Kapitel 46- Pläne
Auge in Auge standen sich der Schattenherr und ich gegenüber. Bei seinem Blick wurde mir ganz flau im Magen. Ich versuchte ihm standzuhalten und obwohl von ihm eine erschreckende Kälte ausging, sah ich in seinen Augen das Feuer lodern. Getrieben von der Gier nach Rache und Macht richtete er sich vor mir auf und schaute auf mich hinab, als wäre ich ein lästiges Insekt. Unwillkürlich musste ich zittern.
Keine Schwäche zeigen, rief ich mir ins Gedächtnis und biss die Zähne zusammen, um das Zittern zu verbergen. Ich versteifte mich unmerklich und schluckte meine Furcht erneut hinunter. Ich musste durchhalten. Unsicher wandte er sich schließlich ab und schritt ein paar Schritte weiter in den Raum hinein.
"Nein, wie unhöflich von mir. Da habe ich doch glatt vergessen, dir unsere Zuschauer vorzustellen. Ich kann dir versichern, dass sie vor Neugier fast gestorben wären, also konnte ich ihnen ihre Bitte nicht verweigern", entschuldigte er sich mit gespieltem Bedauern und breitete die Arme zu beiden Seiten aus.
"Du bekommst die einmalige Gelegenheit den hohen Rat der Schatten kennenzulernen. Ich hoffe, du weißt das zu schätzen", meinte der Schattenherr mit einem eiskalten Blick in meine Richtung, der mir fast das Blut in den Adern gefrieren ließ.
"Sie sind alle hier, vom jüngsten bis zum ältesten Mitglied. Und meinen Spion kennst du ja bereits, nicht wahr?", fragte er und verengte die Augen zu Schlitzen. Wortlos betrachtete ich meinen ehemaligen Freund und ich schmeckte den Verrat förmlich in der Luft. Ich schwieg weiterhin. Solange ich nichts sagte, würde er mich nicht sonderlich einschätzen können und mir fiel auch nicht ein, was ich darauf hätte antworten sollen.
"Ich kann gut verstehen, dass es dir die Sprache verschlagen hat, aber das ist noch lange kein Grund mich grimmig anzusehen." Mir blieben die Worte im Hals stecken, vielleicht lag es an dem dicken Kloß. Eine Gänsehaut zog sich über meine Arme, ich trug ja nur ein dünnes T-Shirt, das hinten fast vollkommen zerissen war. Die Fackeln waren die einzige Wärmequelle in diesem Raum und ich fragte mich, warum die Schatten das Licht nicht mieden, so wie anderes Feuer.
Als ich nichts erwiderte, wurde der Schattenherr langsam ungeduldig. Eigentlich sollte ich deinen Tod nicht weiter hinauszögern, aber ich hatte gehofft, dass der letzte Avatar noch ein paar Worte fallen lässt, bevor sich sein Leben dem Untergang neigt", erklärte er mit einer machtvollen Stimme und ich bemerkte wie Christian neben dem Thron leicht zusammenzuckte. Nicht nur er schien sich in der Gegenwart des Schattenherrn unbehaglich zu fühlen. Ich senkte den Blick, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen.
"Du fragst dich sicher, was wir mit dir vorhaben. Nun ja, du weißt es ja zum Teil schon. Wir werden dich leider töten müssen, doch wir werden nicht auf die normalen Methoden zurückgreifen, dann würde die Suche in menreren Jahren weitergehen und wir müssten den nächsten Avatar umbringen. Wir machen es uns leicht. Wir werden den Avatarzyklus unterbrechen, indem wir dich im Avatarzustand töten. Klingt das nicht interessant?" Seine Augen blitzten auf, wie zwei geschliffene Diamanten. Meine Kehle war trocken und mir blieb bei seinen Worten fast das Herz stehen. Nicht, dass ich es nicht vorrausgesehen hätte, es war nun mal die einzige Möglichkeit, aber aus seinem Mund schienen mich die Worte zu verspotten. Mir lag eine passende Antwort auf der Zunge, aber ich wagte es nicht, sie ihm jetzt entgegenzuspucken. Ich sollte lieber noch etwas über seinen Plan herausfinden. Normalerweise war jetzt die Stelle, an denen die guten Hauptprotagonisten sagten: "Damit werden sie nicht durchkommen." In Wirklichkeit würde ich das niemals sagen. Es klang nicht nach mir. Ich setzte eine gelangweilte Miene auf, als Zeichen, dass mich seine Reden kein bisschen beeindruckten. Der Schattenherr verzog das Gesicht hinter seiner Maske und ich merkte, wie sich sein Körper anspannte. Seltsamerweise konnte ich jede seiner Gefühle spüren und ich sah seinen Gesichtsausdruck hinter der Maske, fast so als wäre sie durchsichtig. Ob das auch zu diesen Avatarfähigkeiten gehörte? Der Schattenherr wandte sich unzufrieden ab und stieg auf die kleine Anhebung zu seinem Thron. Christian und er nickten sich zu und ich sah, wie Christian das Buch aus der verbotenen Abteilung hinter sich hervorholte und es dem Schattenherr aushändigte. Ob es darin nun um den Avatar ging, wusste ich noch immer nicht, doch spätestens jetzt, hatte sich auch diese Frage geklärt. Der Schattenherr strich mit seinen langen Fingern über den Einband und ich hätte schwören können, dass sich langsam Eiskristalle auf der Oberfläche bildeten und die Temperatur im Raum merklich gesunken war. Ich zitterte leicht und wäre am liebsten einen Schritt zurückgewichen, wenn nicht meine Schuhe wie zwei Eislollis am Boden festgeklebt hätten. Ich versuchte erst gar nicht meine Füße aus den Schuhen zu befreien. Sie waren zu eng und ich würde es sowieso nicht hierwegschaffen. Das Buch war bei mir nicht aufgegangen, warum sollte es bei dem Schattenherrn anders sein. Das Buch stammte aus der verbotenen Abteilung der Elemava-Academy. Da wäre es doch unlogisch, wenn man das Buch nicht weiter schützte. Es musste wichtig sein.
Der Schattenherr wollte gierig den Buchdeckel aufklappen, aber er klebte mit den Seiten zusammen und ließ sich nicht öffnen. Meine Vermutung hatte sich bestätigt. Ich zeigte nicht, wie erleichtert ich wirklich war und wartete auf seine Raektion. Verärgert presste er die Lippen aufeinander. Es kostete ihn sichtlich Kraft sich zu beherrschen, dann übergab er Christian das Buch.
"Du weißt, was damit zu tun ist, nehme ich an?", fragte der Schattenherr und warf Christian einen misstrauischen Blick zu. Auch den komnte ich sehen, als gäbe es die Maske des Schattenherrn nicht. Lediglich das Aussehen seines wahren Gesichtes blieb mir vorenhalten.
"Ja, Meister, doch es wäre für sie von Vorteil, wenn sie ihre Augen schützen. Ich werde Feuer bändigen müssen", berichtete er ruhig. Hinter der Maske konnte der größte Schatten sein Entsetzen nicht verbergen, dennoch fuchtelte er mit den Händen herum, als wolle er eine Fliege verscheuchen.
"Nun gut, aber beeil dich!", warnte er und kehrte Christian den Rücken zu. Das ließ sich Christian nicht zwei Mal sagen. Der hohe Rat und die Wachen, auch meine Wache, drehten sich in die Richtung der Tür, sodass ich mich, ob ich wollte oder nicht, mit ihnen drehen musste. Ich wollte mich umdrehen, als es hinter mir zu leuchten begann, doch ich konnte nicht an der riesigen Schattenwache vorbeisehen, die mir noch immer die Hände auf den Rücken drückte und mir die Sicht versperrte. Der machte seinen Job leider zu gut. Ich hörte Christian etwas murmeln, verstand aber kein einziges Wort von dem was er sagte. Er war zu leise oder sprach er etwa eine lateinische Formel? Im nächsten Moment erklang ein langes Zischen und fast gleichzeitig brannte die Haut unter dem Platinringen, mehr denn je. Ich biss die Zähne aufeinander, um nicht schreien zu müssen. So musste es sich anfühlen zu verbrennen. Als das Zischen nach einer halben Ewigkeit endlich endete und meine Handgelenke schon ganz schlaff waren, drehte mich die Wache wieder um und Christian hielt das offene Buch in den Händen. Es hätte nur noch die Verbeugung gefehlt, dann sähe er wahrhaftig wie ein Diener aus. Der Schattenherr riss ihm das Buch mit einer schnellen Handbewegung aus den Händen und lächelte triumphierend. Ich nagte an meiner Unterlippe, weil ich die Unruhe des hohen Rates wahrnahm, zwar schleierhaft, aber ich konnt es. Sie warteten. Der Schattenherr blätterte eine Weile in dem Buch und jeder im Raum schien den Atem anzuhalten, bis auf den Schattenherrn, Christian und mich.
Nach nicht einmal einer Minute schien er die gesuchte Seite gefunden zu haben, denn er hielt mitten in der Bewegung inne und starrte auf eine Seite oder etwa nicht. Mit zittriger Hand hielt er das Buch in die Höhe und zeigte mir die Seite. Nein! Er zeigte mir keine Seite. An einem gezackten Stück Papier erkannte ich, dass jemand die Seite grob herausgerissen hatte.
"Was ist das?", schrie er mich aufgebracht an, als ob ich dafür verantwortlich wäre. Meine Augen weiteten sich. Wollte er gerade mich für den Verlust einer wichtigen Seite in dem Buch, das ich noch nicht einmal hatte lesen können, beschuldigen? Er näherte sich mir bedrohlich und musterte mich argwöhnisch. "Vielleicht habe ich dich ja unterschätzt", krächzte der Schattenherr. Ich betrachtete ihn gelangweilt. In so einer Situation musste sogar ich erstmal nachdenken, doch mir blieb nicht lange Zeit dafür.
"Nein, Meister, ich musste die Seite aus Sicherheitsgründen rausreißen", erzählte Christian und während er das Wort Sicherheitsgründen betonte, wagte er einen Blick zu mir. Ich verstand. Er hatte die Seite schon vorher rausgerissen, weil er sich nicht sicher war, ob ich nicht doch eine Möglichkeit gefunden hätte das Buch zu öffnen. Er holte eine Papierrolle hervor, die mit einem roten Gummi zusammengehalten wurde und übergab sie ebenfalls seinem Herren. Dieser schnappte sich die Papierrolle, löste den Gummi und überflog die Seite schnell. Anerkennend nickte er.
"Cleverer Schachzug, Junge", lobte er Christian, obwohl es sich in meinen Ohren eher sarkastisch anhörte. Meine Hände fingen an wie wild zu kribbeln, als er sich mir wieder näherte. Der größte Schatten streckte seine Hand aus und hielt mir das aufgerollte Papier unter die Nase. Ich erkannte Szu sofort. Um ihre Handgelenke entdeckte ich ebenfalls Platinringe, die mit Ketten verbunden waren. Ihre Augen schienen grelle, leuchtende Lichtpunkte zu sein. Sie befand sich im Avatarzustand, doch Szu wehrte sich mit aller Kraft dagegen. Mein Herz setzte für einen Moment aus bei der Vorstellung, dass es mir ähnlich ergehen würde. Über dem Bild stand ein Text, ein lateinischer Text und ich musste mich zusammenreißen um etwas zu verstehen, aber diese Wörter waren mir vollkommen unbekannt. Naja, bis auf et (und), etiam(auch, sogar), per (durch, hindurch) und die anderen kleinen Wörter. Und per vim tauchte immer öfter auf. Ich schluckte schwer. Mich gruselte es, dass ich die Bedeutung dafür nicht kannte.
Der Schatten grinste und beugte sich, wie vorhin zur Begrüßung vor. Seine Augen glänzten direkt vor mir durch die Maske hindurch. Einige Sekunden verstrichen, dann senkte ich den Blick, weil ich dem seines nicht länger standhalten konnte. Jedoch hob er mein Kinn ein Stück an, damit ich ihn wieder anschauen musste.
"Wir werden nicht lange warten",verkündete er mir leise, beugte sich zurück und gab meiner Schattenwache ein Zeichen, dass meine Audienz vorbei war. Schneller als ich denken konnte, hatte man mich wieder hinaus auf den Gang geführt. Die zweite Wache wollte gerade meinen Arm packen. Ich wusste, dass dies meine letzte Chance war. Ich trat dem ersten Schatten auf den Fuß und dieser lockerte auf der Stelle seinen festen Griff. Flink löste mich aus seiner Umklammerung. Es hatte ihm garantiert nicht wehgetan. Es reichte lediglich für eine Irritation. Und schließlich nahm ich die Beine in die Hand und rannte in einem ungewöhnlich schnellen Tempo den Gang entlang. Nur mal nebenbei, es war gar nicht einfach zu rennen, wenn einem wortwörtlich die Hände gebunden waren. So konnte ich nicht so richtig Tempo aufbringen.
"Bleib stehen", hörte ich jemanden hinter mir rufen. Ob es die Schatten waren, konnte ich nicht sagen, ich beschleunigte mein Tempo nur noch mir, unwissend, was hinter der nächsten Ecke auf mich warten würde, wissend, das etwas warten würde, das sagte mir mein sechster Sinn. Es würde nicht klappen, ich ahnte es jetzt schon. Trotzdem rannte ich weiter und stieß kurze Zeit später beinahe mit einer Person zusammen. Diese packte meine Hände und presste sie mir zurück auf den Rücken. Christian! Nur... wie konnte er so schnell hier hin gekommen sein?
"Versuch das ja nie wieder!", hauchte er neben meinem Ohr. Ich erzitterte, während ich seinen Atem auf meiner Haut spürte. Ich wehrte mich nicht, obwohl er mich nun wieder vorantrieb.
"Ich bin ebenfalls einen Pakt mit ihm eingegangen und den werde ich nicht brechen, Madline. Er gibt mir die einmalige Chance mich zu rächen", flüsterte er leise. Ich ging nicht sonderlich auf seine Worte ein. In meinem Kopf kreisten die Gedanken herum. Ich bin gescheitert, mal wieder. Und die Schritte auf dem Gang gehörten den Wachen. Ich konnte nichts mehr tun, gar nichts. Ich war verloren!
Ok, ich weiß, was ihr jetzt denkt und nein, ich werde euch dieses Mal nicht vollreden ^^
Beim letzten Mal muss mir ja ziemlich langweilig gewesen sein, das tut mir leid. Noch dazu muss ich sowieso ein englisches Buch für die Schule lesen, weshalb ich mich mit dem Schreiben ein wenig beeilt habe, ich hoffe nur es fällt nicht allzu sehr auf. Vielen Dank fürs Lesen ;)
Lg EmFantasybook
Ps: Das nächste Kapitel wird ein Spezialkapitel, ich glaube ihr habt es schon erraten ;)
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