Free The Animal
Der Junge kniete auf dem Boden, den Kopf gesenkt. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt, er versuchte, sich zu beherrschen. Erfüllt von der Wut darüber, dass er machtlos war und nichts tun konnte. So weit weg war sie und er hockte hier und wollte nicht einmal den Kopf heben, denn dann hätte er die Entfernung gesehen, die zwischen ihnen lag. Aber sie war schwach und würde es nicht mehr lange durchhalten. Er schien der einzige zu sein, der mitbekam, wie es ihr wirklich ging, aber ihr nicht helfen konnte.
Zwischen ihnen stand etwas, das er nicht überwinden konnte. Plötzlich trat eine weitere Person neben ihn und tippte ihm energisch auf die Schultern. Er schüttelte den Kopf, wollte nicht gestört werden, wenn die Wut ihn von innen heraus auffraß. Die Person griff in seine Haare und zog den Kopf nach oben. Jetzt musste er in ihre ernste Miene sehen, die sich nicht darum scherte, dass er vor Schmerzen das Gesicht verzog. Er sah in ein Gesicht, das er noch nie so böse gesehen hatte. Sie lockerte ihren Griff zwar, ließ aber nicht den Blick von ihm. Mit dem Kopf deutete sie in die Richtung, wo die unüberwindbare Entfernung lag.
Er schüttelte nur stumm den Kopf und senkte den Blick wieder, doch sofort zog sie ihn wieder nach oben. Ihr Blick durchbohrte ihn, während sie nur leicht den Kopf schüttelte. So nicht! Wieder deutete sie in die Richtung, aber er zeigte keine Reaktion. Unerwartet trat sie ihm in die Seite, dass er umfiel und ihm für einen Moment die Luft wegblieb. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, dass einer ihrer Füße genau vor seinem Gesicht stand. Gerade noch rechtzeitig drehte er sich weg, sodass sie nur seinen Rücken traf. Er versuchte sich aufzurappeln, aber sie versuchte alles, um ihn am Boden zu halten, um ihn Schmerzen zuzufügen.
Schließlich bekam er ihre beiden Handgelenke zu fassen und verhinderte, dass sie weiter auf ihn einschlug. Während er ihre Handgelenke hielt, sah sie im mit immer noch derselben steinernen ernsten Miene zu, wie er sich langsam aufrichtete. Jetzt war er es, der den Kopf schüttelte, die Wut war völlig verflogen und hatte der Unsicherheit Platz gemacht. Wieder deutete sie in diese eine Richtung. Genervt ließ er ihre Handgelenke los und wandte sich ab, es hatte doch eh keinen Sinn. Schon schlug sie wieder auf ihn ein und trat zu, dass ihm die Luft wegblieb. Eine ungeahnte Kraft packte ihn und er kam auf die Füße, war nun endlich auf Augenhöhe mit ihr. Doch sie ließ sich davon nicht einschüchtern und machte weiter.
Er wollte, dass sie aufhörte, sie machte alles doch auch nicht besser. Nun sah er ihre Schläge und Tritte voraus, konnte sie abwehren und dann ließ sie von ihm ab. Ihre Mundwinkel zogen sich leicht nach oben als sie ihn betrachtete. Er wusste nicht, warum sie aufgegeben hatte. Dann bemerkte er, dass mit seinem Rücken etwas nicht stimmte. Sich die Arme verdrehend versuchte er danach zu tasten, was er einen Moment später in dem glänzend weißen Boden sah. Ihm waren Flügel gewachsen, groß und mächtig wie die eines Adlers. Panisch versuchte er zu verstehen, was das zu bedeuten hatte und sah zu ihr, aber sie freute sich über den Anblick. Wieder deutete sie in diese Richtung und inzwischen war sich gar nicht mehr so sicher, dass sie unüberwindbar war. Die Flügel gaben ihm Kraft.
Er hob den Arm und zeigte, fragend, ob er sie richtig verstanden hatte. Sie nickte. Auf seiner Haut tauchten auf einmal dunkle Flecken auf, der Rest färbte sich gelblich, wie bei einem Leoparden. Die Flügel verschwanden, ein paar einzelne Federn sanken zu Boden. Nur einen Moment später wich das Leopardenfell dem grauen Pelz eines Wolfes, das nahtlos in die Streifen eines Tigers überging. Mit jedem weiteren Tier, das sich zeigte, fühlte er sich stärker und. Die geschuppte Haut einer Schlange. Die hellgraue eines Hais. Der Panzer einer Schildkröte.
Alles in Sekundenschnelle, dass er sich nicht bewegen konnte und fasziniert auf seine Haut starrte, die sich so schnell änderte. Schließlich war er wieder er selbst, stark und mutig. Und plötzlich schien die Entfernung auch gar nicht mehr so groß und unüberwindbar. Er rannte los. Regentropfen fielen, die auf seiner Haut brannten und Löcher in die Kleidung rissen. Der Schmerz war zwar groß, aber erträglich.
Ein Schuss fiel und er sah etwas auf sich zufließen. Nur Zehntelsekunden später warf er sich auf den Boden und die Kanonenkugel schlug in den Boden ein, wo sie einen tiefen Krater hinterließ, vom dem weite Risse ausgingen. Er fühlte, wie der Staub auf ihn niederrieselte, woher er auch immer kommen mochte. Keinen weiteren Gedanken daran verschwendend, lief er weiter. Das Klicken, als ein Magazin in ein Gewehr einrastete, ließ ihn das Blut in den Adern gefrieren, aber hier gab es keinen Schutz. Nur die unendliche, weiße Weite, die er überwinden musste.
Die Zeit durch diesen Gedanken verschwendet spürte er, wie die erste Kugel einschlug. Oder auch nicht einschlug. Sie perlte einfach von ihm ab. Genau wie alle anderen der kleinen Kügelchen, die auf ihn niederprasselten. Sie stießen ab und fielen zu Boden. Er wagte einen Blick zurück, wo er sah, wie sie auf dem Boden hüpften, bevor sie zur Ruhe kamen oder einfach ins Nichts rollten. Neben ihm explodierte etwas und der Druck der Explosion warf ihn zu Boden. Weiße, glänzende Splitter nieselten herunter, deren scharfe Kanten in dem hellen Licht gefährlich glänzten. Er hielt die Hand vor das Gesicht, um seine Augen vor den Splittern zu schützen und bemerkte, wie sie sich in seine Haut bohrten.
Schmerzlos. Es tat nicht einmal weh, als er sie herauszog und sie keine Wunden hinterließen. Fasziniert betrachtete er seine Hand, als sich seine Haut plötzlich wieder veränderte. Sie zeigten die Pelze, Felle , Federn und Schuppen, alle gleichzeitig, die ihn an etwas erinnerten. Er verzichtete darauf, jeden der Splitter zu entfernen. Die Distanz war überwunden und er hatte sie erreicht. „Geht doch!", hörte er die zufriedene Stimme des anderen Mädchens aus der Ferne.
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