Beautiful People Say

Ein letztes Mal richteten sie ihre Haare, achteten darauf, dass der lange graue Rock in gleichmäßigen Falten nach unten fiel. Sie konzentrierte sich bereits voll und ganz auf den dunklen Vorhang, der sich vor ihr befand. Dahinter würden sie auf sie warten und sie würde die beeindrucken. Was sie immer tat, was sie immer tun musste.

Noch war ihr Gesichtsausdruck ernst und undurchdringlich. Sie beendeten ihre Korrekturen an ihr. Zwei schwarzgekleidete Männer mit Headsets hielten den Vorhang zur Seite. Sie lief los, schloss kurz die Augen. Als sie unter dem geöffneten Vorhang hindurchtrat, öffnete sie die Augen und schlagartig zogen sich ihre Mundwinkel nach oben.

Das Lächeln kam von ganz alleine. Ihre Augen strahlten und im Scheinwerferlicht glänzte ihre Haut. Sie setzte einen Schritt vor den anderen, die Hände mit den aufwendig gemachten Fingernägeln in die Hüften gesetzt. Auf beiden Seiten des Laufstegs stand eine Meute von Fotografen, die sich darum prügelten, die beste Aufnahme von ihr zu machen. Sie freute sich darüber, dass sie all das nur wegen ihr taten.

Die Meute folgte ihr, während sie immer weiterlief. Der Laufsteg schien kein Ende nehmen zu wollen und sie genoss es. Die Fotografen würden nie genug von ihr bekommen, immer mehr Fotos schießen wollen. Im Sekundentakt zuckten die Blitzlichter, aber sie ließ sich nicht davon blenden. Sie riefen ihr Komplimente nach oben, damit sie auch einmal in ihre Kamera sah. Dann blieb sie stehen, wendete den Kopf zur einen Seite, wartete einen Moment, drehte ihn zur anderen Seite, ließ den einen Arm lässig herunterhängen. Sie war wirklich beeindruckend. Was sonst erwartete man auch von ihr?

Ihre Hand fühlte den samtigen grauen Stoff, aus dem das Kleid gemacht war. Sie drehte sich noch einmal, was die Blitzlichter nur noch schneller zucken ließ. Das Klicken der Kameras übertönte fast die Rufe der Fotografen. Das genoss sie, den Lärm der Aufmerksamkeit, der allerdings langsam abschwoll. Sie langweilten sich bald und wollten etwas Neues sehen. Noch einen Moment ließ sie sie warten.

Dann begann sie sich immer schneller im Kreis zu drehen. Der graue Rock flatterte nach oben, während sie sich drehte. Mit einer geschickt einstudierten Handbewegung riss sie das graue Kleid von sich und ließ die Fotografen in lautes Staunen ausbrechen. Unter dem grauen Mantel versteckte sich ein bunt schillerndes zweites Kleid. Noch wilder wurde das Klicken. Sie begann, wieder den Laufsteg hinabzuschreiten.

Der bunte Stoff wallte leicht und erweckte den Eindruck, die vielen bunten Flecken darauf würden über das Kleid wandern. Kaum ein Stück davon war wie das andere. Sämtliche Farbtöne, die es gab, waren darauf vertreten. Im Licht des Scheinwerferkegels, der sie wie ihr Schatten begleitete, funkelten sie wild durcheinander. Wieder blieb sie stehen, immer noch nicht am Ende des Laufstegs angelangt.

Vier Konfettikanonen schossen die kleinen Papierschnipsel in die Luft, die ebenso bunt waren wie ihr Kleid. Langsam rieselte das Konfetti auf sie hernieder. Die Fotografen drängelten sich an das Geländer, schubsten einander gegenseitig weg, um das beste Foto von ihr zu schießen. Dabei interessierte sie nicht, wenn jemand strauchelte oder eine Kamera nach unten fiel. Jeder wollte festhalten, wie beeindruckend sie doch wieder war. Ein Geräusch passte jedoch nicht in diese Umgebung und ließ sie unsicher werden.

Das Lächeln wurde schmaler, sie wirkte nicht mehr konzentriert, wenn sie versuchte, herauszufinden, was da vor sich ging. Auch die Fotografen schienen mitzubekommen, dass das nicht zur Show gehörte. Immer größer wurden die Abstände, in denen ein Klicken ertönte, bis es schließlich ganz verstummte und alle, sie einbeschlossen, darauf warteten, dass etwas passierte. Das Geräusch war ein weiterer Vorhang am anderen Ende des Laufstegs, der zur Seite gezogen wurde. Aus dem gleißend weißen Licht trat eine andere Person, ebenso bildhübsch wie sie. Das Kleid war genauso reinweiß und blendend wie das Licht und ließ sie in ihrem bunten Konfettiregen erblassen.

Die Fotografen würdigten ihr keines Blickes, sondern stürmten auf sie zu. Einige sammelten ihre verlorenen Utensilien auf und stürmten hinter ihnen her. Die Andere begann ebenso ihren Lauf. Zart strich sie mit einer Hand über den Stoff. An den Stellen, die sie berührte, bekam das Kleid glitzernde Stellen. Violett, türkis und grau, auf jeden Fall eindrucksvoll, wie das Kleid mit einer zarten Berührung die Farbe ändern konnte.

Die Fotografen rasteten aus und ließen sie zurück. Der Scheinwerferkegel wanderte zu der Anderen und ließ sie im Dunkeln stehen, während auch die letzten Konfettischnipsel den Weg zum Boden fanden. Verschwunden war die Aufmerksamkeit und keine Sekunde länger war sie beeindruckend. Sämtliche Kraft wich aus ihrem Körper, da sie nun keiner mehr beachtete und mit seiner Aufmerksamkeit stützen konnte.

Sie verlor das Gleichgewicht und fiel herunter, zwischen die Absperrung und den Laufsteg. Oben schritt die Andere vorbei und wischte die bunten Schnipsel mit ihrem Kleid herunter. Das war nun nicht mehr ihre Bühne.


***

Damit hätten wir in etwa die Hälfte aller Kapitel. Haltet ihr nochmal so lange durch?^^

Was sagt ihr bisher? Irgendwelche Vermutungen, wie es weitergeht?

Danke an dieser Stelle für über 1K Aufrufe!

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