hatte fallen lassen und erwiderte sogleich: „Die Herren Moteems haben Köpfe abgeschlagen, werter Zigel. Das wir hier stehen ist das Resultat des Endes ihrer ungerechten Herrschaft. Wir sind besser als sie!"

Zigels Aufgebrachtheit, sein Zorn, sein verkrampftes, rotunterlaufenes Gesicht, all das wich einer regelrechten Unterwürfigkeit. In einer solchen Geschwindigkeit, dass es fast schon lächerlich erschien.

„Sie lieben Euch", lauteten einige der letzten Worte aus Penthuys' Mund, im Bezug auf sie, als Regentin. Das mochte für ihn gegolten haben, doch in Wahrheit war diese Behauptung eine Lüge gewesen.

Die Motive ihrer Mitmenschen mochten unterschiedlich sein, doch aufrichtige Liebe? All diejenigen, von denen sie so etwas hätte behaupten können, lagen zum Teil schon lange unter der Erde.

Und der Letzte von dem sie sich in dieser Hinsicht hatte täuschen lassen, antwortete mit Verrat.

Ihre innere Fassungslosigkeit war längst einer aufkeimenden Wut gewichen, die versuchte aus ihr auszubrechen, doch die gleiche Kiste, in der das kleine Mädchen in ihr weggesperrt war, verhinderte auch diesen Gefühlsausbruch. Ein kurzes, tiefes Durchatmen würde genügen um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

„Verehrter Schooke, Ihr werdet die Nachricht in alle Himmelsrichtungen verteilen: Fünfhundert Goldmünzen für die Ergreifung und Auslieferung des Verräters Mendo Warigna an Palast oder Stadtwache von Venuris. Einhundert weitere Münzen für jeden seiner Kameraden."

Sie war selbst verwundert, mit welch ruhiger Stimme sie imstande gewesen war, jenen Befehl vorzutragen.

Sie ließ die beiden Männer dort stehen, wo sie standen und öffnete die Tür des Zimmers, vor dem bereits ihre beiden Wachen Linhard und Frix auf sie warteten, um sie, wohin auch immer sie zu gehen gedachte, zu begleiten.

„Eines noch", merkte sie an, als sie bereits im Türrahmen stand und drehte sich noch einmal zu Schooke und Zigel um.

„Der Rat trifft sich erst wieder morgen früh im großen Ratssaal!"

Für heute hatte sie genug gehört und gesehen. Die einzige Möglichkeit ihrem derzeitigen Gefühlschaos zu entfliehen, wäre wohl, sofern ihr Gemüt dies zulassen würde, eine Runde Schlaf, weshalb ihr Weg sie auch ohne Umschweife in ihre Gemächer führte.

Noch eine ganze Weile lauschte sie, auf ihrem Bett liegend, den Regentropfen, die sanft von draußen gegen ihr Fenster klopften. Dem Chaos in ihrem Kopf wollte sie keine Beachtung schenken. Ein überaus schwieriges Unterfangen, doch schon bald nahm sie nur noch die Musik des Regens wahr. Heute Morgen hatte Sira etwas von einem weinenden Himmel erzählt.

Möge er weinen, dachte sie sich.

Sie würde es nicht tun. Sie hatte genug geweint. Wen sollte man ihr jetzt noch nehmen können? Es war niemand mehr übrig, für den sich Tränen lohnen würden.

Einzig Venua zählte.

Und dessen bisherige Verluste waren ersetzbar. Als ihr Vater starb, rückte sie an dessen Stelle. Und so würden auch Hofken, Penthuys und Mendo Warigna ersetzt werden. Wie die Glieder einer Kette. Diese Entscheidungen lagen gänzlich in ihrer Hand und sie würde sie, ganz im Sinne des Reiches, treffen.

Schon länger wurde sie von dem Gedanken verfolgt, mit einer bestimmten Person, die in ihren Augen mehr als geeignet war, ihren Rat zu ergänzen. Zwar konnte sie sich seiner Zusage nicht sicher sein, doch dass er ihre Bitte einfach so abschlagen würde, empfand sie als eher unwahrscheinlich.

Die Frage, ob sie sich nicht zuerst mit den anderen Herren abstimmen sollte, stellte sich ihr indes gar nicht. Sie kannte deren Antwort ohnehin schon.

Als es an der Tür klopfte, schreckte sie auf. Ohne es zu merken, war sie doch glatt eingeschlafen.

Blasse Sonnenstrahlen erhellten ihr Gemach. Der Regen war vorrüber.

„Meine Regentin, das Schwert der Ostlande bittet Euch zu sehen", ertönte Linhards tiefe Stimme.

Fisi? Weshalb wollte ausgerechnet er sie jetzt sehen?

Vielleicht hätte sie ihre Wachen anweisen sollen, nicht gestört zu werden, doch andererseits war da die Neugierde, die sie antrieb.

„Geduldet Euch einen Moment", rief sie und entstieg ihrem Bett. Hastig rieb sie sich den Schlaf aus den Augen und schlüpfte in ihr goldfarbenes Lederwams, mit dem rotumrandeten Kragen, sowie den beiden ebenfalls roten Schwertern, die von Saum bis hoch zur Brust reichten. Anschließend legte sie noch ein süßes Duftwässerchen auf und öffnete ihre Tür.

Da stand er, der Handelsherr, umrahmt von ihren beiden Wachen zu seiner Linken und Rechten, und grinste ihr in seiner unnachahmlichen Art entgegen. Anstelle seiner Federrobe trug er nun ein schlichtes weißes Hemd, in welches mehrere funkelnde Edelsteinchen eingearbeitet waren. Zudem roch Lena noch unter ihrem Türrahmen, dass er wieder einmal wie ein frischer Obstkorb duftete. Ein Korb voller exotischer Früchte wohlgemerkt.

„Meine Regentin", verneigte er sich wieder, so wie er es bereits bei ihrer ersten Begegnung getan hatte. Sie erwiderte sein Lächeln, was ihr nicht einmal schwer fiel. Sie musste nichts sagen, beantwortete er doch umgehend ihre ungestellte Frage nach dem Grund seines unerwarteten Besuches.

„Es hat aufgehört zu regnen und die Sonne schaut hinter den Wolken hervor. Sicherlich ist es auch nicht in Eurem Sinne den ganzen Tag hinter diesen kalten Steinmauern zu verbringen."

Worauf wollte er hinaus?

„Ich wollte Euch fragen, jetzt in einem kurzen Augenblick der Ruhe, ob Ihr mich nicht bei meinem kleinen Spaziergang begleiten möchtet? Ich bin schon seit Ewigkeiten nicht mehr durch die Straßen Venuris' flaniert."

Das war der Grund, weshalb er sie sehen wollte? Es war schon ein wenig anmaßend, ihr mit einem solchen Angebot die Zeit zu stehlen. Andererseits konnte man ihm nicht vorwerfen, dass er sie gerade bei irgendetwas stören würde. So ehrlich und fair musste sie schon sein.

Doch noch immer irritierte sie das Vorhaben des Handelsherrn. Was steckte dahinter? Musste gar wirklich etwas dahinterstecken?

Tai Fisi war zweifelsohne ein ungewöhnlicher Mann und genau das war es scheinbar, was ungewöhnliche Männer taten. Sie erinnerte sich, dass sie den Palast das letzte Mal zur Beisetzung ihres Vaters verlassen hatte. Seitdem war bereits einige Zeit verstrichen. Warum also sollte sie nicht einfach mal wieder einen Fuß in ihre Stadt setzen? Egal welche Intention hinter der Einladung des Ostländischen stecken mochte, sie musste sich nur darauf einlassen, dann würde sie es auch erfahren. 

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