-25- UNTER DRUCK
„Wie meinst du das?", fragte ich verwirrt. „Nun ja....", antwortete Eleonora und suhlte sich noch einen Moment in unserer Aufmerksamkeit. „Es gibt da explizites Material von der Party. Auch von euch beiden. Ich finde, es ist nicht gerade förderlich, wenn herauskommen sollte, dass eine Kandidatin für das Amt der Schülersprecherin, das man auf jeden Fall ernst nehmen sollte, sturzbetrunken mit ihrem Wahlhelfer herumgemacht hat. Noch dazu, dass es eine einmalige Sache war."
„Wieso einmalig?", fragte Philine verwirrt. Das schien alle aus der Fassung zu bringen, selbst Eleonora. Nicht einmal ich wusste, was es Verwerfliches von der Party geben sollte und warum Philine darauf einging. Dann dämmerte mir, worauf sie hinauswollte. Ich rückte näher an sie heran und legte meinen Arm um ihre Hüfte. Dann drehte Philine ihr Gesicht zu mir und ihr Lippen berührten kurz meine Wange. Die Stelle kribbelte leicht. „Wir tragen es halt nur nicht in die Öffentlichkeit", erklärte Philine dann. „Warum auch?"
„Letztendlich geht es nur uns beide etwas an", ergänzte ich und wiederholte noch einmal mit Nachdruck: „Nur uns beide." Das überraschte Eleonora, Viviana und Adelina dermaßen, dass keine der dreien in der Lage war, etwas zu sagen. Sie räumten schnell die Bühne, denn schließlich mussten wir ja auch zum Unterricht. Philine lächelte mich an. „Du bist ganz schön gerissen", sagte ich und musste auch lächeln.
„Eleonora kriegt das zu sehen, was sie sehen möchte", erklärte sie. „Hast du nun vor, jedes Gerücht, das sie in die Welt setzt, wahr zu machen?", fragte ich. „Warum nicht?", erwiderte Philine. Ihr Lächeln wurde breiter. „Dann kann sie uns beide mal kreuzweise. Also ich hätte nichts dagegen." Erst da bemerkte ich, dass ich immer noch meinen Arm um sie gelegt hatte und zog ihn unsicher zurück. Ich hätte da auch nichts dagegen. Nur, dass es gerade für Eleonora war, gefiel mir nicht.
Von da an starteten wir eine große Gegenoffensive. Wir gestalteten gleich am nächsten Tag Flyer mit einer kurzen Beschreibung der Kandidaten und deren Ziele. Im Wintergarten schossen wir ziemlich professionell wirkende Fotos und setzten sie ebenfalls auf den Flyer. Die drei Kandidaten kamen sehr authentisch rüber und da überlegten wir uns den nächsten Schachzug. Am Freitag mischten sich Amon mit Bennett, Dion mit Ria und ich mit Philine unter die Schüler. Wir sprachen verschiedene Grüppchen auf dem Schulhof an, redeten mit den Schülern und verteilten unsere Flyer.
Die meisten hörten uns aufmerksam zu, einige stellten sogar Fragen, die ehrlich beantwortet wurden. Das überzeugte mich davon, dass Philine es nicht nur deswegen machte, um Eleonora eines auszuwischen. Die Sache lag ihr wirklich am Herzen und das merkten die anderen auch. Eine Gruppe Achtklässlerinnen überflog den Flyer. „Darf ich euch mal noch etwas fragen?", wollte eine von ihnen wissen.
„Nur zu", forderte Philine. „Eleonora hat rumerzählt, also hat angedeutet, dass ihr zwei, dass ihr beiden, nun ja, ein Paar wärt", druckste sie herum. „Weil wir das auch sind?", erwiderte Philine. „Ich verstehe die Frage nicht ganz." „Bei Eleonora klang das so, als wolle sie sich über euch lustig machen, aber, nur dass ihr es wisst, es ist mir eigentlich egal, was sie sagt, denn letztendlich müsst ihr beide ja damit glücklich werden", sprach sie ziemlich schnell. „Wobei ich sagen muss, dass ihr schon ziemlich gut zusammenpasst", pflichtete eine anderer ihrer Freundin bei. „Also meine Stimme hast du auf jeden Fall."
„Ich hoffe, doch nicht nur deswegen", freute sich Philine. „Nein, nein", schob die andere schnell nach. Wir gingen zurück in die Eingangshalle. Unser Vorrat an Flyern war aufgebraucht. Ich überlegte, ob es richtig war, was Philine und ich den anderen vorspielten. Wenn Eleonora es wirklich breitgetragen hatte, kamen wir aus der Nummer so schnell nicht wieder heraus. Denn dann standen wir unter Beobachtung der anderen, wenn auch nur beiläufig.
„Warte nur ab, wenn ich die Wahl gewinne und du dann Fist Lady wirst", träumte Philine. „Ähm... verwechselst du da gerade nicht was?", erwiderte ich verwirrt. „Du weißt doch, was ich meine", erklärte sie und rammte mir freundlich den Ellenbogen in die Seite. „Mir ist jetzt nur das Wort nicht eingefallen." Sie nahm meine Hand. „Danke, dass du mir hilfst." „Kein Problem", wehrte ich ab und war mir in dem Moment doch nicht mehr so sicher, wie viel von dem allem denn wirklich gespielt war.
Der zweite Wahlkampf-Dienstag kam schnell. Es war schon abzusehen, dass jeder von den Kandidaten schon seine Fans hatte. Auf jeden Fall bekam nun jeder gleich viel Applaus, wenn er oder sie ans Pult trat. Manche riefen auch etwas Motivierendes in Richtung Bühne, was bei Eleonora jedoch nach wie vor das Kreischen ihrer vor allem jungen Fangemeinde war. Auf Grund der Fragen, die sich Bennett, Ria und Philine hatten stellen lassen, konnten die ihre Ziele noch konkretisieren, was die Zustimmung unter den Schülern noch größer werden ließ. Eleonora hatte unterdessen zusehends zu kämpfen.
Sie konnte nicht noch einmal dieselbe Rede wie am letzten Dienstag abliefern, aber etwas Genaueres zu ihren Absichten konnte sie auch nicht sagen. Somit leierte sie ihren Text noch einmal herunter, nur anders. Als sie vom Pult zurücktrat, wirkte sie schon nicht mehr ganz so sicher wie letzte Woche noch. Dafür gingen Ria, Philine und Bennett erhobenen Hauptes von der Bühne. Eleonora stand daraufhin mit Viviana, Seraphina und Adelina zusammen. Sie schienen zu beraten, denn auch an ihnen war nicht vorbeigegangen, dass die Zustimmung für Eleonora am Schwinden war. Für jemanden, der eine Wahl gewinnen wollte, nicht unbedingt von Vorteil.
Schließlich blickten sie auf und warfen einen finsteren Blick in unsere Richtung. Philine war schon verschwunden, sie hatte jetzt einen anderen Kurs als ich. Dann bemerkte ich aber, dass die finsteren Blicke gar nicht mir oder Bennett galten, der ein paar Schritte vor mir lief, sondern dass sie geradewegs Ria anstierten.
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