Kapitel 41 - Ariana Chiara

Lautlos segelten die Nachtschatten durch das Fenster, während draußen noch immer der Mond am Himmel leuchtete. Maila sprang ab und Mondblüte streckte sich gähnend. "Oh, schon so müde?" murmelte Maila und kraulte ihre beste Freundin lächelnd. "Na komm, ich räume schnell alles auf, dann könnt ihr schon mal schlafen - ihr wart super, heute", wiederholte sie erneut und legte auch ihre Drachenbezwinger Rüstung ab. Die Inselgarde war vertrieben und nun stand ihnen eine Weile Ruhe bevor - was jedoch nicht hieß, dass sie nicht weiter an ihrem Plan arbeiten würde.

"Ruht euch aus", lächelte sie und strich den beiden Nachtschatten über den Kopf, bevor sie in das Kartenzimmer lief. "Viggo, wir sind zurück! Und ich muss sagen, es lief besser, als -", sie unterbrach sich und sah ratlos durch das Zimmer, "Viggo?" Doch sie fand ihn auch nicht in seinen eigenen Räumen, woraufhin sie verwirrt den Tisch umrundete. Sie fand ihr Schwert neben allerlei Ersatzteilen und Werkzeugen und drehte es nachdenklich in der Hand. Das Schwert war plötzlich um einiges leichter, dachte sie und schwang es hin und her. Er hatte ihr gesagt, dass er daran arbeiten würde, vielleicht war er deshalb in eines der Waffenlager gegangen, auf der Suche nach einem anderen Werkzeug oder ähnlichem. Denn eigentlich kam er nie zu spät.

Sie legte das Schwert zurück und machte sich auf den Weg nach draußen. Doch gerade als sie um den Tisch herumlief, blieb sie unvorbereitet an etwas hängen und wäre beinahe gestürzt. Überrascht stolperte sie einige Schritte und rief eine Verfluchung in den verlassenen Raum. Ratlos sah sie sich um. Tatsächlich fand sie sie eine Bodenplanke, die etwa zwei Finger breit überstand und schüttelte verwundert den Kopf. "Super!", seufzte sie und trat angesäuert erneut dagegen. Doch zu ihrer Verwunderung das Brett gab nach und rutschte beiseite. Stirnrunzeln kniete sie sich auf den Boden und klopfte gegen das Holz. Der Laut war überraschend hell und Maila wurde neugierig.

Da kam auch Mondblüte in das Zimmer getrottet und schnupperte besorgt an ihrem Reiter. Fragned legte sie den Kopf schief. "Ich weiß auch nicht", murmelte Maila und musterte die lose Planke erneut. Die Nieten waren gefälscht und mit einem kräftigen Ruck konnte sie einen Hohlraum unter dem Boden freilegen. Maila und Mondblüte sahen sich fragend an und blinzelten dann in die Kammer hinunter. "Kannst du etwas Licht machen, Süße?" Augenblicklich erklang das gewohnte Zischen und bläuliches Licht fiel durch den schmalen Spalt im Boden.

Unter einer Schicht Staub erkannte Maila etwas, das aussah, wie eine alte Truhe. Doch das überrascht sie nicht weiter, nachdem sie das Familienwappen auf dem Deckel entdeckte. Sie hatte es bereits auf anderen Sachen von Viggo gesehen und erinnerte sich vage an eine Erklärung von ihm. Das Schwert für Gerechtigkeit, die Nelke für Treue und der rote Drache, der sich darum wandte, für die Drachenjagd. Mailas Herz schlug höher und sie sah unsicher zu Mondblüte auf, doch der Drache schnupperte nur neugierig daran und wirbelte dabei den Staub auf. Das Wappen war vor langer Zeit in das Holz gebrannt worden und Maila wurde das Gefühl nicht los, das die Kiste von ausgesprochener Wichtigkeit war. Mit Mondblütes Hilfe zerrte sie sie schließlich nach oben und begutachtete sie interessiert.

Nach einem weiteren fragenden Blick zu ihrer Partnerin, wurde die junge Beschützerin schließlich von der Neugier überwältigt und sie klappte den verklemmten Verschluss auf, der früher wohl einmal vergoldet gewesen war. Als sie den Deckel schließlich vorsichtig anhob, fand sie die Kiste bis zum Rand befüllt mit Papier. Andere hätten wohl Schätze erwartet, doch Maila wurde nur noch aufgeregter. Mit klopfendem Herzen holte sie einen Stapel dicke, edle Schriften heraus und drehte sie sorgsam in der Hand. Sie wirkten alt und sehr wertvoll, doch leider verstand sie nicht einmal die Hälfte von dem, was da geschrieben stand. Es handelte sich um die verschiedensten Sprachen und Schriften, doch sie erkannte, dass die meisten Zettel Briefe waren. Angesprochen wurden Namen, die weit aus dem Süden kamen. Manchmal fand sie auch Skizzen zu Plänen, Strategien und Waffen oder Listen von Auktionen, oder aber Abkommen und Verträge, die sie ebenfalls nicht lesen konnte. Die meisten der Sprachen kamen vermutlich nicht einmal aus dem ihr bekannten Inselreich. Doch eines hatten sie alle gemeinsam: die abgebröckelten Überreste edler Wachssiegels, welche entweder ein geschwungenes G oder ein R zeigten.

Interessanter war jedoch das, was sie auf dem Boden der Truhe fand. Ein Bündel, zusammengeschnürt und offenbar versteckt unter all den andern Papieren. Für einen Moment zögerte sie, die Sache war ihr nicht völlig geheuer. Doch wenig später wickelte sie die dicken Stoffe bereits auseinander und stieß auf deutlich ältere Pergamentrollen. "Wow..." murmelt sie und löste vorsichtig das Seidenband, um die schwerste Schriftrolle. Auch Mondblüte stellte neugierig die Ohren auf und schob einen Stapel Papiere beiseite. Sie schnupperte intensiv daran und sah Maila aus großen Augen auffordernd an. So breitete Maila sie auf dem Boden aus und traute ihren Augen kaum, als sie den riesigen Stammbaum entdeckte. Sie hatte ihn nicht einmal völlig aufgerollt, doch schon jetzt zeigte die Karte hunderte Namen und Verzweigungen, Symbole und kleine Bilder, die bereits vergilbt und teilweise sogar beschädigt waren. Doch eines war völlig klar: Das war ihre Familie.

"Sieh dir das an", flüsterte sie und strich sich ungläubig die Haare aus dem Gesicht, während sie ihre Augen über all die Namen streifen ließ. Sie kannte kaum einen der vielen Namen, doch konnte sie beinahe ausschließlich dunkle Haare und Augen beobachten. Die Art und Weise wie ihre Vorfahren ihr von dem Papier entgegensahen ließen ihr einen Schader über den Rücken laufen. Sie sahen stolz, entschlossen und klug, doch auch abschätzig und bedrohend zu ihr auf. Maila konnte gar nicht aufhören sie alle zu betrachten. Doch während ihre Augen dem vergoldeten Hauptzweig folgten, fiel ihr Plötzlich ein Name ins Auge. Arik. Und darüber seine Eltern, Ryker und Larea. Und wiederum darüber Arian und Helena Grimborn - ihre Großeltern. Maila mustere sie aufmerksam, bis sie darunter auch die Namen ihrer Eltern erblickte und darunter - sie hielt die Luft an.

Ariana Chiara Grimborn.

Vor lauter Entsetzen keuchte sie laut auf. Dort war ein verblasstes Bild eines blonden Babys, mit strahlenden blauen Augen. Sie atmete zitternd durch und wich ein Stück zurück. Dabei stieß sie gegen die Schriftrolle, die sich einige Handbreit weit zurollte. Doch sie musste ohnehin nicht auf das Papier blicken, das Bild hatte sich tief in ihr Gedächtnis gebrannt. Sie war ein Einzelkind, es gab keinen Zweifel. Das war ihr Name - ihr Bild. Zum ersten Mal wurde ihr wahrhaftig bewusst, dass sie eine der letzten Erben der Grimborn Familie war. All die Eindrücke und Erkenntnisse brachen in riesigen Wellen über sie herein und sie keuchte erneut, sah zu Mondblüte hinüber und lachte hilflos überwältigt auf.

Ihre Familie war riesig. Sie war ein Teil von etwas Gigantischem. Etwas gruseligem, mächtigen, doch zugleich beeindruckenden. Sie holte erneut tief Luft und strich mit den Fingern andächtig über den Stammbaum. "Ariana Chiara Grimborn... das klingt doch - doch überhaupt nicht nach mir, oder?" murmelte sie mit großen Augen und sah hilfesuchend zu Mondblüte, die liebevoll ihren Kopf an Mailas Schulter rieb. Denn sie spürte wie langsam wieder all die Dinge in ihr hochkamen, die sie gerade so entschlossen aufgeschoben hatte. Das Grimborn Erbe war furchteinflößend, doch sie konnte nicht weiter verleugnen, ein Teil davon zu sein.

"Kannst du dir das vorstellen, Mondblüte? Diese riesige Familie...Und - und Maila war wirklich nicht mein Name - Ariana - aber das klingt so... so anders und ich hatte blonde Haare!" Mondblüte klackerte amüsiert und stupste sie auffordernd mit der Schnauze an. "Wa - aber ich -" sie unterbrach sich und sah ebenfalls auf die anderen Schriftrollen hinab. Die Neugier zerrte an ihr, ihre bisherigen Erkenntnisse wirkten berauschend auf sie - sie wollte mehr wissen, doch zugleich wollte sie es nicht. Sie hatte Angst, womöglich etwas zu finden, das sie nicht wissen wollte. Denn sosehr sie sich bisher gegen ihre Familie gesträubt hatte, in diesem Moment fühlte sie sich wahrhaftig zugehörig. Zu etwas gewaltigem. Etwas aufregendem. Und das wollte sie nicht kaputt machen, nachdem sie endlich einen Schritt nach vorne machen konnte.

Sie wusste, der Konflikt in ihrem Herzen war noch nicht beendet und der Gedanke an ihre Familie und die Frage ihrer Loyalität waren das schlimmste an all dem. Doch das hier war anders. Es hatte nichts mit all den Plänen zu tun. Es verdeutlichte ihr nicht erneut höhnisch die schwere Last der Situation. Sie konnte es nicht beschreiben, doch es löste etwas ähnliches in ihr aus, wie das Gespräch, dass sie mit Viggo in der Zelle geführt hatte. Es war schmerzhaft und unangenehm, aber trotzdem konnte sie nicht aufhören - mehr zu wissen, mehr zu finden und zu erfahren. Es war, als würde sie sich an etwas zurückerinnern, das sie schon längst vergessen hatte. In Wahrheit hatte sie all das aber nie erlebt. Und dennoch fühlte es sich plötzlich wie ein Teil von ihr an und sie wusste, das es auch so war.

Dann erblickte sie dicke, farbige Papiere und als sie sie zu sich zog, bemerkte sie, dass es sich um ausgerissene Gemälde handelte. Sie schienen herausgerissen aus ihren Rahmen und auch hier bröckelte bereits die dunkle Farbe vom Untergrund. Vorsichtig rollte sie das erste auf und entdeckte drei junge Kinder mit ihren Eltern. Den Jungen erkannte sie als ihren Großvater, sobald sie das zweite Bild aufrollte. Dort waren Viggo und Ryker abgebildet, ebenfalls mit ihren Eltern. Fasziniert musterte sie ihren Vater, der wohl gerade einmal fünf Jahre alt war. Er sah seinem Bruder damals noch ähnlicher, auch wenn er wohl mehr nach Mailas Großmutter schlug, als Ryker. Sie lächelte und sah sich fasziniert weitere Gemälde an, sie fand sogar eines mit Arik, auf dem Arm seiner Mutter und nicht älter als ein Jahr. Erneut eroberte ein breites Lächeln ihre Lippen und auch Mondblüte summte amüsiert.

Doch als Maila nach dem nächsten Bild griff, erblickte sie, noch bevor sie es aufgerollt hatte, eine blonde Haarsträhne und spürte wie ihr Herz für einen Schlag aussetzte. Sie ließ die Rolle fallen und zögerte einen Augenblick. Als sie es jedoch schließlich aufrollte, fühlte sie, wie die Zeit wahrhaftig stehen blieb. Für einen Moment war sie nicht in der Lage überhaupt zu reagieren und starrte nur auf das Familienportrait, während das Blut durch ihre Ohren rauschte und ihr Herz aufgeregt gegen ihre Rippen hämmerte.

Keuchend schlug sie dann die Hände vor den Mund. Dort lächelten ihr eine viel jüngere und vor allem glücklichere Version von Viggo entgegen. Und neben ihm stand ihre bildschöne, strahlende Mutter. Sie hatten ihre Hände ineinander verschränkt und Maila erkannte das Goldene Band, das um ihre Handgelenke gebunden war. Es war der Tag ihrer Hochzeit.

Sie starrte das Bild an - einen Augenblick, dann noch einen und noch unzählige mehr, ohne nur zu blinzeln. Und noch bevor sie es verhindern konnte, liefen Tränen über ihre Wangen und sie schluchzte auf. Das war wahrhaftig ein Bild ihrer Mutter. Blonde Locken fielen ihr wie ein goldener Wasserfall über die Schultern und ihre ebenfalls blauen Augen leuchteten denen von Maila entgegen.

Passiv griff sie nach ihrem Drachenzahn, als sie die feine Kette im Herzen des Anhängers auch auf dem Bild erkannte. Tief atmete sie durch und lies die Luft langsam in ihre Brust strömen, während sie versuchte sich zu sammeln. Sie sah wie viel Glück und Liebe ihr entgangen waren, denn sie wusste, wie zerrissen diese Familie heute war. Sie sah ein Leuchten in Viggos Augen, wie sie es noch nie bei ihm gesehen hatte. Und auf einmal verschwand jeder Zweifel, den sie noch gehabt hatte. Er hatte alles verloren.

Viggo hatte all das für sie aufgegeben. Nein - Ihr Vater hatte all das für sie aufgegeben. Ein Schauder jagte ihr über den Rücken. Sie bereute nicht, ihr bisheriges Leben gelebt zu haben, doch zum ersten Mal in ihrem Leben sehnte sie sich, dieses Leben kennenzulernen. Nie hatte sie das Bedürfnis gehabt, ihre wahre Familie zu finden, sie hatte immer gedacht, sie hätte sich damit abgefunden, es niemals zu erfahren. Deswegen war sie nie unglücklich gewesen, aber nun sah sie doch noch, was sie verpasst hatte. Doch viel mehr bedauerte sie, dass sie es, jetzt, da sie die Chance hatte, all das nachzuholen, nicht annehmen konnte. Trotz allem sträubten ihr Verstand, sowie ihre Treue und ihr Vertrauen zu den Reitern und Beschützern sich mit aller Kraft dagegen. Doch ihr Herz würde diesen Kampf gewinnen. Und ein Teil von ihr wusste das bereits.

Zitternd atmete sie durch und wischte die Feuchtigkeit aus ihren Augenwinkeln. "Ich kann es einfach nicht fassen", murmelte sie und lachte leise auf, woraufhin Mondblüte mit großen Augen zu ihr aufsah. Es war fast, als würde sie lächeln, immerhin klackerte sie leise und legte fragend den Kopf schief. "Ich - ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll. Wer hätte gedacht, dass ich das jemals zu Gesicht bekomme? Zum Glück habe ich dich an meiner Seite, richtig, Süße?" Sie kraulte ihre beste Freundin und lächelte dankbar für ihren treuen Blick. "Was würde ich nur ohne dich-"

"Maila?", hörte sie auf einmal Viggos Stimme aus seinen Räumen und zuckte heftig zusammen. Ihr Herz schien ebenfalls zu erstarren, bevor es immer schneller schlug und alarmierend an ihre Rippen hämmerte. Panisch sah Maila auf die Schriftrollen auf dem Boden und dann hilfesuchend zu Mondblüte. Durch die halboffene Tür hörte sie das Rascheln eines Mantels und schwere Schritte. "Seid ihr schon zurück?" ertönte seine Stimme aus dem andere Raum, während er seine Sachen verstaute. "Ich hoffe, ihr hatten keine Probleme, das ging schneller als erwa-" Sie hörte das Schaben der Tür auf dem Boden und hätte am liebsten die Augen geschlossen und sich vorgestellt nicht hier zu sein und ihrem Vater entgegen sehen zu müssen. Doch sie musste es und hätte schwören können, dass sie sich für eine Unendlichkeit nur starr entgegenblickten. Sie wusste nicht, was in diesem Moment eine angebrachte Reaktion war und verzog beschämt das Gesicht.

Die junge Schülerin konnte beobachten wie der Gesichtsausdruck ihres Vaters voller Erwartung an ihre Ergebnisse, ehrlicher Verwirrung wich. Für einen kurzen Moment sah sie dann Erstaunen und einen Funken Schock in seinen Augen aufleuchten, bevor er sie mit einer undeutbaren Mischung aus Trauer, Unsicherheit und Mitgefühl ansah. Maila sah ihm aus roten, ängstlichen Augen entgegen und er wusste genau, was sie soeben erfahren und durchlebt hatte.

Sie selbst jedoch fürchtete sich vor Viggos Reaktion und wollte sich aufrichtig dafür entschuldigen, seine Sachen ohne Erlaubnis durchsucht zu haben, doch sie brachte keinen Ton heraus und sah ihn einfach nur aus großenAugen an. Doch zu ihrer Überraschung lächelte er nur. Es war nicht das schöne, herzliche Lächeln wie auf dem Gemälde, sondern ein gequältes, schiefes Lächeln, jedoch waren seine Augen voller Verständnis. "Du hast es also gefunden, hm?" murmelte er und sie wollte erneut etwas sagen, jedoch noch immer ohne Erfolg. "Keine Sorge, ich wollte es dir schon lange zeigen, immerhin ist es dein gutes Recht", sprach er weiter und kam mit verschränkten Armen langsam auf sie zu, betrachtete den riesigen Stammbaum auf dem Boden, um ihrem Blick auszuweichen. Sie beobachtete ihn, noch immer etwas verunsichert, doch längst nicht mehr verängstigt. Ihr Herz schlug noch immer schnell und aufgeregt, je länger Viggo allerdings sprach, desto ruhiger wurde sie. Seine Worte schafften es immer sie zu beruhigen.

Jedoch wirkte er wie damals in seiner Zelle, sie konnte den alten Schmerz in jeder Faser seines Körpers sehen. Und nun, da sie begann diese Familie und all das damit verbundene Chaos endlich besser zu verstehen, verspürte sie ein tiefes Mitgefühl. Es war zu viel für sie. Sie wusste auf was für ein Gespräch diese Situation hinauslaufen würde. Und einerseits war sie nicht bereit dafür und bedauerte, Viggos alte Wunden wieder aufgerissen zu haben, doch auf der anderen Seite sehnte sie sich nach Zuspruch und Bestätigung. Ihre Angst war jedoch verschwunden und sie lächelte möglichst Sicher. Auch Viggo sah kurz auf und dann hinunter auf den gewaltigen Stammbaum, der noch immer vor ihnen auf dem Boden lag.

"Ich habe diese Familie nie gemocht", er seufzte tief, wischte all die Papierstapel beiseite und setzte sich langsam neben sie, auch wenn sie sich immer noch nicht trauten, einander entgegenzusehen, "Aber wir sind stolz. Ich war stolz... so stolz - und so blind. Ich konnte mir nie etwas anderes vorstellen. Und jetzt... jetzt beginne ich zu verstehen, wie es anderen ergangen ist, sich nichts anders als Hass für diese Familie vorstellen zu können", er sah sie vorsichtig von der Seite an. "- wie es dir ein Leben lang ergangen ist. Ich weiß es ist viel zu verarbeiten und - und ich könnte dir Stunden lang über diese Familie erzählen..." Seine Augen wanderten über all die alten Schriftrollen und blieben schließlich wieder bei Laila hängen. Das Leuchten in seinen Augen war restlos verschwunden und Maila sah nur noch tiefen, uralten Schmerz. Dennoch sprach er weiter.

"Aber ich - ich möchte... Oder lass es mich so sagen: Es tut mir aufrichtig leid, dass du einfach damit konfrontiert wurdest", sie merkte wie seine Stimme zitterte und er hob vorsichtig eine Hand zu ihrer Schulter, sah jedoch noch immer auf den Boden und zögerte, sie tatsächlich zu berühren. "Ich weiß was all das für dich bedeutet und ich hätte die lieber die Wahl gelassen... dich etwas vorbereitet, falls du verstehst. Denn ich weiß, wie frustrierend das alles sein kann und ich möchte nur, dass du in Frieden mit diesem Erbe leben kannst", er legte sacht die Hand auf ihrer Schulter ab und sah vorsichtig auf. Seine Berührung war nun völlig natürlich und die Wärme seiner Handfläche breitete sich auf Mailas Arm aus. Sie spürte auch nicht mehr den Zwang sich zu verspannen, sondern blickte ihm aufmerksam entgegen und lächelte sanft. Für einen Moment betrachtete er sie noch, bevor er ebenfalls schwach lächelte. Ein hoffnungsvolles Funkeln war in seine Augen zurückgekehrt.

"Immerhin bist du meine Tochter... und ich weiß zwar, dass du dich nicht für dieses Schicksal entschieden hast, aber ich kann nur stolz darauf sein, wie stark zu bist. Dein Leben stand von Anfang an unter schlechten Ohmen - wie ein Kartenhaus, das darauf wartet einzubrechen. Vermutlich war es von Anfang an meine Schuld und vielleicht war es sogar das beste für dich, damals von mir genommen zu werden... Dennoch bedauere ich noch immer, dass wir uns auf diese Weise wiederfinden mussten, ich habe zuvor nie darüber nachgedacht, was für ein Vermächtnis ich dir auferlege. Das war wohl sehr egoistisch von mir und es tut mir wirklich sehr leid. Denn du bist mein größtes Geschenk und dass du dich auf all das hier einlässt ist mehr als ich jemals zu finden verhofft hatte, also -" Doch weiter kam er nicht.

Denn Maila waren bereits zuvor wieder Tränen in die Augen gestiegen, jetzt aber hielt sie es nicht mehr aus und fiel ihrem Vater schluchzend um den Hals. Seine Worte hatten schon immer etwas in ihr berührt. Und das seltsame Gefühl, das das Gemälde bereits in ihrer ausgelöst hatte, war nun stärker als zuvor. Sie war nicht allein.

Als er sie schließlich, wenn auch etwas überrascht, fest an sich drückte, schloss sie für eine Moment die Augen und atmete tief durch. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie wahrhaftig einen Vater. Zum ersten mal sah sie Viggo als ihren Vater. Und als sie spürte, wie er voller Erleichterung lächelte, musste auch sie grinsen. Zunächst schwach, doch dann mit ganzer Kraft. Sie verspürte Ehrfurcht angesichts ihres riesigen Vermächtnisse, doch auch so viel Glück und Erleichterung... Unentschlossenheit und trotzdem einen gewissen Stolz. Sie war noch immer nicht sicher was sie empfand, doch zum ersten Mal seit langem fühlte sie sich wirklich ausgeglichen. Sie wusste jetzt wo sie hingehörte. Und das allein nahm ihr eine gewaltige Last von den Schultern.

Sie zweifelte endlich nicht mehr an sich. An ihrer Familie, an ihrer Treue oder ihren Entscheidungen. Damals war sie auf die Sif gekommen, um die Reiter zu beschützen, doch eigentlich hatte sie Viggo nicht getraut und durch ihre eigene Unsicherheit hatte sie ihr Ziel und sich selbst aus den Augen verloren. Es ging dabei nie in erster Linie um den Krieg. Sie wusste endlich, dass sie diesen Zwiespalt die ganze Zeit über falsch betrachtet hatte. Damals schon war sie von den Reitern weggelaufen, aus der Angst sich zwischen ihnen und Viggo zu entscheiden. Doch nun erkannte sie endlich, dass sie sich nicht entscheiden musste.

Sie konnte nicht ändern wer sie war. Und sie trauerte all der vergangen Zeit nicht nach, sie liebte die Beschützer noch immer, alles, was sie von Mala gelernt hatte, würde für immer bei ihr sein. Doch hier, als Beschützer und Drachenreiter aber zu gleich auch als Viggos Tochter, entdeckte sie, wer sie wirklich war. Wer sie sein wollte. Sie hatte ihre Freunde nie verraten und das würde sie auch nie. Gerhard hatte einmal zu ihr gesagt 'Familien sind immer schwierig, aber manchmal alles was man hat' und er hatte Recht, denn sie konnte diesen Weg nicht mit ihren Freunden bestreiten. Und das war nicht schlimm. Denn Sie wollte ihnen noch immer helfen. Und das konnte sie. Sie, Maila, Ariana konnte das.

Hello :3

Puh. Atmet mal kurz durch und lasst das alles auf euch wirken. Ganz schon viel Input heute haha

Die Szene hat sich gewaltig verändert - oder was rede ich da, es ist eine völlig neue Szene geworden und ich mag sie sogar um einiges lieber :3 Ich liebe Maila, meinen allerersten eigenen Charakter und Viggo liebe ich sowieso und gemeinsame Szenen zu schreiben macht mich einfach glücklich - ich hoffe euch gefällt das ebenfalls ^-^ (naja sonst wärt ihr vermutlich nicht mehr hier, immerhin dreht sich das Buch dafür das es "School of Dragons" heißt ziemlich wenig darum, ist mir neulich mal so aufgefallen haha ups)

Aber ja... mir bleibt nur noch zu sagen, I love u guys, ich bin super froh und dankbar, dass ihr noch mit mir hier seid und ich hoffe ihr habt noch immer Freude an der Story! Sie ist nicht perfekt und wird es auch wohl niemals sein, aber dieses Baby werde ich nie loslassen können ;P Ich wünsche euch also eine bzw. zwei schöne Wochen, bis wir uns wiedersehen! Bis dahin habe ich dann endlich Ferien und vielleicht gibt es dann ein wenig Tempo! Wir werden sehen!

- 3704 Wörter - School of Dragons - Honigmuesli - 10.07.20 -

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