Kapitel 19- Top Secret

Meine Enttäuschung wuchs mit jedem Blick in Richtung der geheimen Tür mehr. Hinter ihr lag nur eine kalte, glatte Backsteinwand. Alice beugte sich über ihr Bett um etwas sehen zu können, aber da es nicht besonderes war, steckte sie sich wieder ihre Stöpsel in die Ohren und wippte im Takt der Musik mit. Coral seufzte und stand auf.
"Halt, vielleicht gibt es hier ja irgendwas, was wir drücken müssen um hinter die Wand zu kommen", rätselte ich.
"Du hast recht. Es könnte irgendein System geben. Oder wir müssen eine richtige Reihenfolge an Backsteinen drücken", stimmte mir Kiki zu. Coral setzte sich sofort wieder und wir probierten einige Steine aus. Ich hoffte doch, dass es nicht die Reihenfolge war, denn da kamen ja 100 Theorien in Frage. Und ich hatte weder die Zeit, noch die Lust sie alle auszuprobieren. Und was für ein Zufall. Durch das Drücken eines Steines passierte nichts. Dann sollte es wohl doch eine bestimmte Reihenfolge sein. Kiki holte von ihrem Schreibtisch ein kariertes Blatt, um sich aufzuschreiben, was wir schon ausprobiert hatten. Sie malte die im Miniformat ab und markierte die Felder mit Ziffern. Unser erster Versuch klappte nicht. Kiki zeichnete nocheinmal die gleiche Backsteinmauer. Wieder nichts. Beim nächsten Mal auch nicht und danach wieder nicht. Wie groß war eigentlich unsere Chance, dass wir die Reihenfolge bald finden würden, unter 99 anderen Theorien.
"Vielleicht ist es ein Muster. Es könnte etwas Bestimmtes ergeben", überlegte Cat. Kiki knüllte den Zettel zusammen.
"Ja, so hätte das sowieso nicht geklappt, aber ich habe eine Idee". Sie krabbelte an mir vorbei und drückte die Steine in Form einer Flamme. Jedenfalls erkannte ich es als Flamme. Aber wieder geschah nichts.
"Ich dachte nur, weil Mrs Chatfield doch Feuerbändigerin ist. Aber wir könnten Luft probieren. Einen Tornado", meinte Kiki und drückte erneut auf den Steinen herum. Natürlich rein gar nichts.
"Wieso denn auch Luft? Weil es so wenige von denen gibt oder was? Vielleicht klappt es ja auch gar nicht. Und bei Erde wüsste ich nicht was man nehmen könnte. Eine Blume, ein Blatt oder..."
"Nein, wir sind so blöd", fiel ich meiner Freundin Coral ins Wort. "Sorry, aber... es ist ein Zimmer im Wasserbändigergang. Warum versuchen wir es dann nicht mit einem Tropfen für das Element Wasser", schlug ich vor und mein Gesicht erhellte sich. Ich drückte die richtigen Steine, in der Hoffnung, dass es klappen würde. Aber das tat es leider auch nicht. Ok, dann ging sie wohl nicht auf. Ich erhob mich langsam, doch Cat griff nach meiner Hand.
"Halt Mads, ich bin mir sicher, dass dein Gedanke richtig ist. Probiere es doch nochmal in der Reihenfolge des Uhrzeigersinns", ermutigte sie mich. Ich nickte. Auf diese Idee konnte man natürlich auch kommen, aber wenn, dann nur Cat. Ich legte meine Hände flink auf die Steine. Würde es jetzt endlich klappen oder war es wirklich eine geheime Tür hinter der nur eine Backsteinwand lag? Ich berührte den letzten Stein. Die Backsteine bewegtensich nicht. Ich sagte es ja nicjt gern, aber es war nun Zeit um aufzuge... Oder doch nicht. Die Backsteine zogen sich zusammen. Sie wurden kleiner und schoben sich zur Seite. Wir hatten es geschafft.
"Genial Cat", fand ich und umarmte meine Freundin. "Wer will zuerst?", fragte ich und drehte den Kopf um mir anzusehen, was sich denn jetzt hinter der Tür befand. Eine Treppe führte hinab ins Dunkle. Nicht gerade sehr einladend, doch wenigstens würden wir uns nicht ducken müssen, da die Decke erst ein Stück über dem Schrankende endete. Gruselig sah es schon aus, wenn man sich mal die ganzen Spinnenweben anschaute. Ich wich zurück und schauderte. Ich musste ja nicht als Erste darein. Dennoch hatte ich mich so auf mein Ziel konzentriert und erreicht, also wurde es jetzt Zeit. Ich duckte mich durch die Tür und lief die schmalen Treppen hinunter. Meine Fußspitze ragte bei jedem Schritt über die Kante und es dauerte nicht lange, da setzte ich meinen Fuß etwas zu weit und stolperte die Treppe hinunter. So tollpatschig wie ich würden die anderen bestimmt nicht sein.
"Alles ok?", rief Cat von oben. Das Gepolter musste also von den Wänden wiedergehallt sein.
"Passt auf auf der Treppe! Die Stufen sind sehr schmal", schrie ich zurück. Ich hörte Cat lachen. Sie stieg als nächste die Treppen hinab und rutschte an der gleichen Stelle aus, wie ich. Ich half ihr auf. Wegen unseren Gemeinsamkeiten waren wir schließlich Freundinnen geworden. Die anderen beiden sprangen leichtfüßig die Stufen runter und standen schon bald neben uns. Von obenher vernahm ich wieder ein Geräusch.
"Oh nein, schließt sich die Tür etwa oben wieder?", wollte Coral wissen und ich dachte das Selbe wie sie. Hoffentlich fanden wir den Weg wieder heraus und die Tür ließ sich mit dem gleichen Code nochmal öffnen.
"Gucken wir erstmal nach, wo wir überhaupt rauskommen würden", kommandierte Cat und ich übernahm die Führung.
"Danach gehen wir aber sofort zurück", beschloss Kiki und ich glaubte, dass Coral darauf auch bestand. Wir gingen ein Stück einem Licht entgegen, ich nahm eine Fackel aus ihrer Halterung und leuchtete uns den Weg. Nach gefühlten 60 Sekunden kamen wir an eine weitere Treppe, die zu einer Holztür an der Decke führte.
"Wartet, lasst uns noch kurz hörwn, ob wir vielleicht in einem Jungszimmer gelandet sind", entschied ich und wir alle vergewisserten uns, dass niemand zu hören war.
"Da ist niemand", flüsterte Kiki und ich öffnete die Holztür vorsichtig einen Spalt. Dann machte ich die ganz auf und gab den Blick auf ein ziemlich veraltetes Zimmer frei. Erstaunt schlüpfte ich durch die Luke und betrachtete das Zimmer. Cat und die anderen beiden sahen sich ebenfalls um, nachdem sie durch die Luke gekrochen waren. Das Zimmer hatte ein winziges Rundfenster, gerade mal so groß wie ein kleines Kissen. An den Wänden standen Bücherregale mit verstaubten Büchern. In der Mitte des Raumes war ein Pult auf einem Sockel aufgestellt. Es sah, wie alles andere in diesem Raum, schon ziemlich veraltet aus. Mehr gab es nicht zu sehen. Jedenfalls nichts besonderes. Ich griff nach einem der Bücher. Sie waren alle Bücher über das Bändigen und über die anderen Fächer an dieser Schule. Im hinteren Bereich hatte man die Bücher nach dem Schuljahr sortiert und ich entdeckte eins über Mathematik. Die große Überschrift im Inhaltsverzeichnis ließ mich die Augen weit aufreißen.

"Leute, seht euch das an", rief ich, nachdem ich das Buch durchblättert hatte. Meine Freundinnen drehten überrascht die Köpfe und schlurften zu mir. Ich schlug das Inhaltsverzeichnis auf und wartete, damit die drei Zeit hatten die Überschrift zu lesen. Coral, Kiki und Cat staunten nicht schlecht, als sie das sahen. Ich grinste sie breit an.

"Damit schreiben wir in jeder Arbeit eine Eins", meinte ich und lächelte. Kiki rückte sich ihre Brille zu recht und antwortete: "Du weißt aber schon, dass das Schummelei ist?" Sie deutete auf den Einband. Dort stand groß: Lösungen von Tests, Klassenarbeiten und Arbeiten. Kiki hatte ja irgendwie auch recht. Es war ein Schummelversuch. Doch es wusste ja keiner.

"Du kannst dir doch gar nicht sicher sein, dass die Lehrer immer genau diese Tests schreiben", erinnerte mich Coral. Auch sie hatte Recht.

"Vielleicht steht da aber was drin, was uns den Stoff "erleichtern" kann. Und genau genommen ist es auch gar kein Schummeln, denn Mrs Chatfield weiß von der Identität dieses Geheimganges und deswegen hat sie uns sozusagen angeboten zu schummeln. Aber fragt nicht warum! Ich kann es mir nämlich selbst nicht zusammenreimen", erklärte ich und nahm ein anderes Buch aus dem Regal. Profibändigen im Wasser lautete der Titel.

"Das bleibt unser Geheimnis. Das ist Top Secret, Mädels", warnte ich und stellte die Bücher an ihren ursprünglichen Platz zurück. Meine Freundinnen nickten heftig. Cat sah sich wieder um.

"Ich hab mich auch schon die ganze Zeit gefragt, was das da hinten schon wieder für eine Tür ist", murmelte sie. Welche Tür, dachte ich und guckte in die Richtung in die Cat mit ihrem Zeigefinger gedeutet hatte. Tatsächlich, noch eine Tür. Cat ging auf sie zu und ich folgte ihr. In dieser Schule musste es bestimmt 1000e von Türen geben. Ob klein oder groß, dick oder dünn. Cat legte eine Hand auf die Klinke und zog sie herunter. Einmal mehr an diesem Tag staunten wir nicht schlecht.

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