Ein wundervolles Geschenk

Heute musste ich ganz alleine zur Schule rollen. Sam hatte erst um 8.40 Uhr Schulbeginn, da die erste Stunde bei ihr ausfällt. Auch Ruby und Robin, die in Sams Klasse waren, waren noch im Waisenhaus geblieben. Madison und Alice waren auf einer extra Schule, weil Madison taub und Alice blind war.

Ich hatte heute Geburtstag und die anderen hatten das Glück, was mir normalerweise zustehen würde. Die meisten Leute freuen sich auf ihren Geburtstag, aber ich nicht. Für mich ist es einfach der Tag, der mir weismacht, das ich schon wieder ein Jahr älter bin und ich mutterseelen allein bin, im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab nur einen Tag, der schlimmer war als mein Geburtstag, nämlich der Tag, der darauf folgte, der 20. Juni, der Todestag meiner allesgeliebten Eltern und meines Bruders Kai, der Tag der mich an den Rollstuhl fesselte.

Glücklicherweise musste ich die rothaarigen Zimtzicken-zwillinge nicht mehr ertragen. Sie hatten nämlich Mitte März auf ein Internat gewechselt. Hoffentlich haben die dort keinen Internetempfang!!!

Mein allesgeliebter Freund Ben hatte auch auf ein Internat gewechselt. Er war mir sehr ans Herz gewachsen und wir waren seit Beginn des Halbjahres zusammen. Ich hatte es zwei Tage nach seinem Geburtstag von Sam erfahren, hatte zwei Wochen durchgeheult. Wenigstens hatte ich noch Debbie und Freddy.

Freddy war zwar immer noch ein Trauerkloß, weil seine kleine Schwester an Leukämie verstorben ist, aber er sah schon ein wenig fröhlicher aus. Und ich glaube, das es an Debbie lag. Die beiden können schon gar nicht mehr ohne einander. Vielleicht wird da noch etwas großes draus... Aber, was weiß ich denn schon?

Ich bin, seitdem Rose die Schule gewechselt hat, die mit dem schlechtesten Durchschnitt des Jahrgangs. Und ehrlich, auf diesem Titel ist niemand stolz, nicht mal ich.

Am der Schule angekommen, sah ich Zoe, zusammen mit Catherine. Daneben standen Freddy und Debbie. Sie hatte ihm im Arm und er hatte ein Lächeln im Gesicht. Da läuft also wirklich was.

Freddy schien der Ersatz für Debbies Freund zu sein, weil sie selbst schon mal einen Freund damals in Glasgow hatte. Das hatte sie mir mal erzählt. Er hieß Christopher, den sie immer Chris nannte. Er war, so wie sie ihn mir beschrieb, ein ganz netter Junge. Er hatte dunkelblonde Haare und türkisgrüne Augen. Aber ich weiche vom Thema ab...

Ich wurde sehr traurig, als ich die beiden sah. Ich vermisste Ben sehr sehr doll und ich hatte plötzlich Tränen in den Augen, die ich gerade so zurück halten konnte. Catherine schien es gesehen zu haben, denn sie kam zu mir und nahm mich in den Arm. Sie war ziemlich süß. Dann flüsterte sie mir ins Ohr: "Ich vermisse ihn auch! Aber du sieht ihn doch wieder!" "Aber, was ist, wenn er ne neue Freundin auf dem Internat findet?", fragte ich schluchzen. "Wird er nicht!", beruhigte sie mich, "er liebt dich und schreibt mir jeden Tag, wie schrecklich er dich vermisst!" "Wirklich?", fragte ich. Sie zeigte mir auf ihrem Handy den WhatsApp-Chat mit Ben, und sie hatte recht.

Es war echt niedlich, was Ben mit seiner Schwester schrieb, vor allem weil es zum Großteil um mich ging. Oft las ich die Zeile 'Ich vermisse Elly so schrecklich!'. Allerdings las ich auch, dass Catherine Ben 'Benny' nannte, was mega niedlich ist. Muss ich mir merken, diesen Spitznamen...

Nun lösten Freddy und Debbie sich voneinander und schnappen sich meinen Rollstuhl, um mich in die Klasse zu schieben. Freddy reichte mir währenddessen eine Geburtstagskarte, in der 10 £ versteckt waren. Ich bedankte mich sofort und nahm ihn ein wenig ungestüm in den Arm. Debbie sagte mir, dass sie auch etwas für mich hätte und sie es mir im Klassenraum geben würde.

Im Klassenraum angekommen, war kaum einer da. Nur einer der Jungs, die mich ärgerten, saß relativ weit hinten. Da gehört er auch hin.

Ich war allerdings immer noch traurig. An meinem Geburtstag sah ich mir das Foto meiner Familie an, die ich wirklich schrecklich vermisse. Allerdings war es vor einem Monat abhanden gekommen. Ich geh davon aus, dass ich es verloren habe und nie wieder finden werde.

Als wir auf unseren Plätzen saßen, setzte Debbie sich zwischen mich und Freddy. Dummerweise fiel mir ein, das wir in der ersten Stunde Mathematik bei Mr Quinn hatten und ich die Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Da Mr Quinn NIE ein Auge zudrückte, bei mir schon gar nicht, fragte ich Debbie, ob ich die Hausaufgaben von ihr abschreiben könnte. Natürlich sagte sie zu und ich machte mich daran, sie abzuschreiben, was ich noch vor dem Unterrichtsklingen schaffte. Glücklicherweise.

Nun schob Debbie mir eine Geschenk und eine Karte rüber. "Danke!", sagte ich. "Schau erstmal, was drinnen ist! Danach ist noch genug Zeit zum bedanken!", meinte sie dazu. Erst nahm ich das Geschenk in die Hand und öffnete es.

Es kam eine Schmuckschatulle zum Vorschein, die man normalerweise für Ketten benutzt. Ich öffnete die Schatulle und sah ein Medaillon. Ein wunderschönes, um genau zu sein.

Ich wusste, in Medaillons gehören kleine Fotos rein. Vielleicht war schon eins drinnen. Ich öffnete das Medaillon langsam und sah meine Tante entgegen lächeln. Mir blieb vor Schreck der Atem stehen. Hatte sie mein Foto geklaut?

Bevor ich sie fragen konnte schob sie mir die Karte vor die Nase. Ich öffnete sie und dachte daran, dass das Foto doch auf irgendeine Weise in ihre Hände gekommen ist, die ich mir nicht ganz erklären konnte. Also las ich erstmal die Karte mit Hoffnung auf jegliche Art von Erklärung.

'Für die einzige Freundin, die ich je als meine beste Freundin bezeichnen konnte. Deine Geschichte ging mir ans Herz, selbst meine Eltern haben geweint. Als du mir erzählt hast, das dein Foto weg ist, habe ich die komplette Schule auf den Kopf gestellt. Der Direktor hatte dein Familienfoto gefunden und es mir nach kurzem hin und her gegeben. Er meinte, es ist das wichtigste für dich. Und nun - trägst du es um den Hals und verlierst es nie wieder! Happy Birthday, Elly!'

Ich war ergriffen, musste weinen. "So etwas süßes hat noch nie jemand für mich gemacht!", sagte ich ergriffen. "Also ist die Überraschung geglückt?", fragte sie. Ich nickte, bekam kein Wort heraus, legte das Medaillon an und Debbie reichte mir ein Taschentuch. Dann umarmte sie mich.

(Rückblick aus Debbies Sicht

Einen Tag, nachdem Elly mit erzählt hatte, dass ihr Familienfoto verschwunden ist, hatte ich mir eine Lupe mit zur Schule genommen, nur für den Fall, das Mr O'Malley das Foto nicht zufällig hatte. Ich ging erstmal zu ihm hin und fragte ihn. Er meinte, das er das Foto in unserem Klassenraum gefunden hatte, es Elly aber persönlich wiedergeben wollte, nur als Entschuldigung dafür, dass er ihr den Spitznamen 'Vögelchen', wenn auch nur versehentlich, verpasst hatte. Ich sagte ihm, dass ich es ihr wiedergeben würde. Darauf meinte er, das es das wichtigste für sie ist und es das einzige Erinnerungsstück an ihre Familie ist. Mich würde mal lieber interessieren, woher er das alles weiß. Als hätte er gewusst, was ich dachte, sagte er, dass er gut mit ihren Eltern befreundet war. Ok, das erklärt einiges... Ich hatte auch schon eine Idee, wie sie es nie wieder verliert, erklärte ich ihm. Ich erzählte ihm von meiner Idee und er war hellauf begeistert, sodass er mir das Foto in die Hand drückte. Es war das erste Mal, das ich es mir ansehen konnte. Aus irgendeinem Grund erinnerten mich die Leute auf dem Foto, vor allem die Erwachsenen, an Freunde meiner Eltern. Aber das kann auch nur Zufall sein...)

(Normale Sicht von Elly)

Ich merkte gar nicht, dass Mr Quinn inzwischen den Raum betreten hatte. Er räusperte sich, aber er fing nicht mit seiner üblichen Begrüßung an, sondern damit:

"Bevor du etwas sagst, ja, ich weiß, das heute jemand aus eurer Klasse Geburtstag hat, und ja, ich weiß, das ich dieser Person eigentlich gratulieren sollte, aber nein, ich werde dieser Person nicht gratulieren, weil ich sie, wie sie weiß, nicht leiden kann! Zufrieden, Johnsen?"

Das musste ich erstmal schlucken. Aber was soll ich sagen, ich wurde unvorstellbar wütend, so doll, das ich es nicht einmal beschreiben konnte. Und dann, fing ich an, diese Wut nach draußen zu lassen, im Gegensatz zu Ben damals, der die ganze Wut in sich rein gefressen hatte. Und zwar ungefähr so:

"Sie hassen mich! Ich wusste es! Warum hassen sie mich? Liegt es am Rollstuhl? Oder daran, dass ich überhaupt existiere?", schrie ich. Ja, ich schrie. Den ganzen Frust nach draußen. Ob Anton daran Schuld war, wusste ich nicht. Aber es war mir egal. Es tat so unvorstellbar gut, ihm mal so richtig die Meinung zu geigen.

Aber bevor er etwas erwidern konnte, passierte etwas Unvorstellbares. Mir fielen beinahe die Augen aus dem Kopf...

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Hey Leudis!

Mal ein wenig früher als sonst (naja ok, sehr viel früher) aber hier ist das neue Kapitel.

Elly schreit den Frust raus! Und jetzt ist die Frage, warum jetzt erst?

Was passiert wohl als Nächstes? Was war so unvorstellbar für Elly?

Wie findet ihr Debbies Geschenk? Süß, oder nicht?

Mr O'Malley war mit Ellys Eltern befreundet! Vielleicht erfahren wir noch ein wenig mehr?

Ich kann euch noch nicht sagen, wann das nächste Kapitel kommt... Wird ne Überraschung!

Lasst bitte mal ein Feedback da, wie findet ihr die Geschichte bis jetzt?

Und voten nicht vergessen!

WeiseEisaura lässt grüßen!

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top