Kapitel 28- Unerwartet!
Ich vertraute Christian. Wenn er den Staub als die Spur eines Schattens erkannte, dann glaubte ich ihm auch. Immerhin hatte er mehr oder weniger mit den Schatten zu tun, was hieß, dass er keinen Fehler gemacht haben konnte. Vielleicht hatte er mich auch angelogen. Keine Ahnung, aber die Schatten gaben kein einziges Zeichen von sich. In den nächsten Tagen konnte man so nah wie möglich an den Schattenwald ran gehen. Einige trauten sich sogar ein paar Schritte reinzumachen. Es passierte überhaupt nichts. Sean aus dem zweiten Jahr hielt sogar ganze zehn Minuten im Horrorwald aus und er kam nach der abgemachten Zeit wieder. Er hatte mit seinen Kumpels irgendeine Wette abgeschlossen. Über ihn wurde nun in der gesamten Schule geredet. Auch die Lehrer wunderten sich. Als Mrs Chatfield von all dem efuhr, sprach sie durch den Lautsprecher eine wichtige Durchsage:
"Wir haben den Schatten bereits eine Nachicht geschickt, in der wir sie bitten sich vom Schulgelände fernzuhalten. Allerdings sind Schatten eine Art von Wesen, die sich so gut wie nie an Regeln halten. Sie riechen, wenn jemand in ihr Revier eindringt und das passt ihnen gar nicht, wofür sie, denjenigen der eingedrungen ist, eine Lektion erteilen können, die niemand so schnell vergisst.Eine Rückantwort haben wir noch nicht bekommen, doch wir bitten euch, trotz des überraschenden Rückzugs unserer Feinde, auf dem Schulgelände zu bleiben."
Damit war dann alles geklärt. Die Ferien endeten schneller, als Coral "Drew" sagen konnte und das ging sehr schnell. Cat riss gerade die Tür auf, als ich in mein Buch vertieft war.
"Kein Kommentar zu meinen Ferien", schnaufte Cat und rollte den Koffer hinter sich her zu ihrem Bett. Stöhnend sank sie in die Kissen. Ich verzog das Gesicht, als hätte ich mir auf die Zunge gebissen. Also von Cat hatte ich eigentlich eine andere Begrüßung erwartet. Alice lief wie ein Topmodel durch die offenstehende Tür. Sie trug eine Sonnenbrille (die sehr teuer aussah) und warf sie auf ihr Bett. Ihren Koffer ließ sie im Raum stehen, als würde sie uns damit auffordern ihn ihr hinterherzutragen. Schmollend setzte sie sich auf die Fensterbank und zog die Knie an sich. Ich bemerkte, dass sie irgendwie traurig wirkte. Ich ging zur Tür, um sie zuzumachen.
"Ist was?", fragte ich sie und zog die Tür ran, sie jedoch im nächsten Moment wieder von Kiki aufgestoßen wurde.
"Hi Leute, na wie waren eure Ferien?", wollte sie gutgelaunt wissen. Alice warf ihr einen stechenden Blick zu.
"Meine Eltern haben mir meine Creditkarte gesperrt", maulte sie und schickte gleich einen Seufzer hinterher. "Und das obwohl ich mir noch dunkelblaue Klamotten kaufen wollte!" Für einen Moment tat sie mir sogar tatsächlich Leid. Sie drehte sich wieder zum Fenster und sagte nichts mehr.
"Autsch", kommentierte Kiki Alice' Antwort und ging zu Coral. Die beiden umarmten sich, bis Kiki abrückte.
"Woher hast du die ganzen blauen Flecken?", wunderte sie sich und beäugte ihre Freundin von Kopf bis Fuß. Coral setzte ein verschmitztes Lächeln auf.
"Äh ja, ich geh dann mal zu Drew", sagte sie und schlüpfte durch die Tür. Ich zuckte nichtsahnend mit den Schultern und spielte die Unwissende nach dem Motto Ich weiß auch nicht was sie hat. Kiki schien nicht ganz überzeugt, umarmte mich aber trotzdem.
"Ist in meiner Abwesenheit irgendwas passiert, was ich wissen muss?", hakte Kiki nach. Ich biss mir auf die Unterlippe.
"Nichts worüber du dir sorgen machen musst", log ich und suchte dann schnell das Weite.
Am Mittwochnachmittag endete die Schule. Es war ein kalter Tag gewesen, denn der Wind pfiff vor den Fenstern. Man versuchte die Eingangstür zuzuhalten, damit es im Schulhaus nicht so kalt wurde. Unser eigentlicher Schultag wurde geändert. Sport in den ersten beiden Stunden blieb zwar noch, weil der Wind noch nicht so stark war, aber die Freistunden in den nächsten Stunden und das Wassertraining danach verbrachten wir im Schulgebäude. Wie man Wassertraining im Schulgebäude machen kann? Natürlich mit der überauslangweiligen Theorie, die so gut wie jeder Schüler verabscheut. Als uns der Pausengong erlöste, ließen wir Mrs Bluelight gar nicht erst zu Ende reden. Auf unseren Zimmern erledigten wir die Hausaufgaben, bis sich der Wind draußen einigermaßen beruhigt hatte. Nach wenigen Überlegungen fiel Kiki auf, dass wir Alice dringend in den Plan vom Geheimgang einweihen mussten. Irgendwann würde sie es sowieso herausfinden. Den Code sagten wir ihr jedoch nicht. Alice könnte sowieso nicht in dreckigen, dunklen Gängen umherirren, dafür wären ihr ihre Kleider zu wichtig. Und wohin der Geheimgang führte, hatten wir auch nicht verraten. Naja fast. Als sie fragte, behaupteten wir, dort sei nichts außer einem leeren Raum, den wir zum Üben im Bändigen benutzten. Am Abend verließen wir unser Zimmer und gingen zum Speisesaal, als es plötzlich erneut eine Durchsage gab: "Liebe Schüler, wir bitten euch das Schulgebäude in den nächsten Tagen nicht zu verlassen. Ich wiederhole, bitte nicht das Schulgelände verlassen."
Verwirrt kratzte sich Kiki am Kopf. "Wenn Sie uns sagen warum, dann vielleicht", grummelte sie verärgert. Mich interessierte es auch, warum wir nicht mehr rausgehen durften und den Rest der Schule auch. Wir akzeptierten die Regel allerdings wiederwillig und befolgten den Rat. In der Schule redete man jetzt nicht mehr über Sean, sondern über das neu aufgestellte Verbot. Unser Stundenplan wurde völlig durcheinandergewürfelt und die Ganztagsangebote für draußen fielen aus, worüber sich viele im Sekretäriat beschwerten. In all der Aufruhr und dem Gedrängel, dass nun in der Schule herrschte, weil man in den Pausen nicht mehr rausgehen sollte, entdeckte ich Liz, die mit einem Stapel Papiere durch die Gänge eilte und sich einen Weg zur Treppe bahnte. Nebenbei ließ sie versehentlich die Papiere fallen. Ich kämpfte mich zu ihr durch und half ihr beim Aufsammeln der Papiere. Die aufgeregten Schüler achteten nicht darauf, ob sie die Papiere dreckig machten oder nicht. Liz bedankte sich und wollte schon davonrauschen, aber ich hielt sie auf.
"Warte mal, du weißt bestimmt warum wir nicht mehr rausdürfen oder? Warum machen die Lehrer so ein großes Geheimnis daraus? Was ist denn los?", fragte ich sie und runzelte die Stirn. Liz senkte den Blick und zerrte mich in einen leeren Klassenraum, bevor sie die Papiere auf den Tisch legte.
"Du musst mir versprechen es niemandem zu erzählen. Wir können hier nicht noch mehr Tumult gebrauchen", schärfte mir sie Vertrauensschülerin ein. Ich nickte heftig, kreuzte hinter meinem Rücken jedoch die Finger, weil ich es meinen Freundinnen garantiert erzählen würde. Freundinnen erzählte man schließlich alles.
"Gut, aber ich sage es dir schnell. Ich muss nämlich gleich wieder los", warnte Liz und schüttelte sich wegen der Kälte. "Am Mittwoch sind zwei Schüler zu nah am Schattenwald entlanggegangen. Sie dachten, dass es keine Gefahr mehr geben würde. In Wahrheit waren die Schatten aber noch da. Er hat ein Mädchen umgebracht. Der Junge konnte mit wenigen Verletzungen entkommen und hat uns alles berichtet. Der Schatten hat der Schülerin die Seele geraubt. Ich kann dir versprechen, dass du so niemals sterben willst", hauchte Liz. Sie sah auf einmal richtig besorgt aus. Mir lief ein Schauer über den Rücken und mir stellten sich die Härchen auf. Liz' Lippen bebten und sie zitterte.
"Jedenfalls glauben wir, dass die Schatten wiederkommen werden und wir nehmen an, dass sie etwas suchen. Etwas das ihnen von Nutzen sein kann. Sie werden nicht eher aufhören, bis sie haben was sie wollen. Und wenn sie es nicht finden werden sie hier eindringen. Sie werden jeden töten der sich ihnen in den Weg stellt. Es würde ein Krieg entstehen und wie wir seit neustem wissen, sind uns die Schatten seit neustem zahlreich überlegen. Sie holen sich Hilfe von Schatten aus der ganzen Welt. Und wir brauchen jede Hilfe, wenn sie uns angreifen. Wir könnten uns auch Hilfe von den anderen Schulen holen, aber der Rat der Elemente will niemanden in diesen Krieg einbinden und unnötige Tode zulassen. Und die Schüler müssen auch irgendwo untergebracht werden. Wir bringen euch nicht in Gefahr. Die Oberstufenschüler bekommen Kampfunterricht, dazu gehören sowohl die Obersekunda, als auch die Oberprima. Wir müssen damit allein fertigwerden und zwar in dem wir herausfinden was die Schatten wollen. Nur so können wir einen Krieg vermeiden. Aber wenn wir uns vorbereiten, sollten wir eine Chance gegen sie haben. Das ist unsere einzige Hoffnung. Die Hoffnung stirbt zuletzt", fügte sie hinzu. Erschrocken schlug ich mir die Hand vor den Mund. Das hörte sich gar nicht gut an. Seit neustem töteten die Schatten also schon. Das musste dringend verhindert werden. Ich überlegte und erinnerte mich daran, was Christian mir gesagt hatte und was die Schatten beim Ritual erwähnten. Ich musste wieder an Christian denken und zuckte plötzlich zusammen. Ich riss die Augen auf und mir fiel die Kinnlade herunter.
"Ich weiß, was sie suchen", gab ich leise zu und wandte den Blick ab. "Sie wollen ihn, den Avatar!"
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