18. Grace
Nachdem mir Cat diese hochinteressante Neuigkeit mitgeteilt hatte, konnte ich nicht anders, als sie einmal kräftig durchzuschütteln, damit sie mir endlich verriet, was sie über unseren unidentifizierten Feind herausgefunden hatte. Wahrscheinlich war es ein purer Instinkt, denn wäre die Information nicht von so großer Bedeutung gewesen, hätte ich mich gar nicht erst zu dieser Tat hinreißen lassen.
Cat jedoch lächelte nur geheimnisvoll, statt mir eine Antwort zu geben und hielt mich ein wenig auf Abstand, damit ich sie nicht noch einmal durchrütteln konnte.
"Es wäre besser, wenn ich dir alles beim Essen erzähle. Dann kann ich dir gleich mal die Austauschschüler vorstellen", erklärte sie und bedachte mich mit einem spöttischen Grinsen, da sie genau wusste, wie neugierig ich war. "Zum Glück habe ich mir einige Informationen zu jedem der acht Austauschschüler in meinem Notizbuch aufgeschrieben. Ich kenne ihre Namen, ihr Alter, das Aussehen und ihr Element", fügte sie hinzu und lief hastig auf ihren Schreibtisch zu, auf dem sie das aufgeschlagene Notizbuch auf einem ganzen Berg an Schulbüchern platziert hatte. Der Bücherstapel wackelte schon verdächtig, als Cat das Heft auch nur berührte. Das schien sie jedoch wenig zu interessieren, als sie wieder zu mir hinüber marschierte.
"Wow, da hast du ja ganze Arbeit geleistet", stellte ich überrascht fest und griff nach dem kleinen schwarzen Büchlein, das mir meine Freundin nun präsentierte. Doch die zog es in letzter Sekunde zur Seite, sodass ich wortwörtlich ins Leere fasste.
"Nicht wirklich", antwortete Cat ehrlich und lächelte schief. "Unten am schwarzen Brett hängen alle acht Steckbriefe, damit wir unsere neuen Schüler auch richtig kennenlernen können. Ich habe mir das Nötigste abgeschrieben."
Ich nickte anerkennend und warf noch einmal einen vorsichtigen Blick auf das Notizbuch, als hätte ich auch nur den Hauch einer Chance, es Cat irgendwie aus den Fingern reißen zu können. Aber die hatte ich nicht. Deshalb würde ich mich wohl gedulden müssen. Allerdings fing das Abendessen bereits in fünf Minuten an und je schneller ich mich umzog, umso eher würden wir unten sein.
"Okay, dann können wir ja sicherlich gleich runtergehen. Ich zieh mich noch schnell um und dann bin ich fertig", versprach ich Cat und lief hektisch zu meinem Kleiderschrank, aus dem schon beim bloßen Öffnen der Schranktüren lauter ungewaschene, dunkelblaue Kleidung herausfiel. Schnell sammelte ich einige von ihnen auf und verschwand mit ihnen im Bad, nur um kurz darauf fertig angezogen zurück ins Zimmer zu treten.
"Dann können wir doch jetzt los oder?", fragte ich hoffnungsvoll und sah die anderen der Reihe nach an.
"Mads, ich bin doch noch nicht umgezogen", protestierte Kiki und besah mich mit einem vorwurfsvollen Blick. Ich starrte sie teils genervt, teils fassungslos an, denn in der Zeit, in der auch ich mich umgezogen hatte, hätte sie es mir gleich tun können. Doch bevor ich etwas gegen ihre Aussage einwenden konnte, meldete sich Cat zu Wort.
"Bevor es hier Streit gibt, könnten wir uns auch einfach darauf einigen, dass Mads und ich schon mal vorgehen und sobald ihr fertig seid, kommt ihr einfach nach. Problem gelöst."
Kiki verschränkte zwar kritisch die Arme vor der Brust, sagte jedoch nichts. Damit war die Sache geklärt.
Cat und ich verließen das Zimmer und liefen schnurstracks auf die breite Treppe zu, die abwärts in die unteren drei Stockwerke führte.
Im vierten Stock eines Internats zu wohnen, hatte für meinen Geschmack nicht unbedingt Vorteile. Zumindest wenn man einmal davon absah, dass die Lehrer zwei Etagen unter uns wohnten und wir somit die Freiheit hatten, hier oben tun und lassen zu können, was wir wollten. Die wenigsten Geräusche drangen tatsächlich bis nach unten durch. Ausnahmen waren laute Musik und (was bisher nur einmal vorgefallen war) eine Miniexplosion im Feuerbändigertrakt. Dafür war es für uns jedoch anstrengender, die vielen Stufen Tag für Tag rauf und runter zu latschen, sodass einem schon fast der Gedanke kam, das Treppenlaufen mit dem Sportunterricht zu vergleichen. Vielleicht war dies ja auch der Grund, warum Sport nur aller vierzehn Tage auf dem Stundenplan stand.
Als wir im ersten Stock ankamen, öffneten die Essensfrauen gerade die breiten Flügeltüren der Cafeteria. Einige Schüler, hautsächlich aus dem unteren Jahrgang, standen bereits ungeduldig im Gang und erwarteten ihr Essen. Ebenso Schüler aus unserem Jahrgang. Doch diejenigen, die unter diesen kleinen, bescheidenen Grüppchen besonders herausstachen, waren selbstverständlich die Austauschschüler. Mehr als ein Jahr ging ich nun schon auf die Elemava-Academy und normalerweise war es nicht üblich, dass unbekannte Gesichter auftauchten, erst recht nicht, wenn es sich bei ihnen um ältere oder gleichaltrige Personen handelte. Schließlich wusste jeder, dass die Wandlung bei Jüngeren breits ziemlich schnell eintreten konnte, wenn ein Element sich zu früh entfaltete oder man zu spät in den Umkreis von Elementbändigern geriet, es vielleicht sogar gar nicht passierte. Deshalb musste jedes neu entdeckte Element auf schnellstem Wege zur Elemava-Academy geleitet werden und die Schulleitung arbeitete hart daran, jeden einzelnen Bändiger vor der Wandlung zu schützen. Daher musste jedes neue, ältere Gesicht schon einmal vorher Kontakt zu Elementbändigern gehabt haben, was sehr darauf schließen ließ, dass viele neue Elementbändiger ganz einfach nicht aus den Vereinigten Staaten kamen. So wie in diesem Fall.
Die Austauschschüler hielten sich ziemlich im Hintergrund, während der untere Jahrgang vergnügt die Mensa flutete und die besten Plätze für sich reservierte. Nicht, dass ich sie dafür kritisieren würde, denn ich war selbst einmal an ihrer Stelle gewesen und ein paar Mal hier herumgerannt auf der Suche nach dem besten Platz, als müsste ich befürchten, mich sonst um sie prügeln zu müssen.
Cat und ich ließen den Jüngeren, sowie den Austauschschülern den Vortritt, womit wir natürlich ganz hinten in der Reihe am Buffet standen. Doch das war mir nur recht, denn so hatte ich endlich eine ruhige Minute, um die australischen Elementbändiger von oben bis unten zu mustern. Leider versperrte mir ein ziemlich großer, schlaksiger Junge die Sicht auf den Rest der Warteschlange. Er hatte strohblondes, strukturiertes Haar und breite Schultern, von denen ich niemals geglaubt hätte, sie könnten zu diesen dünnen Spaghetti-Ärmchen gehören. Außerdem trug er ein dunelkblaues Schlabberoberteil, das entweder eine Nummer zu groß oder zu breit für seinen Körper war. Dadurch erinnerte mich seine Statur an eine Sanduhr, an eine dunkelblaue Wasserbändiger-Sanduhr.
"Und? Kannst du mir schon was über den da sagen?", wisperte ich leise und drehte mich langsam zu Cat um. Diese musste gar nicht erst einen Blick in ihre Notizen werfen, um mir Auskunft über den Sanduhrtypen geben zu können.
"Jap, das ist Charles, der einzige Junge unter den drei Wasserbändigern. Er ist 17 und hat, soweit ich aus dem Steckbrief schließen konnte, mal Wasserball gespielt, bevor er das Training für die Akademie hat sausen lassen. Außerdem ist er ein brillianter Surfer. Ein Grund mehr, weshalb er ein Wasserbändiger ist", raunte mir Cat zu und beobachtete Charles mit einem prüfenden Blick, als könnte sie ihn schon jetzt als Verräter entlarven.
Ich wandte mich wieder um und bewegte mich in der Schlange vorwärts. Theoretisch hielten wir zwar Ausschau nach einem Mädchen, aber ich konnte ja noch nicht wissen, was Cat in ihrer Vision herausgefunden hatte. Vielleicht deutete der nächste Hinweis nicht mehr auf ein Mädchen hin, sondern auf einen Jungen.
Vorne am Buffet schaufelte ich mir eine Ladung Gurkensalat auf den Teller und belud ihn des Weiteren mit einem Mohnbrötchen und einigen Jagdwurstscheiben. Dann suchten wir uns einen runden Tisch, der nicht allzu weit von den beiden Sechsertischen der australischen Unterprimaner entfernt lag.
Cat holte sofort ihre Notizen hervor und schlug die richtige Seite auf, die mit einem Stoffbändchen gekennzeichnet war. Ziemlich ordentlich und übersichtlich hatte sie die Informationen untereinander aufgelistet und überall Randnotizen an die Seiten gekritzelt, die uns vielleicht helfen konnten, das Rätsel um unseren Spion zu lösen.
Langsam schob sie das Büchlein zu mir über den Tisch und drehte es so, dass ich alles lesen konnte.
"Siehst du den ersten Sechsertisch mit den drei Jungs und dem blonden Mädchen?", wollte sie wissen und zeigte mit einem Wink über die Schulter zu dem Tisch, der ganz hinten in der Ecke platziert war. Ich drehte mich unauffällig nach links um und erblickte die vier Personen, von denen hier anscheinend die Rede war.
Der erste Junge hatte kurzes, braunes Haar und war, selbst im Sitzen, kleiner und eventuell auch ein wenig runder als die beiden Jungs neben ihm. Er beteiligte sich nicht wirklich an dem Gespräch, das gerade geführt wurde, sondern starrte gedankenverloren in die Runde, als würde ihn das Gesprächsthema überhaupt nicht interessieren. Er war ein Erdbändiger, wie ich an seinem grünen T-Shirt erkennen konnte.
Der Typ neben ihm führte das Gespräch an. Ein schlanker Typ, mit einem etwas dunkleren Teint und schwarzem strubbeligen Haar, das ihm zu allen Seiten in die Stirn fiel. Er trug ein rotes Shirt mit einem Ying-Yang- Zeichen darauf. Irgendwie hatte sein Aussehen einen leichten Asiaten-Touch, was ja auch kein Wunder war. In Geographie hatten wir nämlich vor einigen Jahren mal gelernt, dass sieben Prozent der australischen Bevölkerung zu den Asiaten gehörten. Noch dazu wirkte er auf mich ebenfalls nicht besonders groß, aber dennoch größer, als der Erdbändiger.
Noch größer allerdings war der dritte Junge, mit dem fast weißblonden Haar und den, wie ich wetten könnte, eisblauen Augen, der gerade über einen Witz des Asiaten lachte. Auf mich wirkte er sofort wie der heiße Bad Boy, den jeder in seiner Schule begehrte und abgöttisch liebte. Sein Gesicht war makellos, fast wie das eines Gottes und er war ebenfalls gebräunt, woran ich ihn sofort als Surfer einordnete. Ein feuerrotes Shirt spannte sich über seine Brust, unter dem sich wohl gewollt einige Muskeln hervorhoben. Groß, blond und heiß: auf jeden Fall ein Mädchenschwarm.
Mein Blick glitt weiter und mir wäre beinahe die Kinnlade heruntergefallen, als ich das Mädchen musterte, das neben dem blonden Schönling saß. Ihr Haar war mondscheinblond und zu einem messihaften, lockeren Pferdeschwanz nach oben gebunden. Glatt war es außerdem und offen würde es ihr wahrscheinlich bis zu den Schulterblättern reichen. Schlank war sie auch, eine Figur, für die sie jedes rundere Mädchen beneiden würde. Sie gehörte ebenfalls zu den Feuerbändigern und wie ich sie so beobachtete, drehte sie den Kopf in meine Richtung. Ihre grünen Augen starrten mir mitten ins Gesicht, vollkommen unverwandt. Es war das Mädchen, das ich bei der Abreise nach Wisconsin im gegenüberliegenden Zug gesehen hatte. Aus diesem Grund hätte mir auch klar sein müssen, dass sie zu den Austauschschülern gehörte.
Hastig drehte ich mich von dem Tisch weg.
"Was ist?", fragte Cat verwirrt und blickte an mir vorbei zu den australischen Elementbändigern. Keine Sekunde später begriff sie. "Kennst du etwa jemanden von denen?"
Ich konnte nichts sagen, nur nicken, so atemlos war ich. Als hätte mich dieses Mädchen mit ihrem bloßen Blick erstickt. Dann ejdoch riss ich mich zusammen und blickte noch einmal über meine Schulter. Die Feuerbändigerin hatte sich wieder ihrem Essen gewidmet.
"Wer ist dieses Mädchen, wie heißt sie?", fragte ich und riss das Notizbuch zu mir heran, wobei ich das Notizblatt beinahe herausgerissen hätte. Gleich oben stand ihr Name, was ich daran erkannte, dass sie die einzige Feuerbändigerin unter den vier Mädchen war.
Grace Lizard
• 16 Jahre alt
• Element: Feuer
• Hobbys: nicht angegeben
• kommt aus Darwin
Ich fixierte den Namen der Australierin, wie ein unlösbares Rätsel. Grace ja? Die würde auf meiner Liste der Verdächtigen ganz oben stehen. Und zu diesem Zeitpunkt schwor ich mir, dieser Grace mal auf den Zahn zu fühlen...
Neben Charles und Grace lernte ich auch die Namen der anderen Austauschschüler auswendig, um sie mir jederzeit ins Gedächtnis rufen zu können. Der braunhaarige Erdbändiger am ersten Tisch hieß Liam, der Asiate Cyan und der blonde Gott Eric, dessen Zweitname Finn lautete. Ich ordnete die Namen der drei mit dem von Grace der ersten Gruppe zu. Sozusagen tischweise.
Die zweite Gruppe bestand aus Charles, der sich oft zu den beiden Mädels Evelyn und Zuny aus seinem Element gesellte, womit es einen Wasserbändiger und zwei Wasserbändigerinnen gab. Und zuletzt noch Elizabeth mit dem Erdelement, die sich lieber den Wasserbändigern, als ihrem Erdverbündeten Liam anschloss. Damit hätte ich alle zusammen. Luftbändiger gab es nicht, aber davon war ich auch nicht allzu überrascht.
Wie ich von Cat erfuhr, war ausgerechnet Grace Kikis Austauschschülerin, für die sie zuständig war. Das wäre zum einen positiv, weil ich sie so besser beschatten konnte und zum anderen negativ, falls sie tatsächlich etwas gegen uns im Schilde führen würde.
Außerdem gab mir Cat auch den entscheidenden Hinweis, von dem sie in ihrer Vision erfahren hatte. Angeblich sollte unser verräterischer Spion nicht bändigen können und da kamen ja wohl nicht allzu viele von acht Bändigern in Frage.
Unser Plan war nicht besonders ausgeklügelt, aber dennoch zielorientiert: Finde denjenigen bzw. diejenige, der/ die nicht bändigen kann.
Und dazu würden wir spätestens Gelegenheit haben, wenn die Unterprimaner für den Bändigerwettkampf trainierten. Doch vorerst mussten wir selbst ran.
Unsere Wasserbändigerlehrerin Mrs. Bluelight erklärte uns in der folgenden Unterrichtsstunde die Regeln und Kriterien des Wettkampfs. Wir mussten diesen Wettkampf durchziehen, würden aber, anders als die Oberstufenschüler, noch keine Prüfungsnote darauf bekommen, worüber ich unglaublich froh war. Schließlich war Wasserbandigen nicht das einzige Fach, in dem ich mich auf meine Noten konzentrieren musste und ich hatte das Gefühl, dass mir immer weniger Zeit zum Lernen blieb.
"Im Bändigerwettkampf werdet ihr nicht nur gegen Schüler antreten, die mit dem gleichen Elements beschenkt worden sind, wie ihr. Ihr müsst in Duellen gegen jedes der drei anderen Element einmal bestehen, um als Gesamtsieger aus dem Kampf hervorzutreten. Sollten es mehrere Schüler schaffen, werden eben diese gegen einen anderen Bestandenen antreten, bis am Ende nur noch ein Schüler ungeschlagen ist. Mädchen und Jungen werden natürlich getrennt, damit es keine Konflikte gibt", informierte uns Mrs Bluelight gerade, woraufhin Cat empört die Arme verschränkte.
"Als ob wir zu schwach wären, um gegen einen Jungen zu gewinnen", beschwerte sie sich laut und obwohl es eigentlich nicht für die Ohren unserer Lehrerin bestimmt gewesen war, wandte sie sich aprupt zu meiner Freundin um.
"Ich verstehe dich gut, Cat. Ich fand es damals auch nicht wirklich fair, den Bändigerwettkampf in weibliche und männliche Gruppen zu unterteilen, aber leider habe nicht ich die Regeln dieses Wettkampfes aufgestellt, sondern Mrs. Chatfield", teilte uns Mrs. Bluelight mit und neigte bedauernd den Kopf. "Aber falls es dich tröstet, ich würde dir durchaus zutrauen, dass du es auch mit einem Jungen aufnehmen kannst, Cat."
Sie warf einen Blick zu der Jungsgruppe, die gerade damit beschäftigt war, sich herumzuschubsen, wie Kindergartenkinder. Nur Kevin hielt bei den Worten unserer Lehrerin kurz inne.
"Sie glauben ernsthaft, dass die da", er deutete mit dem Zeigefinger auf Cat, als kannte er nicht mal ihren Namen", mich besiegen kann? Das schafft sie niemals. Ich bin doch viel stärker, als sie. Ich könnte sie zerquetschen, wie ne Fliege, wenn ich wollte."
Cat trat hervor und ballte die Hände zu Fäusten. Wäre kein Wasserbecken zwischen ihr und Kevin, würde sie ihm sicher im nächsten Moment an die Gurgel gehen. "Vorsicht Kevin, ich glaube es könnte gleich ziemlich kalt werden", drohte sie und erschuf in ihren Händen zwei dicke, weiße Eiskugeln. Ihre Augen funkelten bedrohlich und ich zweifelte keine Sekunde lang daran, dass sie es ernst meinte. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie das Duell mit Kevin gleich hier und jetzt ausgetragen, doch Mrs. Bluelight hielt Cat zurück.
"Na na na, in meinem Unterricht wird nicht gekämpft, es sei denn ich bitte darum. Also hebt euch eure Kräfte lieber für das Training auf", tadelte sie die beiden und besah Kevin noch einmal mit einem bösen Blick. Ich wusste, dass sie Cat in Schutz nahm, weil sie ganz genau ahnte, wie talentiert diese war. Doch eine Entschuldigung von Kevin zu verlangen, war an dieser Stelle wohl nicht angebracht.
"Also, die anderen Elementbändiger der Obersekunda lernen gerade eine neue Fähigkeit dazu. Die Feuerbändiger beschäftigen sich mit dem Blitzebändigen, die Erdbändiger mit dem Metallbändigen und die Luftbändiger erlernen das Verändern ihrer Konsistenz, sodass sie zum Beispiel nur aus Luft bestehen. Diese zweite Fähigkeit dürfen sie im Wettkampf auch einsetzen. Ihr müsst also vorsichtig sein, wenn sie euch angreifen", warnte uns Mrs. Bluelight, woraufhin ich unwillkürlich schluckte. Nur Angelina war wenig beeindruckt von ihren Worten. Ein spöttisches Lächeln hatte sich auf ihre Züge gelegt, als sie ihren Gedanken aussprach.
"Dann machen wir diese Weicheier eben mit unserer zweiten Fähigkeit platt! Aber was können wir denn noch gegen sie ausrichten? Haben wir nicht schon alles gelernt?"
Mrs Bluelight biss sich kaum merklich auf die Unterlippe, als hätte sie bereits geahnt, dass irgendjemand diese Frage stellen würde.
"Ihr habt eure zweite Fähigkeit bereits erlernt", behauptete sie und sah uns der Reihe nach an. "Eisbändigen ist ebenfalls eine sehr starke Eigenschaft, die euch Wasserbändigern zum Sieg verhelfen kann."
"Aber wir haben das Eisbändigen doch schon im letzten Schuljahr erlernt. Warum sind wir dann weiter, als die anderen Elementbändiger unseres Jahrgangs?", warf Kiki nun ein. Berrechtigt, wie ich fand.
"Weil es auf dem Lehrplan stand", erwiderte unsere Lehrerin forsch und wandte sich von uns ab, womit sie ganz offensichtlich vom Thema ablenken wollte."Aber jetzt sollten wir wirklich beginnen!"
Meine Freundinnen und ich tauschten skeptische Blicke, denn wir alle dachten das Selbe: Mrs. Bluelight hatte gelogen. Nur Alice nagte desinteressiert an ihren Fingernägeln, als wäre ihr das Thema völlig gleichgültig. Und Cats Gesicht wirkte auf einmal seltsam blaß, Kreideweiß, wie Schnee.
"Ist etwas?", fragte ich sie nun leise, als ich mich leicht in ihre Richtung neigte.
"Nein", antwortete sie und starrte zu Boden. "Ich denke nicht."
Ungläubig hob ich die Augenbraue, beließ es jedoch dabei und lauschte wieder aufmerksam den Worten unserer Lehrerin. Cat blieb den ganzen Unterricht lang still und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie sich wegen dieser Lüge von Mrs Bluelight so verhielt. Ob sie etwas wusste?
Seufzend schüttelte ich den Kopf. Also mal wieder ein neues Geheimnis!
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