Kapitel 32 - Ausbruch

"Okay, da wären wir... sollen wir Hicks wecken?" - "Natürlich, das ist ein Notfall!" - "Er ist bestimmt eh schon wach", diskutierten die jungen Schüler, als die vertraute Schulinsel unter ihnen in Sicht kam. Der Tag neigte sich gerade dem Morgen, sanfte Nebelschleier hingen über den Bäumen, in der Ferne wurde der Horizont bereits heller und vertrieb die Sterne.

Doch sie waren nicht in der Lage diese Schönheit wahrzunehmen, noch immer schlugen ihre Herzen nervös und die bedrohlichen Bilder der Sif hatten sich in ihre Köpfe eingebrannt, brachten sie dazu noch schneller zu fliegen. Sie setzten zum Landeflug an, als Mondblüte Maila vorsichtig mit dem Ohr anstupste. Die junge Beschützerin nickte langsam, das Gewicht einer harten Entscheidung lastete auf ihren Schultern. Sie hatte nur diesen Versuch und obwohl sie sich gedanklich schon seit Stunden darauf vorbereitete, fühlte sie sich nicht bereit. Dennoch musste sie jetzt handeln.

Unbemerkt beugte sie sich zu ihrem Drachen und flüsterte: "Kannst du nochmal diese 'ich hab' da etwas bemerkt' Nummer machen?" Mondblüte warf ihr einen sanften Blick zu und summte leise, Treue und Bestätigung funkelten in ihren blauen Augen. Maila lächelte kurz und schon reckte sie die Nase in den Wind und verließ die Formation für einen Moment.

Ein leises Knurren drang aus ihrer Kehle und sie stupste Sturmspalter neben sich an. Auch er schnupperte aufmerksam und knurrte. Donnerschlags Geruch auf der Insel wäre selbst für Drachen der Aufspürerklasse fast unbemerkbar, doch der sensible Sturmbrecher erkannte ihn, nachdem er darauf aufmerksam gemacht wurde.

Nun bemerkten auch die anderen Schüler, dass irgendwas nicht stimmte und sahen sie fragend an. "Irgendwas ist da. Sollten wir nachsehen?" - "Wir sollten doch Hicks warnen", wandte Erik voller Unbehagen ein und sie sah abschätzend in den Wald hinter der Siedlung. "Aber-" - "Ich begleite sie, ihr sagt Hicks bescheid", bestätigte Nico seine Mitschülerin, nachdem sein Drache ebenfalls zu den dichten Bäumen strebte. Die anderen wirkten noch immer nicht begeistert, verließen sich aber letztendlich auf das Gefühl ihrer Drachen. "Wehe euch passiert irgendwas!" grinste Erik halherzig, nicht überzeugt von ihrer Idee und beide nickten ernst. So entfernten sie sich von der Gruppe und Maila atmete tief durch. Jetzt ging es los. Dass Nico ihr folgte war vielleicht nicht besonders vorteilhaft für ihren Plan, doch es zog auch die Aufmerksamkeit etwas von ihr... Dieser Gedanke versetzte ihrem Gewissen einen weiteren Stich und sie verzog das Gesicht.

Mit einem dumpfen Geräusch landeten sie auf Viggos Zellhäuschen und sahen beunruhigt in den Wald hinein, während Sturmspalter sich auf einer großen Kiefer niederließ. Tautropfen regneten auf sie herab, doch sie ignorierte es genauso wie das laute Rascheln des Baumes. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und die alten Gewissenskonflikte waren zurückgekehrt. Dennoch versuchte sie sich zu konzentrieren. Das hier war vielleicht ihre einzige Chance.

Aufmerksam wanderten die vier Augenpaare über die dunklen Schatten und die beiden Drachen hielten die Nasen in den Wind, der vereinzelt durch die Blätter strich. "Vielleicht sind doch Leute von Viggo auf der Insel?" fragte Maila laut, zum einen, damit Nico sie von dem Baum aus, zum anderen, damit Viggo selbst sie hören konnte. "Oder sein Drache?" überlegte Nico und Maila nickte langsam. "Gegen den hätten wir keine Chance!" seufzte sie und bemerkte dadurch selbst nicht, wie rhythmisch an die Zellenwand geklopft wurde. Für eine Weile schwiegen beide Schüler und die nächtliche Insel wirkte fast friedlich, wenn sie es nicht besser wüssten.

"Maila?" - "Hm?" Sie sah auf und erkannte in dem schwachen Licht des Haupthauses Nicos besorgten Blick. "Ist - Ich meine, ich will nicht - aber... ist alles okay?" fragte er vorsichtig und sie umschloss den Sattel noch fester. "Ja, wieso?" antworte sie schnell, doch zu schnell, als dass er es ihr abnahm. "Seit wir von den Beschützern aufgebrochen sind, wirkst du... blass und irgendwie abwesend. Du brauchst keine Angst zu haben, falls das so ist", murmelte er sanft und sie lächelte halbherzig. Sie hatte vergessen, wie aufmerksam er war... "Danke... wirklich, das - das bedeutet mir viel, aber ist schon in Ordnung. Ich meine, wir alle machen uns doch Sorgen richtig?" Sie lachte schwach, doch er nickte nur schweigend.

Aus dem Augenwinkel beobachtete sie ihn und war sich sicher, dass er noch etwas sagen wollte, doch er zögerte und sie wurde langsam unruhig. Während ihre Gedanken sich um den Ausbruch und die Bedrohung, ausgelöst von der Sif und Neo, drehten, waren seine bei etwas ganz anderem. Er machte sich aufrichtig Sorgen um seine Beschützerprinzessin. Immerhin wusste er, wie versessen sie darauf war, einen Krieg zu verhindern, sie nahm zusätzliche Wachschichten und sprach stundenlang mit Hicks. Außerdem - Er seufzte leise. Zweifelnd musterte er sie von der Seite, bevor er sich schließlich ein Herz fasste. "Maila, ich weiß, dass das vielleicht gerade nicht der richtige Zeitpunkt ist, aber ich-"

"Heute ist doch der fünfte Tag nach dem Sichelmond, oder?" unterbrach sie ihn und sah fragend auf. Natürlich bemerkte sie seinen verwirrten, aufgeschreckten Ausdruck und hatte ebenso gehört was er gesagt hatte, wollte sie dieses Gespräch jedoch lieber verschieben. Nicht, dass sie es nicht wollte. Dank der Dunkelheit bemerkte er nur nicht, dass sie sogar leicht errötet war, auch ihr Herz überschlug sich vergnügt, doch angesichts ihres Planes hatte sie nie die Zeit gehabt ernsthaft darüber nachzudenken, was sie antworten würde. Sie war sich nicht einmal völlig sicher was sie fühlte, in letzter Zeit war es schwierig zu verstehen. Im Moment war sie einfach nicht bereit dafür. Noch nicht.

Außerdem musste sie sich immer wieder einschärfen, sich jetzt zu konzentrieren. Das war ihre einzige Chance. "Der fünfte Tag nach - ja, ja der fünfte. Glaub ich", antwortete Nico, noch immer etwas perplex, doch Maila fokussierte sich eisern auf ihren Plan. "Aber das heißt doch, dass gestern die Händler hier waren und - oh nein", murmelte sie. Diese notdürftige Lüge schmerzte sie, doch was sollte sie tun? "Das - das muss Hicks wissen", redete sie weiter und wollte kehrt machen, doch Mondblüte weigerte sich und suchte ein weiteres Mal mit wachsamen Augen den stillschweigenden Wald ab. "Komm schon Süße", versuchte sie es erneut, doch da erinnerte sich auch Nico wieder an ihre derzeitige Situation. "Ich kann gehen... ich meine - aber was meinst du mit-?" "Die Händlerschiffe, vielleicht hat doch jemand den Drachen auf die Insel geschleust!" Nun weiteten sich auch Nicos Augen und er nickte eilig. "Pass bloß gut auf dich auf, in zwei Minuten bin ich wieder da!" erklärte er und sie zwang sich zu einem dankbaren Lächeln.

"Nico?" rief sie ihm nach und er sah für einen Moment zurück. "Ich - Wir reden nachher, okay?" Nun lächelte er auch, bevor er über dem Klippenrand in Richtung Siedlung verschwand und Maila seufzte. All diese Lügen und Tricks drohten ihr Gewissen zu zerbersten und sie atmete tief durch. Warum musste Nico nur so hilfsbereit und süß sein? Nein - das war zu ihrem Besten. Die einzige Möglichkeit.

Dennoch warf sie Viggo einen anklagenden Blick zu, sobald sie sich versichert hatte, dass die Nachtwache sie nicht sah und in das Zellhäuschen geschlüpft war. "Das war ganz schön clever", gestand er ihr zu, doch sie ging gar nicht darauf ein. "Wir haben zwei Minuten, bis Hicks hier ist", erklärte sie und er erhob sich eilig. "Na dann, -" "Warte", forderte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. "Im ganzen Inselreich tauchen wie aus dem Nichts hunderte Schiffe auf und sie steuern ohne jeden Zweifel alle die Schule an. Überall verschwinden Drachen", sie machte eine Pause und ließ die Worte im dem finsteren Raum nachklingen, "Und dann pasiert gestern Abend plötzlich die Sif die berkianischen Gewässer und hetzt einen Skrill auf die versammelte Reitergruppe."

Entsetzen breitete sich auf dem Gesicht ihres Gefangenen aus und er öffnete den Mund, stockte allerdings und schüttelte den Kopf, bevor Maila weitersprach. "Ich sage nicht, dass du davon wissen konntest, aber warum wusste ich nicht, dass ihr einen Skrill habt? Ich habe sogar Gerhard gesehen, ich denke er hat uns vor dem schlimmsten bewahrt, weil er es war, der den Skrill geholt hat. Trotzdem, ein Reitertrupp ist euch auf den Fersen und seit einigen Minuten weiß auch Hicks wo Ohnezahn ist", redete sie weiter und er nickte schnell.

"Wir haben ein großes Problem, ich hätte wissen sollen, dass Gerhard Neo nicht für immer besänftigen kann. Das hätte nicht passieren dürfen, aber jetzt können wir nichts mehr daran ändern... Es gibt nur eine Möglichkeit und ich verstehe, dass du jetzt zögerst - aber es heißt jetzt oder nie", erklärte er und sah sie fragend an. Vertraust du mir? Sie biss sich unschlüssig auf die Lippe. So viel hatte sie getan, um diesen Moment zu ermöglichen und die Last, die sie nun schon seit Wochen trug wäre umsonst gewesen. Genau wie all die Lügen, die sie nie hatte aussprechen wollen. Nur für diese Chance hatte sie so viel auf sich genommen und riskiert. Und in diesem Moment, als sie nicht wusste was sie tun sollte, war es Mondblüte, die sie sanft anstupste und zuversichtlich blinzelte. Jetzt oder nie.

So nickte sie entschlossen und Viggo lächelte kurz erleichtert, bevor er das Türschloss mit einer Gabel knackte. Mondblüte lief wieder nach draußen und in diesem Moment erklang auch ein Rascheln aus dem Wald, gefolgt von einem elektrischen Knistern. Ihre Partnerin knurrte aggressiv und Maila sah erschrocken auf, doch Viggo schüttelte nur besänftigend den Kopf. Sie hörte wie die beiden Drachen sich über den Dorfplatz jagten und vor lauter Anspannung wurde ihr übel. Das Schauspiel konnte beginnen.

Während sie Viggo half, künstliche Kampfspuren an den Wänden zu hinterlassen und Bänke und Eimer umzustoßen, ertönten auf einmal mehrere Rufe von draußen und Maila war völlig überrascht wie zu Eis erstarrt, als einen Wimpernschlag später die Tür aufflog. Ihr Vater allerdings hatte sie blitzschnell an seine Burst gezogen und ihr das Schwert entwendet, das er nun vor ihr entzündete. Entsetzt wich sie zurück, als ihr die blauen Flammen entgegen schlugen und keuchte, gerade als Hicks hereinstürmte. Seine Augen funkelten voller unbändiger Wut.

"Du verdammter Mistkerl!" zischte er und Viggo begann aufrichtig zu Lachen, während Maila noch immer versuchte sich von der Hitze zu entfernen. Unter anderen Umständen wäre sie wohl erleichtert über Viggos schnelle Reflexe gewesen, doch das Unbehagen, das das Feuer in ihr auslöste, schien sie völlig einzunehmen.

"Hicks der Hühne! So raue Worte hätte ich nicht von dir erwartet", sprach Viggo tadelnd, mit seinem typisch amüsierten, leicht überheblichen Tonfall und sie erschauderte. Panik keimte ihn ihr auf und auch Hicks bemerkte ihren Ausdruck. Er funkelte Viggo hasserfüllt an.

"Was soll das hier werden?!" - "Also wirklich, Hicks. Dachtest du, es wäre schon vorbei? Wie ich es dir bereits gesagt habe, möchte ich keinen Krieg mit euch - dennoch werde ich nicht einfach aufgeben. Und aktuell lässt du mir keine andere Wahl", erklärte er bedauernd und schwang gestikulierend das Schwert herum, was Maila nur noch mehr zurückzucken ließ, "Ich habe die Kleine und du wirst schön - genau!" erklärte er, plötzlich wieder gut gelaunt und trat mit ihr nach draußen. Hicks wich widerwillig zurück, zog jedoch sein eigenes Schwert. Maila sah ihn mit aufgerissenen Augen an, doch er griff nicht an. Ihre Instinktive wünschten sich, er würde es tun, doch war er allein und Viggo hatte sie. Nico und Sturmspalter versuchten mit Mondblüte Donnerschlag in die Enge zu treiben. Als Viggo aber einen scharfen Pfiff ausstieß, wand der Drache sich augenblicklich frei und sprang an seine Seite.

Erstaunt starrten sowohl Hicks, als auch Maila den fremden Drachen an. Sie hatten ihn noch nie aus der Nähe gesehen. Er war überraschend klein, vermutlich sogar zu klein, um einen Reiter zu tragen und hatte eine dunkle Farbe. Nur Rückenstacheln, Flügelspitzen und zwei lange Schnüre an seinem Unterkiefer waren rotgefärbt. Schützend stellte er sich vor sie, bereit es sowohl mit Mondblüte und Sturmspalter, als auch Hicks und Nico aufzunehmen. Und am Horizont erkannte Maila auch schon die anderen Reiter, die in wenigen Augenblicken hier sein würden. Doch tatsächlich waren ihre Gedanken nicht bei ihrem fehlgeschlagenen Plan. Sie konnte selbst nicht unterscheiden, ob Viggo das ernst meinte, oder ob es Teil des Plans war. Und diese Angst in ihrer Brust schnürte ihr beinahe die Kehle zu und vernebelte ihre Gedanken. Was hatte sie getan?

Ihr Magen drehte sich herum, als sie auch noch Nicos hilflosen Blick entdeckte. Wir reden nachher. Die Lage schien so hoffnungslos für beide Seiten, doch Maila wusste noch weniger als jemals zuvor auf welcher sie stand. Sie bemerkte nicht einmal Mondblütes unruhigen Blick. Alles worauf sie sich konzentrieren konnte war Viggos Griff um sie und die blauen Flammen, die ihr hungrig entgegenschlugen und Tränen in die Augen treiben.

"Viggo", seufzte Hicks schließlich und sah ihn eindringlich an. Sein Blick sprang auch kurz zu ihr und Maila sah die tiefe Furcht in seinen Augen, die die Wut abgelöst hatte. Er fürchtete, sie zu verlieren und klammerte sich an seine letzte Hoffnung. "Du musst das nicht tun. Du hast selbst gesagt, dass du keinen Krieg willst, also lass sie gehen", bat er und warf ihm seine eigenen Worte wieder entgegen. Er wartete kurz, doch dann verhärtete sich sein Blick und seine Augen funkelten bedrohlich. "Denn wenn du es nicht tust, wird es Krieg geben. Gib sie frei und wir lassen dich ziehen", forderte er und entzündete zischend sein eigenes Schwert. Nico tat es ihm gleich und die beiden Drachen fauchten kampfbereit. Hoffnung kam auch in Maila auf und sie wartete nur darauf, dass Viggo dem zustimmte. Doch er tat es nicht.

"Hicks, mir ist völlig bewusst, welches Spiel du spielst. Du denkst, du wirst über meine Schiffe deinen Drachen finden und deswegen brauchst du mich nicht mehr. Leider kann ich nicht zulassen, dass du ihn mir schon nimmst, ich werde ihn noch eine Weile brauchen - sei unbesorgt, du wirst ihn unbeschadet zurückerhalten, aber ich fürchte, dass wir wiedereinmal gegeneinander arbeiten. Und ich bedauere es. Mehr als du es dir vorstellen kannst", erklärte er traurig und nickte Donnerschlag zu, der wiederum Mondblüte zu sich wank. Der Nachtschatten sträubte sich, doch als ihr Blick auf Maila landete, schritt sie mit wachsamem Blick an ihm vorbei und lief zu ihrer Reiterin herüber.

"Und dann was?!" rief Hicks, gerade als die anderen Reiter endlich neben ihnen auf dem Dorfplatz landeten. Sie sahen angespannt zwischen den beiden Lagern hin und her und schienen einfach schweigend auf einen Befehl zu warten. "Ergib dich Viggo und lass sie frei, das ist mein letztes Angebot", sprach Hicks weiter, "Nicht einmal mit dem Schallschlag an deiner Seite kommst du gegen uns alle an! Und du hast vermutlich Recht, ich vertraue dir nicht, glaube also nicht, dass ich unser aller Schicksal in deine Hände legen würde!" Diese Worte trafen Maila und sie spürte, wie Tränen in ihren Augenwinkeln brannten. "Ich werde nicht länger einfach zusehen und mir deine vagen Andeutungen anhören. Sondern das selbst in die Hand nehmen und dich erst wieder aus den Augen lassen, wenn ich Ohnezahn zurück habe!"

"Schallschlag... netter Name", ignorierte Viggo alles, was Hicks ihm soeben entgegen geworfen hatte, "Hicks der Hühne, das hier ist mein Gefährte Donnerschlag, ein Donnerschläger ...." kurz zögerte er, "Zugegeben habe ich nicht damit gerechnet, dass all deine Reiterlinge hierher zurückkehren würden, nachdem ihr die Schiffe entdeckt, aber im Grunde genommen ist es egal. Denn dieser Drache ist sehr wohl in der Lage, es mit euch allen aufzunehmen, ich wollte nur ursprünglich länger warten und es nicht so enden lassen", erklärte er und Maila erstarrte. Nein. Sie sah Hicks eindringlich an. Bitte nicht.

Doch das Oberhaupt hatte verstanden und zerstörte damit entgültig ihre letzte Hoffnung hier wieder rauszukommen. Es war zu spät. "Dein Schiff ist noch eine Tagesfahrt von hier entfernt, du kommt hier nicht weg! Ich lasse nicht zu, dass du diese Insel verlässt! Nicht jetzt und auch sonst niemals!" rief er und Viggo zögerte. Nicht aber wegen Hicks, sondern wegen Maila. "Wir müssen hier weg", zischte er durch zusammengebissene Zähne, damit die Reiter es nicht bemerkten, doch das wusste sie bereits. Sie hatte verstanden. Die Worte erleichterten sie irgendwo, jedoch nur geringfügig. Zwar wusste sie jetzt, dass er noch immer auf ihrer Seite stand, doch sie wusste, dass sie gehen musste. Der einzig logische Schluss war nun, dass sie zusammen gingen. Alles andere würde Hicks nicht zulassen. Dennoch schlug Mailas Herz schmerzhaft an ihre Rippen. Sie war nicht bereit für solch eine Entscheidung.

"Es tut mir leid, immerhin ist es nicht Teil des Plans. Aber wir haben keine andere Wahl, es ist die naheliegendste Möglichkeit!" raunte Viggo ihr zu. Auch Maila wusste keinen anderen Ausweg. Doch sie sah ganz deutlich ihren Verrat in dem Hass, der Wut und dem Schmerz der Reiter und ihrer Mitschüler. Fiona hatte sogar Tränen in den Augen, während Nico wirkte, als hätte man ihn geschlagen. Auch Hicks schien verzweifelt, selbst wenn er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. "Es tut mir leid", flüsterte Viggo erneut, stieß dann einen spitzen Pfiff aus und alles passierte so schnell, dass niemand der Reiter rechtzeitig reagieren konnte.

Donnerschlag sprang ihnen entgegen, woraufhin sie auseinander wichen und versuchten sich zu sammeln, doch in der Zwischenzeit waren Maila und Viggo schon auf Mondblüte geklettert und auf ein anliegendes Hausdach gesprungen. Ohne zurückzusehen verschwanden sie in der verbliebenen Dunkelheit und ließen die Reiter hinter sich zurück.

Augenblicklich löschte Viggo ihr Schwert und reichte es ihr. Sie nickte dankbar, brachte es aber nicht über sich, ihn anzusehen. Die verletzten Blicke ihrer Freunde leuchteten noch immer hell vor ihrem inneren Auge, während sie ihre verzweifelten Rufe hinter sich hörte. Wie war es nur soweit gekommen? Es hätte nach einem Kampf aussehen sollen und sie und Mondblüte wären gefangen und besiegt zurückgeblieben. Viggo wäre verschwunden, hätte auf der Insel verharrt, bis seine Schiffe nahe genug waren, damit Donnerschlag ihn davon tragen konnte. Alles wäre so perfekt gewesen, doch dieses Bild war nun in tausend Scherben zerbrochen.

Was hatte sie nur getan?

- 2968 Wörter - School of Dragons - Honigmuesli - 06.09.2019 -

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