Akt IV: Retardation (II)
"Lᴇᴛ's ɴᴏᴛ ʟᴏᴏᴋ ᴀᴛ ᴇᴀᴄʜ ᴏᴛʜᴇʀ
ᴡʜᴏ ᴡɪʟʟ ɢᴇᴛ ᴏғғ ғɪʀsᴛ
Lᴇᴛ's ɴᴏᴛ ᴅʀᴀɢ ᴛʜɪɴɢs ᴏᴜᴛ
Lᴇᴛ's ғᴏʟʟᴏᴡ ᴏᴜʀ Hᴇᴀʀᴛs
Lᴇᴛ's ᴘᴜᴛ ᴀɴ ᴇɴᴅ ᴛᴏ ᴛʜɪs
ᴀ ʀᴇᴘᴇᴀᴛᴇᴅ sᴇᴇsᴀᴡ ɢᴀᴍᴇ
Lᴇᴛ's sᴛᴏᴘ ɪᴛ ɴᴏᴡ"
- ʙᴛs sᴜɢᴀ, sᴇᴇsᴀᴡ
Szene 3: In der Bibliothek. Ihr Stammtisch. Montag, 16.30 Uhr.
Fuck, ist alles, woran Min Yoongi in diesem Moment denken kann.
Um genauer zu sein denkt er:
Fuck, warum haben wir erst August?!
Mindestens vier Wochen noch. Dass es erst August ist, bedeutet, dass es noch mindestens vier Wochen sind, bis das nervige Brummen in ihm endlich aufhören wird. Hummeln sterben im September. Aber natürlich steht in dieser verfickten Enzyklopädie nicht, ob Hummeln Anfang oder Ende September abkratzen. Dabei ist der Unterschied verdammt nochmal gewaltig. Vier Wochen können elendig lang sein. Vor allen Dingen, wenn dein Körper gerade von einem scheiß Hummelstaat okkupiert wird. Unvorstellbar, dass er noch länger als Wirtskörper überleben soll. Un-fucking-möglich.
Yoongi hat sich schlau über die kleinen, fetten, pelzigen Insekten gemacht. Und er ist nicht glücklich mit dem Ergebnis.
Hummeln, in Fachkreisen auch Bombus genannt, gehören zur Gattung der Wildbienen. Sie sind sogenannte staatenbildende Insekten, sprich sie leben ihr Leben nicht für sich alleine, sondern sind Teil einer großen Gemeinschaft. (Das hat Yoongi mittlerweile auch selbst gemerkt, vielen Dank für die Information.)
Ein Hummelvolk besteht aus etwa 50 und bis zu 600 Tieren (in seinem Fall etwa: 60.000), angeführt von ihrer Hummelkönigin. Nachdem die Königin ihr Königreich gegründet hat, schlüpfen nach etwa vier Wochen die ersten weiblichen Nachkommen. Sie sind Arbeiterinnen und übernehmen ab dem Moment ihrer Geburt die Aufgabe der Brutpflege, der Nestverteidigung und des Nestausbaus. Erst viel später entscheidet sich die Königin dazu, auch unbefruchtete Eier in ihr Nest zu legen. Daraus schlüpfen dann die Männer-Hummeln, auch Drohnen genannt. (Kein Wunder, dass das Summen in seinem Körper erst ganz langsam angefangen hat und mittlerweile ohrenbetäubend laut ist. Wahrscheinlich leben in ihm nur besonders paarungswillige Hummeln mit einem ausgeprägten Hang für Gruppenbegattungen).
Die Lebensspanne der Königin umfasst ein Jahr. Damit lebt sie viel länger als die restlichen Mitglieder ihres Volkes. Die Arbeiterinnen und Drohnen - ihr Leben besteht aus einem einzigen Sommer. (Dieser Abschnitt macht Yoongi ein wenig Hoffnung.)
Die Hummelvölker werden deswegen auch als Sommerstaaten betitelt. Für gewöhnlich sterben die meisten Mitglieder des Hummelvolkes im September (UND WANN GENAU? Der scheiß September besteht immerhin aus monströsen dreißig Tagen). Nur die begattungsfähigen und auffällig starken Hummeln – die Jungköniginnen - überleben. (Wenns nach Yoongi geht, müsste davon auch gar keiner überleben, aber gut, es ist wie es ist). Sie fliegen aus, nachdem sie befruchtet wurden, und suchen nach einem schönen Plätzchen, um dort zu überwintern. Sobald der Frühling die kalten Wintermonate verdrängt, kommen sie aus ihren Verstecken hervor und suchen nach einem neuen Platz, um einen neuen Sommerstaat zu gründen.
All diese random facts über fucking HUMMELN waren Min Yoongi bis zu diesem Moment nicht bekannt. Aber sie machen Sinn. In diesem Moment, Montagnachmittag um 16.30 Uhr in der Universitätsbibliothek, machen sie Sinn.
Das Leben der Hummeln – er fühlt es in seinem eigenen Körper überdeutlich. Und jetzt kann er es auch noch in der Theorie erläutern. Wie wunderbar.
Yoongi weiß, dass er sich lieber auf das anstehende Treffen vorbereiten sollte. Er hat nur noch eine halbe Stunde. Vielleicht könnte er ein paar Stichpunkte notieren, über welche Inhalte er gleich mit Jungkook reden möchte. Den ein oder anderen Satz sogar ausformulieren, damit ihn seine Rhetorik nicht wieder so hemmungslos im Stich lässt. Ihm ist schon bewusst, dass gleich ein bisschen mehr als ein plumpes sorry über seine Lippen kullern sollte. In Anbetracht der Tatsache, wie schwer ihm schon die letzte WhatsApp-Nachricht gefallen ist, wäre ein bisschen Übung wahrlich nicht verkehrt.
Trotzdem sitzt er hier und informiert sich über Bombusse (falls das die korrekte Pluralbildung von Bombus darstellt. Gegebenenfalls ist bei dem Begriff Bombus auch der Plural gleich dem Singular? Warum steht das hier nirgendwo? Scheiß Enzyklopädie. Nicht mal mehr auf Fachbücher kann man sich heutzutage verlassen).
Alternativ könnte sich Yoongi zumindest mit ihrem Referatsthema auseinandersetzen. Determinanten von Emotionen, auch nicht besonders irrelevant in Anbetracht der aktuellen Situation, aber irgendwie gehört das Thema ihm und Jungkook. Und Jungkook ist nun mal noch nicht da. Kein Grund für Nervosität, sagt er sich immer wieder. Schließlich sind sie erst für 17.00 Uhr verabredet. 30 Minuten sind eine Menge Zeit für den Jüngeren, um den Weg zu ihrem Stammplatz zu finden. Noch 27 Minuten, um genau zu sein. Nicht, dass Yoongi regelmäßig die Uhrzeit überprüfen würde.
Er blickt nur auf sein Handy, um seine WhatsApp-Chats zu kontrollieren. Seit er sich von Jimin, Hoseok, Namjoon und Taehyung gleichzeitig getrennt hat, ist da nicht mehr besonders viel los. Jin ist der Einzige, der ihn weiterhin regelmäßig volltextet. Manchmal melden sich seine Eltern. Das wars. Yoongi vermisst das Vibrieren seines Handys, welches eine neue Nachricht ankündigt. Jetzt wo digitaler Stillstand herrscht, fühlt er sich noch einsamer. Irgendwie verlassen. Dabei ist er es ja, der gegangen ist. Auch von Jungkook hat er noch nichts gehört. Die ausbleibende Antwort des Jüngeren hat Yoongi dann optimistisch einfach mal als stumme Zustimmung interpretiert. Wenn er nicht planen würde zu erscheinen, würde er ja sicher absagen.
Noch 26 Minuten. Seine Konzentrationsspanne liegt im Minusbereich.
Weil Yoongi sich leider nicht mit den wichtigen Dingen des Lebens beschäftigen kann, hat er sich vor etwa 15 Minuten eine Enzyklopädie über Insekten aus dem Regel genommen. Er war pünktlich nach dem Ende seiner letzten Vorlesung hier. 15:45 Uhr. Sind ja nur ca. 75 Minuten zu früh. Was heißt das schon. Kann ja mal passieren. Was hätte er sonst machen sollen? Und das frühe Erscheinen hatte natürlich absolut nichts damit zu tun, dass er Jungkook am heutigen Tag unter keinen Umständen verpassen wollte.
Seit er die Bibliothek betreten hat, summt sein gesamter Körper wie ein ganzer verdammter Bienenstock. Nur viel schwerer. Das Gewicht lässt ihn nicht fliegen, sondern drückt ihn zu Boden. Weil Hummeln eben eigentlich auch nicht fliegen dürften. Sie sind zu fett dafür (und ja, er bodyshamed gerade ein paar unschuldige Insekten, aber es ist ihm wirklich scheißegal) (so unschuldig sind diese Tiere ja auch gar nicht, schließlich haben sie sich invasorisch seines Körpers bemächtigt). Aber weil Hummeln nicht wissen, dass sie zu dick zum Fliegen sind, machen sie's halt trotzdem. Schlagen zeitversetzt mit ihren beiden Flügeln und erzeugen dadurch kleine Mini-Tornados unter ihren Tragflächen. Das sorgt für den benötigten Druckunterschied, um sich in der Luft halten zu können. Grandios. Yoongis Blut ist von lauter Mini-Tornados durchsetzt, damit sich die fetten Viecher durch seinen Körper hindurch fortbewegen können. Kein Wunder, dass er seit ein paar Wochen zu keiner einzigen ruhigen Minute mehr gekommen ist. Chill du mal, wenn in deinem Körper gerade Hurrikan-Saison ist. Drecks Viecher. Echt eine Plage. Yoongi kann es kaum erwarten, dass es endlich September wird.
Noch 23 Minuten.
Yoongi knallt das Buch auf den Tisch. Er hat keine Geduld mehr dafür. Alles, was er aus dem Artikel entnehmen kann, bedeutet, dass er Hummeln nur noch mehr zu hassen beginnt. Zwar versteht er sich dadurch auch selbst ein bisschen besser, aber vor allen Dingen entwickelt er den unkontrollierbaren Drang in den nächsten Baumarkt zu fahren und sich über Insektenvernichtungsmittel eine ausführliche Beratung geben zu lassen.
Vielleicht ist das aber auch nur der natürliche Fluchtreflex eines Menschen, der nicht wahrhaben will, dass die Möglichkeit besteht, dass seine Hoffnungen und Gebete nicht erhört werden könnten.
Also nochmal ein Blick aufs Handy.
Keine neuen Nachrichten. Haha. Wer hätte damit gerechnet?
Stattdessen dann also Pokémon Go. Yoongi ist mittlerweile Level 10. Er weiß nicht, ob das besonders gut ist, aber er hat sich zumindest gestern Abend darüber gefreut, als er endlich genug Taubsis gefangen hat, um daraus ein Tauboga zu entwickeln. Neuer Eintrag im Pokédex. Cool. Es beruhigt ihn irgendwie diese kleinen Retro-Viecher zu sammeln und zu fangen. Wenn er sie nicht mehr möchte, dann kann er sie an den Professor verschicken. Das tut niemanden weh. Dort haben sie sogar ein besseres Leben. Aber die anderen, die, die er mag, kann er sich so oft er möchte, in seiner Sammelbox angucken. Das ist irgendwie besser als Menschenherzen zu sammeln und in seinem Kopf eine imaginäre Horror-Galerie zu erstellen, in welcher die wertvollen Organe auf grausamste Art und Weise misshandelt und ausgestellt wurden.
Pokémon spielen ist... friedlich. (Und es erinnert ihn an Jungkook. An ihren Moment im Bett, direkt nach dem Aufwachen. Der war auch friedlich. Aber das ist natürlich nicht der Grund, warum Yoongi so plötzlich Gefallen an dem Spiel findet.)
Er versucht ein Kiesling zu fangen. Das Vieh ist ganz schön starrsinnig und köpft seinen Pokéball mit einigen gezielten Bewegungen mehrfach zurück. Yoongi braucht fünf Versuche. Dann hat er es. Es gehört zu irgendeiner der neuen Generationen. Er selbst kennt eigentlich nur die ersten 150. Das ist nicht schlimm. Er möchte sie trotzdem alle haben. In Pokémon Go ist das okay.
Noch 13 Minuten.
Ein weiterer Vorteil von Online-Spielen ist, dass die Zeit verdammt schnell vorbei geht. Yoongi hebt seinen Blick und lässt ihn durch die Bibliothek schweifen. Noch ist von dem dunkelhaarigen Wirbelwind noch keine Spur zu sein. Immer noch kein Grund zur Aufregung. Es ist ja mittlerweile bekanntes Allgemeinwissen, das Jungkook immer erst kurz vor knapp an seinem Zielpunkt ankommt. Haben wir also noch ein bisschen Geduld.
Yoongi schließt die App erst wieder, nachdem alle verfügbaren Pokémon den Weg in seine Sammelbox gefunden haben. Manchmal flüchtet auch eins von den animierten Tierchen. Auf eine ganz verdrehte Art und Weise, ist das manchmal sogar ein gutes Gefühl. Er kann es selbst nicht so wirklich erklären. Aber nachdem Yoongi in den letzten Jahren immer alles bekommen hat, was er sich vorgenommen hat zu haben, ist so eine kleine Mini-Abfuhr in Form eines geflüchteten Pokémons, eine angenehme Art und Weise ihn stückchenweise zurück auf den Boden der Tatsachen zu führen. Es sind Verluste, die nicht wehtun, und ihn trotzdem daran erinnern, dass es Verluste im Leben gibt, die man bedauert. Manchmal will er ein Pokémon unbedingt, weil es schillert. Also eine besondere Farbe hat und im Gegensatz zu den restlichen Exemplaren seiner Gattung viel schöner aussieht. Wenn es wegläuft, ist das so richtig, richtig ärgerlich, aber es gehört dazu.
Verluste gehören dazu.
Und Yoongi hat sich viel zu lang vor dieser Erkenntnis verschlossen.
Sein Handy vibriert in seiner Hand und Yoongi erleidet beinahe eine Herzattacke.
Das Geräusch ist echt selten geworden, wenn er sich jetzt schon so sehr davor erschreckt.
Leider ist es nur Jin, der ihm viel Erfolg für das anstehende Treffen wünscht. Oder vielleicht ist es zum Glück nur Jin? Immerhin ist es nicht Jungkook, der ihm kurz vor knapp doch noch eine Absage verpasst. Das wäre ein Verlust gewesen, der weh getan hätte.
Yoongi ist noch nicht bereit dazu, das Kapitel „Jungkook" in seinem Leben mit dem Untertitel „Verlust" zu bezeichnen.
Noch 8 Minuten.
Einmal in WhatsApp gefangen, bleibt Yoongis Blick an seinen letzten Unterhaltungen haften. Falls euch die Reaktion der anderen (und wir sprechen hier von Jimin, Taehyung, Hoseok und Namjoon) interessiert, dann sagen wir es mal so.... Sie haben die Information jeweils auf recht unterschiedliche Art und Weise aufgenommen.
Hoseok hat noch am gelassensten reagiert. Hat sich bei Yoongi für die schöne gemeinsame Zeit bedankt. Noch einmal nachgefragt, ob Yoongi sich seiner Entscheidung sicher ist. Ob ihm bewusst ist, was für ein angenehmes Arrangement er da gerade aufgegeben hat. Bezüglich seiner eigenen Verpflichtungen hat Hoseok sich nicht geäußert. Wahrscheinlich hat er bereits die nächste Affäre in Aussicht. Oder – und das ist noch viel wahrscheinlicher – hatte er einfach noch jemanden anderen neben Yoongi und seiner Ehefrau. Naiv anzunehmen, dass er seine Frau nur mit einer einzigen Person betrügen würde. Zumindest haben sie sich auf eine rein geschäftliche Beziehung zueinander geeinigt. Hoseok hat ihm sogar einige Schichten eingetragen, die sich nicht mit seinen eigenen Arbeitszeit decken, sodass sie Abstand zueinander gewinnen können. Er ist sehr rücksichtsvoll damit umgegangen, Yoongi etwas Freiraum einzuräumen, damit es nicht seltsam zwischen ihnen werden kann. Wenn sie sich in ein paar Wochen erneut an der Arbeitsstelle gegenüber stehen, wird nichts mehr zwischen ihnen sein. Dann sind sie nur noch Chef und Angestellter. So wie es sein sollte.
Namjoon war zu klug, um ein großes Drama vom Zaun zu brechen. Sein Stolz war allerdings verletzt. Vielleicht davon, dass er eben eigentlich zu klug ist, um sich auf jemanden wie Yoongi einzulassen. Auf jemanden, dem das Wort Playboy zwar nicht unbedingt auf die Stirn geschrieben steht, aber dem man anmerkt, dass die Gefühle eben doch nicht ganz echt sind. Der zwar gut lügen kann und dem süße Worte leicht über die Lippen rollen, der aber nie etwas davon mit den angemessenen Taten hinterlegt. Worte sind nur Hüllen, wenn man ihnen im eigenen Handeln keinen Platz einräumt. Namjoon hätte das durchschauen müssen. Hat er vermutlich auch. Und sich trotzdem von der blinden Hoffnung leiten lassen, dass seine Chancen nicht ganz so aussichtlos sind, wie es die mathematischen Berechnungen ergeben. Er hat Yoongi nicht beleidigt (das wäre auch nicht seine Art), aber er hat ihm auch nicht unbedingt viel Glück gewünscht. Eher so nach dem Motto: „Ich hoffe du bekommst, was du verdienst." Ganz sicher hat er damit nicht Jungkook gemeint. Aber Yoongi wünscht sich trotzdem, dass er Jungkook bekommen kann, auch wenn er ihn vielleicht nicht verdient hat.
Taehyung hat gar nicht erst auf seine Nachricht reagiert. Ähnlich wie Jungkook. Wahrscheinlich haben sie sich abgesprochen. Sich die Nachrichten gegenseitig vorgelesen und auseinander genommen im Interpretieren. Eine Verschwörungsgemeinschaft gegen Yoongi gegründet und sich auf gemeinsame Ignoranz geeinigt. Hoffentlich umfasst der Pakt des Schweigens nicht auch ein persönliches Treffen. Sonst ist Yoongi verloren.
Noch 2 Minuten.
Dafür hat eine andere Person ziemlich viele Worte an ihn verloren. Sie ist sozusagen vollkommen eskaliert. Park Jimin. Ihr Chatverlauf endet mit Yoongis letzter Nachricht. Er hat es nicht für nötig befunden, auf diese Textnachricht zu antworten. Stattdessen stand er noch am gleichen Abend vor Yoongis Haustür. Wutschnaubend, mit rot unterlaufenen Augen voll von unterdrückten Tränen und so wunder-, wunderschön, wie es nur ein Park Jimin sein kann.
Er hat die WG mit einer Würde und Eleganz betreten, als würde die Premiere einer neuen Ballettaufführung anstehen. Yoongi hat es im gleichen Moment bereut, ihn verlassen zu haben, auch wenn ihm die Notwendigkeit immer noch im panikroten Bereich entgegen geleuchtet hat. So jemandem wie ihm wird er schließlich nie wieder in seinem Leben begegnen. Niemand ist so schön und stark und aufrichtig wie Jimin. Er versteckt sich nicht hinter Worten auf einem Handydisplay. Er steht ein für die Dinge, die ihm wichtig sind. Seinen Stolz stellt er hinten an, ohne ihn zu verlieren. Er weiß, was gut und was schlecht und was gerecht ist.
Heute kann Yoongi Stunden damit verbringen, von Jimin zu schwärmen und doch sind all die guten Eigenschaften von Jimin, sobald sie an Yoongi adressiert sind, nur Verschwendung. Noch vor drei Tagen hat er für Jimin nicht viel mehr als Überdruss und latente Bewunderung empfunden. Nachdem er jedoch die Entscheidung getroffen hat, dass er sich nun endgültig von ihm lossagen muss, um Jimin freizulassen, sind all die positiven Attribute des Tänzers wie eine Panzerfaust bei ihm eingeschlagen. Plötzlich konnte er alles ganz deutlich sehen, das glockenhelle Lachen hören, ohne einen Brechreiz zu erleiden und nur noch verzückt daran denken, wie ausnahmslos besonders ihre verkaterten Tage waren, die sie zu dritt im Bett verbracht haben. In der Retroperspektive kam es ihm vollkommen unverständlich vor, wie er jemals genervt von Jimin sein konnte. Wann wird er schließlich noch einmal einen Mann finden, der ihn so anstandslos akzeptiert, wie Jimin es tat? Wird er jemals nochmal jemanden kennenlernen, der seiner Freundschaft mit Jin mehr Vertrauen entgegen bringt, als er es selbst getan hat, weil Yoongi zu blind dafür war, um Aufrichtigkeit zu erkennen? Wird es jemals einen eleganteren, aufrichtigeren und entzückenderen Menschen als Jimin geben?
Es gab so viele Gründe, um Jimin nicht zu verlassen. Und nur einen (zwei), um es zu tun: Jungkook (und natürlich Jimin selbst, weil Yoongi ihn nicht glücklich machen kann).
Glück kann man nur aus der Distanz sehen. Yoongi hat selbst gesagt, dass er das Gefühl selbst noch nie aktiv erlebt hat. Wenn es ihn überkommt, dann immer nur wie ein Déjà-vu.
Als Park Jimin den WG-Flur betrat, war er wie ein Gemälde von Seurat. Aus den vielen kleinen Punkten ergab sich plötzlich ein Gesamtbild. Ein Kunstwerk aus dem Pointillismus. Yoongi blieb ein paar Schritte von ihm entfernt stehen und betrachtete es aus der Ferne. Da machte es Klick. Jimin stand vor ihm und sah aus wie Glück. Und Yoongi hatte es gehen lassen.
Willst du mich eigentlich verarschen?, waren Jimins erste Worte an ihn.
Dann hat er in dramatischer Positur sein Handy gezückt und aus Yoongis Nachricht an ihn zitiert. Mit verstellter Stimme, irgendwo auf der Schwelle zwischen Unglauben und Hysterie angesiedelt: iRgEnDwO iN DiR dRiN, wEißT dU AuCh, DaSs iCh NiChT vErLiEbT iN DiCh BiN. IcH wÜnScHtE, iCh kÖnNtE eS sEiN.
Yoongi stand seinen eigenen Worten schutzlos entgegen. Vor allen Dingen, weil er nicht darüber diskutieren wollte. War er nicht derjenige, der noch vor wenigen Tagen Jin auf diese Weise parodiert hat? Erst jetzt merkt er wirklich, wie weh es tut kann, nachgemacht zu werden. Vor allen Dingen, weil es ihm schwer genug gefallen ist, die Sätze in WhatsApp zu formulieren. Sie waren tonnenschwer. Er hat sie nicht einfach nur in den Display getippt. Er hat sie mit einem Schwerlastkran aus den tiefen seines Herzens hervorwuchten müssen. Seine ehrlichen Worte waren von mehreren Metern Schutt und Asche bedeckt. Natürlich waren sie danach ein bisschen demoliert. Er weiß auch, dass seine Nachricht nicht perfekt geworden ist. Aber immerhin hat er es versucht. Mehr als er ansonsten von sich behaupten kann. Er hat halt auch noch nie einen Schwerlaster bedient, verdammt. Da macht man dann erstmal Fehler. Aber nachdem er einmal in Wahrheit verfallen ist, wollte er nicht zurück zu den Lügen. Deswegen hat Yoongi im Flur geschwiegen, als er Jimin gegenüber stand. Selbst Jin hat sich diskret in sein Zimmer zurückgezogen und sogar die Tür hinter sich verschlossen. So viel Privatsphäre hat er Yoongi nur selten eingeräumt.
Was soll das heißen?, hat Jimin weitergemacht, ich weiß, dass du nicht verliebt in mich bist? Einen Scheiß weiß ich. Hast du nicht immer behauptet, dass du gerade nicht bereit für eine Beziehung bist, aber es garantiert NICHT an mir liegt? Und wenn du so weit bist, du es wirklich nur mit mir probieren möchtest?!?!
Yoongi hat weiter geschwiegen und versucht die Worte zu tragen, die Jimin mit voller Last auf ihn niederprasseln ließ. Es kamen noch einige. Wie ein schweres Sommergewitter, dass sofort mit Platzregen anfängt. Es überspringt den Nieselregeln und überrollt sich sofort mit einer Sturzflut. Du kannst es nicht aufhalten. Regenschirme und Gummistiefel helfen da nicht mehr. Bereits nach wenigen Sekunden bist du vollkommen durchnässt und es regnet einfach weiter. Erst viel später kommen die Blitze und schließlich...
MIN YOONGI, donnerte es durch ihre Wohnung, hast du gar nichts zu mir sagen? 2 Jahre!!! 2 VERDAMMTE Jahre habe ich dieses Auf und Ab mit dir mitgemacht. Zwei Jahre habe ich darauf vertraut, dass du kurz davor bist, dich ernsthaft auf mich einzulassen. Wir haben SO viel durchgemacht. Ich wusste, dass du dich ab und an mit anderen abgegeben hast. ICH WUSSTE ES UND BIN TROTZDEM BEI DIR GEBLIEBEN. Ich hab gedacht, dass muss doch etwas bedeuten? Es muss doch etwas bedeuten, dass du alle anderen immer wieder ziehen lässt, nur mich nicht?
Ich weiß, dass du nicht leicht bist und ich weiß, dass du es nicht immer leicht hattest. Ich weiß, dass ich nicht leicht bin und wir es zusammen nicht immer leicht haben werden und TROTZDEM bin ich noch da. Und du bist auch noch hier. DAS BEDEUTET ETWAS. ICH BEDEUTE DIR ETWAS. Und wenn es keine Liebe ist, dann können wir doch daran arbeiten – oder nicht? Das haben wir doch die letzten Monate auch schon gemacht. DU KANNST MICH DOCH JETZT NICHT EINFACH FALLEN LASSEN, MAN. ERST RECHT NICHT MIT SO EINER BILLIGEN WHATSAPP-NACHRICHT.
Korrekt. Als Jimin ihm gegenüber stand, konnte er das wirklich nicht mehr. Deswegen ist Yoongi irgendwann auf Jimin zugekommen und hat ihn die Arme geschlossen. Nicht jeder verbaler Ausbruch muss mit dem gleichen Gegenwicht vergolten werden. Yoongi hat schon so viele Worte an Jimin verloren und sie waren fast alle gelogen. Deswegen hat er versucht mit seinen Körper auszudrücken, was er nicht sagen konnte. Es tut mir leid. Er hat Jimin so fest umarmt wie noch nie. Ich wollte dir nicht weh tun. Seine Arme sind zärtlich über Jimins Rücken und seine Seiten auf und ab gefahren. Das hat schließlich die Wut vertrieben und die Tür zur Trauer geöffnet. Jimin ist weinend zusammen gesackt. Sie haben sich gemeinsam auf den Boden sinken lassen und Yoongi hat ihn weiter umarmt und Jimin hat weiter geweint und beide wussten nicht mehr, was jetzt noch zu sagen ist.
Yoongi hat ihn angeblickt und konnte wieder einmal nicht verstehen, wie ein Mensch selbst verheult so viel Grazie ausstrahlen kann, wie Park Jimin es tat. Die Blicke, die sie austauschten, waren tiefgehender als all ihre vorherigen Berührungen. Ihre Gesichter haben sich angenähert, wie sie es schon tausende Male zuvor gemacht haben. So oft, dass sich die Bewegung ganz natürlich angefühlt hat. Beinah wie Nachhause kommen, nachdem du durch den Sommerregen nach Hause gesprintet bist. Du ziehst dir die Schuhe noch im Flur aus, damit sie nicht den Boden volltropfen. Du bist vollkommen außer Atem. Und du bist glücklich.
Für einen kurzen Moment sah es so aus, als würden sie sich noch einmal küssen. Ein Abschiedskuss? Oder doch ein neuer Anfang? Der Kuss hätte für sie beide eine unterschiedliche Bedeutung gehabt. Erst im allerletzten Moment konnte Yoongi seinen Kopf wegdrehen und musste erst einmal tief durchatmen, weil ihm schwindelig geworden ist von den Tränen in Jimins Augen, die gefunkelt haben wie Perlen und Sterne im Weltall. Daraufhin hat Jimin noch mehr geweint und Yoongi hat ihn noch fester gehalten und sie sind noch länger auf dem Boden sitzen geblieben.
Ein Abschied, der nicht enden wollte.
Yoongi hat nur geschafft es durchzuziehen, weil er sich daran erinnert hat, dass all die Farben in Jimins Augen nur zu sehen sind, weil Jungkook sie zurück in sein Leben gebracht hat. Ohne ihn würde es über kurz oder lang wieder schwarz-weiß werden. Und noch dunkler als vorher. So sehr Jimin auch funkelt, er schafft es nicht bis in Yoongis Herz hinein. Die Mauern sind zu dick und nur ein farbgetränktes Lachen kann die Kanten überfluten.
Es ist spät geworden, bis der Tänzer ihre WG wieder verlassen hat. Erst danach öffnete sich wieder Jins Zimmertür und er ist mit Yoongi gemeinsam auf den Balkon verschwunden, um eine ganze Schachtel Zigaretten auf einmal mit ihm zu rauchen.
Ich werde ihn vermissen, hat Jin gesagt und Yoongi musste nicht antworten, denn es war ohnehin schon klar, dass es ihm genauso gehen wird.
17:07 Uhr.
Jungkook ist zu spät. Yoongi versucht von seiner Position aus jeden Winkel der Bibliothek auf einmal im Blick zu haben. Er versucht krampfhaft, ruhig zu bleiben. Sein Handy hält er dabei fest umklammert, damit ihm kein Anruf und keine Textnachricht entgehen kann. Bei einem Jungen, der ohnehin immer nur kurz vor knapp erscheint, ist so eine kurze Verspätung nicht der Rede wert. Das kann passieren. Alleine bei ihrem letzten Aufeinandertreffen, diesem verdammten Auftritt in der Bar, ist Jungkook über eine Stunde zu spät gekommen. Und das war ja auch noch nicht mal der Anfang. Schon bei ihrem zweiten Treffen in der Yoongis Stammkneipe, ist er viel zu spät gekommen. Gut, sie waren vorher nicht verabredet, aber Yoongi hat an der Bar auf ihn gewartet. Hatte die Hoffnung schon beinah aufgegeben und dann kam der Wirbelwind trotzdem. Vielleicht es diesmal auch so.
Die Ankunft eines Sturms kann nie punktgenau bestimmt werden. Es gibt immer nur Sturmwarnungen, die einen bestimmten Zeitraum umfassen. Deswegen hält sich Jungkook auch nicht an konkrete Uhrzeiten, sondern nur an Zeiträume. Yoongi muss erst um 19.00 Uhr arbeiten. Bis dahin kann er locker noch in der Bibliothek ausharren. Die Zeitspanne wird lang genug sein, damit er Jungkook trotz der einkalkulierten Verspätung sicher noch antreffen wird. Alles gut. Kein Grund zur Sorge. Und wenn Worte oft genug wie ein Mantra wiederholt werden, glaubt man sie ja auch irgendwann.
17:11 Uhr.
Alle fünfzehn Minuten spawnen in Pokémon Go neue Pokémon. Yoongi öffnet die App erneut und fängt die nächsten Exemplare für seine Sammlung. Er braucht diesmal deutlich länger dafür, wirft viel öfter daneben und schafft es nicht einmal für zwei konsekutive Sekunden am Stück seinen Blick auf dem Bildschirm zu lassen. Viel zu groß ist die Sorge, er könnte Jungkook verpassen. Was ist, wenn der Jüngere durch die Bibliothek streift und Yoongi nicht findet? Daraufhin davon ausgeht, dass Yoongi nicht zu ihrem Treffen erschienen ist? Das wäre eine mittelschwere Katastrophe. Oder vielleicht auch winzig im Vergleich zur letzten Offenbarung. Trotzdem ist es mehr, als Yoongi sich derzeit leisten kann. Und deswegen versucht er seine Aufmerksamkeit gleichzeitig auf sein Handy als auch auf seine Umgebung zu richten.
17:29 Uhr.
Yoongi schmeißt verzweifelt sein Handy auf den Tisch. Seit ca. zehn Minuten hat er den WhatsApp-Chat von Jungkook geöffnet. Der Jüngere ist nicht online, aber Yoongi kann immer noch sein Profilbild sehen, was bedeutet, dass er zumindest nicht blockiert wurde.
Er überlegt eine weitere Nachricht zu schreiben und als die Uhrzeit schließlich noch eine weitere Minute voranschreitet, zuckt er mit den Schultern. Noch eine Nachricht kann sicher nicht schaden. Vielleicht hat Jungkook ja auch einfach vergessen, dass Yoongi ihn heute in der Bibliothek treffen wollte. Schließlich hat er mehrere Termine vorgeschlagen. Seine letzte Nachricht war in dem Bereich schon ziemlich uneindeutig. Eine weitere Nachricht ist sicher gerechtfertigt.
[Yoongi]
Ich sitze in der Bibliothek und warte auf dich. An unserem Stammplatz... Ich bin noch eine Stunde hier. Ich würde mich freuen, dich zu sehen.
Anschließend schnappt er sich Stift und Papier. Bis auf seinen Block hat er nicht mehr viele andere Utensilien mit in die Bibliothek genommen. Eigentlich hat er die Sachen auch nur eingepackt, um eine einigermaßen gute Tarnung aufrecht erhalten zu können. Ohne Block wird man hier drin doch wie ein Alien angesehen. Niemand setzt sich in die Bib, nur um mit seinem Handy zu daddeln. Nicht wenn draußen die verdammte Sonne scheint und vielleicht die letzten schönen Tage des Sommers markiert. Im September sterben die Hummeln in seinem Inneren. Mit jeder verstreichenden Minute, in der er weiter auf Jungkook wartet, lässt ihre Aktivität jedoch jetzt schon erschreckend stark nach. Der Herbst kommt dieses Jahr vielleicht früher als erwartet.
Zuerst kritzelt er nur sinnlose Kreise auf den Block. Malt ein paar Nikolaus-Häuser. Taehyungs Zeichnungen hat er nie gesehen. Er wünschte, er hätte es. Es gibt so viele Dinge, die er versäumt hat, weil er nicht aufrichtig war, sich nicht wirklich für seinen Gegenüber interessiert hat. Er ist es leid, diese Dinge zu versäumen.
Um 17:45 Uhr wird ihm irgendwo klar, dass Jungkook nicht mehr kommen wird. Auf seine Nachricht hat er nicht geantwortet. Die zwei blauen Häkchen bedeuten ihm jedoch, dass er sie zumindest gelesen hat. Das auch noch relativ zeitnah. Wenn er wirklich vorhätte zu diesem Treffen zu erscheinen, würde er doch spätestens jetzt auf Yoongis Nachricht antworten und ihn nicht noch länger sinnlos warten lassen. Wer würde sowas schon tun? Ihn absichtlich und ohne Aussicht auf Erfolg warten lassen? Jemanden hinhalten? Mhm.... Bisher kennt Yoongi dieses Verhalten nur von sich selbst.
Meine Schatten werden in die Ecke gedrängt,
schreibt er schließlich auf Papier.
Sie verstecken sich vor dem Licht, oder?
Eine Melodie drängt sich in seinen Kopf und er tippt mit dem Stift im Takt auf sein Papier. Es ist lange her, seit er das letzte Mal ein ehrliches Lied für jemanden geschrieben hat. In Anbetracht der Tatsache, wie oft er schon behauptet hat, dass er ein Lied für jemanden geschrieben hat, ist die Differenz der Zeiträume erschreckend groß.
Jetzt ist die Zeit für Veränderungen. Und wenn er Jungkook heute schon nicht treffen kann, kann er zumindest ein Lied für ihn schreiben.
Die Töne haben Farben und legen sich wie Worte auf sein Papier. Es entsteht ein Gemälde und es liegt direkt vor ihm und es sieht aus wie... Glück.
Ich möchte dich treffen.
Du bist der Einzige, der meine Antworten kennt.
Bevor es zu Ende geht,
möchte ich alles wissen.
Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Fragen habe ich
Ich bin gerade irgendwo zwischen der Vergangenheit und der Zukunft
Verlass' mich nicht.
Ich glaube, ich beginne mich zu verändern.
Das hier ist noch kein Ende,
mein Herz schlägt erst jetzt.
Egal, was auch passiert, egal, wie stark der Regeln fällt,
egal, was auch passiert, die Dunkelheit wird verschwinden
ich werde dich nicht verlassen
du wirst nicht mehr alleine sein
Du musst dich um nichts mehr sorgen,
nicht mal mehr um eine Sache.
Dieses Mal ist es meine Aufgabe, auf dich zuzugehen
und ich werde dich erreichen, deine Gedanken.
Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen
und neu anfangen.
Dann müsstest du jetzt nicht weinen,
gefangen zwischen Schatten und Licht.
Egal, was auch passiert, egal, wie stark der Regeln fällt,
egal, was auch passiert, die Dunkelheit wird verschwinden
ich werde dich nicht verlassen
du wirst nicht mehr alleine sein
Oh, alles wird in Sekundenschnelle zur Vergangenheit,
aber nicht mehr für mich.
Ich habe einen Grund gefunden, um in der Gegenwart zu leben.
Ich habe dich getroffen.
Verlass' mich nicht.
Ich glaube, ich beginne mich zu verändern.
Das hier ist noch kein Ende,
mein Herz schlägt erst jetzt.
18:23 Uhr.
Es ist Zeit, die Bibliothek zu verlassen. Yoongi schnappt sich seine paar, wenigen Sachen und macht sich auf den Weg zu den Schließfächern. Unterwegs räumt er die Enzyklopädie zurück in das Regal. Bis auf den Artikel über die Hummeln, interessiert er sich nicht sonderlich für Insekten. Und scheinbar ist er seine Plage ja auch unverhofft schon wieder losgeworden.
Das Handy in seiner Hosentasche vibriert. Sicher Jin. Das kann warten. Jetzt hat erstmal die Zigarette Vorrang.
Auf dem Campus sind kaum noch Studenten unterwegs. Die letzten Vorlesungen haben bereits geendet. Yoongi ist ganz allein, als er sich die Kippe zwischen die Lippen steckt, sie anzündet und mit einem tiefen Atemzug den Rauch inhaliert wie Sauerstoff.
Gleich darauf sucht er im Rucksack nach seiner Sonnenbrille und setzt sie sich auf. Lehnt sich an die Wand und lässt einen letzten Blick über den großen Platz schweifen. Immer noch ist niemand zu sehen, der ihm auch nur annähernd bekannt vorkommt. Hoffnung ist so ein hartnäckiges Biest. Selbst nach 1,5 Stunden krallt sie sich weiterhin an dir fest und weigert sich loszulassen.
Als sie sich das erste Mal miteinander unterhalten haben – er und Jungkook – standen sie ebenfalls hier. Bei ihrer Zigarettenpause, nachdem sie noch so überhaupt nichts für ihr Referat gearbeitet hatten. Es kommt ihn wie eine Ewigkeit vor, dabei sind seitdem nur wenige Wochen vergangen. Nicht einmal zwei Monate.
Sein Handy vibriert noch einmal und diesmal zieht er es sofort aus der Tasche.
[Jin]
Und? Wie lief es? Ist er gekommen, Darling???
[Yoongi]
Nope
[Jin]
OH BABY : (
[Jin]
Wenn du von der Arbeit kommst, trinken wir einen Secco <3 und schmieden Schlachtpläne. So leicht geben wir nicht auf. FIGHTTIINGGG
[Yoongi]
Ich hasse Secco.
[Jin]
Das ist kein Problem. Der Secco liebt dich dafür umso mehr <3
Trotz der deprimierenden Situation kann sich Yoongi einem halben Grinsen nicht ganz verwehren. So allein, wie er sich manchmal fühlt, ist er wohl doch nicht. Er hat zumindest Jin. Und den Secco.
„Ewww...", macht er unterbewusst und verzieht das Gesicht. Ein weiterer Zug von seiner Zigarette vertreibt den imaginären Geschmack auf seiner Zunge. Weil er keine weitere Antwort von Jin erwartet, öffnet er noch einmal Pokémon Go. Sein Bus kommt erst in acht Minuten. Bis dahin kann er gemütlich fertig rauchen und dann losgehen.
Er fängt gerade ein Knofensa (noch drei Stück, dann kann er es endlich entwickeln), als sich ein dunkler Schatten über sein Display legt. Die chaotischen Locken erkennt er sofort. Die kastanienbraunen Augen auch. In ihnen bricht sich das Sonnenlicht. Die einzelnen Sonnenstrahlen sehen aus wie Trauer. Schmerz und Überraschung. Und irgendetwas Dunkles, weil jedes Licht auch gleichzeitig seinen Schatten wirft.
„Seit wann spielst du denn Pokémon Go???"
* * *
Ich weiß, ich sage viel zu selten etwas nach meinen Kapiteln. I'm sorry. Ich denke, ich mag es einfach viel zu sehr, jedes Einzelne für sich selbst sprechen zu lassen.
Deswegen an dieser Stelle nur: Danke fürs Lesen. Danke für eure endlose Geduld mit mir und den Kapiteln und danke, dass ihr immer noch da seid. <3 I'M GLAD YOU ARE AND I REALLY APPRECIATE.
P.S. Wenn ihr das Kapitel mochtet und "Schöner Scheitern" auch, dann drückt doch bitte auf dieses kleine Vote-Sternchen. Ihr denkt vielleicht, es macht keinen großen Unterschied, aber das tut es. Es macht einen riesigen Unterschied - zumindest für mich.
THANK YOU ALL SO MUCH.
xoxo
Vikki
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