19. Feuer und Luft

Am Dienstag musste ich mich zur Abwechslung einmal nicht aus dem Bett quälen, denn es versprach ein interessanter Tag zu werden. Heute würden wir, als Obersekundaner endlich die Chance bekommen, einen echten Bändigerwettkampf mitzuerleben, um uns mit den verschiedenen Angriffen und Techniken in einem Duell vertraut zu machen. Mrs. Bluelight hatte sich nämlich freundlicherweise von Mrs. Crumber überreden lassen, uns als Zuschauer für ein Probeduell der Oberstufenschüler in Betracht zu ziehen. Vor allem deswegen, weil eine Veranschaulichung viel lehrreicher war, als irgendwelches Gedöns, das man auswendig lernen sollte.

Aus diesem Grund hatte sie gestern die zwei Trainingsstunden mit uns ausfallen lassen und die Veränderung auf dem Vertretungsplan vermerkt, sodass sich der gesamte zweite Jahrgang heute zur dritten Stunde auf der Wiese hinter der Schule versammeln musste. Dort gab es einen speziellen Übungsplatz, der von einer kleinen Baumgruppe umgeben wurde, sodass die Geprüften nicht von neugierigen Blicken abgelenkt wurden. Zum Glück handelte es sich bei den heutigen Duellen noch nicht um die Prüfungen. Es würde also niemand eine Wertung bekommen. So konnte niemand auf die Idee kommen, dass Ablenkung unsererseits sein eigenes Ergebnis verschlechterte.

Nach dem Frühstück galt es jedoch vorerst, zwei Stunden Latein zu überstehen, die ich genervt, aber konzentriert über mich ergehen ließ. Auch Kiki war von dem heutigen Ereignis angetan und zeichnete, statt die Vokabeln abzuschreiben, lieber irgendwelche Schrittfolgen auf das Papier, von denen sie hoffte, sie würden sie in ihrem ersten richtigen Wettkampf zum Sieg führen. Ihr Gekritzel ließ sich zum Teil so schwer entziffern, dass ich beinahe glaubte, sie könnte den Verdacht haben, ich würde ihre Techniken ausspionieren. Aber ich verwarf den Gedanken schnell wieder.

"Auf dem Vertretungsplan stand, dass es mehrere Duelle geben wird oder?", fragte Kiki interessiert und hielt mitten in ihren Notizen inne. Ich wandte ruckartig den Kopf herum, als Kiki meine Gedankengänge unterbrach.

"Ich denke schon", antwortete ich und fügte hinzu: "Dadurch wird erstens unser Unterricht verkürzt und zweitens haben wir so eine höhere Chance, dass vielleicht auch jemand aus dem dritten Jahrgang zum Duell antritt. Mit anderen Worten, wir beobachten die Austauschschüler und finden heraus, welcher von ihnen keine Bändigerkräfte ausüben kann." Mit diesem Worten legte sich ein siegessicheres Lächeln auf meine Lippen. Der Plan war idiotensicher. Selbst wenn nicht jeder antreten würde, konnten wir dennoch feststellen, wen wir von unseren australischen Freunden sicher ausschließen konnten.

Mit jedem Gedanken, der sich durch meinen Kopf fraß, stieg die Spannung bis ins Unermessliche. Als endlich die Pause anfing, waren Kiki und ich die ersten, die ihre Sachen eingepackt und den Raum verlassen hatten. Wer konnte es uns auch verübeln?

Gemeinsam verließen wir das Schulhaus und folgten ein paar anderen Unterstufenschülern über die große Wiese. Coral, Cat uns Alice würden wir wahrscheinlich erst dort antreffen, da viele andere Lehrer früher Schluss machten, um die Pausen für ihre privaten Angelegenheiten zu nutzen. Nur unser Lateinunterricht wurde bis zur letzten Minute durchgezogen, wofür ich unseren Lehrer heute hätte erwürgen können. Okay, zugegebenermaßen ein bisschen übertrieben, aber Fantasie zeigte nunmal keine Grenzen.

Tatsächlich saßen Coral und Alice bereits auf einer der zwei langen Bänke, die dem Kampfplatz einen Rahmen gaben. Zwei von ihnen fehlten, aber dies war für gewöhnlich immer der Fall. Denn sollte ein Herausforderer das Bedürfnis haben, den Kampf zu beenden und dem Gegner den Sieg zu überlassen, so war die einzige Möglichkeit aufzugeben, den markierten Kampfbereich zu übertreten. Obwohl wir darüber informiert wurden, dass so etwas eher selten vorkam, war es dennoch möglich.

"Wo ist Cat?", fragte ich irritiert, als Kiki und ich uns neben unseren Freundinnen niderließen.
"Keine Ahnung, sie meinte, sie wolle gleich nach Spanisch hier sein, aber es sieht so aus, als würde sie sich verspäten", erklärte Alice und sah sich um, in Erwartung, Cat irgendwo in der Völkerwanderung des zweiten Jahrgangs ausfindig machen zu können.

"Unsinn, wir sind doch schon zu spät und alle anderen aus dem Spanischkurs sind pünktlich", widersprach ich und deutete auf die gegenüberliegende Bank, wo sich bereits Theresa mit ihrer Freundin und einigen Jungs aus dem Spanischkurs Plätze reserviert hatte.

In diesem Moment fiel mir auf, dass es nicht das erste Mal vorkam, dass Cat spurlos verschwunden war. Wie an dem Regentag, an dem ich eines Morgens schweißgebadet aus dem Alptraum hochgefahren war und sie sich draußen im Regen herumgetrieben hatte, ohne uns Bescheid zu sagen. Und wie, um meinen Verdacht zu unterschreiben, meldete sich ein weiterer beunruhigender Gedanke bei mir. Vor ein paar Wochen, als ich zum ersten Mal Marina am Wasserbecken getroffen hatte, wollte Cat die Schnupperstunde in der Musik-Gemeinschaft antreten. Aber als ich mich vom Angriff des Schattenwesens erholt hatte, war sie noch immer nicht zurückgekehrt, obwohl die Probe schon längst vorbei gewesen war. Erst zum Abendessen hatte ich sie gesehen, zwar mit kreideweißem Gesicht, aber unversehrt. So oft zu fehlen, war gar nicht Cats Art. Und warum nur hatte es sie nach draußen verschlagen am Morgen gegen Fünf Uhr? Wo sie doch schon letztes Jahr mit erheblichem Schlafmangel zu kämpfen hatte...

"Mads? Kann es vielleicht sein, dass Cat zwei Freistunden gehabt hat? Ich meine, Mrs Lewis ist mit den acht Teilnehmern des Schüleraustauschs und den zwei anderen Lehrern nach Australien geflogen. Dadurch haben wir eine Spanischlehrerin weniger. Sollte also Mr. Jaméz ausfallen, kann der Kurs von niemandem vertreten werden", begründete Coral und runzelte die Stirn. Kiki zuckte mit den Schultern, als wüsste sie nicht, ob sie Corals Meinung kommentieren oder lieber schweigen sollte.

"Du denkst also, dass der Unterricht von Mr. Jaméz gestrichen wurde? Aber dafür gibt es doch keinen Grund. Und außerdem, endet auch ihre Freistunde regulär. Darum müsste sie doch so oder so pünktlich hier sein", warf ich ein und blickte fragend in die Runde. Coral und Kiki tauschten einen skeptischen Blick miteinander, als wären sie beide anderer Meinung. Alice, die bisher ratlos geschwiegen hatte, was das Thema Cat anging, meldete sich nun zu Wort.

"Cat verhält sich also sonderbar. Ich hab nicht viel mitbekommen, schließlich habe ich die ersten Schulwochen an der Elemava-Academy komplett versäumt. Aber ihr habt recht, mit ihr stimmt irgendwas nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, sie ist kurz davor, uns etwas Wichtiges mitzuteilen und dann..."
"...überlegt sie es sich anders und verschweigt es uns?", schlug Kiki vor, nachdem sich Alice so plötzlich unterbrochen hatte. Mit aufeinandergepressten Lippen nickte diese. "Ja."

"Was? Wer verheimlicht hier wem was?", fragte eine glockenhelle Stimme hinter uns. Ruckartig zuckten wir vier zusammen und drehten uns gleichzeitig um. Cat stand mit einer unschuldigen Miene hinter uns und wirkte offenbar belustigt, als sie erkannte, dass sie uns für den Bruchteil einer Sekunde lang einen gewaltigen Schrecken eingejagt hatte. Zum Glück blickte sie dabei nicht mich, sondern Kiki an, sodass sie nicht bemerkte, wie schuldig und ertappt ich mich in diesem Moment fühlte. Hinter ihrem Rücken über die beste Freundin zu reden, war etwas, das ich nie vorgehabt hatte, irgendwann in meinem Leben einmal zu tun, was wohl jeder Mensch von sich behaupten sollte. Und gerade ich sollte am besten wissen, dass Freundschaft, eines der wichtigsten Geschenke war, die einem Menschen zukommen konnten. Zumal ich dieses Geschenk im letzten Jahr beinahe zerstört hätte.

Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich erwidern sollte, aber das musste ich auch gar nicht, denn Kiki schien diese Situation bereits von vornherein kommen sehen und entgegnete, ohne mit der Wimper zu zucken und einer Gleichgültigkeit, die ich ihr niemals zugetraut hätte: "Mrs. Chatfield und Mr. Gaster sind immer noch in Asien. Selbst die meisten Lehrkräfte scheinen nicht zu wissen, was genau sie dort vorhaben. Deshalb haben wir heute Mrs. Bluelight gefragt und sie ist der Meinung, dass es uns nichts angeht, selbst wenn sie es wüsste."

Überrascht von Kikis Fähigkeit zu lügen, fuhr mein Kopf ein zweites Mal herum, aber Kiki ließ sich davon nicht beirren. Bevor Cat eine misstrauische Bemerkung von sich geben konnte, betraten Mrs. Bluelight und die anderen drei Bändigerlehrer den Platz, gefolgt von drei Schülergruppen und erregten somit unsere Aufmerksamkeit.

Kiki rückte ein Stück näher an mich heran, sodass sich Cat auf dem freien Platz neben ihr niderlassen konnte. Diese zögerte zuerst nachdenklich, gab sich dann aber doch dem Ereignis hin und setzte sich seufzend neben sie. Zu gern wüsste ich, was sie nun von uns dachte, ob sie Kiki die Lüge abkaufte oder uns misstraute, wie es ihr gutes Recht war. Doch auf ihrem Gesicht lag ein emotionsloser, undeutbarer Ausdruck, der es mir erschwerte, ihre Gedanken zu erraten. Damit musste ich mich wohl oder übel zufrieden geben.

Mrs. Bluelight blieb in der Mitte des Kampfplatzes stehen und bedeutete den Schülern der Unterprima, sich im Schatten der großen Eiche niderzulassen. Die Schüler taten wie geheißen und während Mrs Bluelight ihre Schüler begrüßte und uns die Regeln noch einmal verdeutlichte, nutzte ich die Gelegenheit und warf einen Blick zu den Bändigern des dritten Jahrgangs. Tatsächlich hatten sich 16 Schüler freiwillig für eines der Vorzeigeduelle gemeldet. Vor allem die Feuerbändiger, die selbstverständlich alle in roten Trainingsklamotten steckten, stachen aus der Gruppe heraus. Und wir würden sogar endlich einmal die Fähigkeiten eines Luftbändigers zu sehen bekommen, worauf ich schon ziemlich gespannt war.

Als ich meinen Blick ein weiteres Mal über die Gruppe schweifen ließ, erkannte ich, dass Mrs Bluelight sogar ein paar Austauschschüler antreten ließ. Ich entdeckte die beiden Jungs mit dem Feuerelement Eric und Cyan, die anscheinend beschlossen hatten, der Herausforderung gemeinsam entgegenzutreten und Evelyn aus dem Wasserelement. Der Rest der Truppe bestand aus bekannten Gesichtern.

"Solltet ihr also aufgeben wollen, ist es nötig, diese Linie hier zu übertreten", erklärte Mrs Bluelight gerade, deutete auf die weiße Linie, die den Platz umrahmte und wandte sich anschließend an den dritten Jahrgang, der aufmerksam ihren Worten lauschte. "Wenn ihr den Platz aus ihrgendeinem Grund nicht verlassen könnt, weil ihr in einer Situation seid, die euch bedrängt oder sogar bewegungsunfähig macht, dann ruft nicht um Hilfe, sondern blockt das Element mit dieser weißen Scheibe ab." Gut sichtbar hob sie eine winzige milchigweiße Scheibe in die Höhe, die auf den Bänken verwundertes Gemurmel auslöste.

"Diese Scheibe funktioniert mit Hilfe von Gedankenkraft. Ihr müsste euch nur vorstellen, wie sie sich auflöst und ich verspreche, dass sie eurer Bitte in nur einer Sekunde nachkommen wird. Allerdings könnt ihr sie nur einmal verwenden. Denn wenn sich die Scheibe auflöst, zieht sie den Angriff des Gegners in sich hinein und nimmt dabei so viel Kraft auf, dass ihr euch das wie eine Mini-Explosion vorstellen könnt. Danach ist die Scheibe weg und ich beende den Kampf. Nutzt sie also nicht, wenn es euch gerade in den Sinn kommt, sondern wirklich, wenn ihr in Gefahr seid."

Die Aufruhr, die der untere Jahrgang erzeugt hatte, ebbte ein wenig ab, dennoch war immer noch leises Getuschel zu hören. Doch Mrs Bluelight ignorierte es und fuhr fort.

"Ich werde den Partner natürlich auslosen, damit es gerecht bleibt. Wichtig ist nur, dass kein Mädchen gegen einen Junge antritt. Deshalb habe ich bei der Auswahl auch dafür gesorgt, dass am Ende acht Mädchen und acht Jungen den Kampf antreten. Vorgesehen ist, dass es bei jedem Geschlecht einen Sieger gibt. Sollte allerdings das Mädchen das Bedürfnis haben, sich den endgültigen Sieg zu holen, darf es selbstverständlich das Duell mit dem Sieger der Jungen antreten."

Ich warf einen flüchtigen Blick zu Cat, die zufrieden die Arme vor der Brust verschränkt hatte und den Worten unserer Lehrerin aufmerksam lauschte. Auch Kiki zeigte reges Interesse am Geschehen und das, obwohl der Wettkampf noch nicht einmal begonnen hatte.

"Gut, das wäre es dann schon. Ich lose nun das erste Pärchen aus. Wir beginnen bei den Mädchen." Mrs Bluelight ging an den Rand des Feldes, wo sie anscheinend zwei Weidenkörbchen abgestellt hatte, aus dem sie die Namen ziehen würde. Vorsichtig hob sie den ersten hoch und nickte den Teilnehmern unter der Eiche beruhigend zu. Diese Geste hätte mich zugegeben kein bisschen beruhigt, wenn ich an Stelle der jetzigen Teilnehmer an den Start gemusst hätte. Wahrscheinlich hätte ich mir nervös die Hände geknetet, um nicht vor lauter Panik durchzudrehen.

Die Namen waren schnell gezogen. Marleen und Erin hießen die ersten beiden Teilnehmerinnen, die uns einen guten ersten Eindruck vom Bändigerwettkampf vermittelten. Es gefiel mir, die verschiedenen Techniken von Erin zu beobachten, die das Element Feuer beherrschte und Marleens Gelassenheit zu teilen, wenn diese das Element Erde zu sich rief. Tatsächlich fiel das erste Ergebnis ziemlich knapp aus, bei dem Marleen am Ende den Kürzeren zog.

Auch das folgende Jungenduell heizte uns so richtig ein, nicht nur im übertragenen Sinne, denn es traten zwei Feuerbändiger gegeneinander an, die beide die verschiedenstten Tricks auf Lager hatten und die Spannung bis zum Ende aufrecht erhielten.

Die Duelle fielen ziemlich unterschiedlich aus. Mal dauerte es kurz, mal lang, bis der Gegner entwaffnet worden war. Einige Bändiger versuchten, sich mit Tricks den Erfolg zu erkämpfen, andere griffen ohne Nachdenken an und schlugen ihren Gegenüber mit reichlich viel Glück zurück, wobei ich jedes Mal unwillkürlich den Atem anhalten musste, wenn es hart auf hart kam. Wirklich bruatl ging es allerdings nicht zu. Besonders die Mädchen kämpften fair, was wohl niemanden verwundern dürfte.

Als Evelyn im dritten Duell der Mädchen gegen Kate antreten musste, glänzte sie mit einer perfekten Technik und holte vor allem durch ihre Angriffe die Mehrzahl an Punkten. Kate war ihr anfangs unterlegen, kämpfte jedoch mit ebenso komplizierten Arten von Angriffen, die sie in der Vielfalt des Wassers erlernt hatte. Einige Tricks versuchte ich mir von den beiden abzuschauen und beschloss, sie genügend zu trainieren bis ich später selbst einmal würde antreten müssen. Evelyn hätte das Duell mit Sicherheit gewonnen, wenn sie nicht dummerweise durch einen von Kates Angriffen dazu gezwungen worden wäre, über die Linie zu treten. Damit hatte Kate das Duell für sich entschieden. Und ich konnte Evelyn von meiner Liste der verdächtigen Austauschschüler streichen, denn dass sie ausgezeichnet bändigen konnte, hatte sie deutlich bewiesen.

Auch weiteren Duelle raubten uns Zuschauern den Atem.
Die Stimmung war zudem sehr ausgelassen, weil alle Schüler des zweiten Jahrgangs kräftig applauderten, wenn ein Vertreter ihres Elementes auf dem Platz stand und begeistert ihren Favoriten anfeuerten. Ich blieb bei jedem Kampf relativ neutral, während Coral neben mir jedes Mal aufsprang, wenn ein Wasserbändiger das Feld übernahm.

Die Jungen und Mädchen, die bereits die erste Runde gewonnen hatten, starteten sogleich in Runde zwei. Nun musste Cyan gegen den Luftbändiger kämpfen, dessen Name Jason lautete. Cyan schlug sich nicht schlecht, aber gegen die Attacken seines Gegners kam er nicht an. Die Schwierigkeit in diesem Kampf lag wohl an dem mangelnden Wissen über Luftbändiger. Da es so selten welche zu sehen gab, war es durchaus unmöglich einen solchen Gegner und seine Fähigkeiten einzuschätzen.

Die letzten beiden Duelle rückten heran. Das Duell der Mädchen gewann Shauna, die jedoch darauf beharrte, nicht gegen den Jungen antreten zu müssen, was Cat mit einem enttäuschten Blick quittierte.

So oder so hätte Shauna gegen den Sieger der Jungen verloren. Denn das letzte Duell mussten Jason, der geübte Luftbändiger, und Eric, der blonde Austauschschüler bestreiten. Jason hatte ebenfalls blondes, kurzes Haar, das ihm seitlich über die Stirn fiel und wirkte auf den ersten Blick wie ein schlacksiger Junge, dem es wohl ein bisschen an Kraft fehlte. Aber der Anblick täuschte. Seine dunkelblauen Augen stachen so stark hervor, dass ich mich ermahnen musste, sie nicht ständig anzustarren. Er musterte seinen Gegenüber eingehend und ich stellte fest, dass er auch ziemlich gut aussah. Doch neben Eric, dem Gott, würde er wohl heute nur die zweite Geige spielen. Die Mädchen konnten ihre Blicke nicht von ihm abwenden. Weder von seinem Körper, noch von seinem gemeißelten Gesicht und seinen graugrünen Augen, die konzentriert auf seinem Gegner lagen. Mir fiel es schwer, dies zuzugeben, aber Eric übertraf Jason bei weitem und Jason war bereits ein heiß umkämpfter Mädchenschwarm an der Elemava-Academy.

Mrs Bluelight ließ sich von dem Gekreische einiger Mädels nicht aus der Ruhe bringen und gab kurz darauf das Startsignal.

Jasons Hände waren bereits zu Fäusten geballt und es wirkte beinahe so, als wären sie von winzigen Wirbelstürmen umgeben, die er gleich voller Wucht auf Eric losschicken wollte. Ich kannte mittlerweile Jasons Techniken und wusste, dass er weitaus bessere Angriffe ausführen konnte, als Eric.

Eric war gut, er hatte sich durch seine beiden Duelle erkämpft und die Siege erungen. Dennoch hatte er viel zu wenig von seinen Fähigkeiten gezeigt und wie auch jetzt stand er, ohne auch nur die Spur eines Angriffs zu zeigen auf dem Platz, die Hände lässig vor der Brust verschränkt.

Jason schickte seine Wirbelstürme auf Eric los, wie ich es vorrausgesehen hatte, doch in diesem Moment tat Eric etwas vollkommen Unerwartetes. Er nahm beide Stürme an und hielt sie in den offenen Händen, als wollte er dem zweiten Jahrgang zeigen, was er gerade vollbracht hatte. Die Stürme wurden zunehmend kleiner, doch bevor sie verschwanden, verstärkte er sie mit einer gewaltigen Flamme, sodass diese hinauf in die Luft stieg und in seiner winzigen Handfläche brannte, wie ein ganzes Osterfeuer. Er schlug die beiden Hände zusammen, sodass seine beiden Hände die Flammen hielten wie ein Docht bei seiner Kerze.

Mit einem Satz schlugen seine Handflächen auf dem steinigen Untergrund auf. Die Flammen stoben in Jasons Richtung, drohten ihn zu überwältigen. Doch dieser konnte sich geradenoch rechtzeitig mit einem einfachen Schutzschild retten. Sofort wollte er einen Gegenangriff starten, doch das Feuer, dass ihm Eric entgegengesandt hatte, flammte noch einmal auf. Diese Gelegenheit nutzte Eric und schickte Jason drei Feuerkugeln entgegen, denen er mit unkontrollierbarem Stolpern auswich.

Jasons Augen funkelten vor Zorn, als seine Hände einen Strudel aus Luft erschufen, doch dieser wurde mit einem einzigen Speer aus Feuer vernichtet. Er keuchte und starrte Eric hasserfüllt an, als ginge es in diesem Duell um Leben und Tod. Eric stellte derweil den Angriff ein, sodass es auf Jason wirken musste, als wäre er für ihn wie eine Zielscheibe.

Mit einem heiseren Lachen hob er die Hände in die Höhe, sodass die Baumkrohnen begannen, sich im Sturm hin und her zu wiegen. Auf einmal war die gesamte Ebene Jasons Sturm ausgesetzt. Kikis Haare schlugen mir wie eine Peitsche ins Gesicht, sodass ich ein wenig von ihr abrücken musste, damit sie mir nicht länger die Sicht verdeckten.
Der Wind zerrte an Jasons Kleidung, doch diesen interessierte das wenig. Er breitete seine Arme aus, genoss die Kraft, die seine Hände zum Leben erweckte. Anschließend drehte er die Handflächen langsam, als könnte er den Sturm nicht mehr kontrollieren. Schnell wie der Blitz schossen die Windmassen auf Eric zu, doch dessen Körper verwandelte sich in glühend heißes Feuer. Schweiß brach auf meiner Stirn aus, als stünde er direkt neben mir. Die Windmassen drohnten Eric von den Füßen zu reißen, aber dieser erschuf wie aus heiterem Himmel eine undurchdringbare Feuerwand. Seine Flammen wurden von dem Windstoß kläglich zurückgedrängt, doch er hielt dem Sturm stand.

Mrs Bluelight war kurz davor einzugreifen, doch noch immer rührte sie sich nicht, als hätte sie das Gefühl, dass Eric dennoch vorbereitet war. Und zu meiner großen Überraschung wendete er das Blatt. Ein Blitz zuckte am Himmel. Und kurz darauf ein zweiter. Ein dritter erhellte den nun düsteren Himmel und stieß mit einem gewaltigen Grollen nider. Direkt auf Eric zu.

Er würde es nicht überleben. Das konnte er nicht. Nicht, nachdem ich den Blitz damals auf mich gezogen hatte, sodass meine gesamte Energie in ihn hinein geflossen war und den gesamten Umkreis mit sich ins Verderben gerissen hatte. Diesem Schicksal auszuweichen war unmöglich. Ich hatte dieses Ereignis nur überlebt, weil ich mir einen winzigen Funken meiner Energie gespart hatte und wenn Eric dies nicht auch tat, würde seine gesamte Energie in den Blitz übergehen und ihn töten.

Wie ferngesteuert stürzte ich vor, um an Erics Stelle den Blitz entgegenzunehmen. Aber es war zu spät. Mit einem Krachen durchbrach er seinen Körper und entlud seine Energie in ihm. Doch Eric sank nicht zu Boden, wie er es nach diesem Einschlag hätte tun sollen. Er kontrollierte den Blitz, lenkte ihn in seinem eigenen Körper. Eric entzog dem Blitz dessen gesamte Energie. Es war nahezu unmöglich, so viel Kraft in einem einzigen Körper zu kontrollieren. Doch der Blitz schrumpfte tatsächlich in sich zusammen und zurück blieb Eric, der seine eigene Energie und die des Blitzes aus sich herausschickte und sie Jason direkt vor die Füße schleuderte.

Ein Knall ertönte und keine Sekunde später legte sich Stille über den Platz. Eine erdrückende Stille, wie nach einem endgültigen Ende.
Jason lag am Boden. Eric war kraftlos in sich zusammengesunken.

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